29. Oktober 2017
Wir sind in Assuan... auf dem Schiff... ein ziemlich schickes Schiff, muss ich sagen. Heute abend gab es schon ein feudales Dinner, mit lustiger Unterhaltung und gutem ägyptischem Bier. Mostafa hat uns von seinen Vogelspinnen, die er in Terrarien hält, erzählt... und davon, wie ein Zuchtversuch brutal schief ging... weil sein Telefon geklingelt hat und er eine männliche Vogelspinne und eine weibliche Vogelspinne deshalb unbeaufsichtigt gelassen hat und das Weibchen das Männchen gefressen hat, während er telefonierte... *lach...
Unser Tag begann heute morgen in Luxor mit dem Wake-up Call um halb sechs, denn wir wollten schon um sieben Uhr aufbrechen. Naja, was soll ich sagen? Das war ne dreiviertel Stunde mehr Schlaf als am Tag davor. Leider hat sich die Abfahrt dann doch etwas verzögert, denn Waltraud ist von der Rache des Pharaos heimgesucht worden. Kann passieren, wenn man in Ägypten unterwegs ist. Bei mir ist noch alles in Ordnung, was den Bauch angeht. Ich hoffe, das bleibt auch so.
Der erste Programmpunkt heute morgen war das Tal der Könige. Hier hat man bis heute insgesamt 63 Gräber aus dem Neuen Reich gefunden. Unter anderem wurden hier Amenophis II., Hatshepsut, Thutmosis III., Sethos I., Ramses II. und natürlich auch Tutenchamun begraben. Irgendwie schon eine Ironie der Geschichte, das der kleine Tutenchamun, der schon kurz nach seinem Tod von den alten Ägyptern vergessen wurde und im Tal der Könige das kleinste und unbedeutendste Grab hat, heute der bekannteste Pharao ist.
Im Tal der Könige ist mittlerweile ein ziemlicher Massenbetrieb eingezogen. Man wird mit einem Shuttlebähnchen vom Busparkplatz zum Eingang gebracht. Fotografieren ist streng verboten, Kameras sollen im Bus bleiben und Handys in den Hosentaschen. Das war vor25 Jahren alles noch anders. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob man damals noch ohne Blitz fotografieren durfte (vielleicht muss ich mir die Dias von damals diesen Winter noch mal ankucken). Aber großen Stress gab es nicht, und man konnte mit den Bussen bis fast zu den Gräbern fahren.
Die Eintrittskarte beinhaltet drei Gräber, und auf Mostafas Anraten haben wir auch noch für 50 Ägyptische Pfund (2,50 €) die Zusatzkarte für das Grab von Ramses VI. gekauft. In den Gräbern darf aus Platzgründen, und damit es drinnen nicht zu laut wird, keine Führung stattfinden, so dass Mostafa uns immer draußen ein paar Erklärungen gegeben und uns dann alleine hineingeschickt hat. Wir waren also nur zu fünft unterwegs, denn Waltraud ging's den größten Teil des Tages ziemlich schlecht und sie hat heute keine Besichtigungen mitgemacht.
Wir haben zuerst die Gräber von Ramses IV. und Ramses IX. besichtigt. Mein Wunschpharao, Amenophis II., dessen Grab mich 1992 so beeindruckt hatte, dass ich es mir gemerkt habe, war leider geschlossen... also, das GRAB war geschlossen... *lach...
Nach den ersten beiden Gräbern waren wir dann noch bei Ramses VI. und anschließend durften wir uns ein viertes Grab frei auswählen, nach dem uns Mostafa einige Empfehlungen gegeben hatte. Archie, Doris, Klaus und Dorothee sind zu Thutmosis III. gegangen, und ich war versucht, mich anzuschließen, weil ich Thutmosis III. einen der bedeutendsten und beeindruckendsten Pharaonen finde, aber ich habe mich dann doch entschieden, dem zweiten Rat von Mostafa zu folgen und habe mir das Grab des Pharaos Siptah angekuckt. Siptah war der vorletzte Herrscher aus der 19. Dynastie und regierte von 1197 bis 1191 v. Chr.. Er war wahrscheinlich ein Enkel von Ramses II. und weil er nur so kurz regierte, ist sein Grab unvollendet. Man begann nämlich mit dem Bau der Gräber normalerweise bei der Thronbesteigung eines Pharaos, und wenn der dann früh und unerwartet starb, dann musste es beim Bau schnell gehen, denn die Mumie musste innerhalb einer bestimmten Zeit unter die Erde oder besser gesagt unter die Felsen.
Im Grab von Siptah war ich alleine. Nur der Wächter hat mich reinbegleitet und ich wollte eigentlich schon genervt sein, denn eine (auch unerbetene) Begleitung bedeutet hier in Ägypten in der Regel Bakschisch. Aber als wir dann unten in der Grabkammer waren, meinte er zu mir "You have phone? You can take picture... just no flash." Was soll ich sagen? Ich bin zum Teil einer kriminellen Verschwörung geworden und habe das Angebot natürlich nicht ausgeschlagen. Und natürlich hat er auch ein verhältnismäßig dickes Bakschisch bekommen. Man ist halt hier schon ein bisschen hin- und hergerissen. Einerseits will man sich ja als braver Deutscher an die Regeln halten. Andererseits ist die Versuchung grade an einem Ort wie dem Tal der Könige groß, zum einen für mich als Touristen, dass man eben doch ein Bild als Andenken bekommt (und ohne Blitz ist das Fotografieren ja nicht schädlich für die Gräber). Zm anderen ist natürlich auch die Versuchung für die Wächter groß, denn dadurch dass zur Zeit nur wenige Touristen nach Ägypten kommen geht's den Leuten, die in der Tourismusindustrie arbeiten, hier zur Zeit ziemlich schlecht. (Nur ein Beispiel, das Mostafa uns heute erzählt hat: zur Zeit fahren circa 30 Flusskreuzfahrtschiffe auf dem Nil, und unseres ist grade mal halb ausgebucht. Vor ein paar Jahren fuhren noch 300 Schiffe zwischen Assuan und Luxor.) Wie gesagt, ich bin schwach geworden und habe jetzt ein paar schöne Bilder aus dem Grab des ziemlich unbedeutenden Pharaos Siptah auf meiner Handyspeicherkarte. Als Bilder des Tages habe ich sie aber bewusst nicht hier ausgewählt.
Unser zweiter Besichtigungsstopp war der Totentempel der Königin Hatshepsut, auf der zum Nil gelegenen Außenseite der Bergkette, die das Tal der Könige umschließt. Im Neuen Reich haben die Pharaonen ihre Gräber (im Tal) und ihre Totentempel räumlich von einander getrennt. Der Tempel der Hatshepsut, auch bekannt unter seinem arabischen Namen Deir el Bahri ist eine wirklich beeindruckende Anlage. Sowohl in der äußeren Erscheinung, wie man auf dem ersten Bild des Tages sehen kann, als auch in den Details, wo man die fast 3500 Jahre alten Farben teilweise immer noch klar erkennen kann. Das sieht man im zweiten Bild des Tages. Es zeigt ein bemaltes Hochrelief aus dem Nordflügel der zweiten Ebene. Pharao Thutmosis III. bringt Horus (da geh ich mal von aus, aber sicher weiß ich es nicht... es könnte auch Re-Harachte sein... muss Mostafa morgen noch mal fragen, woran man die beiden unterscheidet, wenn sie keine eindeutigen bildlichen Attribute haben...) ein Opfer dar. Die beiden goldenen Namenskartuschen links oberhalb von Thutmosis' Kopf enthalten seinen in Hieroglyphen geschriebenen Namen. Dass man hier ein Bild von Thutmosis III. sieht hat mit der komplizierten Beziehung zwischen Thutmosis und seiner Stiefmutter Hatshepsut zu tun. Lange Geschichte, die ich mir aber heute spare.
Von Deir el Bahri sind wir nach Assuan gefahren. Das sind gute 200km auf der Landstraße am rechten Nilufer entlang. Dabei hatten wir immer wieder tolle Ausblicke auf den Fluss und auf das Leben der Menschen hier. Wenn man nicht grade an den Touristenorten ist, wo jeder entweder einem was verkaufen will, oder einem nen Dienst gegen Bakschisch tun will, oder Euromünzen in Scheine tauschen will, oder nach was zu essen oder Geld fragt... also, wenn man abseits der Touri-Punkte ist, dann sind die Ägypter echt freundliche Menschen, die einem vom Straßenrand oder aus dem Sammeltaxi oder von der Ladefläche eines Pickups oder demRücken eines Esels zulächeln und zuwinken. Wir haben in einem Dorf eine kleine Kaffeepause gemacht, und in Nullkommanichts war ein Schwarm Kinder und Halbwüchsiger zur Stelle, mit denen man mit Mostafas Hilfe ins Gespräch kommen konnte. Niemand hat uns nach Geld gefragt.
Morgen ist um 8:30h Abfahrt... sehr feudal. Und noch dazu habe ich hier auf dem Schiff ein Doppelbett. Da sollte gutem und entspanntem Schlaf nichts im Wege stehen.
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