12. Juli 2021

Diese Nacht hat der Regen so auf das Wellblechdach meines Quartiers geprasselt, dass ich davon wachgeworden bin. Hier ist es auch nachts um drei hell genug, um zu sehen, wie der Regen ins Hafenbecken fällt… *lach…
Auch heute hatte ich mir einiges an Strecke vorgenommen, und ähnlich wie für die gestrige Etappe hatte ich die genaue Navigation erst am Vorabend, also gestern ausgeknobelt. Heute sollten die Lofoten einmal zum großen Teil durchquert werden, und dann ging es rüber auf die Vesterålen. So heißt die nördlich der Lofoten gelegene Inselgruppe, wo ich die nächsten Tage verbringen werde.
Leider war mein Quartier in Sørvågen ohne Frühstück und so war ich um halb neun schon auf der Straße. Heute ist ein ganz normaler Montag, aber die Norweger sind keine Frühaufsteher… So manches Café am Straßenrand hier öffnet erst um 10.
In Leknes habe ich dem Qashqai ne Ladung Diesel spendiert, denn ich war nicht sicher, wieviele Möglichkeiten zum Tanken bis Tromsø noch kommen würden, und zu welchen Preisen. Dort bei Esso habe ich auch nen Tankstellenkaffeeautomaten-Cappuccino bekommen, aber das war mehr wegen der Droge und weniger wegen des Geschmacks. Ich brauchte einfach Koffein…
Das Wetter war heute morgen sehr durchwachsen. Deutlich frischer als gestern und immer wieder mal ein bisschen Regengestöber. Ein überaus fröhlicher Wind pfiff über die Lofoten und trieb graue Wolken vor sich her, die von den Berggipfeln zerzaust wurden. Einen kleinen Eindruck vom Wetter kriegt Ihr im Bild des Tages, das ich am Austnesfjorden gemacht habe, auf der Strecke zwischen Leknes und Svolvær, was quasi die Hauptstadt der Lofoten ist.
Auch heute gab es natürlich eine Fährfahrt, aber nur eine kleine. Ungefähr 25 Minuten dauert die Fahrt von Fiskebøl auf den Lofoten nach Melbu auf den Vesterålen. In Stokmarknes habe ich in einer Bäckerei einen späten Mittagssnack und einen Kaffee gekauft und dann an einem Picknickplatz mit Blick auf den Fjord und auf die gezackten Berge der Lofoten an seinem Südufer ein Päuschen gemacht.
Ihr merkt schon, heute wurde hauptsächlich gefahren, denn ich wollte nach Nyksund und  dort auch noch ein bisschen Zeit für den Ort haben. Dass ich hier bin, verdanke ich meinem Lonely Planet, wo der Ort sehr empfohlen wurde. Nicht zu unrecht, wie sich bei meiner Ankunft herausstellte. Nyksund war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts ein normales Fischerdorf auf den Vesterålen, das aber wie viele vergleichbare Gemeinden immer mehr ausblutete. Immer mehr Leute zogen weg und 1975 verließ der letzte Einwohner das Dorf. Der Ort war verlassen und begann zu verfallen. „Wüstung“ nennt man das in der Forschung. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Dörfern blieb es in Nyksund nicht dabei. Nach etlichen Jahren zog neues Leben ein. Lokale, Touristenquartiere und Kunstgalerien wurden in den leerstehenden Häusern eingerichtet. Auch heute noch ist längst nicht jedes Gebäude in Nyksund wieder hergestellt und in Betrieb, aber immerhin tut sich hier wieder was und eine Handvoll Menschen wohnt sogar ganzjährig wieder hier. Sehr spannend also, und dabei liegt Nyksund echt am gefühlten Ende der Welt. Wenn man hier aus dem Hafen rausführe und dann immer geradeaus, dann wäre das nächste feste Land, das man erreicht, Grönland. Um noch mal ein bisschen die Lage, die Entfernungen und Relationen zu verdeutlichen habe ich Euch eine zweite Karte angehängt, mit den wichtigsten Punkten meiner bisherigen Tour.
Um halb vier war ich hier in Nyksund und habe in meinem Quartier eingecheckt. Man sprach sogar Deutsch. Ich bin dann anschließend noch ein bisschen durch den Ort spaziert und auf einen der Hügel hier geklettert, um einen besseren Blick auf die Landschaft zu haben. Ein frühes Abendessen im zum Quartier gehörenden Restaurant beschloss den Tag. Morgen und die nächsten Tage mach ich es mir deutlich gemütlicher. An meinem nächsten Etappenziel habe ich gleich drei Nächte und außerdem muss ich morgen nur circa halb soweit fahren wie heute. Wecken ist morgen also erst um halb neun. Nach zwei Tagen mit frühem Aufstehen habe ich mir das verdient.


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