Reiselogbuch - 2015 Orkneys und Shetlands


30. Juni 2015

Leute, ich sag's Euch: Die Orkneys sind super. Ich bin noch nicht mal ganz zwei Tage hier und es ist schon noch deutlich besser, als ich es mir vorgestellt habe...
Als ich heute morgen wach wurde war's am regnen. Mit sowas hatte ich ja gerechnet -  ist immerhin hier Schottland. Nach dem Frühstück habe ich mich – Regen hin oder her -  ins Auto gesetzt und bin zur Erkundung von West Mainland aufgebrochen. Heute sollte Kultur im Vordergrund stehen. Ich wollte mir nämlich die stein- und früheisenzeitlichen Ausgrabungen hier ankucken, die zu den ältesten Europas zählen.
Zusätzlich zum Regen gab es heute auch noch ein weiteres Problem. Als ich am Hafen von Kirkwall vorbeifuhr lag da ein Kreuzfahrtschiff. „Na suuuuper“, dachte ich, „dann wird’s ja überall rappelvoll sein“. Und so war's dann auch. An den ersten beiden Sehenswürdigkeiten, an denen ich im Regen vorbeikam, parkten jeweils mehrere Busse. Ich habe dann erstmal auf die Karte gekuckt und überlegt, wo die vielleicht nicht hinfahren würden. Und so habe ich mich auf den Weg zum Broch of Gurness gemacht. Das war eine weise Entscheidung, denn außer zwei Autos stand dort niemand auf dem Parkplatz. Das war so gegen elf, und ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon ne Stunde Inselrundfahrt hinter mir. Pünktlich mit meiner Ankunft in Gurness hörte es auf zu regnen und ich konnte mir in aller Ruhe die Anlage ansehen.
Als 'Broch' bezeichnet man piktische Wehrtürme, die es überall in Schottland gibt. Der Broch of Gurness stammt aus dem dritten Jahrhundert vor Christus und war wie allgemein üblich von einem kleinen Dorf umgeben, in dem mehrere Familien lebten. (Die Pikten waren übrigens die Bewohner Schottlands zu der Zeit, als in England die Kelten und die Römer lebten.)
Der Broch of Gurness ist eine wirklich beeindruckende Anlage und bot tolle Fotomotive, aber leider hat er es zum Bild des Tages nicht geschafft. Während meines Rundgangs dort kam auch die Sonne raus und den Rest des Tages hatte ich Kaiserwetter. Nach Aussage der Einheimischen (und nach der Feuchtigkeit im Boden zu urteilen) hat's hier wochenlang nur geregnet, aber heute nachmittag war Tshirt-Wetter.
Nach der Besichtigung in Gurness bin ich nach Stromness zum Mittagessen gefahren. Stromness ist das Städtchen, wo der Haupthafen von Mainland liegt und wo die Fähren vom schottischen Festland ankommen.
Nach Fish and Chips in nem schönen Pub ging es dann zum Höhepunkt des heutigen Tages und einem der Gründe, warum ich überhaupt auf die Orkneys wollte (es ging mir nämlich nicht nur um Vogelbeobachtung).
Skara Brae... Skara Brae ist eine steinzeitliche Siedlung, die um 3200 vor Christus gegründet wurde, also 700 Jahre vor dem Bau der Cheops-Pyramide. Darüber hinaus ist es eine der am besten erhaltenen jungsteinzeitlichen Siedlungen in Europa. Hier wollte ich hin seit ich vor etlichen Jahren mal einen Bericht darüber gesehen habe. Um genau zu sein begann die BBC Doku „A History of Britain“ mit Skara Brae. Acht Häuser und einige Nebengebäude hat man hier gefunden, von denen einige als Wohnhäuser und andere als Werkstätten und Lagerräume dienten. Die Gebäude sind halb unterirdisch angelegt, was auch ihren guten Zustand erklärt, denn erst um 1850 wurde die Siedlung entdeckt und erforscht. Ist schon klar, was man auf dem Bild des Tages sieht... *lach... und auch noch im schönsten Sonnenschein. Die wildromantische Lage an der Bucht hatte Skara Brae vor 5000 Jahren übrigens noch nicht. Damals war das Meer deutlich weiter weg.
Als ich in Skara Brae ankam standen da noch zwei Kreuzfahrtschiff-Busse und einer mit dem Schild 'Studiosus'. Da ich es aber zum Glück nicht eilig hatte, habe ich mir einfach viel Zeit in Skara Brae gelassen, die Landschaft genossen, die Spatzen, die zwischen den 5000 Jahre alten Steinen nisten und das Leben genießen, beobachtet (und fotografiert) und siehe da, irgendwann war außer mir, dem Ranger und ner Handvoll anderer Touristen keiner mehr da. Wie lange ich mich hier aufgehalten habe weiß ich gar nicht genau. Ich hatte nämlich heute morgen sowohl Uhr als auch Handy im Quartier vergessen.
Von Skara Brae ging's dann noch zum Ring of Brodgar, einem neolithischen Steinkreis, der zwischen 2500 und 2000 vor Christus entstanden ist. Mit einem Durchmesser von 104m ist er der drittgrößte der britischen Inseln. Auch hier hätte ich problemlos ein Foto des Tages machen können, aber genau wie der Broch of Gurness hat der Ring of Brodgar es nicht auf Platz eins geschafft.
Auf dem Rückweg nach Kirkwall habe ich noch kurz am Besucherzentrum von Maeshowe angehalten und für Sonntag mittag eine Führung durch die jungsteinzeitliche Grabkammer gebucht. Dann werde ich mir auch noch die Standing Stones of Stenness ankucken. Für heute wollte ich es aber mit den Ausgrabungen nicht übertreiben.
Morgen gibt’s was ganz Besonderes. Ich mache ne Tagestour nach Papa Westray. Das ist eine der nördlichen Inseln und es geht da mit dem Flugzeug hin. Nicht, dass man auch mit der Fähre fahren könnte, aber der Flug von Westray nach Papa Westray ist die kürzeste Linienflugstrecke der Welt. Da werde ich morgen noch ein paar Details zu erzählen. Da ich auf Papa Westray nicht motorisiert bin habe ich eine Inseltour über das örtliche Hostel gebucht. Da gibt’s für 40 Pfund den ganzen Tag Programm, Transport und Verpflegung auf der Insel. Morgen abend geht’s dann per Flieger wieder zurück nach Kirkwall. Ich freu mich schon.


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1. Juli 2015

Heute war ein perfekter Tag. Anders kann ich's nicht sagen. Auf dem Programm stand ein Tagesausflug nach Papa Westray, von den Einheimischen 'Papay' genannt. Für die Anreise habe ich den Luftweg gewählt, denn auf diese Weise konnte ich ein einmaliges Erlebnis in die Tour einbauen, einen Flug auf der kürzesten Linienflugstrecke der Welt, von Westray nach Papa Westray. Die schottische Regionalfluggesellschaft Loganair bedient mehrere Routen, die die verschiedenen Inseln der Orkneys miteinander verbinden und das bedeutet oft eine enorme Zeitersparnis, denn manche Strecke, die mit dem Schiff ne Stunde oder gar zwei dauert, erledigt der Flieger in Minuten.
Der eingesetzte Flugzeugtyp für diese Strecken ist die Britten-Norman BN-2 Islander (übrigens noch ein neues Flugzeug auf meiner Liste), die weltweit wegen ihrer Robustheit und ihrer Kurzstarteigenschaften beliebt ist, und die auch für den Einsatz auf den Orkneys optimal geeignet ist. Außerhalb von Kirkwall sind nämlich die meisten Pisten hier Gras oder Schotter.
Um 9:38h, zwei Minuten vor der planmäßigen Abflugszeit ging's heute morgen am Flughafen Kirkwall los. Mein Rucksack musste zwar in den Kofferraum (in der Islander liegt das Gepäck wirklich einfach hinten in der Kabine) aber dafür gibt’s auf den Flügen zwischen den Inseln keine Sicherheitskontrolle. Die Maschine war für das erste Teilstück, von Kirkwall nach Westray, komplett ausgebucht. Nur fünfzehn Minuten dauerte der Flug und dann wurde es spannend. In Westray stiegen fünf Leute aus und eine neue Passagierin kam an Bord. Der Start führte raus über's Meeer und man hatte sich kaum an das In-der-Luftsein gewöhnt, da erschien auch schon wieder Gras unter den Rädern. Blockzeit (vom Losrollen am 'Terminal' bis zum Motorenausschalten am Zielort): vier Minuten, reine Flugzeit ein bisschen über zwei Minuten. Unglaublich.
Zwei der Mitpassagiere stellten sich als zwei Österreicherinnen heraus (aus der Nähe von Wien), die die gleiche Tagestour über Papa Westray gebucht hatten wie ich. Unser Fahrer/Guide, Jonathan, holte uns am Flughafen ab und dann begann die Tour. Außer uns dreien waren noch ein Ehepaar aus Inverness und ein Ehepaar aus Derbyshire mit dabei, aber die waren mit der Fähre in Papa Westray angekommen.
Ich muss ein bisschen was zu Papa Westray erzählen. Die Insel ist rund 4,5 Meilen lang, knapp eine Meile breit und es leben 75 Menschen auf ihr. Der nördlichste Teil ist ein Vogelschutzgebiet und der Rest ist Farmland. Es gibt einen kleinen Hafen, einen Laden, ein Hostel, ein Gemeindezentrum eine Grundschule und viel Landschaft. Jeder Bewohner hat mehrere Jobs. Jonathan, der erst seit nem knappen Jahr auf der Insel lebt, ist der Ranger und der Tourguide. Die Flughafenfeuerwehr verlädt auch das Gepäck.
Erster Besichtigungsstopp war an der St. Boniface Kirk, einem kleinen Kirchelchen aus dem 12. Jahrhundert. Danach ging's zum Coffee Morning. Jeden Mittwoch treffen sich die Einheimischen im Vorraum der St. Anne's Kirk zum Kaffee und Kuchen. Da sind wir dann auch aufgeschlagen. Ich denke mal zwanzig Prozent der Bevölkerung von Papa Westray waren vor Ort. Der Kaffee und Kuchen waren gespendet, und mit dem Pfund, dass man für Getränk oder Gebäck bezahlte, werden Hilfsprojekte unterstützt.
Zum Glück sind die Entfernungen auf Papa Westray nicht besonders groß, so dass man in zwei, drei Minuten am nächsten Programmpunkt ist. Und der nächste Programmpunkt war ein ganz besonderer Höhepunkt und hätte fast das Bild des Tages gemacht. Der Knap of Howar ist ein jungsteinzeitliches Haus, das nochmal gut 500 Jahre älter ist als Skara Brae. sehr schön erhalten und vollkommen kreuzfahrtschiffbusfrei... Jonathan  meinte, dass unter den Hügelchen in der Umgebung bestimmt noch so einiges liegt, aber man hat sich bisher noch nicht die Mühe gemacht, da überhaupt mal nachzukucken, was es geben könnte. Der Knap of Howar ist jedenfalls das älteste Wohnhaus Europas, und erstaunlich gut erhalten. Wenn ich Euch nicht gestern schon Skara Brae geboten hätte, dann hätte es heute zwei Bilder gegeben und der Knap of Howar wäre eines davon gewesen.
Dann war „lunch time“ und wir haben im Hostel sehr lecker zu essen bekommen. Eine lange Mittagspause gab es aber nicht, denn wir wollten ja noch mehr sehen. Jonathan hat uns zum Nordende von Papa Westray gefahren und dort sind wir mit Kaye, der örtlichen Expertin der RSPB (Royal Society for the Protection of Birds), ins Vogelschutzgebiet gezogen. Hier gab's alles, was das Ornithologen-Herz begehrt, und das auch noch unter strahlend blauem Himmel bei bestem Licht und Wetter. Verschiedene Möwen, Skuas, Eissturmvögel, verschiedene Alkenarten – inklusive Papageientaucher – und und und... Die Sony musste während der zwei Stunden hart arbeiten und eines der Ergebnisse ist das heutige Bild des Tages. Knuffig, oder? Es hätte aber auch noch etliche andere Kandidaten für das Bild des Tages gegeben und ich kann Euch schon mal die Vorankündigung machen, dass da einiges bei Frantis Safari dazukommen wird.
Als Einstieg in meine Vogelbeobachtungsbemühungen hier auf den Inseln hätte es jedenfalls nicht besser sein können.
Gegen viertel nach vier waren wir wieder im Hostel und es gab Tee und Scones. Wie sich das gehört. Eine knappe halbe Stunde haben wir noch zusammengesessen und erzählt, und dann wurde zuerst ich zum Flugplatz gefahren und von der Gruppe verabschiedet. Anschließend brachte Jonathan die anderen zum Fähranleger.
Der Rückflug ging über die gleiche Strecke, zuerst von Papa Westray nach Westray und dann nach Kirkwall. Allerdings hatte es sich inzwischen zugezogen und es war ziemlich windig. Deshalb konnten wir nicht die kürzeste Strecke fliegen und der Flug von Papa Westray nach Westray dauerte deshalb ewige vier Minuten, auch wenn auf dem Zertifikat von Loganair, das jeder Passagier, der die Strecke geflogen ist bekommt, steht es wären zwei Minuten gewesen. Die zwei Minuten reine Flugzeit schafft man nur unter optimalen Bedingungen.
Bei der Landung in Westray war's am regnen und auch in Kirkwall, wo wir rund zwanzig Minuten später wieder ankamen, fiselte es. Das war mit aber jetzt egal. Obwohl es erst viertel vor sechs war habe ich den Rest des Tages frei genommen.
Morgen geht es wieder nach Westray, allerdings mit dem Schiff. Die Insel ist groß genug, dass sich eine Übernachtung lohnt, und so werde ich morgen für eine Nacht mein Quartier dorthin verlegen, und am Freitag abend wieder zurückfahren. Die Fähre geht aber erst gegen Mittag, so dass ich morgen früh noch ein bisschen in Kirkwall unternehmen kann.
Leider gab's allerdings heute in meiner Unterkunft ein Problem. Das WLAN ging nicht. Deshalb erhaltet Ihr dieses Logbuch mit einem Tag Verspätung.

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3. Juli 2015

Den Bildern des Tages nach zu urteilen entwickelt sich meine diesjährige Sommerferien-Tour immer mehr zu einer Papageientaucher-Show... *lach... Kandidaten zum Bild des Tages hätte es heute auch wieder etliche gegeben, aber ich fand die Kombination aus den beiden heutigen Bildern lustig, und sie zeigen schön, was heute das Geschehen bestimmte: Nebel und Vogelbeobachtung.
Im Pierowall Hotel begann mein Tag heute mit dem ersten Full Scottish Breakfast der Tour. (Da meine Gastgeber in Kirkwall ja nicht da waren, gab's dort nur ein 'normales' Frühstücksbuffet.)
Auf dem Programm heute sollte eine Klippenwanderung zum Leuchtturm am Noup Head stehen, die gleichzeitig durch ein Vogelschutzgebiet, unter anderem mit der größten Basstölpel-Kolonie der Orkneys, führt. Leider war es heute morgen aber nebelig. Ich bin zwar mal Richtung Noup Head gefahren und habe auch den Ausgangspunkt der Tour gefunden, aber bei der geringen Sichtweite hatte das nicht wirklich viel Zweck. Also kam Plan B zum Zuge. Fast am Südende der Insel liegt ein kleiner Küstenwanderweg, der am Castle O'Burrian vorbeiführt. Das ist keine Burg, sondern eine Felsformation vor den Klippen, mit einer großen, und vor allem leicht zugänglichen Papageientaucher-Kolonie. Das Hinweisschild dafür seht Ihr auf dem erste Bild des Tages, und darüber hinaus auch den Nebel. Da die Insel Westray hier im Süden nicht so hoch ist – ich schätze mal, die Klippen am Castle O'Burrian haben so 20 bis 25m – war man hier heute vormittag nicht in, sondern unter den Wolken. Nach einem kurzen Spaziergang oberhalb der Klippen stand ich vor der Papageientaucher-Kolonie und konnte dem munteren Treiben der Alken zu sehen. Und hatte natürlich auch schöne Fotomöglichkeiten, wie man im zweiten Bild sieht. Wobei ich sagen muss, dass sich fliegende Papageientaucher, und überhaupt fliegende Alken nicht so leicht fotografieren lassen. Die sind zum einen nicht besonders groß und zum anderen auch noch richtig flott unterwegs. Da muss man schon sehr auf Zack sein. Ihr könnt Euch also vorstellen, dass ich heute Dutzende von Fotos gemacht habe, wo man nur leeren Himmel oder nur leeres Meer oder nur verschwommene Felsen oder nur verschwommene Schemen oder nur Teile von Vögeln drauf sieht. Zum Glück ist das ja alles digital. Auf Dias wäre das teuer geworden. Aber am Ende hat sich die Mühe gelohnt. Rund zwei Stunden habe ich am Castle O'Burrian verbracht, und in der Zwischenzeit hatte der Himmel dann auch ein Einsehen und die Sonne kam raus. Und zwar nicht nur im Süden, sondern über ganz Westray.
Ich habe daraufhin meinen Plan, im Pierowall Hotel-Pub gemütlich zu Mittag zu essen, gekippt und habe mir nur im örtlichen Supermarkt (eigentlich mehr ein größerer Tante Emma-Laden) was zu Essen gekauft und bin zum Startpunkt der Klippenwanderung zum Noup Head gefahren. Als ich da war hatte der Nebel schon wieder die Küste erreicht, aber da es über dem Land ganz gute Sicht gab, bin ich trotzdem aufgebrochen. Bei richtigem Nebel sind Klippenwanderungen ja nicht ganz ungefährlich, aber bei mehr als hundert Meter Sichtweite fand ich's okay. Der Nebel hat sich dann auch zwischendurch mal gelichtet und den Blick auf die Landschaft und die Schafe freigegeben. Oben am Noup Head war's zumindest klar genug, dass man einen Blick auf die Klippen und die Seevogelkolonie werfen konnte. Die Bilder, die dort entstanden, haben aber alle ein bisschen nen Nebelschleier. Nach ziemlich genau drei Stunden Wanderung war ich wieder am Auto, bin zum Pierowall Hotel-Pub gefahren und habe mir nen Nachmittagstee gegönnt. Inzwischen war's nämlich schon vier Uhr. Um kurz vor fünf bin ich zum Flugplatz gefahren, denn ich wusste ja, dass um 17 Uhr der Flieger aus Kirkwall ankommt und da bot sich in dem strahlenden Sonnenschein, den wir heute nachmittag hatten, eine super Fotogelegenheit... Naja... hätte sich geboten. Leider war in Kirkwall so dichter Nebel, dass der Flug gestrichen werden musste. Schade.
Um kurz nach sechs war ich am Fähranleger und um zwanzig vor sieben ging die Fahrt zurück von Rapness nach Kirkwall. An Bord der MV Varagen habe ich mal an die Brückentür geklopft und gefragt, ob ich rein dürfte und der Käpt'n hat ja gesagt. Er hat mir alles erklärt und wir haben ein bisschen über Radar und Schiffsschrauben gefachsimpelt.
Um kurz nach acht heute abend waren wir in Kirkwall und ich habe mir bei Tesco's noch nen Snack zum Abendessen gekauft. Auf Restaurant hatte ich keine Lust mehr. Im Quartier habe ich Albert, meinen Gastgeber, kennen gelernt, und er hat auch den Router neu gebootet, so dass das Internet für den Laptop jetzt wieder funktioniert.
Das Programm für morgen ist noch nicht ganz sicher. Ich werde Euch aber natürlich morgen erzählen, was ich gemacht habe.

 

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2. Juli 2015

Heute morgen bin ich aus meinem B&B in Kirkwall ausgezogen, wenn auch nur für eine Nacht. Ich wollte ja außer Mainland (mit den südöstlich anschließenden Inseln) und Papa Westray auch noch andere etwas entferntere Inseln sehen und habe mich – auf einen Tipp meines Reiseführers hin – für Westray entschieden. Schon ein bisschen komisch, dass ich gestern hier auf dem Weg nach Papa Westray zwei mal gelandet bin, und erst heute die Insel erkunde.
Um 13:00h sollte meine Fähre von Kirkwall nach Rapness – das ist der Hauptfährhafen von Westray – ablegen. So hatte ich noch einiges an Zeit um in Kirkwall Besichtigungen zu machen. Da waren zu erst der Earl's Palace und der Bishop's Palace. Beide sind heutzutage Ruinen. Der Bischofspalast stammt ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert, wurde aber im Laufe der nächsten 400 Jahre immer wieder umgebaut. Der Earl's Palace stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert und war ein typischer Renaissancepalast.
Als nächstes ging's in die St. Magnus-Kathedrale. Wenn man vom Meer auf Kirkwall blickt, dann überragt diese Kirche die ganze Stadt. Ich muss sagen, sie gefällt mir sehr gut.
Ursprünglich im 12. Jahrhundert im romanischen Stil erbaut, kamen später auch gotische Elemente dazu und die Fenster sind fast alle – wie meistens in Großbritannien – aus dem 19. Jahrhundert. Beim Bau wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Kathedralbauexperten aus Durham leisteten einen nicht unerheblichen Teil der Arbeit und man verwendete gezielt zwei verschiedenfarbige Sorten von Sandstein, der rote aus der Nähe von Kirkwall und der gelbe von der Insel Eday, die zu den nördlichen Orkneys gehört. Wirklich schick. Die Kathedrale ist zwar nicht besonders groß aber trotzdem echt eindrucksvoll. Leider gibt es den Schrein des Heiligen Magnus nicht mehr. 1917 wurden aber in einer Säule des Mittelschiffs Gebeine gefunden, die die von Magnus sein könnten. Dem wurde nämlich mit einer Axt der Schädel gespalten und die gefundenen Knochen weisen eine dazu passende Wunde auf.
Nach dem Sightseeing habe ich mir bei Tesco's ein Sandwich für ein frühes Mittagessen gekauft und um viertel vor eins begann das Verladen der Fähre. Groß sind die Schiffe nicht, die hier zwischen den Inseln fahren. Die Earl Thorfinn gehört noch zu den größeren, aber es gibt nur Platz für ein paar Autos. Heute fuhr außerdem auch ein LKW mit, und ein Trecker mit Anhänger. Jemand hatte auf Mainland Schotter für seine Einfahrt gekauft.
Eineinviertel Stunden dauert die Fahrt von Kirkwall nach Rapness. Zum Glück ist das Meer hier zwischen den Inseln ruhig. Das Superpep durfte in der Verpackung bleiben. Immer wieder fliegen Alken und Eissturmvögel über die Wellen und an einigen der Felsen, an denen wir vorbeikamen, lagen Kegelrobben in der Sonne. Ja, auch heute war wieder Sonnenschein. Weitgehend zumindest.
Nach der Ankunft auf Westray bin ich erst mal nach Pierowall gefahren, dem Hauptort der Insel. Das sind rund sieben Meilen vom Fähranleger. Dann habe ich noch ein bisschen Inselrundfahrt gemacht, aber es zog sich leider zu und begann zu nebeln. Nicht ganz optimal. So war ich dann auch schon gegen halb sechs im Quartier. Das Abendessen im zum Hotel gehörenden Pub war super. Gebratene Scholle aus lokalem Fang mit Pommes und Salat, und als Nachtisch nen zwölfjährigen Highland Park.
Morgen habe ich praktisch den ganzen Tag auf Westray und ich werde den größeren Teil davon nutzen, um im Vogelschutzgebiet von Noup Head auf Pirsch zu gehen. Ich hoffe das Wetter spielt mit. Im Moment ist es nämlich neblig und regnet. Um viertel vor sieben morgen abend muss ich wieder auf dem Schiff sein. Wobei es dann hier noch taghell ist. Die Orkneys liegen schon ziemlich weit im Norden und die Nächte sind im Hochsommer sehr kurz. Auf den Shetlands wird das noch deutlicher werden.
Als Bild des Tages gibt es heute eine Gesamtansicht der St. Magnus-Kathedrale.

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4. Juli 2015

Heute war ein sehr durchwachsener Tag. Es war nämlich typisch schottisches Wetter. Regen, Nebel, Sturm... in wechselnden Zusammensetzungen. Das war zwar in gewisser Weise nicht unerwartet – immerhin sind das hier die Orkney-Inseln und „gutes Wetter“ ist nicht mal unter den ersten zehn Assoziationen, die mir zu den Orkneys einfielen bevor ich hier ankam. Trotzdem war es ärgerlich, denn ich hatte für heute einen Ausflug nach Hoy geplant, inklusive ausführlicher Wanderung zum Old Man of Hoy, und nicht zuletzt unter massiver Mithilfe meines „Gastvaters“ Albert, der sich alle Mühe gab, mir den letzten Platz auf der Fähre von Mainland nach Hoy zu ergattern.
Ich hatte heute erst für 8:30h Frühstück bestellt und gegen neun hat Albert sich ans Telefon gehängt. Die Fähre von Houton auf Mainland nach Lyness, dem Autofährhafen von Hoy, sollte um 9:50h ablegen, und als Albert fertig telefoniert hatte meinte er zu mir, „You need to leave like... now!“ Zum Glück ist es hier alles nicht so groß und weit und ich war rechtzeitig in Houton, wo dann mein Stand-by-Platz auf der Fähre auch prompt bestätigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war ich wegen des Wetters, tiefe Wolken und Nebelschwaden, noch unbesorgt, denn in den vergangenen Tagen hatte sich das ja alles immer wieder eingerenkt.
Auch diese Fähre war pünktlich und unter grauem Himmel mit ziemlich steifer Brise ging's raus auf Scapa Flow. Und dann fielen auch schon die ersten Tropfen. Die Überfahrt von Houton nach Lyness dauert vierzig Minuten und irgendwie war die Szenerie schon eindrucksvoll. Eine dicke graue Wolkendecke, die auf den Inseln auflag, bewegtes schiefergraugrünes Wasser unter uns, und ein kräftiger Wind. Der Seegang war zum Glück nicht kräftig genug, dass ich mich hätte dopen müssen.
In Lyness bin ich zuerst ins Scapa Flow Visitor Centre and Museum gefahren, das direkt gegenüber vom Fähranleger liegt. Hier wird die Geschichte von Scapa Flow dokumentiert, vor allem natürlich im Ersten und Zweiten Weltkrieg, sowie der Zeit dazwischen. Sehr interessante Ausstellung, und für mich natürlich genau das richtige.
Scapa Flow nennt man das Seegebiet, das von den Inseln Mainland, Burray, South Ronaldsay, Flotta, Hoy und Graemsay (im Uhrzeigersinn) umgeben ist. Mit einer Größe von fast 325km² Wasserfläche ist Scapa Flow nach dem Sydney Harbour der größte Naturhafen der Welt. Die strategisch günstige Lage am Ausgang der Nordsee in Richtung Atlantik machte Scapa Flow zu einem idealen Liegeplatz für die Royal Navy. Die Besatzungen wären zwar lieber in Rosyth in der Nähe von Edinburgh oder in der Mündung des River Clyde nahe Glasgow stationiert gewesen, aber Matrosenleben ist halt kein Kindergeburtstag und militärische Erwägungen gehen vor. Und so lag im Ersten Weltkrieg die britische Grand Fleet hier vor Anker und im Zweiten die britische Home Fleet. Zwischen den Kriegen gab's hier sogar noch eine weitere Flotte, denn die deutsche Hochseeflotte wurde 1918 nach dem Waffenstillstand in Scapa Flow interniert und versenkte sich hier am 21. Juni 1919 selbst. 52 deutsche Schiffe landeten damals auf dem Grund von Scapa Flow. Die meisten davon wurden in den folgenden Jahren wieder gehoben und verschrottet. Aber drei Schlachtschiffe (SMS König, SMS Kronprinz Wilhelm und SMS Markgraf) und vier kleine Kreuzer (SMS Brummer, SMS Karlsruhe, SMS Köln und SMS Dresden) liegen noch immer da unten. Bei der Betrachtung der Bilder und Karten im Museum wurde mir plötzlich klar, dass ich nur wenige Minuten mit der Fähre über das Wrack der Karlsruhe hinweg gefahren war.
Vor lauter Kriegsschiffen hatte ich im Museum die Zeit vergessen und musste mich plötzlich beeilen, wenn ich noch rechtzeitig am Startpunkt für die Wanderung sein wollte. Auf der Fahrt kamen mir aber schon erste Zweifel am Sinn des Unterfangens. Von einer Wetterverbesserung war nicht das geringste zu sehen. Es regnete, nebelte und windete unbeirrt weiter. Um kurz nach zwölf war ich auf dem Parkplatz und bin kurz mit mir zu Rate gegangen, ob ich mich drei Stunden mit diesem Wetter auseinandersetzen wollte. Die klare Antwort war „Nein“. Ich bin stattdessen weiter über die Insel gefahren, bis zur südöstlichsten Spitze, wo es einen Leuchtturm gibt. Beim Aussteigen zum Fotografieren hat es mich dort fast weggeweht. Insgesamt also ein wettermäßig sehr unerfreulicher Tag. Den anderen Touris ging's nicht besser. Als ich um kurz vor drei wieder am Scapa Flow Museum war um noch ne Tasse Tee vor der Fährüberfahrt zu trinken, war's da recht voll. Outdooractivities wollte in Hoy heute keiner machen. Sogar die Möwen und Austernfischer der Insel flogen nur zögerlich auf, wenn sich Autos näherten, und die Kühe standen alle mit dem Hintern in Windrichtung auf den nassen Weiden. Ich glaube nur die Skuas waren vom Wetter unbeeindruckt. Das würde zu ihrem aggressiv-kämpferischen Naturell passen. Ich kann mir nicht viel vorstellen, was  Raubmöwen beeindruckt.
Die Rückfahrt von Lyness nach Houton ging etwas schneller und ich habe sie genutzt, um das Foto des Tages zu machen. Man sieht die bewegten Wasser von Scapa Flow und das Inselchen Cava, mit dem Leuchtturm an der Nordspitze. Rechts hinten am Horizont liegt Hoy. Links von Cava ruhen die drei Schlachtschiffe in rund 45m tiefem Wasser auf dem Meeresboden. Rechts von der Insel liegt die Karlsruhe.
Naheliegenderweise war das Wetter auf Mainland nicht besser, und so habe ich auch dort nicht mehr viel gemacht heute. Stattdessen gab es ein etwas früheres Abendessen in nem schönen Pub am Hafen. Morgen ist vielfältiges Programm auf Mainland geplant. Ich werde berichten.

 

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