Reiselogbuch - 2021 Norwegen


5. Juli 2021

Herzlich willkommen zu meinem Sommerabenteuer 2021. Ich bin in Bergen. Vor zwei Jahren hätte die eine oder der andere von Euch wahrscheinlich gedacht: „Norwegen? Das ist ja ziemlich Mainstream und wenig abenteuerlich.“ Tja… und dann kam SARS-CoV-2 und plötzlich haben die alltäglichsten Dinge einen Abenteuerfaktor. Ich war letzte Woche noch nicht sicher, dass ich diesen Sommer wirklich verreisen können würde, und dass es klappt, habe ich heute auch erst richtig geglaubt, als der norwegische Grenzer mir nach dem Einscannen meines Impfzertifikats mit einem knappen „Thank you“ mein Handy und meinen Perso zurückschob.
Um 3:30Uhr riss mich mein Wecker heute morgen brutal aus dem Schlaf. Das sind die Momente, wo ich das Reisen verfluche. Aber Liegenbleiben war jetzt auch keine ernstzunehmende Alternative. Um kurz nach vier war ich auf dem Weg nach Düsseldorf, vor mir eine freie Autobahn und im Radio die „ARD Pop-Nacht“ mit Verkehrsfunkmeldungen von der A14 Leipzig Richtung Magdeburg. Wenig los auf Deutschlands Straßen um diese Uhrzeit.
Ein bisschen vor fünf war ich in D‘dorf und konnte wenig später den BMW in die Obhut der Parkfirma geben, nicht ohne vorher noch eine Komplettreinigung inklusive Innenraum mit denen zu vereinbaren. Ich hoffe, dass ein sauberes Auto bei meiner Rückkehr auch mich wartet.
Trotz der frühen Uhrzeit war am Flughafen in D‘dorf die Hölle los. Die Schlangen bei Condor waren scheinbar endlos. Da war ich schon sehr froh, dass ich mich nicht anstellen musste. Bei KLM ging es deutlich gemütlicher zu. Ich war sofort an der Reihe. Ein kleines Starbucks-Frühstück, auch so eine Tradition bei meinen Reisen, hat mir ein bisschen geholfen, meine Verschlafenheit loszuwerden.
Der Flieger von D‘dorf nach Amsterdam hatte ne gute halbe Stunde Verspätung, aber das war nicht so schlimm, denn ich hatte zum Umsteigen genug Zeit und wollte in Schiphol ja nur noch schnell in den Duty Free-Shop, Schnaps kaufen. Leider führte das dann aber doch zu ein bisschen Hektik, denn corona-bedingt waren die vielen kleinen Läden, die man überall auf dem Amsterdamer Flughafen findet, geschlossen und so musste ich noch ein ganzes Stück marschieren für meinen Whisky. Dass das trotzdem eine gute Investition und die Mühe wert war, dazu später mehr.
Als der Bus, der uns zum Flugzeug nach Bergen bringen sollte, dann neben der Maschine hielt, dachte ich zunächst, ich wäre – übernächtigt wie ich war - in den falschen Bus gestiegen. Statt der noch in D‘dorf in der KLM-App angekündigten Embraer 190 stand da ne Embraer 175. Ich habe dann sicherheitshalber die freundliche Flugbegleiterin gefragt, ob das wirklich der Flug nach Bergen ist. Ja, es war der richtige Flieger und gut 90 Minuten später war ich in Norwegen.
Jetzt wurde es spannend. Würde das EU-Impfzertifikat funktionieren? Würden die mich wirklich einreisen lassen? Oder war der Urlaub schon zu Ende bevor er richtig angefangen hatte. Ein älteres Ehepaar, direkt vor mir in der Schlange, mit einem Stapel Papieren inklusive QR-Codes, wurde von dem Beamten am Schalter nach nebenan in die Quarantäne-Schlange geschickt, aber bei mir war – Ihr habt‘s oben gelesen – die Sache sehr antiklimaktisch.
Mein Gepäck war schnell da, ich habe mir am Geldautomaten norwegische Kronen besorgt und bin dann raus zur Bushaltestelle, um dort festzustellen, dass der Flughafenshuttlebus ins Stadtzentrum, der schön praktisch vor meinem Hotel gehalten hätte, schon seit März wegen Corona nicht mehr fährt. Also Ticket gekauft und mit Sack und Pack in die Straßenbahn. Die braucht ungefähr ne halbe Stunde vom Flughafen bis zum Stadtzentrum, aber in der Zeit kann man sich schon schön die Vororte von Bergen und die Leute hier ankucken. Eines der ersten Dinge, die in der aktuellen Situation auffallen, wenn man aus Deutschland kommt: Masken sind in Norwegen optional. Auf Norwegisch heißen die Dinger übrigens „Munnbind“, was nicht halb so lustig ist wie das holländische „Mondkapje“, auf das in Schiphol an jeder Ecke hingewiesen wurde.
Von der Endhaltestelle der Straßenbahn bis zum Hotel sind es noch 400m zu Fuß, was mit dem ganzen Gepäck kein echter Spaß war, aber doch problemlos machbar. Ich muss den Weg auch am Donnerstag wieder zurück.
Gegen halb zwölf war ich im Hotel, und konnte natürlich noch nicht auf mein Zimmer. Immerhin haben die Mädels an der Rezeption mein Gepäck in Obhut genommen und ich bin zum Stadtspaziergang aufgebrochen. Mein Hotel liegt mitten im Zentrum von Bergen direkt am alten Hafen. So war es nur ein kurzer Weg bis zur Talstation der Fløibanen, einer Standseilbahn, die auf den Bergener Hausberg führt. Der Fløyen ist 399m hoch und die Bergstation der Bahn liegt auf 320m. Von den Terrassen dort oben hat man einen fantastischen Blick auf die Stadt. Das sieht man auch im Bild des Tages. Mein Hotel befindet sich in der untereren linken Ecke des rechten Hafenbeckens.
Ich habe oben auf dem Fløyen ausgiebig die Aussicht genossen. Es kam sogar die Sonne raus, obwohl ich von mehreren Freunden und Bekannten gewarnt worden war, das Bergen eine der regnerischsten Städte Europas wäre. Also, da kann ich nicht mitreden. Von ein paar Tröpfchen abgesehen war heute super Wetter und im Moment ist der Himmel über der Stadt blau.
Wieder unten habe ich in einer Buchhandlung einen Autoatlas von Norwegen gekauft und  dann noch etwas Wasser in einem kleinen Supermarkt. Um kurz vor drei war ich wieder am Hotel und konnte auch sofort ins Zimmer und dann gab‘s erstmal Siesta. Zum Abendessen bin ich aber nochmal kurz vor die Tür und bin ein paar Schritte vom Hotel in einem Restaurant am Hafen eingekehrt. Es gab Fish and Chips, die beide ziemlich gut waren und von einer Handvoll traurig-welker Salatblätter begleitet wurden. Ich hatte schon gehört, dass Norwegen nicht so das Salat- und Gemüseland ist. Und dazu gab‘s ein Bier… Zehn Euronen für 0,4l. Ich glaube das war das teuerste Bier, dass ich je bestellt habe. Aber heute wollte ich mir das gönnen. Für die kommenden Abende aber findet der Konsum alkoholischer Getränke weitgehend auf meinem Zimmer statt. Dafür ist dann der Whisky da… und die vier Flaschen Spätburgunder von der Mosel, die ich unter Ausschöpfung meiner Freigrenzen beim Zoll nach Norwegen eingeführt habe.

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6. Juli 2021

Mein erster ganzer Tag in Norwegen… Ich könnte nicht sagen, dass ich besonders fleißig war, aber andererseits bin ich ja hier im Urlaub und ich habe mir vorgenommen, vieles auch einfach zu genießen. Norwegen macht das übrigens leicht, weil die kulturellen Sehenswürdigkeiten hier viel spärlicher sind als in südlicheren Ländern. Dafür habe ich heute aber schon viel über Norwegen und die Norweger gelernt. Dazu später mehr…
Das Schlafdefizit von gestern habe ich heute mal geschmeidig aufgeholt und war erst um 10 beim Frühstück. Das Frühstücksbuffet hier ist ein echter Kracher. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so ein Buffet gesehen habe, und entsprechend habe ich das auch weidlich ausgenutzt.  Letztendlich spart man so ne Mahlzeit und das hat in Norwegen einige Vorteile. Neben regulären Frühstücksbausteinen gab es übrigens auch norwegische Spezialitäten, wie in Essig eingelegte Heringsstücke und gefühlte tausend verschiedene Sorten Knäckebrot.
Nach dem Frühstück habe ich erst mal ein Päuschen gebraucht, aber kurz vor Mittag bin ich dann zum Stadtspaziergang aufgebrochen. Ich hatte schon gestern ein bisschen überlegt, aber mich heute dann doch für kurze Hosen entschieden, ein bisschen in Erinnerung an meine große Südengland-Tour vor elf Jahren, wo ich auch die ganze Zeit wie die Einheimischen in kurzer Hose unterwegs war. Vorsichtig, wie ich ja manchmal bin, habe ich sowohl Sonnenbrille als auch Schirm eingepackt. Das Jööpchen, der Lonely Planet und mein Handy vervollständigten die Ausrüstung.
Ich bin zuerst einmal die zentrale Fußgängerzone rauf- und runterspaziert und dann zurück zum alten Hafen. Hier habe ich am Denkmal für „Shetland-Larsen“ ein bisschen auf der Bank gesessen, den Blick auf den Hafen genossen und  Wikipedia gelesen über Leif Larsen und den Shetland Bus. Das war eine Geheimoperation während des Zweiten Weltkriegs, bei der der norwegische Widerstand gegen die deutsche Besatzung von den Shetlandinseln aus mit Fischerbooten unterstützt und mit Material versorgt wurde. Leif Larsen war einer der wichtigsten Männer in dieser Organisation.
Bei Starbucks gab es einen kleinen Pick-me-up und dann ging es weiter nach Bryggen, dem alten Hanseviertel, Weltkulturerbe und die Hauptsehenswürdigkeit von Bergen. Sehr malerisch, und so hat Bryggen auch heute das Bild des Tages bekommen.
In einem der Minisupermärkte hier habe ich mir dann ne Flasche Wasser gekauft. Umgerechnet 3 Euro plus Pfand für nen halben Liter. Da kann das Forum Romanum nicht mithalten. Und anders als in Deutschland kann man das Pfandgut nicht in der Verkaufsstelle zurückgeben, sondern muss sich nen richtigen Supermarkt mit Pfandautomat suchen. Seltsame Sitten hier in Norwegen. Aber immerhin sind die Leute alle sehr freundlich – und sprechen super Englisch.
Als nächstes stand die Festung Bergenhus an. Hier befindet sich mit der Håkonshalle aus dem 13. Jahrhundert eines der wichtigsten mittelalterlichen Gebäude Norwegens. Als ich dort vor der Tür stand war es schon kurz vor drei, um drei sollte der Laden schließen, aber für 12 Euro Eintritt wäre ich noch reingekommen. Die habe ich mir aber gespart und mich stattdessen lieber auf einer der Bastionen der Festung in die Sonne gesetzt und auf den Hafen gekuckt. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Sonne. Heute hat sich mir Bergen den zweiten Tag in Folge im Sonnenschein, trocken unter weiß-blauem Himmel, präsentiert.
Auf dem Rückweg zum Hotel habe ich kurzentschlossen am Hafen ein Ticket für das Wassertaxi gekauft und bin so zu einer kleinen Rundfahrt im Hafen von Bergen gekommen. Sehr gemütlich tuckern diese kleinen Gefährte hier rum, und da dies die letzte Fahrt des Tages war, war nur noch eine Handvoll Leute an Bord. Dazu gehörten unter anderem zwei junge Norwegerinnen in historischen Kostümen, die auf dem Rückweg zum Alt-Bergen-Freilichtmuseum waren. Wir sind ein bisschen ins Gespräch gekommen und ich habe mich mal nach dem aktuellen Touristenaufkommen erkundigt. Hier war nämlich schon ein bisschen was los, aber ich habe ja keinen Vergleich und konnte das nicht so einordnen. Die eine von den beiden hat mir dann erzählt, dass sich hier normalerweise die Massen durch die Straßen schieben und dass fünf Kreuzfahrtschiffe am Hafen durchaus die Regel seien. Aktuell liegt hier keines… außer der geparkten Trollfjord, einem Schiff der Hurtigruten, die hier in Bergen auf bessere Zeiten wartet.
Ungefähr eine dreiviertel Stunde lang sind wir durch den Hafen und dann weiter an der Küste entlang bis zum  Alt-Bergen-Freilichtmuseum geschippert. Von dort könne ich problemlos mit dem Bus zurück in die Stadt fahren, hatte mir der Wassertaxi-Kapitän versichert. Busse gab es auch reichlich, allerdings keine Fahrkartenautomaten und im Bus ne Fahrkarte kaufen ging auch nicht. Das „Na suuuuuper“ in meinem Kopf dauerte aber nur ne Sekunde, denn der Busfahrer winkte mich einfach nach hinten und so habe ich wenigstens ne Busfahrt in Norwegen geschenkt bekommen.
Zurück in der Stadt habe ich mich, obwohl es erst kurz vor sechs war, auf den Weg zum Abendessen gemacht. Immerhin war das Mittagessen ja ausgefallen. Das Restaurant Pingvinen war in meinem Lonely Planet empfohlen, und dort gibt es norwegische Spezialitäten. Ich hatte Plukkfisk, geräucherter Kabeljau wird mit Kartoffelpüree und Schnittlauch gemischt und dann mit gebratenen Speckwürfeln bestreut. Echt mal was anderes und wirklich lecker.
Als ich aus dem Restaurant kam, da fing es doch wirklich an zu tröpfeln… Ich bin aber trockenen Fußes zum Hotel gekommen und habe mir den Abend gemütlich gemacht… mit deutschem Rotwein…
Das Programm für morgen werde ich vom Wetter abhängig machen… Wenn’s schön ist werde ich wohl nen Bootsausflug in einen der umliegenden Fjorde unternehmen. Mal kucken. Schlechtes Wetter ist bei dieser Tour mit eingeplant. Nicht umsonst habe ich mir viel Zeit für die Reise vorgenommen, damit ich auch mal nen Tag schlechtes Wetter aussitzen kann.


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8. Juli 2021

Heute war ein etwas komischer Tag. Grundsätzlich ging es darum, von A nach B oder genauer gesagt von Bergen nach Bodø zu kommen. Um Euch ein bisschen die Verhältnisse zu verdeutlichen habe ich Euch ne Karte angehängt. Bodø ist von Bergen 7km weiter entfernt (auf der Großkreisstrecke) als Bergen von Amsterdam entfernt ist. Auch wenn es einem oft nicht so bewusst ist, Norwegen ist echt groß.
Den Tag habe ich zuerst wieder mit einem feudalen Frühstück in meinem Hotel in Bergen begonnen. Danach wurden die letzten Sachen zusammen gepackt, ich habe ausgecheckt und dann mein Gepäck zur Straßenbahnhaltestelle verfrachtet. Alles lief wie am Schnürchen und dass es geregnet hat war mir ziemlich egal. Ich musste ja nicht mehr richtig raus.
Ne gute halbe Stunde braucht die Straßenbahn vom Zentrum von Bergen bis nach Flesland, wo der Flughafen liegt. Eingecheckt war ich schon, musste also nur noch das Gepäck abgeben. Dann hatte ich noch fast zwei Stunden Zeit, denn der Abflug meines Fliegers sollte sich um ne halbe Stunde verzögern, weil die Maschine von ihrem vorherigen Flug zu spät eingetroffen war.
Ich war schon ziemlich gespannt auf den Flug mit Widerøe. Das ist eine norwegische Fluggesellschaft, die vor allem mit kleineren Maschinen in die entlegenen Gegenden Norwegens fliegt, aber auch die eine oder andere Strecke nach Europa von ihren Stützpunkten in Bergen, Stavanger und Tromsö bedient. Die schick weiß-grün bemalten Flieger von Widerøe hatte ich schon in Trondheim und Kopenhagen erlebt. Heute gab’s den ersten Flug.
Die eingesetzte Maschine war eine Bombardier DHC-8Q400, mit der ich schon einige Erfahrungen bei Air Berlin, FlyBe, SATA Air Açores und WestJet gesammelt hatte. Was das Technische anging war an meinem ersten Flug mit Widerøe auch nichts auszusetzen. Die Maschine war fast bis auf den letzten Platz gefüllt, aber für nen Propellerflieger doch ganz okay von der Bequemlichkeit. Dass es aber auf anderthalb Stunden Flug nicht mal ein Glas Wasser gab, das war schon ziemlich dürftig.
Ziemlich genau um 13:00 Uhr hob unser Flieger vom nassen Beton der Piste in Bergen ab. Unterwegs gab es immer wieder mal ein paar Lücken in den Wolken und man konnte die Berge Mittelnorwegens mit ihren Schneeresten sehen. Auch den Polarkreis haben wir dabei überquert. Kurz vor dem Sinkflug schloss sich die Wolkendecke aber wieder und wir sind im Regen in Bodø gelandet.
Gepäck abholen und am Schalter von Hertz die Formalia erledigen ging schnell, und dann stand ich vor meinem fahrbaren Untersatz, der mich die nächsten 13 Tage begleiten wird. Ein dunkelgrauer Nissan Qashqai, Diesel, Automatik und mit allem Zipp und Zapp an Komfort ausgestattet. Gebucht hatte ich zwar was kleineres, aber man nimmt halt was man kriegt, wenn es um Mietwagen geht.
Hier in Bodø ist es schon ein Jäckchen frischer als in Bergen. Man merkt, dass man hinterm Polarkreis ist, vor allem bei dem hier vorherrschenden Wetter aus niedrigen Wolken, fröhlich pfeifendem Wind und ein paar Regentropfen. Die Wetterlage kann man ein bisschen am Bild des Tages erahnen. Der Hafen von Bodø, fast direkt hinter meinem Hotel.
Nach der Ankunft hier hatte ich noch einen Programmpunkt vor, nämlich das norwegische Luftfahrtmuseum, das sich direkt hier am Flughafen befindet. Grundsätzlich sehr schön und aufwendig gemacht, aber leider alles drinnen. Einerseits kann ich das ja verstehen, denn das Wetter hier ist über weite Teile des Jahres nicht freilichtmuseumsgeeignet (mal ganz abgesehen davon, dass die Exponate da auch drunter leiden würden). Aber Flugzeuge in ner Halle, an die Decke gehängt oder am Boden in einander geschoben und ohne freien Himmel oben drüber finde ich immer ein bisschen traurig. Noch dazu wird das Fotografieren so zu ner echten Herausforderung, wenn nicht gar Qual. Deshalb gibt’s heute auch kein Foto aus dem Museum als Bild des Tages, sondern, wie schon erwähnt, den Hafen von Bodø.
Nach dem Museumsbesuch habe ich im Supermarkt noch ein bisschen Proviant für die nächsten Tage eingekauft und dann ging’s zum Hotel. Ich habe übrigens schon wieder was neues gelernt. Um hier in Bodø mein Auto parken zu können ist eine Park-App sehr praktisch… Mit Bargeld haben die Norweger es nicht mehr so.
Bodø ist keine hübsche Stadt. Im Zweiten Weltkrieg war Bodø die am stärksten zerstörte norwegische Stadt und nach dem Krieg hat man sich – meiner Meinung nach -  nicht viel Mühe mit dem Wiederaufbau gegeben. Viel Zeit habe ich hier aber sowieso nicht. Morgen früh geht’s schon weiter und dann bin ich noch mal hier am Ende meiner Rundtour bevor es noch höher in den Norden geht.


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7. Juli 2021

Auch heute habe ich den Tag gemütlich angehen lassen und bin mit einem schönen Frühstück hier im Hotel gestartet. Da ich die Stadt ja schon in den letzten beiden Tagen ausführlich erkundet hatte, hatte ich mir überlegt, heute eine Böötchenstour zu machen. Nach dem Frühstück bin ich also zur bergener Touristeninformation, hab mich beraten lassen und habe dann eine Fahrt durch die Fjorde nach Mo gebucht. Um 14:00Uhr sollte es los gehen, so dass ich noch ein bisschen Zeit hatte. Ich bin also erst zum Dom von Bergen spaziert. Der war zwar geschlossen, aber immerhin konnte ich die englische Kanonenkugel im Turm sehen und fotografieren. Das Geschoss ist eine Erinnerung an die Schlacht in der Bucht von Bergen am 12. August 1665 während des Englisch-Niederländischen Krieges. Damals überfiel eine englische Flotte die niederländischen Handelsschiffe in der Bucht von Bergen. Die Niederländer wehrten sich tapfer und gewannen die Schlacht.
Gegen Mittag bin ich bei Starbucks eingekehrt, nicht zuletzt, um den Hotelmitarbeiterinnen genügend Zeit zu geben, mein Zimmer parat zu machen. Für ein bisschen frühe Siesta hatte ich aber doch noch Zeit, denn zum Bootsanleger sind es nur ein paar Schritte von meinem Hotel aus. Pünktlich um 14:00 hieß es „Leinen los!“ und dann sind wir mit dem Katamaran raus in den Byfjord, dann halb rechts in den Osterfjord, weiter in den Romarheimsfjord und dann nach dem Durchbruch bei Mostraumen in den Mofjord. Auf der Karte könnt Ihr die Route genau sehen.
Bei der Ausfahrt hatten wir Kaiserwetter und so habe ich schön an der Reling gestanden, das Panorama genossen und den lieben Gott nen guten Mann sein lassen. Was auffällt ist, wie dicht besiedelt die Gegend hier noch ist, inklusive Hochhausbausünden. Später wurde es aber dann doch etwas wilder und - wie soll ich sagen? - norwegischer. Also, eher so die Landschaft, die man sich hier vorstellt. Alles natürlich in der Light-Variante, denn an die großen Fjorde wie Hardanger- oder Sognefjord oder die berühmte Strecke zum Geirangerfjord kam die heutige Tour natürlich nicht heran. Aber eindrucksvoll war es trotzdem, wie das Bild des Tages zeigt. Das ist die Stelle, wo der Mostraumen-Kanal den Romarheimsfjord mit dem Mofjord verbindet. (Es wundert jedenfalls nicht, warum Slartibartfast für die Fjorde einen Preis bekommen hat.)
Gut anderthalb Stunden dauerte die Fahrt bis Mo und es gab dabei auch Erklärungen auf Norwegisch und Englisch. Norwegisch ist besonders. Wenn man es irgendwo geschrieben liest, dann kriegt man als deutscher Muttersprachler schon ziemlich gut mit, worum es geht. Aber gesprochen versteht man kein Wort.
Außer Panorama gab es während der Tour auch noch ein bisschen Vogelbeobachtung. Möwen, Eiderenten, Austernfischer, Flussuferläufer, ein Gänsesäger und sogar ein – leider nicht fotografierbarer – Seeadler. Ich hoffe mal, dass es nicht die einzige Seeadlersichtung auf dieser Tour war.
Gegen viertel nach fünf waren wir wieder zurück in Bergen und bei unserer Einfahrt in den Hafen beschloss das Wetter dann doch noch, Bergens klimatischen Ruf zu retten. Es fing an zu regnen. War mir aber ziemlich egal. Ich bin nämlich direkt für ein frühes Abendessen eingekehrt, denn heute abend muss ich noch viel erledigen. Um genau zu sein muss ich Koffer packen, denn morgen endet das erste Kapitel meines Norwegen-Sommerabenteuers. Der Auftakt in Bergen war jedenfalls ein Auftakt nach Maß. Bergen hat mir gut gefallen, wobei vielleicht auch ein Tag weniger gereicht hätte, aber dann hätte ich die Fjordexkursion nicht machen können.
Morgen mittag geht es nach Bodø. Das liegt von hier aus gesehen schon hinter dem Polarkreis. Ich bin sehr gespannt, denn morgen steht auch die erste Begegnung mit einer neuen Fluggesellschaft an. Außerdem habe ich ab morgen einen fahrbaren Untersatz. Ich werde also auf jeden Fall was zu berichten haben.


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9. Juli 2021

Heute morgen ging der Wecker um halb acht, denn ich hatte mir viel vorgenommen. Ich wollte heute einen (nicht unerheblichen) Teil des Kystriksveien fahren. So heißt hier die Landstraße Nr. 17, die vom norwegischen Tourismusverband als besonders lohnend markiert und auch entsprechend ausgeschildert ist. Den Verlauf der heutigen Tour seht Ihr auf der angehängten Karte. Die Kilometer stimmen zwar, aber ich habe für die 316km so ziemlich genau 10 Stunden gebraucht. Doch der Reihe nach.
Nach dem Frühstück, das zwar nicht ganz so üppig wie in Bergen, aber doch mehr als ausreichend war, habe ich mich auf den Weg Richtung Süden gemacht, zuerst unter wolkenverhangenem Himmel. Das hat mich aber nicht sonderlich verdrießlich gestimmt, denn mit ungünstigem Wetter muss man hier in Norwegen ja realistischerweise rechnen. So habe ich mir im Qashqai ein bisschen die Heizung hochgedreht und bin gemütlich über die Landstraße gefahren. In Norwegen herrschen strenge Tempolimits und so war es ganz praktisch, dass der Qashqai einen Bordcomputer mit Geschwindigkeitsbegrenzung hat. Nach ein bisschen rumprobieren wusste ich, wie das Ding funktioniert. Ich habe mir als Höchstgeschwindigkeit 80km/h eingestellt und musste jetzt nur noch in den Ortschaften und an Baustellen auf reduzierte Geschwindigkeit achten.
Eine dreiviertel Stunde nach meiner Abfahrt zeigten sich die ersten blauen Flecken am Himmel, und die Wolken begannen, sich von den Berggipfeln zu heben. Die Landschaft entlang der Landstraße 17 ist grandios. Mal kurvt der Asphalt über die Berghänge, mal führt die Straße direkt am Meer entlang, und ich schätze mal, dass ich heut auch über 20km Tunnel hinter mich gebracht habe. Der längste von denen war allein schon fast 8km lang.
Immer wieder musste ich Pausen machen, weil ein Panorama schöner als das andere war. Ich hatte es echt schwer, für heute ein Bild des Tages auszusuchen. Da wäre der Sandstrand von Storvik gewesen, oder die Gletscherzungen des Svartisen, oder die Aussicht von der Höhe hinter Grønsvik, oder eine Ansicht von einer der beiden Fährfahrten. Letztendlich habe ich mich für ein Foto des Streckenabschnittes ein paar Kilometer hinter Storvik entschieden, weil es den Kontrast zwischen Bergen und Meer so krass zeigt. Nur eine Entscheidung wurde mir abgenommen. Als ich - noch ziemlich am Anfang des Tages – einen guten Blick auf die Kjellingsstraumen-Brücke suchte, kamen zwei F-16 der norwegischen Luftwaffe vom Stützpunkt Bodø durch das Tal gecruist und natürlich hatte ich damit genau gar nicht gerechnet und die dicke Kamera lag wohlbehalten in 200m Entfernung auf dem Beifahrersitz des Qashqai. Dieses Foto wurde  also heute nicht gemacht.
Im Laufe des Vormittags wurde das Wetter immer besser und als ich um kurz nach eins am Fähranleger von Esøya ankam, war der Himmel fast komplett blau. Ich musste etwas über eine Stunde auf die Abfahrt der nächsten Fähre warten, und die Stunde habe ich mit Blick auf den Fjord verbracht… und ich hab vorher die Trekkinghose auf kurz ummontiert und mich schön mit Nivea LF30 eingecremt. Die Überfahrt von  Esøya nach Ågskardet dauert nur ein Viertelstündchen, aber die lange Fährstrecke stand mir noch bevor. Ich habe mich also zügig auf die 28km nach Jektvik gemacht, weil ich ja nicht wusste, wie lange ich dort schon wieder warten musste. Und die ganze Zeit begleitete mich grandioses Panorama.
Für die zweite Fähretappe von Jektvik nach Kilboghavn hatte ich dann Glück und musste kaum warten. Als ich über den letzten Knipp kam und Richtung Anleger einbog, machte die ankommende Fähre grade fest. Die zweite Fährfahrt dauerte dann ne gute Stunde, und dabei habe ich auch wieder die Arktis verlassen, denn die Fähre hat den Polarkreis nach Süden überquert. Aber keine Sorge. Morgen geht’s schon wieder zurück nach Norden.
Von Kilboghavn ging es noch ein ganzes Stück weiter über die Landstraße 17, bevor ich gut 37km vor meinem heutigen Etappenziel nach links auf die Landstraße 12 abgebogen bin.
Ich mache heute in Mo i Rana Station. Ähnlich wie Bodø jetzt nicht die tollste Stadt Norwegens, aber für meine Tourplanung recht praktisch gelegen. Zum Ausklang des Tages bin ich noch gegenüber vom Hotel im Restaurant gewesen. Es gab norwegische Fischsuppe.
Der Tag heute war randvoll mit Eindrücken und ich bin echt froh, dass das Wetter mitgespielt hat. Heute hatte ich nämlich keine Möglichkeit, Regen auszusitzen. Umso mehr freue ich mich über das Erlebnis dieser landschaftlich so dramatisch schönen Strecke unter weiß-blauem Himmel.
Mo i Rana ist der südlichste Punkt auf meiner Rundtour hier. Morgen geht es zurück über den Polarkreis und das nächste Mal werde ich den dann im Flieger auf dem Weg nach Oslo überqueren.


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