23. Oktober 2017
Heute morgen um halb acht haben wir Mostafa kennengelernt, unseren Reiseleiter. Ihr habt richtig gelesen: 7:30h. Ich weiß, ich wollte eine Studienreise, aber so langsam wird mir klar, dass "Studienreise" von dem lateinischen Wort 'studium' kommt, und das heißt bekanntlich 'Mühe'. Wir werden also auf dieser Tour noch ein paar Mal früh bis sehr früh bis 'in aller Herrgottsfrühe' bis 'mitten in der Nacht' aufstehen müssen.
Wenn ich 'wir' sage, dann meine ich die Reisegruppe: Doris und Archie aus der Nähe von Kassel (Archie war über 40 Jahre ziviler Mitarbeiter bei der Bundeswehr und ist jetzt Rentner), Klaus und Dorothee (Klaus ist Nuklearmediziner und mittlerweile in Altersteilzeit), und Waltraud (die schon 81 ist und unter anderem für Mercedes gearbeitet hat und auch mal ein paar Jahre als Schulsekretärin tätig war). Wir sind ein ziemlich gemischtes Grüppchen, aber bisher läuft es echt gut.
Heute stand die ägyptische Hauptstadt auf dem Programm. Mit dem Bus ging's zurück auf die schääl Sick vom Nil und zur Zitadelle von Kairo. Hier befand sich für mehrere Jahrhunderte (vom Mittelalter bis in die Neuzeit) das Zentrum des ägyptischen Königreichs. Man war zwar im Laufe dieser Jahrhunderte meistens tributpflichtig nach Bagdad oder Istanbul, aber eine gewisse Eigenständigkeit konnten sich die Ägypter bewahren. Hauptsehenswürdigkeit auf der Zitadelle ist die Mohammed-Ali-Moschee, auch Alabaster-Moschee genannt, weil ein großer Teil ihrer äußeren und inneren Verzierungen aus eben diesem Stein gemacht ist. Die Moschee ist zwar nur aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aber sie ist trotzdem ziemlich schön und ne Moschee, wie man sie sich vorstellt, im byzantinsichen Stil, das heißt der Hagia Sophia von Istanbul nachempfunden, mit Kuppeln und Halbkuppeln und Bleistift-Minaretten.
Von der Zitadelle aus liegt einem die Multimillionenstadt Kairo zu Füßen und eigentlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon die Qual der Wahl, was das Blid des Tages angeht, und dabei war's grade mal zehn Uhr morgens.
Der zweite Programmpunkt war die Sultan-Hassan-Moschee, die unterhalb der Zitadelle am Rand von Alt-Kairo liegt und locker mal 350 Jahre älter ist, als die Moschee oben auf dem Berg. Die Sultan-Hassan-Moschee hat mir deutlich besser gefallen mit ihrem schlichten, aber dennoch beeindruckend großen Innerem und den verzierten Minaretten. Mein persönlicher Favorit war aber die dritte Moschee, die wir heute morgen besucht haben. Die Ibn Tulum-Moschee aus dem zehnten Jahrhundert, die bei ihrer Fertigstellung die größte Moschee der islamischen Welt war und sogar den Neid des Kalifen in Bagdad hervorrief, der den Bauherrn, seinen Statthalter in Ägypten, zur Rechenschaft aufforderte. Womit wir beim ersten Bild des Tages wären. Ein Blick in den Vorhof der Ibn Tulum-Moschee... so, wie man sich den islamischen Orient halt vorstellt.
Pausen waren uns heute vormittag keine vergönnt, es ging Schlag auf Schlag weiter. Nächster Stopp war das koptische Viertel, wo wir eine koptische Kirche und eine Synagoge besichtigt haben. Die Kirche steht an einem Ort, wo angeblich die heilige Familie während ihrer Flucht vor Herodes nach Ägypten für mehrere Wochen gelebt hat. Die koptische Christen haben den im Matthäus-Evangelium in nur wenigen Sätzen beschriebenen Aufenthalt der heiligen Familie im Land am Nil komplett ausgefächert und vor der Kirche steht eine große Landkarte Ägyptens, auf der man sehen, kann, wann die drei sich wo für wie lange aufgehalten haben und wie sie dann weiter gezogen sind. Bei aller Skurrilität hatte das doch schon einen sehr hohen Wert auf meiner persönlichen Niedlichkeitsskala.
Das Mittagessen auf einem Schiff am Nilufer war zwar eine ehermäßig gelungene Veranstaltung, aber das Panorama war unschlagbar. Eine große Pause gab es danach alerdings nicht, auch wenn von Teilen der Gruppe (mich selbst eingschlossen) der verhaltene Wunsch nach einer Hängematte oder einem Sofa geäußert wurde. Es ging zum Ägyptischen Museum von Kairo, das im Herzen der Stadt am Tahrir-Platz liegt.
Das Ägyptische Museum ist ein museumsdidaktischer Alptraum, der mehr von einer Rumpelkammer hat, als von dem Ort, an dem einige der größten Schätze der menschlichen Kulturgeschichte aufbewahrt werden. Von einem durchdachten Konzept kann keine Rede sein. Grade, dass man es geschafft, die Einteilung in Altes, Mittleres und Neues Reich über die einzelnen Räume zu schreiben. Natürlich lagert hier auch der Schatz des Tutenchamun, aber die berühmte Totenmaske und die goldenen Sarkophage durfte man leider nicht fotografieren. Stattdessen zeige ich Euch eines meiner vielen anderen Highlights aus der Sammlung, eine Schieferstatue von Pharao Mykerinos, dem Erbauer der dritten und kleinsten Pyramide von Gizeh, flankiert links von der Liebesgöttin Hathor (mit den Hörnern und der Sonnenscheibe auf dem Kopf) und rechts von einer lokalen Göttin aus der Gegend von Gizeh. Wenn man bedenkt, dass die Steinmetzte nur Steinwerkzeug zur Verfügung hatten, dann ist die Qualität der Arbeit schon umwerfend. Eher lustig finde ich dagegen, dass Mykerinos mich ein bisschen an Jerome Boateng erinnert... *lach...
Nach dem Ägyptischen Museum war aber noch nicht Schluss, denn wir haben uns durch den abendlichen Kairoer Verkehr zum Bazar Khan el Khalil gequält, wo wir noch mal ne dreiviertel Stunde Zeit zum Shoppen und Bummeln bekamen. Da ich ganz bestimmt nichts kaufen wollte, war mein Spaziergang über den Bazar schon nach ner Viertelstunde rum, und so habe ich mich auf dem Platz vor dem Imam-Hussein-Moschee auf einen freien Platz auf nem Mäuerchen gesetzt und dem abendlichen Treiben auf dem Markt zugekuckt. Innerhalb weniger Minuten war ich auch schon im Gespräch mit zwei jungen Kairoern, die auch dort auf dem Mäuerchen saßen. Leider war ihr Englisch nur unwesentlich besser als mein Arabisch, und so kam die Unterhaltung trotz Unterstützung mit Händen und Füßen nicht richtig in Schwung. Ich bin aber immerhin die Namen gewahr geworden und habe Tarik und Ahmed auf ihre Frage, wie mir Kairo gefällt, mit "beautiful" geantwortet, was Tarik mit einem niedlichen "Thank you" quittierte. Heute Abend wäre ich echt froh gewesen, fließend Arabisch zu können... *lach...
Meine Einschätzung von Kairo als "beautiful" trifft zwar nicht genau den Kern der Sache, aber ich finde die Stadt hier SEHR beeindruckend. Dabei will ich es für heute aber belassen, sonst bin ich sehr schnell bei einem Logbuchumfang von drei Seiten plus X.
Morgen früh geht's schon wieder um 7:30h los. Wir machen einen Tagesausflug nach Alexandria, der zweitgrößten Stadt Ägyptens.
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