Reiselogbuch - 2015 Kastilien
3. Oktober 2015
Die Herbstferien sind da... und ich bin leider nicht in Afrika, wie im letzten Logbuch angekündigt. Mein Reiseveranstalter hat vor sechs Wochen die Tour abgesagt. Total doof, sowas. Und dann musste auch noch kurzfristig Ersatz her, denn Zuhausebleiben war keine Alternative. Ich habe mich dann für eine Tour entschieden, die ich schon lange mal vor hatte. Ich bin in Zentral-Spanien.
Los ging's gestern abend schon, aber die Flüge fanden in weitgehender Dunkelheit statt und deshalb gibt’s von gestern auch keine Bilder und kein Logbuch. Darüber hinaus war ich auch erst um kurz nach Mitternacht in Madrid, denn auf Grund des nebligen Vormittags in Amsterdam war der Flugplan von KLM komplett durcheinander geraten und wir sind gestern abend erst mit 45 Minuten Verspätung in Richtung der spanischen Hauptstadt aufgebrochen. In Madrid habe ich mir dann nur noch ein Taxi zum Hotel genommen und bin in die Heia gegangen.
Heute morgen gab es erst mal ein gemütliches Frühstück im Hotel. Der Himmel über Madrid war bedeckt und ein paar Tropfen fielen als ich wenig später im Hotel-Shuttlebus auf dem Weg zurück zum Flughafen war. Dort habe ich dann meinen fahrbaren Untersatz kennengelernt, einen dunkelblauen Seat Ibiza. Damit war ich schon mal nicht unzufrieden, denn auf den Kanaren 2014 habe ich mit diesem Modell gute Erfahrungen gemacht und auch heute zeigte sich schnell, dass der Ibiza für die kurvigen und bergigen Strecken hier super geeignet ist. Der hat richtig Biss in Steigungen.
Mein erstes (und einziges) Besichtigungsziel heute war San Lorenzo de El Escorial, wo sich der spanische König Philipp II. am Ende des 16. Jahrhunderts eine Residenz bauen ließ. Der Palast in El Escorial ist der größte Renaissance-Bau der Welt und steht mit 33.000m² hinter dem Vatikanspalast auf Platz zwei der größten Paläste der Welt. Passend zur strengen Frömmigkeit und asketischen Lebensweise seines Bauherrn wirkt der Palast von El Escorial eher nüchtern-karg. Die ganze Anlage hat innen wie außen etwas Klösterliches und enthält auch ein Hieronymiten-Kloster. Philipp ließ seinen eigenen Palast außen um die Apsis der Palast-Basilika herum bauen und konnte von seinem Schlafzimmer aus auf den Hochaltar blicken. In der anderen Richtung ging sein Blick raus auf die Buchsbaumgärten, was, glaube ich, so ziemlich der einzige Luxus war, den er sich gönnte. Das Schlafzimmer und das Bett, in dem Philipp II. am 13. September 1598 starb, kriegt man auf einem Rundgang durch den Palast zu sehen.
Nach dem anstrengenden Tag gestern und der kurzen Nacht war ich heute irgendwie nicht richtig gut gefuselt. Da Samstag war, war es im Palast ziemlich voll und ich hatte nicht so die wirkliche Ruhe mir alles anzukucken. Noch dazu war Fotografieren drinnen fast überall verboten. Die Highlights waren die Gemälde von El Greco – der Escorial beherbergt auch eine große Gemäldesammlung in seinen vielen Räumen – und die Grablege der spanischen Könige in der Krypta unter der Basilika. Leider war es auch hier voll und durch die vielen Leute verhältnismäßig laut. War ein bisschen schade, denn von Carlos I. (der als Karl V. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs war) bis zu Alfonso XIII. (der 1941 starb) liegen hier mit wenigen Ausnahmen die spanischen Staatsoberhäupter begraben. Felipe II. natürlich auch, direkt unter seinem Vater Karl V.. Die hätten alle ein bisschen mehr pietätvolle Ruhe verdient gehabt.
Nach der Besichtigung habe ich noch eine ganze Weile an der Plaza vor dem Haupteingang des Palast auf der Mauer gesessen, Touristen beobachtet und über die habsburgischen Herrscher der damaligen Zeit nachgedacht. Das war schon ne komische Familie, wobei ich denke, dass die psychischen Aspekte bei Karl V. (da werde ich im Laufe dieser Tour noch mal drauf zurückkommen) und Philipp II. wohl eher nicht aus der habsburgischen Linie stammen sondern aus dem Haus Trastámara. Karls Mutter (und Philipps Oma) war nämlich Johanna von Kastilien, auch bekannt als Juana la Loca (Johanna die Wahnsinnige).
Was soll ich sagen? Es war zwar schon spannend und interessant in El Escorial, aber dass es mir so richtig gut gefallen hätte könnte ich jetzt nicht sagen. Wahrscheinlich muss ich hier noch mal an nem sonnigen Tag mitten in der Woche hin, mit mehr Muße und besser ausgeruht als heute.
Von San Lorenzo de El Escorial bin ich dann nach Segovia gefahren. Dabei ging's ganz schön durch die Berge, bis auf knapp 2000m rauf. Hier in Segovia wohne ich mitten in der Altstadt, sodass der Ibiza morgen schon den ersten Tag frei hat. Für morgen ist nämlich die Komplett-Erkundung von Segovia angesagt, und zwar zu Fuß. Ich denke da wird’s morgen abend einiges zu erzählen geben.
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4. Oktober 2015
Es war windig und frisch heute morgen, als ich hier in Segovia zur Stadterkundung aufbrach. Von wegen Kurze-Hosen-Wetter. Da Sonntagmorgen war, war noch ziemlich tote Hose in der Altstadt, aber dafür war in der Kathedrale der Eintritt frei. Hat halt alles Vor- und Nachteile. Die Kathedrale von Segovia ist die jüngste gotische Kathedrale in Spanien. Baubeginn war im Jahr 1525 auf Anordnung von Karl I. (V.), zu einer Zeit, als auch schon die ersten Renaissance-Kirchen entstanden. Trotzdem eine recht schicke Kirche, vor allem die fein gearbeiteten Gewölbe über dem Haupt- und den Seitenschiffen. Das Innere wirkt allerdings etwas abweisend, denn alles ist vergittert, der Hochaltar, der die ganze Kirche umlaufende Kapellenkranz, das geschnitzte Chorgestühl. Die kastilische Gotik mag hier in Segovia mit am feinsten und besten entwickelt sein, aber ich kenne andere, die mir besser gefallen.
Von der Kathedrale aus bin ich einfach etwas durch die Stadt spaziert. Die Altstadt von Segovia, oder besser gesagt der älteste Teil der Altstadt, liegt auf einem Hügel, der an allen Seiten steil abfällt und den Ort schon für die Keltiberer im ersten Jahrtausend vor Christus für eine Siedlung interessant machte. Die Stadt kam später unter römische Herrschaft und die Römer haben für die Haupttouristenattraktion der Stadt gesorgt, den Aquädukt, den man auch im Bild des Tages sieht.
Jetzt ist man ja als Bewohner von Nordeifel und Rheinland ein bisschen verwöhnt, was römische Wasserleitungen angeht. Hier in Segovia haben die Römer grade mal 17km an Leitung legen müssen, um die Wasserversorgung der Stadt sicherzustellen. Allerdings ist der Aquädukt, der mitten durch die Stadt läuft, ein echter Hammer. Der Blick auf dem Bild geht von einem der Aussichtspunkte auf dem oben erwähnten Altstadthügel in Richtung Südosten, und man erkennt auch die Berge, wo das Wasser herkam. Der Aquädukt wurde im Mittelalter mehrmals geflickt und war bis 1974 noch in Betrieb. Wie so vieles in der frühen Geschichte von Segovia, so ist auch die Bauzeit des Aquädukts umstritten. Er entstand an der Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert nach Christus, wohl unter den Kaisern Domitian oder Trajan. An der höchsten Stelle ist der Aquädukt 28m hoch und die höchsten Pfeiler im Zentrum erreichen bis zu 18m. Also man kann sagen was man will, die Römer konnten schon bauen (...auch wenn ich sonst nicht so sehr viel von ihren Beiträgen zur Kultur Europas halte. Sie waren halt ein Volk von Bauern.)
Nach der Besichtigung des Aquädukts bin ich weiter durch das Gassengewirr von Segovia spaziert und gegen viertel vor eins zum Mittagessen eingekehrt. Es gab ein Menü mit für Segovia typischen Spezialitäten: judiones de la granja (eine Suppe mit dicken weißen Bohnen und Schweinefleischstücken) und cochinillo asado (im Holzofen gebratenes Ferkel). Hmmmm... es hat geschmeckt, es war interessant, aber vom Hocker gehauen hat es mich nicht wirklich. Spannend war vor allem die Zerlegung von dem Viertel Ferkel, das mir serviert wurde. Mit Geflügel ist man ja vertraut und gegebenenfalls noch mit Kaninchen, aber bei nem Schwein ist das nicht ganz so einfach... wie dem auch sei, ich bin satt geworden.
Nach dem Mittagessen habe ich den Stadtspaziergang noch für ein Stündchen fortgesetzt und bin dann für eine kleine Siesta wieder ins Hotel. Irgendwie muss ich allerdings noch den Freitag in den Knochen gehabt haben, denn als ich wieder wach wurde war es schon viertel nach sechs... *lach... So schlimm war das jetzt allerdings auch nicht, denn das, was ich von Segovia sehen wollte, hatte ich gesehen und in Anbetracht des trüben Wetters und der steifen Brise war irgendwo auf der Plaza oder der Stadtmauer sitzen und Sonne und Aussicht genießen auch keine Alternative.
Morgen geht es weiter nach Ávila, allerdings nicht auf direktem Weg, sondern mit ein paar Schlenkern über Land. Leider ist Montag, und da sind hier die Museen und die meisten Kirchen zu. Mal kucken was mich morgen erwartet.
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6. Oktober 2015
Ich hatte es ja gestern schon prophezeit... Ávila gefällt mir. Die Stadt ist echt schnuckelig. Sogar die Anzahl der Touristen hielt sich im Vergleich zu Segovia in engen Grenzen. Ich bin heute keiner asiatischen Reisegruppe begegnet, wohl allerdings etlichen spanischen Schulklassen.
Meine Erkundung von Ávila begann heute morgen direkt gegenüber von meinem Hotel. Man muss nämlich nur einmal durch die Puerta de la Santa Teresa durch und schon steht man innerhalb des Mauerrings vor dem Convento de Santa Teresa. Dieses Kloster wurde rund um das Geburtshaus der Heiligen Theresa von Ávila errichtet. Links neben dem Hochaltar gibt es eine schwer vergoldete Kapelle und dahinter, hinter einer Glasscheibe, befindet sich das Zimmer, in dem Theresa 1515 geboren wurde. Im zur Kirche gehörenden Museum gibt’s darüber hinaus etliche Reliquien, inklusive einem Finger, komplett mit Ring, der laut Aussage meines Lonely Planet während der Franco-Herrschaft das Nachtskommödchen des Diktators geziert haben soll.
In Ávila ist die Heilige Theresa ne echt große Sache. Verständlich, denn ihr hat die Stadt einiges zu verdanken. Theresa – Karmelitin, Mystikerin, Kirchenlehrerin (die erste Frau, die diesen Ehrentitel bekam) und Heilige - begegnet einem hier in Ávila auf Schritt und Tritt. Erst recht in diesem Jahr, ihrem 500. Geburtsjahr.
Mein nächster Stopp im Rahmen meines Stadtrundgangs war ein Café. Auf nüchternen Magen wollte ich nicht unbedingt Sightseeing machen und in meinem Quartier hier gibt’s kein Frühstück (dafür liegt es aber sehr günstig).
An der Puerta del Alcazar habe ich nach dem Frühstück die erste Bekanntschaft mit der Stadtbefestigung von Ávila gemacht. Ávila hat eine komplett erhaltene und schön restaurierte Stadtmauer. Die Mauer ist rund 2,5km lang und an den höchsten Stellen über 20m hoch. Es gibt neun Stadttore und 88 Wehrtürme. Als zusätzliche Besonderheit ist die Apsis der Kathedrale von Ávila ein Teil der Stadtbefestigung. Die Kirche ist direkt in die Stadtmauer hineingebaut und die Apsis bildet einen der Wehrtürme.
Die Stadtmauer hat mich den Rest des Tages begleitet und es entsprechend auch zum Bild des Tages geschafft. Dazu gleich mehr.
Vor dem Mittagessen habe ich mir noch ausgiebig die Kathedrale von Ávila angekuckt. Während in Segovia die jüngste gotische Kathedrale Spaniens steht, findet man in Ávila die älteste. Ich muss allerdings sagen, dass sie mir nur bedingt gut gefällt. Die Kirche ist weitgehend aus grauem Granit gebaut, was ihr innen wie außen eine düsteres Aussehen gibt. Im Chor, wo sich die ältesten gotischen Bauelement in Spanien wiederfinden, wurde dagegen weiß-roter Kalkstein verwendet, was auf den Betrachter – also jedenfalls auf mich – sehr ungewohnt und unruhig wirkt.
Nach dem Mittagessen gab's zuerst die nächste Kirche, die romanische Basilika San Vicente de Ávila. Von den Kirchen, die ich bisher hier in Kastilien gesehen habe, hat die mir am besten gefallen. Danach ging's auf den zweiten Teil meines Stadtmauerspaziergangs. Von der Puerta de los Leales direkt neben der Kathedrale kann man die komplette nördliche Hälfte des Wehrgangs bis zur Puerta del Puente entlangwandern. Schöne Blicke auf die Stadt inner- und außerhalb des Mauerrings kriegt man da und auch auf die Umgebung. An der Puerta del Puente geht die Brücke über den Rio Adaja der die Altstadt von Ávila im Westen begrenzt und hier fast eine Art vorgelagerten Wassergraben zur Stadtmauer bildet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Bachs geht es aber wieder den Berg rauf und so hat man von dort am Nachmittag einen tollen Blick auf die Stadt. Dort rauf zu spazieren war mir allerdings zu weit und zu umständlich und so habe ich erst mal die Stadtumrundung außen an der Mauer entlang komplettiert und dann im Hotel eine späte Siesta gemacht. Gegen halb sieben bin ich dann mit dem Auto zu einem der Aussichtspunkte gefahren und habe mir das Panorama von Ávila im Abendlicht angekuckt. Da ich auch noch Nachtaufnahmen haben wollte hatte ich jetzt einiges an Zeit, und die habe ich genutzt um zu tanken und für morgen was einzukaufen. Frühstück im Hotel kriege ich ja keines. Bei Sonnenuntergang war ich dann aber wieder vor Ort und eines der Foto-Ergebnisse seht ihr im Bild des Tages. Das Gebäude rechts im Hintergrund auf der Anhöhe ist übrigens die Kathedrale.
Morgen ist wieder ein Unterwegs-sein-Tag. Es geht weiter nach Salamanca, aber auch morgen werde ich nicht auf grader Strecke mein Etappenziel ansteuern sondern mir hier schön die Gegend ankucken.
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5. Oktober 2015
Ávila... Interessant, wie einem manche Städte schon nach ner Viertelstunde sympathisch sind. Es ist ja jetzt nicht so, als hätte Segovia mir nicht gefallen, aber ich wusste heute schon vor dem Abendessen, dass ich in Ávila zufriedener sein würde.
Nach dem Auschecken heute morgen hieß es Abschied nehmen von Segovia. Ich habe allerdings ein paar Stopps auf dem Weg aus der Stadt raus eingelegt, um noch ein paar Fotos zu machen und da wäre eigentlich das Bild des Tages schon dabei gewesen. Aber wie's halt so war kam alles anders.
Naturbeobachtung stand und steht für diese Reise keineswegs im Vordergrund und dass es auf der iberischen Halbinsel inzwischen wieder Schwärme von Geiern gibt hatte ich ja schon im letzten Herbst bei der Andalusien-Rundfahrt festgestellt. Hier in Zentralspanien hatte ich nicht so sehr mit Geiern gerechnet, aber gestern hatte ich schon ein paar Gänsegeier gesehen, die über Segovia in großer Höhe ihre Kreise zogen. Heute morgen dann wurde es allerdings ernst mit Geiern. Kurz nach dem Verlassen der Stadtumgehung von Segovia auf dem Weg Richtung Pedraza, meinem heutigen ersten Besichtigungsziel, sah ich wieder einige Geier langsam und mühevoll aufsteigen und in geringer Höhe ihre Kreise über den trockenen Flussläufen ziehen. Dabei zogen einige sogar ziemlich nah an die Straße ran. Ich habe daher die erstbeste Gelegenheit genutzt um rechts ranzufahren, das Teleobjektiv auf die Sony zu montieren und mein Glück zu versuchen. Das Ergebnis seht Ihr im Bild des Tages. Das ist ein Mönchsgeier, und das war heute meine erste Sichtung dieses Vogels überhaupt. Und dann noch direkt nah genug für ein formatfüllendes Bild. Mit einer Spannweite von 250 bis 295cm und einem Gewicht von bis zu 12kg ist der Mönchsgeier der zweitgrößte Greifvogel Europas. Im Gegensatz zum geselligeren Gänsegeier leben Mönchsgeier allein oder zu zweit und gesellen sich höchstens mal zu anderen Geierarten dazu. Heute waren mindestens zwei (genau zählen konnte ich sie nicht) mit einer größeren Gruppe Gänsegeier unterwegs. Auf das Bild hier bin ich jedenfalls schwer stolz, und der Mönchsgeier wird schon sehr bald Einzug im Bereich „Safari – Europa“ auf meiner Webseite halten. Wobei es in der Folge der diesjährigen Sommerferien nicht unbedingt so ist, als bestünde dort ein Mangel an neuem Bildmaterial... *lach...
Pedraza war danach eher ne Enttäuschung. Ein kleiner Ort auf nem Hügel, recht schnuckelig eigentlich, aber komplett wie ausgestorben. Laut meinem Lonely Planet ist hier nur am Wochenende was los. Da Montag war war sogar das Castillo geschlossen und die drei Restaurants, die geöffnet hatten, wollten Phantasie-Preise für's Essen haben. Ich war also schon nach ner Viertelstunde wieder unterwegs zu meinem nächsten Etappenziel.
Mir ist übrigens heute sehr klar geworden, woher Kastilien seinen Namen hat. Hier gibt’s fast in jedem Dorf ne kleine Burg oder Festungsanlage. Nicht ganz unähnlich dem Kreis Euskirchen. Die Landschaft, durch die ich dabei heute gefahren bin, war sehr unterschiedlich. Heute morgen ging die Fahrt noch durch die nordwestlichsten Ausläufer der Sierra de Guadarrama. Die hügelige Landschaft mit den bunten Felsen und pappelbewachsenen Flusstälern hat eine erhebliche Ähnlichkeit mit manchen Landstrichen in New Mexico. Ich konnte heute gut verstehen, weshalb die Spanier sich in jenem Teil von Nordamerika so wohl gefühlt haben. Von Pedraza bin ich in Richtung Valladolid gefahren – so grob nach Nordwesten. Hier war's dann Zentralspanien, wie ich es mir vorgestellt hatte. Karge, leicht wellige Landschaft mit ein paar Hügeln, Sonnenblumen- und Stoppelfelder oder schon hellgraubrauner Mutterboden, kleine Dörfer und Städte mit Namen wie Olmeda, Cuéllar oder Cantalejo. Was ich mir nicht vorgestellt hatte war der Sturm, der über die Hochebene fegte, Staub aufwirbelte und das Auto fahren begrenzt angenehm machte.
Mein zweites Besichtigungsziel heute war Tordesillas. Das ist eine kleine Stadt am Ufer des Rio Duero, ca. 30km südwestlich von Valladolid. Hier wurde 7. Juni 1494 die Welt verändert, als Spanien und Portugal sich auf ihre jeweiligen Einflusszonen einigten. Der Vertrag von Tordesillas ist verantwortlich dafür, dass man in Brasilien Portugiesisch und im Rest von Lateinamerika Spanisch spricht. Der Stadtpalast hoch über dem Rio Duero wo die Verhandlungen und die Unterzeichnung stattfanden ist immer noch zu sehen. Heute gibt’s dort ein Museum, das aber leider wochentagbedingt geschlossen war. Das gleiche galt auch für das Klarissen-Kloster von Tordesillas, wo die Mutter von Karl I. (V.) , Johanna von Kastilien, unter Hausarrest stand. Johanna die Wahnsinnige war hier im Jahr 1509 von ihrem Vater, Ferdinand II. von Aragon, der auf Grund ihrer Krankheit die Regentschaft in Kastilien übernommen hatte, festgesetzt worden und auch ihr Sohn Karl sah sich nicht bemüßigt, die Gefangenschaft Johannas zu beenden. Sie starb hier im Jahr 1555 und liegt jetzt in der Capilla Real von Granada bei ihren Eltern begraben.
Tja – alles zu hier in Tordesillas. Ich werde wohl noch mal wiederkommen müssen. Von Tordesillas bin ich dann zuerst über die Autobahn und später die Landstraße nach Ávila gefahren. Eine nur kurze Tour durch die Altstadt und mein Quartier für die nächsten beiden Nächte war gefunden, direkt außerhalb des Mauerrings und nur wenige Schritte von den Sehenswürdigkeiten der Stadt entfernt.
Zum Abschluss des Tages gab es noch ein dickes Abendessen mit der bekanntesten Spezialität Ávilas, chuletón de Ávila – T-Bone-Steak vom Kalb hier aus der Gegend. Ich bin rappelsatt... und werde versuchen, in Zukunft wieder mittags zu essen und es bei einem abendlichen Snack zu belassen.
Morgen steht die Stadtbesichtigung von Ávila auf dem Programm. Hier gib't viel zu sehen.
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7. Oktober 2015
Wie man auf dem Bild des Tages sieht ist die Sonne nach Zentralspanien zurückgekehrt. Es wurde auch Zeit. Einzig die Temperaturen lassen noch zu wünschen übrig, aber ich glaube da habe ich das Potential der Region hier überschätzt. Im Schnitt sind wir hier auf 1.000m plus x und da ist es im Oktober einfach auch nicht mehr warm.
Heute war wieder ein Fahrtag. Von Ávila ging es erst mal nach Süden (obwohl mein heutiges Ziel eigentlich nordwestlich von meinem Ausgangspunkt lag). Ich habe einen Umweg durch die Sierra de Gredos gemacht, die sich südlich von Ávila erstreckt. Sehr schöne Gegend. Wilde, karge Gebirgslandschaft, nur vereinzelt von ein paar kleinen Dörfern unterbrochen. Da es im Quartier in Ávila ja kein Frühstück gab habe ich unterwegs gepicknickt... und wieder Geier beobachtet. So spektakulär wie vorgestern war's zwar nicht, dafür war heute die Kulisse schöner. Die größte Passhöhe auf meiner Gebirgstour heute hatte ich am Puerto de Peña negra mit 1909m. Danach stürzte sich die Straßen in Serpentinen abwärts zur nordkastilischen Ebene in Richtung Salamanca.
Auf dem weiteren Weg habe ich am frühen Nachmittag einen Stopp in Alba de Tormes gemacht. Hier liegt die Heilige Theresa von Ávila begraben. Und da es schon am Weg lag wollte ich doch mal kurz vorbei kucken. Aber... wie es halt so kommt... das hier ist Spanien und um 14:30h sind auch an einem Ort wie dem Grab der Heiligen Theresa von Ávila die Türen zu. Siesta. Anderthalb Stunden hätte ich warten müssen, bis man Kirche und Museum wieder geöffnet hätte, und das alles in nem Ort, wo sonst absolut nix los war und es genau null zu sehen gab. Die Warterei war's mir dann doch nicht wert und ich bin die verbleibenden 20km nach Salamanca, meinem heutigen Tagesziel, weiter gefahren.
In Salamanca habe ich mich erst mal auf die Suche nach einem Fotopunkt gemacht. Ein ähnliches Bild wie mein Bild des Tages (nur ohne die Spiegelung) hatte ich nämlich in meinem Lonely Planet gesehen und das wollte ich auch gerne haben. Wie Ihr seht habe ich den Platz gefunden. Am Südufer des Rio Tormes gibt es einen Park und nach dem ich ein bisschen gesucht hab habe ich den Weg dorthin und auch nen Parkplatz gefunden.
Salamanca ist ungefähr halb so groß wie Bonn, und damit die größte Stadt, die ich auf meiner Kastilien-Rundfahrt bisher besucht habe. Segovia und Ávila haben beide nur zwischen 50.000 und 60.000 Einwohner. Die Größe merkt man in Salamanca schon bei der Einfahrt in die Stadt. Industriegebiet, Möbelhäuser, MediaMarkt... alles da. Die Landschaft hier ist ziemlich flach und so kann man die Kathedrale schon aus 10km Entfernung sehen, wenn man auf die Stadt zu fährt.
Mein Hotel hier in Salamanca liegt in der Fußgängerzone der Altstadt und so konnte ich nicht direkt bis vor die Tür fahren. Ich hab dann zuerst versucht, in der Nähe einen kostenlosen Parkplatz zu kriegen und habe ein paar Runden gedreht. Die Stadt wirkte zwar ziemlich ruhig, aber nen günstigen Parkplatz gab es nicht. Ich bin dann ins Parkhaus „Centro Historico“ gefahren, von wo aus es ca. 400m zu Fuß bis zum Quartier sind. Als ich aus dem Parkhaus kam, den Sammy im Schlepp, war es als hätte man die Stadt plötzlich wieder eingeschaltet. Autos, viele Leute... Moment... ich war doch eben an einigen Universitätsgebäuden vorbeigekommen. Richtig. Auch die Uni Salamanca macht Siesta. Ab vier Uhr nachmittags geht dort offensichtlich der Betrieb wieder los.
Die Universität Salamanca hat einen Ruf, der weit über Spanien hinausreicht. Sie ist die älteste Universität des Landes und durch die ganzen Studis wirkt die Stadt sehr jugendlich und lebendig.
Ich bin nach einem kleinen Päuschen im Hotel gegen sechs zu einem ersten Erkundungsrundgang aufgebrochen, den ich dann nahtlos in das Abendessen übergehen lassen wollte. Da ich im Laufe des Tages nur ein paar Snacks zu mir genommen hatte wurde es dafür auch echt Zeit. Aber das hier ist Spanien. Hier wird nicht nur Siesta gemacht, sondern auch erst sehr spät gegessen. Als ich im dritten Restaurant zu hören bekam, dass die Küche erst frühestens ab halb acht wieder auf sei, hatte ich die Faxen dicke. Zum Glück ist Spanien ja auch das Land des Schinkens und der Metzgereien und so gab es zum Abendessen Baguett mit Jamon Iberico, Käse und Rotwein, und das alles gemütlich im Hotelzimmer. Morgen werde ich schön mittags essen gehen.
Der morgige Tag ist für die Besichtigung der Stadt vorgesehen. Und es gibt im Hotel Frühstück... *lach... Ich bin jedenfalls sicher, dass mir hier in Salamanca nicht langweilig werden wird. Und wenn das Wetter so bleibt, dann kann man auch einfach auf der Plaza sitzen und nen Caffe solo trinken.
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