14. Juli 2024
Es ist kurz nach sieben abends, ich sitze auf der Terrasse vor dem Restaurant/der Bar meines Motels hier in Katherine. Ich hatte einen fantastischen Tag, bei dem ich wieder auf meinen eigenen Spuren unterwegs war. Ich wünschte echt, ich hätte vor 23 Jahren schon Reiselogbuch geschrieben und ne digitale Kamera gehabt, um noch mal rekapitulieren zu können, was ich damals erlebt habe. Meine Erinnerungen sind nämlich durchaus lückenhaft.
Heute morgen stand die Nitmiluk Gorge auf dem Programm. Als ich 2001 hier war, hieß der Ort noch Katherine Gorge, aber man ist mittlerweile dabei, die ursprünglichen Namen, die die Aborigines einem Platz oder einer Gegend gegeben haben, offiziell einzuführen. Der Fluss, der durch die Schlucht fließt, heißt allerdings immer noch Katherine River.
Pünktlich um neun sollte die vierstündige Tour starten, und das war mir auch nicht unwichtig, weil ich heute das Programm etwas eng getaktet hatte und um 15:00h für die nächste Veranstaltung angemeldet war. Ich hatte mich für die vierstündige Tour entschieden, weil sie durch insgesamt drei der 13 Schluchten des Katherine River führt, und nicht nur durch zwei. Der Nachteil der Tour war allerdings ne einstündige Pause zum Schwimmen.
Unser Skipper und Guide Angus wusste echt was er tat. Er hat sehr schön erzählt und hatte von vielem Ahnung, von Geologie, Botanik, Ornithologie, der Biologie der Krokodile, der Kultur und Mythologie der Jawoyn, wie die Aborigines hier in der Gegend heißen… und er steuerte das Boot meisterhaft, auch an den schwierigen Stellen. Wir sind nirgends angeeckt… was allerdings angesichts der soliden Alukonstruktion kein großes Drama gewesen wäre.
Die Felsen, aus denen die Nitmiluk Gorge besteht, sind 1,6 Milliarden Jahre alte Sedimentschichten, die vor Urzeiten ein Fluss in dieser Gegend abgelagert hat und die später von Erdbeben angehoben wurden. Auf Grund des Alters der Steine findet man auch keine Fossilien, wie sonst in Flusssedimenten üblich. Als die Steine entstanden, gab es auf der Erde noch kein Leben, das zu Fossilien hätte werden können. Dagegen ist der Katherine River mit seinen 20 Millionen Jahre im Vergleich gerade eben erst entstanden.
Eine Tour durch die Nitmiluk-Schlucht beinhaltet in der Trockenzeit auch kurze Stücke zu Fuß. Die Boote können einige der felsigen Stellen nicht überwinden. Man steigt also aus, spaziert ein bisschen und steigt in das nächste Boot ein.
Die Landschaft, die man unterwegs zu sehen bekommt, ist sehr beeindruckend. Daran konnte ich mich noch gut erinnern. Das erste Bild des Tages gibt einen kleinen Eindruck. Knapp rechts der Bildmitte sieht man einen der typischen ansteigenden Einschnitte, der mit Bäumen bewachsen ist und der hinauf auf die Hochebene des Arnhem-Plateaus führt – dahin, wo in etlichen Kilometern Entfernung auch der Kakadu-Nationalpark liegt.
Nach knapp zwei Stunden Tour waren wir wieder an der Felsbarriere zur untersten Schlucht angekommen. Ich hab nen Moment überlegt zu fragen, ob ich nicht mit einem anderen, früheren Boot zurückfahren soll, denn in den Felspools zu schwimmen war für mich ja kein Thema. (Wer mich noch nicht ganz so gut kennt: ich gehe nicht ins Wasser, außer unter die Dusche.) Ich habe mich dann aber dafür entschieden, die Badepause zu nutzen, um einfach nur da zu sitzen, mein Lunchpaket, das wir von der Bootstourfirma bekommen hatten, zu verzehren und… mal die bisher beobachteten Vogelarten zu zählen. Aktueller Stand heute mittag um kurz nach 12 Uhr war 75 Arten… nicht schlecht, kann ich da nur sagen.
In der Mittagspause bin ich außerdem mit Ray und Pam ins Gespräch gekommen, einem Ehepaar aus dem Bundesstaat Victoria, die mit ihrem geländegängigen Wohnmobil unterwegs sind. Pam beobachtet auch Vögel und so hatten wir schon nen Anknüpfungspunkt. Das Gespräch drehte sich dann aber vor allem ums Reisen im Allgemeinen.
Für das letzte Stück zurück zum Anleger hatte Angus uns angekündigt, dass wir gute Chancen hätten, Australien-Krokodile zu sehen. Ich denke, das zweite Bild des Tages hat es schon verraten. Australien-Krokodile, von den Australiern „freshwater crocodiles“ oder einfach nur „freshies“ genannt, sind die zweite in Australien beheimatete Krokodilart. Im Gegensatz zum Leisten-/Salzwasser-Krokodil werden Australien-Krokodile dem Menschen nicht gefährlich. Sie leben nur in Australien, und auch nur in bestimmten Gegenden, denn „freshies“ und „salties“ vertragen sich nicht. In der Regel vertreiben oder töten die größeren und stärkeren Leistenkrokodile die Australien-Krokodile. Der Nitmiluk-Nationalpark ist eine Hochburg der Australien-Krokodil, weil es hier keine Salzwasser-Krokodile gibt. Wer auch immer mir auf meine Bitte von gestern die Daumen gedrückt hat: Danke :-) Australien-Krokodile brauchte ich echt dringend für meine Webseite und ich habe heute zwei sehr fotogene Exemplare vor die Linse bekommen.
Wieder am Anleger wollte ich mir eigentlich nur nen Kaffee kaufen und dann aufbrechen, aber in der Cafeteria habe ich Ray und Pam wiedergetroffen und wir haben noch ne gute dreiviertel Stunde geklaaft. Ray ist Privatpilot, Fliegerfreak und hat als Volunteer bei zahlreichen Airshows gearbeitet. Da konnte ich mit meinen Fotos aus Darwin ein bisschen Eindruck machen.
Um zwei bin ich endlich vom Nitmiluk-Nationalpark aufgebrochen und direkt zum nächsten Programmpunkt gefahren, den Cutta Cutta Caves. Die Cutta Cutta Caves sind ein System von Tropfsteinhöhlen, rund 25km östlich von Katherine. Im Gegensatz zu Tropfsteinhöhlen, wie man sie bei uns kennt, gibt es in den Cutta Cutta Caves nicht ständig Wasser, sondern nur während der Regenzeit. Der besuchbare Teil der Höhle ist jetzt nicht riesig, aber trotzdem sehr eindrucksvoll. Ich war genau pünktlich zum Beginn der Tour vor Ort, und wir sind mit unserem Guide Daniel durch die Höhle gegangen und er hat uns alles erklärt. Der Name „Cutta Cutta“ bedeutet „viele Sterne“, denn dadurch, dass es in der Höhle nicht ständig von der Decke tropft, bilden sich Kalzium-Kristalle, die bei Beleuchtung wie kleine Sterne funkeln.
Tja, eine Woche bin ich jetzt im Land, und so langsam gewöhne ich mich ein. Die Australier sind ein interessantes Völkchen. Ich bin mal gespannt, ob ich in den nächsten Wochen noch schlauer aus ihnen werde.
Zum Abendessen bin ich – wie auch schon gestern – im Katherine Club eingekehrt. In Anlehnung an englische Clubs muss man hier entweder Mitglied sein, oder sich als Reisender ausweisen und registrieren, bevor man rein darf. Im Unterschied zu englischen Clubs geht es hier aber nicht fein zu. Der Katherine Club ist eine Kneipe-Schrägstrich-Restaurant-Schrägstrich-Spielhalle-Schrägstrich-Dorfgemeinschaftshaus. Die Leute trinken in Arbeitsklamotten Bier und Wein, jüngere Leute spielen Snooker, es gibt Spielautomaten und riesige Fernseher über die Rugby und Australian Football flimmern. Und es gibt ziemlich gutes Essen.
Morgen ist wieder ein Fahrtag, und ratet, was ich heute nachmittag in weiser Voraussicht schon getan habe. Richtig. Getankt! *lach…
P.S. Da Krokodile auch im vierten Teil der Reise eine Rolle spielen werden, noch mal ganz kurz das Wichtigste zusammengefasst:
- Leistenkrokodil (Crocodylus porosus), auf Englisch saltwater crocodile, lebt im Süß- und im Salzwasser, Verbreitungsgebiet reicht von Sri Lanka bis Queensland, wird bis zu 6m lang, ist für Menschen gefährlich
- Australien-Krokodil (Crocodylus johnstoni), auf Englisch freshwater crocodile, lebt im Süßwasser, Verbreitungsgebiet ausschließlich im nördlichen Australien, wird bis zu 4m lang, ist für Menschen ungefährlich
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