11. Juli 2021
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich auf dem Deck meines Quartiers hier in Sørvågen am südlichen Ende der Lofoten und kucke auf den kleinen Hafen des Ortes. Im Hintergrund türmen sich grau-grüne Berge in den grau-weißen Himmel und auf dem dunklen Wasser des Hafens dümpeln die Fischerboote und die Sturmmöwen. Zur linken Hand habe ich den Bowmore 10 in Reichweite und jetzt geht’s ans Logbuchschreiben. Ich würde sagen, mir geht’s richtig gut.
Schon um 7:30 Uhr regte sich heute morgen mein Handywecker, denn ich hatte wieder mal viel vor. Nicht, dass ich den Wecker schwer gebraucht hätte, denn die Nacht war von abgefahrenen Träumen bestimmt, und von der polaren Helligkeit, die durch die dürftigen Vorhänge in mein Schlafzimmer schien… Um kurz nach acht habe ich den Schlüssel an der Rezeption abgegeben und dann war ich wieder auf der E6, heute mal ohne Frühstück, denn die Cafeteria des Campingplatzes machte erst um neun auf und da wollte ich schon ein Drittel der Strecke nach Bodø hinter mir haben. Erst unterwegs wurde mir klar, dass Sonntagmorgen war. Kein Mensch auf der Straße. Umso besser, dann hatte ich auch keine Probleme mit dem Durchkommen.
Den Verlauf der heutigen Etappe könnt Ihr auf der Karte ein bisschen mitverfolgen. Am Hafen in Bodø kam ich mit reichlich Zeitpolster an, aber ich war bei weitem nicht der erste in der Schlange am Fähranleger. Ein Glück, dass ich am Donnerstag die Fähre vorgebucht hatte. Eigentlich wollte ich ein andere Strecke genommen haben, aber als ich bei genaueren Recherchen am Donnerstag feststellte, dass man auch von Bodø auf die Lofoten fahren kann, und dass ich dabei nicht nur Zeit sondern auch noch ein erhebliches Stück Fahrstrecke sparen würde, habe ich mich für die Fährstrecke Bodø – Moskenes entschieden. Vom blauen Himmel der letzten beiden Tage waren nur noch ein paar Flecken übrig geblieben, auch wenn es in Bodø so gerade noch kurzehosenwarm war. Das änderte sich auf der Fähre aber schnell und deshalb habe ich mich nach den ersten paar Minuten windfest gemacht. In weiser Voraussicht hatte ich nämlich die Beine der Trekkinghose, das Jööpchen und die äußere Hülle meiner North Face-Jacke mit eingepackt… und auch die Mütze, die ich im Sommer 2015 in Lerwick auf den Shetlandinseln gekauft habe, kam heute wieder zu Ehren. Hier im Norden ist man besser auf alles vorbereitet.
Die Fährüberfahrt war schon mit einem fantastischen Landschaftserlebnis verbunden. Nachdem wir den Hafen von Bodø hinter uns hatten, kurvte die Fähre noch ein bisschen zwischen den Schären durch und nahm dann Kurs auf die Lofoten. Nach Norden und Süden soweit das Auge reichte die bergigen Inseln und Halbinseln der norwegischen Küste, die wie riesige schlafende Drachen im anthrazitfarbenen Wasser des europäischen Nordmeers lagen. Mir wird langsam klar, warum nordische Heldensagen so düster wirken und voll sind mit Monstern, die von tapferen Helden besiegt werden müssen. Leider kann man diesen Eindruck in keinem Bild einfangen.
Gut drei Stunden hat die Überfahrt von Bodø nach Moskenes gedauert. Ich habe die Zeit fast komplett an Deck verbracht, die Landschaft genossen und hatte dabei das Fernglas immer in Bereitschaft. Gesehen habe ich aber außer verschiedenen Möwen „nur“ Papageitaucher und Krähenscharben.
Als es in Moskenes von der Fähre ging, war sofort klar, dass ich auf den Lofoten nicht allein sein würde. Es war schon einiges an Betrieb. Vornehmlich norwegische Kennzeichen sah man, aber auch das eine oder andere deutsche Auto oder Wohnmobil hat’s hierhin geschafft.
Mein Quartier liegt nur zwei, drei Minuten vom Hafen in Moskenes, aber ich habe den Nachmittag heute für eine erste Erkundung der Inseln genutzt. Zuerst war ich in Å. Ja, der Ort heißt wirklich so und er befindet sich ganz am Ende der Straße, die sich durch die Lofoten windet. Am Ende dieser Straße gibt’s nen Parkplatz, der ziemlich voll war, als ich dort ankam. Ich habe aber doch ne Lücke gefunden, bin ein bisschen spazieren gegangen und habe den Blick in Richtung Süden die Küste entlang fotografiert. Dann fielen die ersten Tropfen und ich bin zurück zum Auto. Den ganzen Nachmittag über gab es heute ein paar nasse Sprenkler, die aber dem Landschaftserlebnis keinen Abbruch getan haben, denn die Sicht war gut und die Bergspitzen waren frei von Wolken.
Als nächstes bin ich die Hauptstraße Richtung Nordosten gefahren. Diese Strecke muss ich morgen zwar nochmal nehmen, aber dann habe ich die ersten Panorama-Stopps schon gespart. Bis nach Nusfjord hat mich die Fahrt geführt, einem echten lofotischen Bilderbuchdorf. Tja, wie soll ich die Landschaft hier beschreiben? „Episch“ ist kein unpassendes Wort. Steile Berge mit gezackten Gipfeln und von eiszeitlichen Gletschern blankgehobelten felsigen Flanken, wenig Bäume, und das alles durchzogen von Fjorden und Flüssen. Mehr als einmal musste ich an „Game of Thrones“-Panoramen denken.
Von Nusfjord bin ich wieder zurück in Richtung Quartier gefahren. Auf dieser Strecke entstand auch das Bild des Tages, stellvertretend für all die vielen typischen Lofoten-Ansichten, die sich mir heute geboten haben. Ein Blick auf Reine. In Reine habe ich im Coop auch die Vorräte aufgefüllt und dann bin ich zum Hotel gefahren.
Mein Quartier liegt super malerisch am Hafen von Sørvågen und besteht aus ehemaligen Fischerhütten, die zu Hotelapartments umgebaut wurden, klassisch in ochsenblurot und weiß gestrichen. Hier würde es sich schon noch nen Tag oder zwei aushalten lassen, einfach nur dasitzen und auf den Hafen kucken samt den dahinterliegenden Bergen. Aber leider muss ich morgen schon wieder weiter. Es gibt halt noch mehr hier zu entdecken.
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