6. Oktober 2022
Um 5:30 Uhr klingelte mich mein Handy heute morgen aus dem Schlaf. Manchmal muss man für besondere Erlebnisse auch Opfer bringen. Es war angenehm kühl, als ich zum Parkplatz kam wo das Auto schon auf uns wartete. Uns, das waren außer mir noch Phyllis und Henkje (wenn ich das richtig verstanden habe), ein holländisches Paar. Das war’s, wir waren nur zu dritt. Unser Driver-Guide war Bullet, der schon gestern Abend das Auto für die Tour zum Sundowner gesteuert hatte.
Während der Fahrt nach Sesriem habe ich Bullet ziemlich genau beobachtet um rauszufinden, wie die Profis hier fahren. Richtig falsch gelegen habe ich gestern nicht. Was die Spursuche anging, hat er das sehr ähnlich gemacht wie ich gestern.
Die Fahrt vom Camp führte zuerst nach Norden und dann nach Westen, nach Sesriem, wo sich der Eingang zum Namib-Naukluft-Nationalpark befindet. Zumindest der Eingang, wenn man zu den berühmten Dünen und nach Sossusvlei will.
Ich muss hier mal kurz pausieren. Ich sitze hier gerade im Freien und warte auf das Abendessen, das heute im Camp serviert wird. Die Sonne ist vor ner Viertelstunde untergegangen und der Himmel zeigt gerade ein Farbenspiel, das man sich nicht vorstellen kann. Einfach der Hammer... und damit zurück zum Logbuch...
Die letzten Kilometer vor Sesriem und danach die Straße in den Park hinein sind asphaltiert. "Ziemliche Verschwendung", hab ich zuerst gedacht, aber dann hat Bullet erklärt, dass früher jeder zwischen den Dünen fahren durfte wie er wollte und man vor lauter Staubwolken die Dünen kaum noch gesehen hat. Da macht ne Asphaltstraße schon Sinn.
Nach einem kurzen Fotostopp an Düne 1 - ja, die Dünen sind nummeriert - ging es hinein ins Tal des Tsauchab River, der zwischen den Dünen herfließt... wenn er denn fließt. Wie die meisten Flüsse hier in Namibia hat der Tsauchab nur während der Regenzeit Wasser und auch dann nur schubweise.
Die Dünen der Namib wandern übrigens laut Bullet nicht, sondern werden durch den Wind nur aufgetürmt. Warum habe ich noch nicht genau verstanden. Ich werde da bei Gelegenheit noch mal ein bisschen nachlesen müssen zur Geologie der Namib. Nichtsdestotrotz hat eine der berühmten Namib-Dünen das erste Bild des Tages bekommen. Wie so oft aber wirkt das alles in Natura viel spektakulärer, weil man eben das Rundum-Erlebnis hat und die Größenverhältnisse besser einschätzen kann.
Nächster Halt war an Düne 45. Das ist die "In"-Düne zum Besteigen. Folglich waren wir auch nicht allein. Der Parkplatz war voll mit SUVs, Jeeps und Kleinbussen. Bullet hat uns ein bisschen Zeit gegeben, die Düne zu besteigen, und so haben wir uns in den Strom von Touristen eingereiht. Ganz schön schweres Geläuf, so den Sand des Dünenkamms rauf. Ich habe es daher auch bei halber Höhe gut sein lassen. Da reden wir auch immer noch über geschätzt 50 bis 60m. Der Blick von da oben ist sehr eindrucksvoll. Phyllis und Henkje sind noch weiter marschiert, aber ich habe das Panorama auf mich wirken lassen und bin dann wieder abgestiegen. Wenn jetzt jemand denkt, dass so viele Touris die Düne ja ganz schön zertrampeln, dann kann ich ihn oder sie beruhigen. Ab Mittag wird der Aufstieg gesperrt, denn dann ist es sowieso zu heiß. Und dann macht der Wind sich an die Arbeit. Am nächsten Morgen ist die Düne durch den Einfluss des Windes wieder jungfräulich, so als wäre noch nie jemand hochgestiegen. Krass, oder?
Auf dem Parkplatz der Düne 45 entstand auch das zweite Bild des Tages. Ich habe auf fast allen meinen Touren im südlichen Afrika Schildraben gesehen, aber bisher noch nie fotografieren können. Hier am Parkplatz tummelten sich aber zwei Päärchen um den Touristen das Frühstück zu stibitzen und so hatte ich sehr schöne Fotogelegenheiten. Mit Ihren schwarz-weißen Gefieder finde ich Schildraben die mit Abstand schönsten Vertreter der Gattung Corvus, die ja sonst eher einfarbig schwarz sind, wie unsere Rabenkrähen und Kolkraben, oder sich mal gerade zu ein bisschen grau bequemen wie Dohlen und Nebelkrähen.
Von der Düne 45 hat Bullet uns zum Dead Vlei gefahren. In diesem von Dünen eingerahmten Talkessel stehen dutzende abgestorbene Akazien. Das Dead Vlei ist einer der am meisten besuchten und fotografierten Orte in Namibia. Wenn Ihr schon einmal ein Bild aus Namibia mit Dünen und toten Bäumen gesehen habt, dann ist es wahrscheinlich dort entstanden. Natürlich hatten wir das Dead Vlei ebensowenig für uns, wie die Düne 45. Trotzdem konnte man mit etwas Geduld Bilder und Selfies ohne andere Leute machen.
Mittlerweile war der Vormittag etwas fortgeschritten und es wurde Zeit fürs Frühstück. Bullet hat den Toyota an einem Picknicktisch mit Bänken unter ein paar Akazien geparkt und dann gab's was zu essen. Alles was man für ein vernünftiges Frühstück braucht, hatte er dabei. Wir haben gegessen und erzählt und sind vor allem viel über das normale Leben in Namibia von Bullet gewahr geworden.
Nach dem Frühstück sind wir noch ein Stückchen weiter durch das Flussbett des Tsauchab gefahren zum eigentlichen "Sossusvlei". „Sossusvlei“ bedeutet ungefähr ‚Sackgassen-Tal‘ in Nama und Afrikaans. Wenn der Fluss mal Wasser führt, dann endet er an dieser Stelle und versickert unter dem Sand der Namib. Von hier sind es nur 50km bis zum Atlantik und das Wasser sucht sich seinen Weg dorthin unterirdisch. Trotzdem ist das Sossusvlei die Stelle, wo es noch am längsten Feuchtigkeit gibt, auch wenn der Fluss längst nicht mehr fließt.
Vom Sossusvlei führte die Fahrt wieder durch das sandige Flussbett des Tsauchab zurück in Richtung Sesriem. Ich war echt froh, dass ich eine Tour gebucht hatte. Die letzten paar Kilometer zum Dead Vlei und zum Sossusvlei hätte ich mit dem Suzuki gar nicht machen können, und auch nicht dürfen. Nur Allradautos dürfen in das Flussbett, der Rest muss mit dem Shuttle fahren, ein überdachter Anhänger mit Bänken auf der Ladefläche und breiten Reifen und vorne dran ein John Deere.
Zurück in Sesriem haben wir noch einen kurzen Besichtigungsstopp am Sesriem Canyon gemacht und dann ging die Fahrt zurück. Gegen 14h waren wir wieder im Camp und ich habe den Rest des Tages den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Meine Bemühungen, das Logbuch von gestern auf den Weg zu bringen und die sozialen Medien zu füttern scheiterten aber leider an der mangelhaften Internetverbindung. Muss ich das halt morgen beim Frühstück in der Haupt-Lodge machen.
Das Abendessen gab es heute hier im Camp, nachdem ich vorher an der Bar, die oben auf den Felsen liegt, meinen eigenen Sundowner hatte, mit G&T und Blick auf die Oryx, die unten durch die Ebene zogen.
Als Phyllis und Henkje vom organisierten Sundowner - die gleiche Tour, die ich gestern hatte - zurück und zum Abendessen kamen, fragte mich Phyllis, ob ich nicht von meinem Einzeltisch rüber zu ihnen kommen wollte. So hatte ich dann heute auch noch einen sehr netten Abend mit Gesellschaft zum Essen.
Morgen geht es weiter nach Swakopmund. Ich bin dann also wieder am Meer.
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