Reiselogbuch - 2021 Jordanien


10. Oktober 2021

Herbstferien… Endlich Urlaub… Nach dem ja die Osterferien komplett flach gefallen sind und das Sommerabenteuer samt der bis zum Reiseabbruch schon erworbenen Entspannung der Flut zum Opfer gefallen ist, habe ich jetzt das erste Mal dieses Jahr ein richtiges Urlaubsfeeling… Ich kann’s kaum fassen.
Dieses Jahr hole ich die Reise nach, die letztes Jahr im Herbst wegen Corona abgesagt wurde und wo ich dann ersatzweise in Zypern war. Ich bin in Jordanien.
Das Lustige ist, dass ich nicht allein hier bin. Klar, ist ne Gruppenreise – wieder mit Ikarus Tours – aber meine liebe Kollegin Barbara ist dieses Mal mit von der Partie.
Los ging’s gestern schon. Mit dem Zug von Euskirchen über Köln-Deutz nach Frankfurt und dann nachmittags mit Royal Jordanian Airlines Richtung Amman. Nachdem die Zugfahrt dank spontaner Gleiswechsel in Deutz seitens der DB und der daraus folgenden Hektik für uns wenig entspannt war, war der Flug dann easy. Kurz vor 9 waren wir abends in der jordanischen Hauptstadt und genauso easy wie der Flug war auch die Einreise, trotz Corona-Bestimmungen. Am Flughafen haben wir auch schon einen Teil der Gruppe kennengelernt, Wolfgang und Steffen aus Gera. Programm gab es natürlich gestern nicht mehr, und da wir bei der Royal Jordanian schon gut satt geworden waren, sind wir  einfach ins Bett gefallen.
Heute morgen war um 9 Uhr Programmstart. Ich konnte also fast ausschlafen. Mein Handywecker ging um halb acht (Jordanien ist eine Stunde vor mitteleuropäischer Zeit). Um neun hat sich die Gruppe in der Hotellobby getroffen. Unser Reiseleiter Adnan, unser Fahrer Abed, und unsere weitere Mitreisende Renate… aus Nideggen-Schmidt… So klein ist die Welt. Wir haben in der Gruppe also ne Eifeler und ne Thüringer Fraktion. Zwei weitere Reisende sind heute mysteriöser Weise nicht erschienen. Sie waren gestern nicht auf dem Flieger aus Deutschland und waren auch heute sowohl für Ikarus als auch für die Agentur hier vor Ort nicht auffindbar… So sind wir also nur zu fünft.
Auf dem Programm stand heute Amman, die Hauptstadt Jordaniens. Wie viele Siedlungen hier im Nahen Osten ist Amman sehr alt. Man hat Überreste aus der Jungsteinzeit gefunden. Im 13. Jahrhundert vor Christus hieß die Stadt Rabbat-Ammon und war die Hauptstadt des in der Bibel erwähnten Ammoniter-Reiches. In der Folgezeit kamen die Griechen unter Alexander dem Großen und die Römer unter Cnaeus Pompeius hierher und danach die Byzantiner und die Araber, mit ihren verschiedenen Herrscherdynastien. Seit dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert war Amman ein unbedeutendes Bergdorf, aber 1921 machte Abdullah I. die Stadt zur Hauptstadt Transjordaniens und damit begann der neuerliche Aufstieg. Heute hat die eigentliche Stadt Amman alleine schon rund 2 Millionen Einwohner, und in der direkt umliegenden Metropolregion kommen noch mal 2 Millionen dazu.
Unser erster Stopp heute war die König-Abdullah-Moschee, benannt nach dem ersten König Jordaniens (und nicht zu verwechseln mit Abdullah II., dem aktuellen König). Eine schöne Moschee aus den 1980er Jahren, aber künstlerisch oder architektonisch nichts besonderes. Es gab eine kurze Besichtigung und Adnan hat uns das tägliche Gebet der Muslime im Detail erklärt, wobei ich echt noch was gelernt habe.
Als nächstes ging es zur Zitadelle von Amman, dem ältesten Siedlungsort der Stadt auf einem Plateau rund 800m über dem Meeresspiegel. Amman liegt ziemlich hoch. Hier wurden die steinzeitlichen Funde ausgegraben, hier stehen die Säulen des römischen Herkules-Tempels, hier findet man die Reste einer schönen byzantinischen Basilika und die Grundmauern des omajjadischen Palastes. Und man hat einen tollen Blick auf Amman, dass sich wie hingegossen über das umliegende Hügelland erstreckt. Einen Eindruck davon kriegt man im Bild des Tages: Blick auf Amman samt Raghadan-Fahnenmast, mit knapp 127m der siebthöchste Fahnenmast der Welt.
Von der Zitadelle sind wir zum römischen Theater gefahren. Auch hier hat Adnan uns einiges erzählt, und dann hatten wir ne halbe Stunde, um uns die Anlage anzusehen. Barbara und ich sind ein bisschen durch das Theater geklettert und haben dann auf den obersten Sitzreihen den Ausblick genossen.
Mittagessen – und unsere erste Begegnung mit der jordanischen Küche – gab es in einem Hummus- und Falafel-Restaurant in der Altstadt von Amman. Selbst wenn man alle Sehenswürdigkeiten des Nahen Ostens schon besucht hätte, die arabische Küche wäre auf jeden Fall ein Grund, hier immer wieder hin zu reisen.
Nach der Mittagspause sind wir mit Adnan durch die Altstadt von Amman und durch den Gemüsemarkt spaziert. Da Amman vor hundert Jahren noch ein Dorf war, gibt es hier natürlich nicht die aufwendigen, überdachten oder überwölbten, verwinkelten Souks, die man in anderen arabischen Städten findet. Trotzdem gefällt mir Amman ziemlich gut. Es hat ein, wie ich finde, typisches Flair, dass sich mit keiner der nahöstlichen Städte, die ich bisher besucht habe, wirklich vergleichen lässt. Noch dazu kommt die zurückhaltende, unaufdringliche Freundlichkeit der Jordanier. Ich bin heute kein einziges Mal von Verkäufern bedrängt worden, aber freundliches Lächeln gab es zum Beispiel auf dem Gemüsemarkt immer wieder.
Im Anschluss an den Spaziergang gab es noch ein bisschen Stadtrundfahrt und gegen halb fünf waren wir wieder im Hotel. Hier habe ich ein bisschen späte Siesta gemacht. Um viertel nach sechs sind Barbara und ich zu einem kleinen Spaziergang hier in der Umgebung aufgebrochen. Unterwegs trafen wir auf Renate, die auch spazieren gewesen war. Da wir gemeinsam aber außer Imbissbuden keine Location für ein Abendessen gefunden haben, sind Barbara und ich in einen Supermarkt einkaufen gegangen. Unseren Abendimbiss haben Barbara und ich dann im Hotel gemacht – Obst (unter anderem frische Datteln), Salzschnupp und Kaltgetränke… Das reichte nach dem üppigen Mittagessen auch völlig aus.
Morgen geht’s nach Norden, genau genommen nach Jerash. Abfahrt ist wieder um 9. Ist ganz gut so, denn ein bisschen Erholung brauche ich echt.


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11. Oktober 2021

Heute war ein klassischer Studienreise-Sightseeing-Tag, wie er im Buche steht. Es ging wieder um 9 Uhr los, aber heute zuerst nur mit unserem Fahrer und ohne unseren Reiseleiter. Adnan wohnt in Irbid, im Norden nahe der syrischen Grenze. Wir haben ihm gestern gesagt, dass wir ihn erst in Jerash treffen, das nördlich von Amman auf dem Weg nach Irbid liegt. So hat er heute insgesamt vier Stunden Fahrerei gespart.
Jerash ist, wie die meisten antiken Städte hier, unter vielen Namen bekannt und ebenfalls ein uralter Siedlungsplatz. Ihre Blütezeit hatte die Stadt im späten ersten und im zweiten Jahrhundert nach Christus unter den Kaisern Trajan und Hadrian. Letzterer war hier sogar zu Besuch und ihm zu Ehren wurde hier der Hadriansbogen errichtet. In Jerash (oder Gerasa, wie es zur Römerzeit genannt wurde) findet man Kolonnadenstraßen, Tempel, Märkte, Theater, ein Hippodrom und eine Stadtmauer… also alles, was zu einer richtigen römischen Stadt gehört. Die Stadtmauer ist über 3km lang, was schon einen Eindruck von der Größe der Stadt gibt. Neben römsichen Baudenkmälern gibt es aber auch Ruinen von Kirchen aus der byzantinischen Zeit.
Ungefähr ne Stunde dauerte die Fahrt von Amman nach Jerash. Auf dem Parkplatz der Ausgrabungen wartete Adnan auf uns und dann sind wir zur Besichtigung der Ruinen aufgebrochen. Es war knackig warm, so dass man schon froh war, wenn es irgendwo ein bisschen Schatten gab. Nichtsdestotrotz sind die  Ruinen von Gerasa extrem eindrucksvoll und können meiner Meinung nach locker mit Pompeji, Italica (Andalusien) und anderen antiken Städten mithalten. Die von korinthischen Säulen gesäumte Hauptstraße erinnerte mich an Apameia in Syrien, wo ich im Frühjahr 2005 war. Adnan hat uns zu den wichtigsten Punkten der Stadt geführt und schön dazu erzählt. Leider wurden mir allerdings die Nachteile einer Gruppenreise wieder vor Augen geführt. Ich wäre gerne länger in den Ausgrabungen geblieben. Das Erlebnis von Jerash war aber trotzdem super, und mir ist klar, warum die Ruinen hier eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Jordanien sind. Klar auch, dass ein Bild aus Jerash heute das Bild des Tages ist: der Blick nach Norden entlang des säulengesäumten Cardo, der römischen Hauptstraße der Stadt Gerasa. Wenn man genau hinkuckt, dann erkennt man auf den Hügeln in der Ferne die moderne Stadt Jerash. Die Entfernung täuscht ein bisschen, denn die Ausgrabungen sind ringsum von der modernen Stadt umgeben, ähnlich wie in Baalbek, Byblos, Tyrus… oder Rom… *lach…
Nach der Besichtigung von Jerash war Mittagspause angesagt. Wir sind in einem Restaurant direkt an der Ausgrabungsstätte eingekehrt. War ein bisschen touristisch, aber das Essen war absolut in Ordnung. Wir haben schön draußen im Schatten gesessen, und frisch gepressten Granatapfelsaft gab es auch.
Der nächste Programmpunkt war die Burg von Ajlun, ne gute halbe Stunde Fahrt von Jerash entfernt. Die Festung thront auf einem Felssockel von dem aus man einen tollen Panoramablick über die Umgebung hat. Das erklärt auch warum der Sultan Saladin im 12. Jahrhundert diesen Ort für eine Burg auswählte. Man hat nen guten Überblick über die Gegend und kann so die beiden wichtigen Handelsstraßen, die hier vorbeilaufen, beschützen. Die Anlage selbst ist nicht übermäßig groß, aber bei klarem Wetter sieht man über den Jordan bis nach Nablus und darüber hinaus. In der Karte des heutigen Tages habe ich einen etwas größeren Ausschnitt gewählt, damit Ihr die geographischen Verhältnisse und Zusammenhänge besser erkennen könnt.
Auf der Rückfahrt von Ajlun haben wir Adnan wieder in Jerash abgesetzt und Abed hat uns dann nach Amman gefahren. Einen kurzen Fotostopp gab es noch am Nahr ez-Zarqa, dem biblischen Fluss Jabbok. Eher ein Bach, aber in einem so trockenen Land wir Jordanien dann doch schon ein Fluss. Nach dem Jordan und dem Jarmuk ist der Jabbok der drittgrößte Fluss des Landes.
Ein schöner Tag also, und so langsam komme ich im Urlaub an. Wer nicht angekommen ist, das sind unsere vermissten Mitreisenden, und so werden wir zu fünft die Tour fortsetzen, was nicht das Schlimmste ist. So haben wir alle mehr Platz im Bus. Morgen fahren wir nach Osten in die Wüste. Es geht wieder erst um 9 Uhr los. Sehr gemütlich.

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13. Oktober 2021

Heute morgen hieß es Abschied nehmen von Amman. Erst am letzten Abend kommen wir wieder dort hin. Da wir heute viel vorhatten, ging es ne Stunde früher los als die letzten Tage, also schon um acht. Heute war nämlich ein Fahrtag. Man erkennt es gut auf der beigefügten Karte. Ich mache die Ausschnitte der Karte übrigens absichtlich so groß, damit man sich das Drumherum besser vorstellen kann.
Erster Stopp heute war in Madaba, wo wir in der griechisch-orthodoxen St. Georgs-Kirche das berühmte Fußbodenmosaik mit einer Karte des Heiligen Landes besichtigt haben. Das ganze war groß angekündigt, in Katalog, Reiseverlauf und von Adnan, aber leider blieb es dann hinter meinen Erwartungen zurück. Mag ja sein, dass das byzantinische Mosaik aus dem 6. Jahrhundert nach Christus die erste Karte des Heiligen Landes ist, aber ich hatte es mir größer und dramatischer vorgestellt.
Nur ein paar Kilometer von Madaba befindet sich der Berg Nebo, ein weiterer biblischer Ort auf unserer Tour. Von hier erlaubte Gott Mose einen Blick auf das Heilige Land. Eigentlich ist der Berg Nebo gar kein Berg sondern nur ein Hügel in der Bergkette, die den östlichen Rand des Jordantals darstellt. Bei guter Sicht hat man von hier oben einen tollen Blick auf Israel und die Palästinensischen Gebiete. Heute war es allerdings leider sehr diesig, so dass man das Tote Meer und Jericho am gegenüberliegenden Berghang nur schemenhaft erkennen konnte. Deshalb gab es hier auch nicht das heutige Bild des Tages. Oben auf dem Berg liegt die Mose-Gedächtniskirche mit dem angeblichen Mose-Grab, obwohl laut Bibel nur Gott weiß, wo Mose begraben ist. Das Gelände ist trotzdem schön gestaltet und gehört seit 1932 dem Franziskanerorden, der die Stätte betreibt. Jeder der drei letzten Päpste hat diesen Ort besucht.
Vom Berg Nebo stürzt sich die Straße in Serpentinen hinter zum Toten Meer. Über 1200 Meter Höhenunterschied liegen dazwischen, einschließlich des Meeresspiegels, denn der Spiegel des Toten Meers liegt auf rund 430m unter dem Meeresspiegel. Am Oh Beach hatten wir Gelegenheit, im Toten Meer zu schwimmen. Wer mich kennt, der weiß, dass mich das genau null gereizt hat. Ich bin zwar einmal runter zum Strand und habe ein paar Fotos vom See und von den Salzkristallen gemacht, aber den Rest der Pause am Toten Meer habe ich auf der Terrasse des Hotels gesessen und Vögel beobachtet. Hier im Resort am Oh Beach hatten wir auch unser Mittagessen und danach ging es auf die lange Fahrt nach Aqaba. Es lagen noch 270km vor uns, aber Abed hat uns zügig und sicher chauffiert. Ein paar Fotostopps am Wegrand und eine Teepause an einer Raststätte sorgten dafür, dass die Fahrt sich nicht ganz so in die Länge zog. Auch das Panorama half dabei. Die Landschaft am Toten Meer und später dann im Wadi Araba, der Fortsetzung des Ostafrikanischen Grabenbruchs zum Roten Meer hin, ist schon klasse. Nach der traurigen Wüste gestern gab es heute schöne Wüste, mit vielen unterschiedlichen Farben, von Schirmakazien durchsetzten Wadis, wandernden Beduinen mit Ziegen- und Kamelherden und das ganze vor der Kulisse des jordanischen und israelischen Hochlandes.
Um kurz nach sechs heute Abend waren wir in Aqaba. Auf dem Weg zum Hotel haben wir noch eine kleine Stadtrundfahrt gemacht. Wir wohnen hier ziemlich schick, fußläufig zur Strandpromenade von Aqaba und von meinem Zimmer aus habe ich einen tollen Blick auf die Bucht und die israelische Stadt Eilat am gegenüberliegenden Ufer.
Nach dem Einchecken sind Barbara und ich noch ein bisschen spazieren gegangen. Es war inzwischen dunkel und so war der Start des Spaziergangs mit einigen Handicaps verbunden, weil wir in die Baustelle der Uferpromenade geraten sind. Dank Handy-Taschenlampen sind wir aber unbeschadet hindurch gekommen und dann die Strandpromenade entlang spaziert. Ich war echt überrascht, wieviel hier an einem normalen Wochentagabend los war. Es brummte richtig. Leute gingen spazieren, Männer saßen wasserpfeiferauchend und erzählend auf Mauern, ein paar Unentwegte hielten Angeln ins Wasser und dazwischen liefen Kinder und Jugendliche herum und es tummelten sich sogar noch vereinzelte Schwimmer im Wasser. Das Bild des Tages gibt nen Eindruck von dem lebhaften Treiben. Im Hintergrund sieht man die Lichter von Eilat.
Morgen habe ich nen gemütlichen Vormittag. Die anderen fahren schon um halb neun zum Strand, aber ich kann ausschlafen und werde mir nach nem gemütlichen Frühstück das Fort von Aqaba ansehen, das direkt beim Hotel gegenüber liegt. Auf dem Rückweg vom Strand holen die anderen mich dann ab und wir fahren weiter zum Wadi Rum.


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12. Oktober 2021

Wir sind heute nach Osten in die Wüste gefahren. Ich habe ja mittlerweile einiges an Wüstenerfahrung, und die Wüste östlich von Amman ist das, was ich eine traurige Wüste nenne. Nur leicht welliges Land, der Boden mit schwarzen Basaltsteinen bedeckt, zwischendurch mal ein Wadi, also ein trockener Bachlauf, mit ein bisschen Gestrüpp, Strommasten und eine eher schlechte Straße (zumindest auf dem ersten Teil der Strecke).
Unser Ziel waren die sogenannten Wüstenschlösser Jordaniens. Erster Stopp war das Qasr al-Harrana. Die Anlage sieht zwar von außen sehr wie eine Burg aus, aber war eine Raststätte auf dem Karawanenweg von Osten nach Amman. Gebaut wurde sie während der Omajjadenzeit am Ende des achten Jahrhunderts nach Christus, also ungefähr zur gleichen Zeit wie in Aachen die Pfalz Karls des Großen entstand. Wir haben uns unter Adnans sachkundiger Führung die Anlage angesehen und dann ging’s zum zweiten Stopp des Tages.
Das Qasr Amra stammt ebenfalls aus der Zeit der Omajjadendynastie, aber ist im Unterschied zum Qasr al-Harrana ein wirkliches Schloss. Nicht unbedingt das, was man sich bei uns unter Schloss vorstellt, wie man auch auf dem Bild des Tages sieht. Aber es wurde für den späteren Kalifen Al-Walid II. gebaut und ist seit 1985 Weltkulturerbe. Die eigentliche Residenz der Omajjaden war Damaskus, das drei bis vier Tage per Kamel entfernt liegt. Hier in der jordanischen Wüste wurde für den Prinzen Al-Walid ein Jagdschloss gebaut, wo er Urlaub machte und sich mit Jagen sowie Kamel- und Pferderennen die Zeit vertrieb. Klein aber fein ist das Motto der Anlage, mit einer großen unterirdischen Zisterne und einem nach römischem Vorbild gestalteten Bad samt Hypocaustum. Der Saal und die Wohnräume sind von einem byzantinischen Künstler mit Fresken versehen, die - für den Islam völlig untypisch – figürliche Szenen zeigen: Jagdszenen, Sportszenen und sehr leicht bekleidete Frauen beim Bad. Ein kurzer Spaziergang durch die Wüste, eine ausführliche Besichtigung der Anlage, und dann gab es noch ne Tasse Tee bei den Beduinen, die vor dem Visitor Center ein Zelt aufgebaut haben und dort Postkarten, Souvenirs und Heißgetränke verkaufen.
Das Wetter war uns heute gnädig. In der Nacht hatte es in Amman ein bisschen geregnet und auch in der Wüste zog mal die ein oder andere Schleierwolke vor die Sonne, so dass es nicht brutal heiß wurde. Zusätzlich gab es ein bisschen Wind der unseren Wüstentrip sehr erträglich machte. Vom Qasr Amra sind wir weiter nach Osten in Richtung der Oase Azraq gefahren. Auf dem Weg dahin kommt man auch an einem Stützpunkt der glorreichen könglich-jordanischen Luftwaffe vorbei, die insgesamt vier F-16 in den Himmel schickte. Leider keinerlei Fotogelegenheit… *seufz… Da kriegt man hier auch dicken Ärger, wenn man Militäreinrichtungen fotografiert.
Der Highway auf dem wir unterwegs waren, teilt sich in Azraq. Nach Südosten führt die Straße nach Saudi Arabien. Man erkennt die Grenze in der unteren rechten Ecke der angehängten Karte. Nach Nordosten geht es in Richtung Irak. Bis Bagdad sind es acht bis neun Stunden Fahrt und, wie Adnan sagte, kann man dort wohl auch wieder problemlos hinfahren. Es gibt regelmäßige LKW-Touren von Jordanien in den Irak und zurück. Vor nicht all zu langer Zeit sah das noch anders aus. Da weigerten sich jordanische LKW-Fahrer kategorisch, in den Irak zu fahren.
In Azraq haben wir die mamelukische Burg besichtigt, die auf den Grundmauern eines römischen Kastells errichtet wurde. Während der großen arabischen Revolte gegen das Osmanische Reich von 1916 diente die Burg von Azraq dem Engländer Thomas Edward Lawrence – Lawrence von Arabien – als Hauptquartier. Auch hier in Azraq haben wir uns ausführlich die Anlage angesehen und sowohl die schweren Steintüren, als auch die aus langen behauenen Basaltsteinbalken konstruierten Decken bewundert.
Von Azraq ging es über Zarqa zurück nach Amman. Auf dieser Strecke, einer gut in Schuss gehaltenen Autobahn, sind wir auch am Azraq-Flüchtlingslager vorbeigekommen, wo rund 40.000 syrische Flüchtlinge in einer Barackenstadt leben.
Wieder in Amman gab es gegen 15 Uhr ein spätes Mittagessen in einem schicken jordanischen Restaurant, mit allem was das Herz an arabischem Essen begehrte. Sehr lecker… und sehr satt waren wir nachher… Programm hatten wir danach keines mehr. Wir sind zum Hotel gefahren und haben den lieben Gott nen guten Mann sein lassen.
Heute ist Bergfest, und morgen werden wir Amman verlassen. Es geht runter zum Roten Meer.


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14. Oktober 2021

Einen gemütlichen Morgen hatte ich heute. Um halb neun sind Barbara, Renate, Wolfgang und Steffen mit Adnan zum Berenice Beach aufgebrochen, der südlich von Aqaba liegt. Zu dem Zeitpunkt war gerade mein Handywecker gegangen. Ich habe mich in aller Ruhe parat gemacht und mir das Frühstücksbuffet des Hotels gegönnt. Gegen 10 habe ich mich dann zu meiner eigenen Besichtigung aufgemacht, zur Festung von Aqaba. Die liegt bei unserem Hotel direkt schräg gegenüber. Zuerst war ich gar nicht sicher, ob dort überhaupt geöffnet war, denn rund um das Fort herum ist ne große Baustelle, die auch die Bürgersteige einschließt. Aber am Eingangstor war die Tür auf, und es kostete noch nicht mal Eintritt. Ich habe mir ausführlich die Anlage angesehen, die zu Beginn der Arabischen Revolte 1916 eine wichtige Rolle spielte. Überhaupt war heute der Lawrence-von-Arabien-Tag, denn neben dem Fort von Aqaba stand heute ja auch noch das Wadi Rum (ausgesprochen „Ramm“) auf dem Programm. Aber der Reihe nach.
Nach der Besichtigung des Forts bin ich weiter durch Aqaba spaziert und habe erfolglos versucht, Flaschenbier für den Export zu kaufen. Dann bin ich zurück ins Hotel und habe noch ein bisschen im Zimmer gechillt, mit fantastischem Blick auf die Bucht von Aqaba, direkt von meinem Fenster aus. Gegen halb zwölf kamen Adnan und Abed mich abholen und wir sind zum Berenice Beach gefahren, um den Rest der Truppe einzusammeln.
Da wir heute noch viel vorhatten, gab es als Mittagessen ein Picknick-Lunch im Bus. Auf dem Rückweg nach Norden haben wir bei einer Bäckerei in Aqaba die Lunchpakete abgeholt, die Adnan geordert hatte und dann haben wir unterwegs gegessen.
Ne gute Stunde dauerte die Fahrt zum Wadi Rum, und dort sind wir dann in einen Beduinen-Jeep umgestiegen für eine dreistündige Exkursion in die Wüste. Barbara, Steffen, Wolfgang und ich auf Bänken auf der Ladefläche unter einem Sonnendach, Renate als Beifahrerin und Adnan auf der zweiten Bank in der Kabine.
Das Wadi Rum ist eine traumhaft schöne Wüste. Das Bild des Tages wird der Landschaft nicht gerecht und vermittelt nur einen ungefähren Eindruck, denn das Rundumerlebnis fehlt. Hohe zerklüftete Sandstein-Berge, Dünen und weite Flächen mit rotem, weißem und grauem Sand, niedriges Ginstergestrüpp und vereinzelte Schirmakazien, Kamele, das ein oder andere Zeltcamp für Touristen und an den wichtigsten Touristopps Beduinenzelte, in denen Tee und Souvernis feilgeboten werden. Das Wadi Rum war zwar genauso, wie ich es mir vorgestellt habe: echt grandios. Direkt hinter dem Visitor Center erhebt sich die Felsformation „Die sieben Säulen der Weisheit“, die ihren Namen als Titel für das Buch von Thomas Edward Lawrence gab. In diesem Buch beschreibt er seine Rolle bei der Arabischen Revolte 1916, und das Wadi Rum kommt natürlich auch darin vor. Weite Teile des Films ‚Lawrence von Arabien‘ wurden hier gedreht.
Auf unserer Tour durch das Wadi Rum sind wir an mehreren Stellen ausgestiegen, haben kurze Spaziergänge gemacht, sind auf eine Düne und eine vom Wind geschaffene Felsbrücke geklettert und haben einen der Canyons, die die Felsmassive zerschneiden, erkundet. Sogar jahrhundertealte Felsritzungen der Beduinen findet man hier.
Die drei Stunden vergingen wie im Flug, aber dann waren wir wieder am Wadi Rum Village und es ging mit unserem Bus auf die letzte Etappe des Tages.
Der Weg nach Wadi Musa, dem Ort am Eingang zur Felsschlucht von Petra, führte zuerst über die Wüstenautobahn, die Aqaba mit Amman verbindet und zweigte dann auf die alte Königsstraße ab, die Aqaba mit Amman und Damaskus verband. Gestern waren wir unten im Tal des Wadi Araba nach Süden gefahren. Heute ging es oben über die hohen Bergkämme wieder nach Norden. Bis auf 1600m hinauf führt die Straße, und im Winter liegt hier Schnee, wie Adnan uns erklärte.
Gegen halb sieben waren wir in Wadi Musa im Hotel, das fußläufig zum Eingang der Anlagen von Petra liegt. So hatten wir noch ein bisschen Zeit bevor wir um kurz nach acht zu „Petra by night“ aufgebrochen sind. Ich bin jetzt nicht so der Fan von Ton-und-Licht-Shows, aber ich war doch ein bisschen neugierig. Was soll ich sagen? Es hat sich nicht gelohnt.
Morgen machen wir die ernsthafte Besichtigung von Petra und nachmittags geht es dann schon wieder zurück nach Amman. Renate, Wolfgang und Steffen starten schon mitten in der Nacht zum Samstag ihre Heimreise. Für Barbara und mich geht es am Samstagvormittag wieder in den Flieger.


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