13. Juli 2014

Ein Tag, den ich so schnell nicht vergessen werde. Ich sitze grade in Chinle im Waschsalon und vor ner guten halben Stunde ist Deutschland Fußball-Weltmeister geworden. Ich kann mich noch genau an das letzte Mal erinnern, 1990. Da war ich garde zum Französisch-Sprachkurs in Straßburg und ich habe das Finale abends mit den anderen Sprachschülern zusammen gesehen. Am Ende ist mir eigentlich nur ein Bild im Kopf geblieben, Franz Beckenbauer, der allein und nachdenklich über den Rasen spazierte. Ich muss sagen, da ist der Jogi doch ein anderer Typ. Die Jungs haben es sich mehr als verdient und so langsam wurde es ja auch Zeit für den vierten Stern. Der argentinische Experte, der hier bei ABC/ESPN (zusammen mit Michael Ballack für die deutsche Seite) im Studio saß, sagte meiner Meinung nach ganz richtig: „Das deutsche Team hat die Früchte von zehn Jahren Arbeit geerntet.“ Dieses Jahr war es einfach soweit. Es hat am Ende alles zusammen gepasst (auch wenn morgen das Jüngelchen-Gesicht von Mario Götze auf den Titelseiten der Weltpresse erscheint... da hätte ich ja fast jeden anderen lieber gesehen... Philipp Lahm, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger, oder last but not least Manuel Neuer, an dem wir bestimmt noch lange Freude haben werden). Über meinen persönlichen Beitrag zum Sieg erzähle ich Euch im zweiten Teil des Logbuchs.
Irgendwann im Laufe meiner Reiselogbücher kommt ja immer der Tag, wo es zwei Bilder gibt. Heute ist einer. Das zweite Bild kann ich mir einfach nicht verkneifen, auch wenn es ein bisschen unscharf ist. Jeder, der es selber im Fernsehen gesehen hat, wird sich dran erinnern...
Aber heute gab es natürlich noch mehr als Fußball. Um viertel vor sieben ging mein Wecker, und ich habe innerlich geflucht, dass ich die Canyon Tour für 8 und nicht für 9 gebucht hatte. Pünktlich um zehn vor acht kam mein Guide mich abholen... Daniel... ein eher kurzgewachsener aber dafür etwas knubbeliger Navajo mittleren Alters, in einem nicht mehr ganz taufrischen Ford-Geländewagen. Wir sind zum Eingang des Canyons gefahren wo ich meine zwei Dollar Gebühr bezahlt habe, und dann ging's los. Am Eingang sind die Felsen zuerst noch niedrig, während man das trockene, sandige Flussbett entlang fährt, aber schon nach ein paar hundert Metern ragen die Felswände rechts und links so zwei-, dreihundert Meter in die Höhe. Daniel war eher der wortkarge Typ, und sein Englisch war auch nicht das beste. Aber er kannte sich aus, und wusste seinen Jeep durch den Sand zu steuern. Unterwegs machten wir immer wieder mal Pausen, und er hat mir die Felszeichnungen an den Canyon-Wänden gezeigt. Die meisten stammen aus der Zeit der Anasazi, so wie auch die Pueblos im Canyon de Chelly, von denen wir einige gesehen haben. Allerdings spielt der Canyon de Chelly im Vergleich zu Mesa Verde nur zweite Liga. Was aber nicht heißt, dass die Pueblos hier nicht schön sind. Nur rein kommt man nicht.
Es gibt auch ein paar Felszeichnungen der Navajo. Die erkennt man daran, dass Pferde (und manchmal auch Schafe) dargestellt sind. Die Pueblos hatten die Gegend hier, genauso wie die Region von Mesa Verde, schon vor der Ankunft der Spanier (und der Pferde) verlassen.
Der Boden des Canyons ist bewohnt. Mein Fahrer hat selbst dort auch eine Farm und ein paar Kühe. Alle Nase lang kommt man an ein paar Hütten, ner Handvoll Schafe oder Kühe, oder auch mal an ein, zwei Pferden vorbei.
Es gibt aber auch wilde Tiere, und das erste, dem wir begegnet sind, war ein Kojote, der nur wenige Meter vor dem Ford die Piste querte und im Flussbett verschwand. Daniel hielt an, wir stiegen aus, und er erzählte ein bisschen was über Kojoten. Und dann ging er zu den Trittspuren des Kojoten, nahm der Reihe nach aus vier, fünf Fußstapfen entgegen der Laufrichtung des Tieres ein paar Sandkörner, die er dann zusammen in die Richtung warf, aus der der Kojote gekommen war. Dann wurde noch ein bisschen was auf Navajo dazu gesagt. Auf meinen fragenden Blick sagte er mir, dass das Glück bringt. Ich hab nen Moment gezögert, weil ich solche Rituale gerne den Einheimischen überlasse, aber als Daniel mich fragte „You don't want to do it?“ ging's mir durch den Kopf: „Wir haben heute WM-Finale.“ Also habe ich auch brav die Sandkörner zwischen die Finger gesammelt und dann weggeworfen. Und wie Ihr seht - es hat funktioniert. Wir sind Weltmeister.
Auf der weiteren Tour durch den Canyon haben wir dann auch noch die Fußspuren von einem Schwarzbären gesehen, aber obwohl Daniel sich alle Mühe gab - Originalton „Now we hunt the bear“ - haben wir den leider nicht aufgespürt.
Bevor es zurück ging, haben wir noch an der Farm von Daniels Vetter angehalten, wo Daniel die Schafe füttern musste. Vom Besitzer war weit und breit nichts zu sehen und so vermute ich, dass Daniel die Urlaubsvertretung war. Ich konnte mit nem Taschenmesser aushelfen, als der Heuballen bockig war.
Um viertel nach zehn waren wir wieder am Hotel, und ich habe dann noch ein Tüürchen am Nordrand des Canyon gemacht. Auch hier gab's tolle Fotogelegenheiten. Als Foto des Tages präsentiere ich aber eines von der Canyon-Tour. Canyon de Chelly ist echt ne Reise wert und ich glaube ich habe von der Choreographie der Reise bisher alles richtig gemacht. Wäre ich erst zum Grand Canyon gefahren, dann wäre der Canyon de Chelly wahrscheinlich schlechter weggekommen.
So, die Wäsche ist fertig, die letzten drei Absätze hier habe ich schon wieder im Hotel geschrieben. Morgen kommt die Fahrt zum Grand Canyon, und ich denke auch da werde ich abends wieder viel zu erzählen haben. Was ich wohl noch nicht genau weiß ist, wie's da mit Internet-Verbindung aussieht. Also, wenn Ihr ein paar Tage nix von mir hört, dann bin ich einfach zu weit in der Wildnis.

 

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27. März 2010

Hallo zusammen und herzlich willkommen zur Reisesaison 2010. Ich bin in Singapur – und ganz schön platt. Immerhin habe ich heute den weitesten Flug meiner Passagierkarriere getätigt. Von Paris nach Singapur sind es 10.736km, „as the crow flies“, wie der Engländer sagt. Nicht, dass sich Krähen jemals diese Mühe machen würden. Außerdem war's der schnellste Flug meiner Passagierkarriere, mit durchschnittlich 896km/h. Wir hatten teilweise echt guten Rückenwind. Entsprechend hat der Rückflug in zwei Wochen auch das Potential, neuer Spitzenreiter in der Kategorie 'Längster Flug' zu werden.
Naja – was soll ich sagen? Lange Flüge gehen mir inzwischen ziemlich auf die Nerven. Ich wünsche mir echt immer so schnell wie möglich da zu sein. Noch dazu kam, dass es heute der Tag der Verspätungen zu werden schien. Sowohl der Flug von Düsseldorf nach Paris, als auch der von Paris nach Singapur starteten mit 25 Minuten Verspätung. In Paris hat mich das dann doch ein kleines bisschen ins Schwitzen gebracht, denn ich musste dort von einem Terminal zum anderen. Und nach meinen Erfahrungen aus dem Jahr 2007, wo ich zum ersten mal in meiner Reisetätigkeit nen Flieger verpasst habe, wollte ich mich da nicht auf Shuttlebusse und ähnliches verlassen sondern nur auch mich selbst. Also wurde zu Fuß umgestiegen und jeder, der schon einmal in Paris Charles de Gaulle im Terminal-Komplex 2 war, weiß wie groß das da ist.
Der Flug war dann allerdings überraschend gut. Meine Befürchtungen an die Enge in der 777-300ER der Air France (übrigens mein erster Flug überhaupt mit diesem Fliegertyp) haben sich nicht wirklich bewahrheitet und ich habe sogar ziemlich gut geschlafen. Wobei ich nicht genau weiß, was daran den größten Anteil hat – das Heineken und der Dewars Whisky (eine Marke, die ich garantiert NICHT noch mal probieren werde, aber Air France hatte nix anderes und Ihr wisst ja: „In der Not frisst der Teufel fliegen“), oder dass ich am Freitag morgen um 6 aufgestanden war und noch einen vollen Schultag hatte. Das Essen im Flieger war dann ne echte Überraschung. Bei einer französischen Fluggesellschaft ist man ja fast geneigt, sowas voraus zu setzen, aber es war richtig lecker, so wie ich es seit Ewigkeiten nicht erlebt habe. Und reichlich.
Trotzdem war ich froh, als unser Fahrwerk endlich mit einem heftigen Rumpeln den Asphalt des Flughafens Changi in Singapur küsste. Einreise und Gepäck – das ging alles unproblematisch und am Ausgang erwartete mich bereits der Fahrer vom Hotel. Ich wohne hier im The Quincy Hotel, das mir mein Vetter Schorsch empfohlen hat. All-Inclusive. Die Minibar und 3 Mahlzeiten am Tag sind mit im Preis drin... UND eben der Transfer vom Flughafen zum Hotel – in ner Benz-Limousine. Nicht schlecht, sag ich mal. Trotzdem – das Wichtigste ist mir jetzt erst mal, dass es das Bett tut. Morgen steht Spotten auf dem Programm. Wie es dazu kam ist ne längere Geschichte und die erzähle ich Euch morgen.
Das Foto des Tages entstand, weil ich echt alles richtig gemacht und den mir vom Reisebüro gebuchten Platz auf der rechten Seite des Fliegers beim Online-Checkin gegen einen auf der linken Seite eingetauscht habe. Es zeigt Singapur im Sonnenuntergang und die ganzen vor der Insel auf Reede liegenden Schiffe.
Zum Abschluss des ersten Tagesberichts habe ich noch die Standardbitte: schickt mir eine kurze Email, damit ich weiß, dass das Reiselogbuch in lesbarem Zustand bei Euch angekommen ist. Danke im Voraus – und bis morgen.