23. Oktober 2018

Seoul... Ich habe bisher schon eine ganze Reihe asiatischer Großstädte alleine erobert, aber keine hat es mir so leicht gemacht und so wenig fremd auf mich gewirkt wie Seoul. Kein Vergleich mit Jakarta oder Singapur oder Kuala Lumpur oder Beijing oder Shanghai... Was heute ein bisschen zum heimeligen Eindruck hier beigetragen haben wird, das war das Wetter. Es ist Herbst in Korea, genau wie bei uns in Mitteleuropa. Ein brutaler Sommertag hätte die Stadt wahrscheinlich exotischer erscheinen lassen.
Als ich heute morgen wach wurde, war der Himmel dunkelgrau und kurz drauf fing es an zu gewittern. Ich habe den Tag also gemütlich angehen lassen und bin im Laufe des Vormittags erstmal zum nächsten Geldautomaten um koreanische Won zu besorgen. Anschließend bin ich beim Starbucks gegenüber von meinem Hotel zum Frühstück eingekehrt. Kaffeeläden – nicht nur die aus Seattle - gibt es in Seoul wie Sand am Meer. Alle möglichen Ketten und unabhängige Cafés säumen die Straßen und wechseln sich im Straßenbild mit Restaurants und den allgegenwärtigen kleinen 24-Stunden-Supermärkten der Kategorie "7-Eleven" ab. Und natürlich ist 7-Eleven auch selbst sehr prominent hier im koreanischen Markt vertreten.
Gegen Mittag rissen die Wolken auf, und ich habe mich zu Fuß auf den Weg gemacht, um die Stadt, genauer gesagt den Stadtteil Dongdaemun, wo sich mein Hotel befindet, zu erkunden. Ich bin erst mal einfach nur die Straße runtermarschiert, zwischen Hochhäusern und Shoppingmalls, Kaffeeläden (siehe oben) und Imbissbuden durch, und hatte schon bald das Heunginjimun, das große östliche Stadttor erreicht. Seoul war mal von einer über 18km langen Stadtmauer umgeben, von der noch immer rund 70% inklusive mehrerer Stadttore erhalten sind. Da hatte ich schon den ersten Kandidaten für ein Bild des Tages, auch wenn der Himmel noch grau war und das Heunginjimun heutzutage zwar schön restauriert ist, aber ein eher trauriges Dasein mitten auf einer Verkehrsinsel fristet. Für einen besseren Blick bin ich noch ein bisschen an der Stadtmauer entlang in Richtung Naksan-Hügel weiterspaziert. Seoul liegt auf mehreren Hügeln, so dass man immer wieder an Steigungen kommt. Das wird mich wohl in den nächsten Tagen noch begleiten.
Als nächstes habe ich mir eine T-Money Card gekauft, mit der man unter anderem die U-Bahn, aber auch den Bus, das Taxi oder den Zug bezahlen kann. So ausgestattet bin ich in die U-Bahn um zum heutigen Besichtigungsschwerpunkt zu fahren, dem Changdeokgung-Palast.
U-Bahn fahren hier in Seoul ist simpel. Alles geht sehr gesittet zu, kein Schubsen, kein Drängeln. Auf den Bahnsteigen ertönt eine kleine Fanfare, wenn ein Zug einfährt und die Ansagen in den Waggons sind – genau wie die Ausschilderung – nicht nur auf Koreanisch, sondern auch auf Englisch und Mandarin. Sehr praktisch. Überhaupt scheint Seoul ne sehr zivilisierte Stadt zu sein. Es gibt zum Beispiel an fast jeder Ecke öffentliche Toiletten. An den Zebrastreifen der großen Straßen wird von offiziellen der Verkehr geregelt, und ich bin doch heute während meines Streifzugs von zwei jungen uniformierten Mitarbeitern der Tourismusinformation angesprochen worden, ob ich Hilfe bräuchte.
Der Palast, natürlich Weltkulturerbe, hat mich im ersten Moment ein bisschen an die Verbotene Stadt in Beijing erinnert, mit den geschwungenen Dächern und den vielen Höfen. Aber hier in Seoul ist das alles viel anheimelnder, kleiner, gemütlicher, weniger überlaufen (obwohl auch hier reichlich Touris, hauptsächlich Asiaten, einschließlich  mehrerer Schulklassen, unterwegs waren)... Es hat mir jedenfalls sehr gut gefallen. Ich hatte eine Zusatztour durch den Huwon, den Geheimen Garten, gebucht. Eigentlich sollte man da nur mit Führung reindürfen, aber es gab zum Glück die Möglichkeit einer Self-Guided Tour. So habe ich mir in aller Ruhe und in meinem eigenen Tempo den Palastgarten ansehen können. Die Anlage ist wirklich sehr schön und bietet inmitten einer 10-Millionen-Metropole sogar ausgedehnte Möglichkeiten zur Vogelbeobachtung. Ich hab mich ein bisschen geärgert, dass ich das Fernglas und die Sony nicht dabei hatte. Mal abgesehen von den ornithologischen Möglichkeiten – ich war bisher ja meist im tropischen Teil Ostasiens, und in China ist es mit Vögeln ja sehr mau – ist der Park aber auch ein echtes landsschaftsgestalterisches Highlight und jetzt im Oktober in den schönsten Farben zu bewundern. Das Bild des Tages gibt nen kleinen Eindruck... und zeigt außerdem, dass heute nachmittag die Sonne rauskam.
Nach dem Spaziergang durch den Palastgarten bin ich noch durch Bukchon, eines der typischen Seouler Altstadtvietel, mit kleinen ziegelgedeckten traditionellen koreanischen Häusern spaziert. Enge Gassen, Geschäfte, Boutiquen und immer wieder schöne Ausblicke locken einiges an Touristen hier her. Ich war also nicht alleine, und auch die Zahl der europäischen Touris war hier recht hoch. Man erkennt sie allerdings hier nicht ganz so schnell wie in Jakarta, denn die Koreaner sind etwas größer als die Indonesier, so dass man als Europäer nicht ganz so heraussticht.
Seoul ist übrigens eine ziemlich grüne Stadt. Abgesehen von den ganzen Parks und Grünflächen, die mir heute schon begegnet sind, findet man sogar Platanenalleen. Was es auch gibt, dass sind Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche, besonders in den engeren Straßen der Altstadtviertel.
Zum Ausklang des Tages gab es ein koreanisches Abendessen in einem vom Lonely Planet empfohlenen Restaurant. War ganz okay, aber die viel gepriesene, und mir auch angekündigte Brillanz der koreanischen Küche habe ich heute noch nicht erlebt.
Morgen geht das Sightseeing-Programm geschmeidig weiter. Ich hoffe das Wetter spielt mit.

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