Reiselogbuch - 2017 Ägypten


22. Oktober 2017

Ich sitze in Gizeh... es ist kurz nach 17 Uhr aber die Sonne ist schon fast weg. Ein laues Lüftchen weht, von der Schnellstraße vor dem Haus dringt wildes Hupen dezent herüber, eine Gruppe junge Katzen spielt zwischen den Büschen und der Himmel über der Hotelanlage hat ein saharasandschwangeres, milchiges Blau. Kaum zu glauben, dass ich heute morgen im recht frischen, wolkenverhangenen Frankfurt gestartet bin.
Die Reise begann aber eigentlich schon gestern, denn um ein Aufstehen in aller Herrgottsfrühe heute zu vermeiden bin ich schon einen Tag früher nach Frankfurt gefahren und habe eine Nacht in einem der zahlreichen Hotels am Flughafen verbracht. Heute morgen hat mich das Hotel-Shuttle dann zum Terminal gebracht und ich habe mich in die Obhut der Lufthansa begeben. Ich hatte noch einiges an Zeit bis zum Abflug und so habe ich erst mal ein bisschen gefrühstückt, mit nem Latte macchiato und ner Käsestange und dabei hab ich den Verkehr an Deutschlands größtem Flughafen beobachtet.
Am Gate hab ich mich natürlich schon gefragt, wer von den ganzen Leuten denn meine Mitreisenden sein würden. Sechs Leute inklusive mir ist die Gruppe nur groß, so hatte mein Reiseveranstalter Ikarus Tours es mir mitgeteilt. Zum dritten Mal bin ich mit dieser Firma unterwegs, nach Indien im Herbst 2004 und Brasilien im Sommer 2007. Eigentlich hatte ich auch mit Ikarus im Sommer 2013 nach China und im Herbst 2015 nach Uganda fahren wollen, aber diese Touren fanden nicht statt... was mich ja aber bekanntlich nicht davon abgehalten hat, im Sommer 2013 trotzdem nach China und eben ein Jahr später als geplant, nämlich im letzten Herbst, nach Uganda zu fahren.
Der Flug von Frankfurt nach Kairo war noch nicht mal vier Stunden lang, und ich muss sagen, dass die Lufthansa sehr solide Arbeit geleistet hat. Das Essen war echt gut (und auch richtig heiß), es gab genug zu trinken, und der Sitzabstand war durchaus akzeptabel. Der Landeanflug führte spektakulär über das Zentrum von Kairo hinweg zum im Nordosten der Stadt in der Wüste gelegenen Flughafen. Ein Mitarbeiter der örtlichen Agentur erwartete uns schon vor der Passkontrolle und hatte auch schon Visumsaufkleber besorgt. Okay, die kosten am Schalter 25 US-Dollar und er wollte 27 Euro haben, aber dafür hat er uns halt auch durch die Einreise und den Zoll begleitet.

Ups... hier beginnen grade die Muezzine zu rufen... ich bin im Nahen Osten angekommen... *lach...

Vom Flughafen sind wir sechs dann zum Hotel hier in Gizeh gebracht worden... mit wechselnden Aussichten auf Kairo. Diese Stadt ist ein wahrer Moloch... 22 Milionen Menschen leben hier. Überall wird gebaut, der Verkehr ist streckenweise chaotisch, aber zumindest sind wir recht zügig vom Flughafen nach Gizeh gekommen. Riesige Wohnviertel säumen die Autobahn, aber auch Malls und Fast Food-Ketten, und natürlich darf auch Ikea nicht fehlen.
Ja, und dann gab es auch schon eine erste Begegnung mit dem Fluss... Der Nil ist hier in Kairo zwar noch immer ein stattlicher Strom, vergleichbar mit dem Rhein, aber natürlich schon nicht mehr so spektakulär wie in Uganda oder im Sudan. Aber dafür hatte er hier ja auch schon seit einigen tausend Kilometern keinen Zustrom mehr. Wie Ihr wisst bin ich ein Fan von Flüssen, besonders großen Flüssen, und der Nil hat da seinen besonderen Platz. Irgendwie habe ich schon das Gefühl, dass ich auf dieser Tour hier, ein Jahr nach meinem Besuch an der Nilquelle, meine Begegnung mit dem Nil abrunde, wenn wir in den nächsten Tagen zum Nildelta und nach Alexandria fahren, und natürlich auch auf dem Nil unterwegs sein werden. Entsprechend kriegt der Nil heute das Foto des Tages.
Für sechs Uhr haben wir sechs uns an der Poolbar zum Kennenlerndrink verabredet. Bin gespannt... und werde Euch natürlich in den nächsten Tagen erzählen, wie meine Mitreisenden so drauf sind.

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23. Oktober 2017

Heute morgen um halb acht haben wir Mostafa kennengelernt, unseren Reiseleiter. Ihr habt richtig gelesen: 7:30h. Ich weiß, ich wollte eine Studienreise, aber so langsam wird mir klar, dass "Studienreise" von dem lateinischen Wort 'studium' kommt, und das heißt bekanntlich 'Mühe'. Wir werden also auf dieser Tour noch ein paar Mal früh bis sehr früh bis 'in aller Herrgottsfrühe' bis 'mitten in der Nacht' aufstehen müssen.
Wenn ich 'wir' sage, dann meine ich die Reisegruppe: Doris und Archie aus der Nähe von Kassel (Archie war über 40 Jahre ziviler Mitarbeiter bei der Bundeswehr und ist jetzt Rentner), Klaus und Dorothee (Klaus ist Nuklearmediziner und mittlerweile in Altersteilzeit), und Waltraud (die schon 81 ist und unter anderem für Mercedes gearbeitet hat und auch mal ein paar Jahre als Schulsekretärin tätig war). Wir sind ein ziemlich gemischtes Grüppchen, aber bisher läuft es echt gut.
Heute stand die ägyptische Hauptstadt auf dem Programm. Mit dem Bus ging's zurück auf die schääl Sick vom Nil und zur Zitadelle von Kairo. Hier befand sich für mehrere Jahrhunderte (vom Mittelalter bis in die Neuzeit) das Zentrum des ägyptischen Königreichs. Man war zwar im Laufe dieser Jahrhunderte meistens tributpflichtig nach Bagdad oder Istanbul, aber eine gewisse Eigenständigkeit konnten sich die Ägypter bewahren. Hauptsehenswürdigkeit auf der Zitadelle ist die Mohammed-Ali-Moschee, auch Alabaster-Moschee genannt, weil ein großer Teil ihrer äußeren und inneren Verzierungen aus eben diesem Stein gemacht ist. Die Moschee ist zwar nur aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aber sie ist trotzdem ziemlich schön und ne Moschee, wie man sie sich vorstellt, im byzantinsichen Stil, das heißt der Hagia Sophia von Istanbul nachempfunden, mit Kuppeln und Halbkuppeln und Bleistift-Minaretten.
Von der Zitadelle aus liegt einem die Multimillionenstadt Kairo zu Füßen und eigentlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon die Qual der Wahl, was das Blid des Tages angeht, und dabei war's grade mal zehn Uhr morgens.
Der zweite Programmpunkt war die Sultan-Hassan-Moschee, die unterhalb der Zitadelle am Rand von Alt-Kairo liegt und locker mal 350 Jahre älter ist, als die Moschee oben auf dem Berg. Die Sultan-Hassan-Moschee hat mir deutlich besser gefallen mit ihrem schlichten, aber dennoch beeindruckend großen Innerem und den verzierten Minaretten. Mein persönlicher Favorit war aber die dritte Moschee, die wir heute morgen besucht haben. Die Ibn Tulum-Moschee aus dem zehnten Jahrhundert, die bei ihrer Fertigstellung die größte Moschee der islamischen Welt war und sogar den Neid des Kalifen in Bagdad hervorrief, der den Bauherrn, seinen Statthalter in Ägypten, zur Rechenschaft aufforderte. Womit wir beim ersten Bild des Tages wären. Ein Blick in den Vorhof der Ibn Tulum-Moschee... so, wie man sich den islamischen Orient halt vorstellt.
Pausen waren uns heute vormittag keine vergönnt, es ging Schlag auf Schlag weiter. Nächster Stopp war das koptische Viertel, wo wir eine koptische Kirche und eine Synagoge besichtigt haben. Die Kirche steht an einem Ort, wo angeblich die heilige Familie während ihrer Flucht vor Herodes nach Ägypten für mehrere Wochen gelebt hat. Die koptische Christen haben den im Matthäus-Evangelium in nur wenigen Sätzen beschriebenen Aufenthalt der heiligen Familie im Land am Nil komplett ausgefächert und vor der Kirche steht eine große Landkarte Ägyptens, auf der man sehen, kann, wann die drei sich wo für wie lange aufgehalten haben und wie sie dann weiter gezogen sind. Bei aller Skurrilität hatte das doch schon einen sehr hohen Wert auf meiner persönlichen Niedlichkeitsskala.
Das Mittagessen auf einem Schiff am Nilufer war zwar eine ehermäßig gelungene Veranstaltung, aber das Panorama war unschlagbar. Eine große Pause gab es danach alerdings nicht, auch wenn von Teilen der Gruppe (mich selbst eingschlossen) der verhaltene Wunsch nach einer Hängematte oder einem Sofa geäußert wurde. Es ging zum Ägyptischen Museum von Kairo, das im Herzen der Stadt am Tahrir-Platz liegt.
Das Ägyptische Museum ist ein museumsdidaktischer Alptraum, der mehr von einer Rumpelkammer hat, als von dem Ort, an dem einige der größten Schätze der menschlichen Kulturgeschichte aufbewahrt werden. Von einem durchdachten Konzept kann keine Rede sein. Grade, dass man es geschafft, die Einteilung in Altes, Mittleres und Neues Reich über die einzelnen Räume zu schreiben. Natürlich lagert hier auch der Schatz des Tutenchamun, aber die berühmte Totenmaske und die goldenen Sarkophage durfte man leider nicht fotografieren. Stattdessen zeige ich Euch eines meiner vielen anderen Highlights aus der Sammlung, eine Schieferstatue von Pharao Mykerinos, dem Erbauer der dritten und kleinsten Pyramide von Gizeh, flankiert links von der Liebesgöttin Hathor (mit den Hörnern und der Sonnenscheibe auf dem Kopf) und rechts von einer lokalen Göttin aus der Gegend von Gizeh. Wenn man bedenkt, dass die Steinmetzte nur Steinwerkzeug zur Verfügung hatten, dann ist die Qualität der Arbeit schon umwerfend. Eher lustig finde ich dagegen, dass Mykerinos mich ein bisschen an Jerome Boateng erinnert... *lach...
Nach dem Ägyptischen Museum war aber noch nicht Schluss, denn wir haben uns durch den abendlichen Kairoer Verkehr zum Bazar Khan el Khalil gequält, wo wir noch mal ne dreiviertel Stunde Zeit zum Shoppen und Bummeln bekamen. Da ich ganz bestimmt nichts kaufen wollte, war mein Spaziergang über den Bazar schon nach ner Viertelstunde rum, und so habe ich mich auf dem Platz vor dem Imam-Hussein-Moschee auf einen freien Platz auf nem Mäuerchen gesetzt und dem abendlichen Treiben auf dem Markt zugekuckt. Innerhalb weniger Minuten war ich auch schon im Gespräch mit zwei jungen Kairoern, die auch dort auf dem Mäuerchen saßen. Leider war ihr Englisch nur unwesentlich besser als mein Arabisch, und so kam die Unterhaltung trotz Unterstützung mit Händen und Füßen nicht richtig in Schwung. Ich bin aber immerhin die Namen gewahr geworden und habe Tarik und Ahmed auf ihre Frage, wie mir Kairo gefällt, mit "beautiful" geantwortet, was Tarik mit einem niedlichen "Thank you" quittierte. Heute Abend wäre ich echt froh gewesen, fließend Arabisch zu können... *lach...
Meine Einschätzung von Kairo als "beautiful" trifft zwar nicht genau den Kern der Sache, aber ich finde die Stadt hier SEHR beeindruckend. Dabei will ich es für heute aber belassen, sonst bin ich sehr schnell bei einem Logbuchumfang von drei Seiten plus X.
Morgen früh geht's schon wieder um 7:30h los. Wir machen einen Tagesausflug nach Alexandria, der zweitgrößten Stadt Ägyptens.

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25. Oktober 2017

Heute war ein richtiger Krachertag... es ging zu den Pyramiden von Gizeh... mehr muss man eigentlich gar nicht sagen. Das einzige noch vorhandene von den sieben Weltwundern der Antike kann man gar nicht mit genug Superlativen beschreiben.
Nach dem Frühstück sind wir um gegen halb acht für die kurze Fahrt zum Pyramidenplateau aufgebrochen. Unser Hotel liegt ja in Gizeh und so waren wir schon nach ein paar Minuten vor Ort, und mussten erst mal ein bisschen warten, denn die Pyramiden machen erst um acht Uhr auf. Dann ging's rein, natürlich mit Sicherheitskontrolle, wie an jeder Sehenswürdigkeit hier. Das Gizeh-Plateau ist ziemlich weitläufig, und damit man keine platten Füße bekommt, fährt man am besten. Insgesamt vier Stopps hatten wir auf dem Gelände. Der erste war zwischen der Cheops-Pyramide und der Chephren-Pyramide. Die Cheops-Pyramide ist die größte der Pyramiden von Gizeh... hmmmmm... um genau zu sein: die größten Pyramide überhaupt. Punkt. Persönlich gefällt mir aber die Chephren-Pyramide am besten, weil man zum einen an ihrer Spitze noch die Verkleidung aus Kalkstein sehen kann, die der Pyramide mal ein schön glattes Äußeres verliehen hat, und zum anderen, weil hier die komplette Anlage inklusive Totentempel und Tal-Tempel (und dem daran angrenzenden Sphinx von Gizeh) noch weitgehend vorhanden ist.
Mostafa hat uns zuerst ein bisschen was erzählt, und dann hatten wir 40 Minuten Zeit, uns die beiden Pyramiden anzusehen und wer wollte konnte außerdem noch die in einem überaus häßlichen Museumsbau direkt neben der Cheops-Pyramide ausgestellte Sonnenbarke des Königs Cheops besichtigen. Um's vorweg zu nehmen, das Schiff hab ich mir gespart. Stattdessen bin ich ein bisschen auf meinen eigenen Spuren gewandelt, und habe mich mit der Chephren-Pyramide beschäftigt, Fotos gemacht, die idealen Punkte zum Fotografieren gesucht, die Avancen von Kameltreibern und Krimskrams-Verkäufern abgewehrt, und einfach nur das Hiersein genossen. Da wir sehr früh am Morgen hier waren, hatte man die Pyramiden fast für sich. Außer uns waren kaum andere Touris vor Ort, und große Busse fehlten (noch) ganz. Die Zeit war trotzdem zu kurz. Ich hätte den ganzen Tag hier sitzen können und wollen. Aber so ist das halt bei ner organisierten Studienreise.
Von der Chephren- und Cheops-Pyramide sind wir zur Pyramide des Pharaos Mykerinos gefahren, der kleinsten und jüngsten der drei großen Pyramiden von Gizeh. Auch hier gab es Freizeit (ne halbe Stunde), die einige von unserer Gruppe genutzt haben, um in die Pyramide reinzugehen. Auch das habe ich mir gespart. Ich hab's ja nicht mit engen Räumen, und einige dutzend Meter durch einen nicht einmal anderthalb Meter hohen Gang kriechen, das ist nicht so wirklich was für mich. Noch dazu, wo die Pyramiden innen nicht ausgeschmückt sind. Ich bin also auch an der Mykerinos-Pyramide ein bisschen spazieren gegangen, habe mich an der Aussicht und am Panorama gefreut, und habe Fotos gemacht. An der Mykerinos-Pyramide gibt es einige Stellen, wo man einen tollen Blick auf die beiden anderen Pyramiden und auf das dahinter liegende Niltal mit der Stadt Kairo hat.
Danach ging's zu einem kurzen Fotostopp an einem Aussichtspunkt, wo man alle drei Pyramiden gut ins Bild kriegt, und wo Mostafa das (wahrscheinlich nicht letzte) Gruppenfoto von uns gemacht hat. Inzwischen waren auch mehr Touristen im Gebiet und an dem Aussichtspunkt war es ziemlich voll, inklusive der unvermeidlichen chinesischen Reisegruppen, die Selfies machten und vor den Pyramiden hochhüpften... *lach... KANN man machen, MUSS man aber nicht...
Die letzte Station in Gizeh war der Tal-Tempel des Chephren, mit dem berühmten Sphinx. Genau. Es heißt "DER" Spinx. Hier gab es wieder ein paar Infos von Mostafa und dan hatten wir nochmal eine halbe Stunde für uns. Ich habe lange überlegt, was ich Euch heute als Bilder des Tages anbiete. Das erste ist eine ganz klassische Ansicht: der Sphinx von Gizeh und dahinter die Chephren-Pyramide. Wenn man genau kuckt, dann sieht man auch die Leute, die auf der alten Prozessionsstraße vom Tal-Tempel zur Pyramide spazieren.
Nach den Pyramiden von Gizeh gab es ein schönes Mittagessen mit Buffet in einem lokalen Restaurant, und dann sind wir nach Memphis gefahren. Memphis war die erste Hauptstadt des vereinten Ägyptens. Es wurde vor rund 5000 Jahren von dem Pharao Menes gegründet, der die beiden Reiche Ober- und Unterägypten mit einander vereinigte und als erster Pharao der Ersten Dynastie den Beginn des Alten Reiches einläutete. Auch wenn die Hauptstadt später an andere Orte verlegt wurde, war Memphis doch die wichtigste Stadt des Reiches und über 2000 Jahre, bis ca. 500 v. Chr., wohnte jeder Pharao einen nicht unerheblichenTeil seiner Zeit in dieser Stadt. Es gab eine Universtät und Bibliotheken und Kanalisation und und und... Leider ist von der alten Herrlichkeit nicht viel übriggeblieben, und die Ausgrabungen von Memphis sind auf den ersten Blick eher enttäuschend. Es gibt ein paar schöne Stelen und Statuten, aber das war's auch schon. Andererseits wird in Memphis noch viel ausgegraben und wer weiß, was hier noch alles zu Tage gebracht wird.
Letzter Programmpunkt heute war die Nekropole von Sakkara, wo Imhotep, der geniale Architekt des Pharaos Djoser, nicht nur das erste monumentale Steingebäude der Menschheitsgeschichte entwarf und verwirklichte, sondern wo er auch bei der Gestaltung eines Grabmales für seinen Chef experimentierte. Dabei kreiierte er aus der bis dahin üblichen Form der Mastaba, einer rechteckigen, nur wenige Meter hohen steinernen Plattform, die erste Pyramide, die Stufenpyramide von Sakkara. Womit wir beim zweiten Bild des Tages wären. Man kann die sechs Stufen gut erkennen und sieht außerdem unten rechts an der Pyramide Reste der originalen und auch restaurierte Teile der Verkleidung. Alle ägyptischen Pyramiden waren ursprünglich verkleidet, aber davon ist oft wenig bis gar nichts übriggeblieben.
Gegen halb fünf waren wir heute nachmittag wieder im Hotel und hatten den Rest des Nachmittags frei... was nicht so schlecht war, denn bei all dem Input, den man hier bekommt ist es gut, mal ein bisschen zu verschnaufen.
Morgen früh verlassen wir Kairo und die eigentliche Rundreise beginnt... und wenn ich 'früh' sage, dann meine ich auch früh (!). Mostafa hat die Abfahrt auf halb sieben angesetzt. Das hat uns aber nicht gehindert, heute am frühen Abend noch ein Stella, so heißt die in Ägypten gebraute Biermarke, zu trinken und den Tag Revue passieren zu lassen. Die Gruppe wächst zusammen :-)

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24. Oktober 2017

Heute waren wir in Alexandria, mit rund 6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Ägyptens. Hier war alles neu für mich, denn auf meiner ersten Ägypten-Reise vor 25 Jahren sind wir nicht nach Alexandria gekommen... und haben damals was verpasst, denn die Stadt gefällt mir echt gut. Es ist alles deutlich kleiner und überschaubarer als Kairo, aber den chaotischen Charme strahlt es trotzdem aus. Außerdem gibt es in Alexandria deutlich mehr Grünanlagen und Parks, und vor allem das Mittelmeer.
Tagesstart war auch heute wieder um 7:30h. Mostafa, der bei der ersten Begegnung wie ein freundlicher, nachsichtiger arabischer Ägyptologie-Professor wirkt, entpuppt sich als strenger Meister, der mit unserem Nachtschlaf keine Gnade kennt. O-Ton: "Morgen haben wir wieder einen wunderschönen langen Tag." *lach... wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier...
Unser erster Halt heute war in Wadi Natroun, wo wir ein koptisches Kloster besichtigt haben. Einer der Mönche, der ein sehr niedliches Englisch sprach, hat uns durch die Kirche und das ehemalige Refektorium, in dem sich jetzt ein Museum befindet, geführt. 200 Mönche und etliche Novizen leben in dem Kloster. Nachwuchssorgen scheinen die hier keine zu haben. Ich werde bei Gelegenheit noch mehr über die Kopten erzählen, wenn wir in der Gegend vom Roten Meer sind. Da werden wir noch andere Klöster besuchen und dann habe ich ein bisschen mehr Zeit und Platz, darüber zu schreiben.
Alexandria liegt am östlichen Rand der Nildeltas und in der Anfahrt auf die Stadt führt die Autobahn aus Kairo durch die Schilfsümpfe, die für diese Gegend charakteristisch sind (und wo man bestimmt auch gut Vögel beobachten könnte, wenn man denn Zeit und Gelegenheit dafür hätte).
In der Stadt haben wir zuerst eine Nekropole mit Katakomben aus der römischen Zeit besichtigt. Dann ging es weiter zur sogenannten Pompeiussäule. Warum das Ding so heißt weiß kein Mensch, denn mit dem römischen Feldherrn Cnaeus Pompeius hat es nichts zu tun, und es ist auch nicht – wie ich erwartet hatte – eine Triumphsäule, wie man sie in Rom unter anderem im Trajansforum findet. Die Säule ist der letzte noch stehende Überrest eines Serapis-Tempels aus ptolemäischer Zeit.
An dieser Stelle hilft vielleicht ein kleiner Kurzabriss der ägyptischen Geschichte in der Antike: Altes Reich – die Zeit der Pyramiden (ca. 2700 - 2200 v. Chr.), Mittleres Reich (ca. 2137 – 1781 v.Chr.), Neues Reich – die Zeit von Ramses II., Echnaton und Tutenchamun (1550 – 1070 v.Chr.), ptolemäische Zeit – die Zeit wo Ägypten von Griechen beherrscht wurde, angefangen mit Alexander dem Großen bis hin zu Kleopatra (ca. 330 – 30 v.Chr.), römische Zeit – als Ägypten eine Provinz im römischen Reich war (30 v.Chr. - 646 n.Chr.). Grade die Begriffe "Altes Reich", "Neues Reich" und "ptolemäische Zeit" werden in den Logbucheinträgen für diese Reise immer wieder auftauchen.
Im Serapis-Tempel von Alexandria wurde der Gott Apis verehrt, der in Gestalt eines Stiers mit Sonnenscheibe auf dem Kopf dargestellt wird. Hier, wie auch an anderen Stellen in Ägypten wurde ein lebender Stier als Inkarnation des Apis gehalten, gut versorgt und gepflegt, und nach seinem Tod mumifiziert und in den Katakomben unter dem Tempel bestattet. An seine Stelle trat dann ein anderer makelloser Stier als neue Inkarnation des Apis.Ich hab mich dabei ein bisschen an das System mit dem Dalai Lama erinnert gefühlt... hihi... Die Ausgrabungen rund um den Serapis-Tempel mit der einsamen Säule liegen mitten in der Stadt, wie man auf dem ersten Bild des Tages gut sehen kann.
Nach der "Pompeius-Säule" sind wir durch das wilde Gewirr des Alexandriner Verkehrs zum Nationalmuseum gefahren. Dieses kleine Museum in einer ehemaligen Villa hat im Gegensatz zu den Rumpelkammern des Ägyptischen Museums von Kairo die Bezeichnung Museum wirklich verdient. Es gab schöne Ausstellungsstücke und das eine andere hätte ich gerne für's Wohnzimmer gehabt. Vor allem eine lebensgroße und sehr naturgetreue Geierstatue.
Gegen vier Uhr heute nachmittag gab es dann endlich ein sehr spätes Mittag- oder ein sehr frühes Abendessen. Die komischen Öffnungszeiten der Sehenswürdigkeiten hatten diese ungewöhnliche Zeitplanung von Mostafa notwendig gemacht. Wir haben in einem Fischrestaurant an der Corniche, der Strandpromenade von Alexandria, sehr leckeren Mittelmeerfisch bekommen, und das alles vor dem fantastischen Panorama, das man im zweiten Bild des Tages sieht.
Zum Abschluss gab es noch ein halbes Stündchen Freizeit für einen Spaziergang durch das Zentrum von Alexandria. Ich habe in einem kleinen Eckladen Wasser gekauft, wo ich von dem jugendlichen Verkäufer mit einem freundlichen "Welcome to Egypt" begrüßt und verabschiedet wurde, und natürlich auch gefragt worden bin, wo ich denn herkäme. Außerdem hatte ich noch ein bisschen Zeit, dem Treiben auf der Corniche in der Abenddämmerung zuzusehen und stimmungsvolle Fotos vom Hafen von Alexandria zu machen. Das einzige, was gefehlt hat, das wäre der Blick auf den Leuchtturm von Pharos, eines der Sieben Weltwunder, gewesen, aber der ist bekanntlich ja seit einigen hundert Jahren nicht mehr da.
Wie eingangs erwähnt: Alexandria gefällt mir. Es ist eine nahöstliche Metropole am Meer, und das strahlt es auch aus. Mit Beirut kann es zwar nicht mithalten, aber es gibt nicht viele Städte auf der Welt, die diesen Vergleich überhaupt antreten könnten.
Die nächtliche Rückfahrt nach Kairo - hier ist es um 18:00 Uhr dunkel - war dann ein Erlebnis für sich. Bis zur ersten Mautstation gab's sogar Staus, so dicht war der Verkehr, der dabei ähnlich abenteuerlich ablief, wie das, was man in den Stadtzentren erlebt. LKW an LKW, gemischt mit Bussen, Kleinbussen, Taxis, Privat-PKWs und auch dem einen oder andere Tucktuck... und im Schein des Gegenverkehrs erkennt man den Sand in der Luft. Es gab auch einen kurzen Stopp an einer ägyptischen Autobahnraststätte, damit unser Fahrer Atif eine rauchen konnte. Gegen viertel vor neun waren wir wieder im Quartier, dank Atifs Fahrkünsten eine gute halbe Stunde früher als Mostafa und wir veranschlagt hatten. Ein ägyptisches Bier als Absacker mit Klaus, Dorothee und Waltraud an der Poolbar und dann war's Zeit für's Logbuchschreiben.
Morgen stehen dann wirklich Weltwunder auf dem Programm: die Pyramiden.

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26. Oktober 2017

Heute war ein Fahrtag. Schon um halb sechs war Wecken, um sechs sollten die Koffer vor die Tür und es gab auch schon Frühstück, und um halb sieben sind wir von Gizeh aufgebrochen.
Die Fahrt führte mehr oder weniger stetig nach Süden, durch die Libysche Wüste. Stellenweise ziemlich klassisch, so wie man sich Wüste vorstellt, mit Felsen und gelben Sanddünen. Aber es gibt auch immer wieder Siedlungen und Felder, die mit Nilwasser, das teilweise über etliche Kilometer gepumpt wird, bewässert werden. Die Straße in Richtung Assiut ist eine vierspurige Schnellstraße, aber an einigen Stellen doch etwas holperig. Immer wieder gab es Polizeikontrollen, aber Mostafa und Atif haben alles super geregelt.
An einer Polizeistation hat es ein bisschen länger gedauert, denn wir mussten auf das Eskortenfahrzeug warten. In Mittelägypten werden Touristenbusse nämlich von einer bewaffneten Polizeieskorte begleitet. Mostafa meinte allerdings, dass das unnötig sei. Die Sicherheitslage hier sei gut, und es ginge mehr darum, die Touris zu beeindrucken und weniger, die tatsächliche Sicherheit zu erhöhen. Wenn eine bewaffnete Eskorte mitfahren würde, dann hätte das eher die gegenteilige Wirkung, und verhindern könnten die im Ernstfall sowieso nix. Irgendwie bin ich geneigt, ihm da recht zu geben, aber die Uniformierten samt ihren Kalaschnikows mit den mit Klebeband oder Kabelbinder befestigten Wechselmagazinen gaben sich zumindest Mühe, martialisch zu wirken.
Besichtigungen haben wir natürlich heute auch gemacht. Zuerst waren wir in Tuna al Gabal, wo es Grabanlagen aus ptolemäischer Zeit zu sehen gibt... von Touristen weit und breit keine Spur, was nach den Tagen in Kairo mal eine willkommene Abwechslung war. Nur ein Bus mit ägyptischen Studentinnen und Studenten war dort.  Die Ausgrabungen waren jetzt nicht so super spektakulär, aber doch interessant. Es gab ein Serapeum zu sehen, eine Katakombe, wo die Mumien von heiligen Tieren in kleinen Sarkophagen in unterirdischen Wandnischen beigesetzt worden waren. In Tuna al Gabal handelt es sich um Ibisse und Paviane, die heiligen Tiere des ibisköpfigen Gottes Thot, des Gottes der Schreiber. Außerdem gab es das Grabmal des Petosiris zu sehen. Petosiris war Hoherpriester des Thot und als entsprechend wichtige Persönlichkeit hatte er sich ein schickes Familienmausoleum zugelegt. Er lebte um das Jahr 300 v.Chr., also schon in der ptolemäischen Zeit, und so zeigten die Reliefs im Grab interessante Mischungen aus altägyptischen und griechischen Einflüssen.
Von Tuna al Gabal sind wir weiter nach Eschmunen gefahren, dem einstigen Hauptverehrungsort des Thot. Leider gibt es dort außer zwei Kollosalstatuen in Paviangestalt (noch) nicht viel zu sehen. Man müsste hier mal gezielt ausgraben. Für uns tat's heute aber ein kurzer Fotostopp, und dann ging es nach Minya, unserem Etappenziel und Quartier für die nächsten beiden Nächte. Die Fahrt durch das Niltal, mit seinen Kanälen, Feldern, Palmenhainen und Dörfern war echt spannend. Man fühlte sich irgendwie in die Seiten eines Erdkundebuches versetzt, mit idealtypischen Ansichten zum Thema "Nil" und "Flussoase".
Hier in Minya liegt unser Hotel direkt am Nil und ich habe den Nachmttag gemütlich mit Blick auf den Strom im Licht der sinkenden Sonne ausklingen lassen. Um 18:30 haben wir uns alle auf der Terrasse des Hotels getroffen, und Mostafa hat eine Flasche ägyptischen Whisky (der Stoff heißt auch noch "Auld Stag"... *lach...) als Aperitif spendiert. Der war zwar jetzt nicht grade ein feiner Single Malt, aber er ließ sich überraschend gut und geschmeidig trinken. Zum Abschluss der Tages gab es noch ein feudales Abendessen im Restaurant des Hotels.
Morgen dürfen wir ausschlafen. Es geht erst um 8:30h los. Auf dem Programm steht vor allem Tell el Amarna, die ehemalige Hauptstadt des "Ketzer-Pharaos" Echnaton... Details dazu morgen. Ich freu mich jedenfalls schon richtig, denn auch morgen wird alles neu sein für mich. Die Gegend hier in Mittelägypten stand nämlich bei meinem ersten Besuch im Februar 1992 nicht auf dem Reiseplan.
Als Bilder des Tages zeige ich heute mal nichts Archäologisches (davon wird es in den nächsten Tagen noch genug geben). Stattdessen seht Ihr einmal eine Ansicht aus der Libyschen Wüste, und eine Ansicht der Flussoase aus dem Niltal in der Nähe von Minya.

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