24. Oktober 2017

Heute waren wir in Alexandria, mit rund 6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Ägyptens. Hier war alles neu für mich, denn auf meiner ersten Ägypten-Reise vor 25 Jahren sind wir nicht nach Alexandria gekommen... und haben damals was verpasst, denn die Stadt gefällt mir echt gut. Es ist alles deutlich kleiner und überschaubarer als Kairo, aber den chaotischen Charme strahlt es trotzdem aus. Außerdem gibt es in Alexandria deutlich mehr Grünanlagen und Parks, und vor allem das Mittelmeer.
Tagesstart war auch heute wieder um 7:30h. Mostafa, der bei der ersten Begegnung wie ein freundlicher, nachsichtiger arabischer Ägyptologie-Professor wirkt, entpuppt sich als strenger Meister, der mit unserem Nachtschlaf keine Gnade kennt. O-Ton: "Morgen haben wir wieder einen wunderschönen langen Tag." *lach... wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier...
Unser erster Halt heute war in Wadi Natroun, wo wir ein koptisches Kloster besichtigt haben. Einer der Mönche, der ein sehr niedliches Englisch sprach, hat uns durch die Kirche und das ehemalige Refektorium, in dem sich jetzt ein Museum befindet, geführt. 200 Mönche und etliche Novizen leben in dem Kloster. Nachwuchssorgen scheinen die hier keine zu haben. Ich werde bei Gelegenheit noch mehr über die Kopten erzählen, wenn wir in der Gegend vom Roten Meer sind. Da werden wir noch andere Klöster besuchen und dann habe ich ein bisschen mehr Zeit und Platz, darüber zu schreiben.
Alexandria liegt am östlichen Rand der Nildeltas und in der Anfahrt auf die Stadt führt die Autobahn aus Kairo durch die Schilfsümpfe, die für diese Gegend charakteristisch sind (und wo man bestimmt auch gut Vögel beobachten könnte, wenn man denn Zeit und Gelegenheit dafür hätte).
In der Stadt haben wir zuerst eine Nekropole mit Katakomben aus der römischen Zeit besichtigt. Dann ging es weiter zur sogenannten Pompeiussäule. Warum das Ding so heißt weiß kein Mensch, denn mit dem römischen Feldherrn Cnaeus Pompeius hat es nichts zu tun, und es ist auch nicht – wie ich erwartet hatte – eine Triumphsäule, wie man sie in Rom unter anderem im Trajansforum findet. Die Säule ist der letzte noch stehende Überrest eines Serapis-Tempels aus ptolemäischer Zeit.
An dieser Stelle hilft vielleicht ein kleiner Kurzabriss der ägyptischen Geschichte in der Antike: Altes Reich – die Zeit der Pyramiden (ca. 2700 - 2200 v. Chr.), Mittleres Reich (ca. 2137 – 1781 v.Chr.), Neues Reich – die Zeit von Ramses II., Echnaton und Tutenchamun (1550 – 1070 v.Chr.), ptolemäische Zeit – die Zeit wo Ägypten von Griechen beherrscht wurde, angefangen mit Alexander dem Großen bis hin zu Kleopatra (ca. 330 – 30 v.Chr.), römische Zeit – als Ägypten eine Provinz im römischen Reich war (30 v.Chr. - 646 n.Chr.). Grade die Begriffe "Altes Reich", "Neues Reich" und "ptolemäische Zeit" werden in den Logbucheinträgen für diese Reise immer wieder auftauchen.
Im Serapis-Tempel von Alexandria wurde der Gott Apis verehrt, der in Gestalt eines Stiers mit Sonnenscheibe auf dem Kopf dargestellt wird. Hier, wie auch an anderen Stellen in Ägypten wurde ein lebender Stier als Inkarnation des Apis gehalten, gut versorgt und gepflegt, und nach seinem Tod mumifiziert und in den Katakomben unter dem Tempel bestattet. An seine Stelle trat dann ein anderer makelloser Stier als neue Inkarnation des Apis.Ich hab mich dabei ein bisschen an das System mit dem Dalai Lama erinnert gefühlt... hihi... Die Ausgrabungen rund um den Serapis-Tempel mit der einsamen Säule liegen mitten in der Stadt, wie man auf dem ersten Bild des Tages gut sehen kann.
Nach der "Pompeius-Säule" sind wir durch das wilde Gewirr des Alexandriner Verkehrs zum Nationalmuseum gefahren. Dieses kleine Museum in einer ehemaligen Villa hat im Gegensatz zu den Rumpelkammern des Ägyptischen Museums von Kairo die Bezeichnung Museum wirklich verdient. Es gab schöne Ausstellungsstücke und das eine andere hätte ich gerne für's Wohnzimmer gehabt. Vor allem eine lebensgroße und sehr naturgetreue Geierstatue.
Gegen vier Uhr heute nachmittag gab es dann endlich ein sehr spätes Mittag- oder ein sehr frühes Abendessen. Die komischen Öffnungszeiten der Sehenswürdigkeiten hatten diese ungewöhnliche Zeitplanung von Mostafa notwendig gemacht. Wir haben in einem Fischrestaurant an der Corniche, der Strandpromenade von Alexandria, sehr leckeren Mittelmeerfisch bekommen, und das alles vor dem fantastischen Panorama, das man im zweiten Bild des Tages sieht.
Zum Abschluss gab es noch ein halbes Stündchen Freizeit für einen Spaziergang durch das Zentrum von Alexandria. Ich habe in einem kleinen Eckladen Wasser gekauft, wo ich von dem jugendlichen Verkäufer mit einem freundlichen "Welcome to Egypt" begrüßt und verabschiedet wurde, und natürlich auch gefragt worden bin, wo ich denn herkäme. Außerdem hatte ich noch ein bisschen Zeit, dem Treiben auf der Corniche in der Abenddämmerung zuzusehen und stimmungsvolle Fotos vom Hafen von Alexandria zu machen. Das einzige, was gefehlt hat, das wäre der Blick auf den Leuchtturm von Pharos, eines der Sieben Weltwunder, gewesen, aber der ist bekanntlich ja seit einigen hundert Jahren nicht mehr da.
Wie eingangs erwähnt: Alexandria gefällt mir. Es ist eine nahöstliche Metropole am Meer, und das strahlt es auch aus. Mit Beirut kann es zwar nicht mithalten, aber es gibt nicht viele Städte auf der Welt, die diesen Vergleich überhaupt antreten könnten.
Die nächtliche Rückfahrt nach Kairo - hier ist es um 18:00 Uhr dunkel - war dann ein Erlebnis für sich. Bis zur ersten Mautstation gab's sogar Staus, so dicht war der Verkehr, der dabei ähnlich abenteuerlich ablief, wie das, was man in den Stadtzentren erlebt. LKW an LKW, gemischt mit Bussen, Kleinbussen, Taxis, Privat-PKWs und auch dem einen oder andere Tucktuck... und im Schein des Gegenverkehrs erkennt man den Sand in der Luft. Es gab auch einen kurzen Stopp an einer ägyptischen Autobahnraststätte, damit unser Fahrer Atif eine rauchen konnte. Gegen viertel vor neun waren wir wieder im Quartier, dank Atifs Fahrkünsten eine gute halbe Stunde früher als Mostafa und wir veranschlagt hatten. Ein ägyptisches Bier als Absacker mit Klaus, Dorothee und Waltraud an der Poolbar und dann war's Zeit für's Logbuchschreiben.
Morgen stehen dann wirklich Weltwunder auf dem Programm: die Pyramiden.

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