8. August 2011


Reisen bildet ja bekanntlich und heute war ein besonders bildsamer Tag. Ich sitze grade in der Lobby vom Extended Stay Hotel in Largo, Maryland. Largo ist ein Vorort von Washington und eigentlich wohne ich gar nicht hier sondern nebenan im Hampton Inn. Aber das Hampton Inn hat keinen eigenen Waschsalon und so bin ich zum Wäsche waschen mal kurz nach nebenan gegangen. Ich habe mich schon immer gefragt, wer eigentlich im Extended Stay Hotel (oder vergleichbaren Ketten) wohnt, wo man die Zimmer auch wochenweise mieten kann. Jetzt habe ich ne Antwort. Hier wohnen hauptsächlich Handwerker, die hier in der Gegend auf Montage sind. Wieviele Leute in der letzten dreiviertel Stunde hier schon in Baustellenklamotten und Stahlkappenschuhen reingekommen sind habe ich jetzt zwar nicht gezählt, aber mehr als ich bisher in allen Hotels zusammen gesehen habe. Ich bin aber doch ganz froh, dass ich im Hampton Inn wohne. Das ist schon ein paar Nummern besser und da ist auch das Internet kostenlos. Wenn also dieser Logbucheintrag gleich rausgeht sitze ich wieder schön in 'meinem' Hotel.

Außerdem ist es heute mal überraschend früh und draußen noch hell, während ich diesen Eintrag schreibe. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich heute nur eine kleine Fahrstrecke hatte. Von Dover bis hier sind's nur rund 88 Meilen und es gab auch nicht so besonders viel Programm heute.
Als erstes habe ich heute morgen mal getankt. Nur für zehn Dollar, denn so viel zu fahren habe ich nicht mehr, und ich will der Mietwagenfirma ja am Ende der Tour keinen Sprit schenken. Dann ging's nach Dover rein und zum Kapitol. Dover ist extrem niedlich. Alte, okay, verhältnismäßig alte Häuschen, gepflasterte Straßen und ein herziges kleines Kapitol, wo ich eine private Führung bekam. Michael, der arme Tourguide hatte nix zu tun und so habe ich mich seiner erbarmt, obwohl ich ja eigentlich lieber einfach so ein bisschen durch die Gebäude schlendere. Er hat sich aber dann wirklich sehr viel Mühe gegeben und mir alles gezeigt und ein paar Anekdoten erzählt. So bin ich zum Beispiel gewahr geworden, dass in rund 220 Jahren seit der Gründung der USA - und Delaware war der erste Staat, der die Verfassung ratifiziert hat und deshalb immer noch stolz das Motto „The First State“ auf seinen Nummerschildern trägt – also dass in diesen rund 220 Jahren nur ein einziger US-Präsident das Kapitol dieses kleinen Staates besucht hat. Das war Bill Clinton im Mai 1998.
Auf Grund der geringen Einwohnerzahl gibt es natürlich sowohl in der Assembly als auch im Senat von Delaware nicht so viele Abgeordnete und deshalb gibt es auch kein elektronisches Abstimmungssystem. Man zeigt einfach auf wenn abgestimmt wird oder schreibt sein „yea“ oder „nay“ auf nen vorgedruckten Zettel. Aus anderen Parlamenten kennt man ja die Sache mit dem rechts und links sitzen, je nach der politischen Richtung. Nicht so in Delaware. Hier ist es Tradition, dass die Mehrheitsfraktion (zur Zeit die Demokraten) am Fenster sitzt... *lach... Und wenn sich was ändert bei Wahlen, dann werden einfach die Sitze und Pulte hin und her geschoben. Die sind nämlich nicht fest installiert sondern stehen einfach so auf dem Boden aus italienischem Marmor.
Irgendwie habe ich Delaware ein bisschen ins Herz geschlossen, nicht nur, weil man hier mehrwertsteuerfrei einkaufen kann. Ich find's halt einfach knuffig und entsprechend gibt es auch heute ein Bild von Downtown Dover zu kucken. Was man sieht ist der kleine Park vor dem alten Kapitol, wo bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die delawaresche Politik gemacht wurde. Hochhäuser oder gar Wolkenkratzer sucht man hier vergeblich.
Dover ist allerdings nicht die größte Stadt von Delaware. Diese Ehre gebührt Wilmington. Aber so riesig kann das auch nicht sein, denn ganz Delaware hat weniger Einwohner als Köln. Ich bin vor etlichen Jahren mal in Wilmington vorbeigefahren aber kann mich nicht so genau erinnern, wie groß die Stadt war.
Von Dover ging's dann weiter nach Annapolis – bekannt in Europa vor allem weil dort die U.S. Naval Academy ist, was schon mal in dem einen oder anderen Actionfilm vorkommt, und eventuell auch weil es die Hauptstadt von Maryland ist. Hier war ich im Herbst 2000 schon mal gewesen, und konnte mich auch wieder sehr gut erinnern als ich in das Zentrum zum Kapitol fuhr. Ich glaube in Annapolis lässt sich ganz gut wohnen. Auch hier alte Häuser und Bäume, das älteste noch im Dienst stehende Kapitolsgebäude der USA, das eine Zeitlang sogar als Regierungssitz diente, bevor der Verfassungskongress nach dem Unabhängigkeitskrieg wieder in Philadelphia tagte.
Ja, und jetzt bin ich wie erwähnt an der Peripherie von DC. Morgen werde ich mal das Auto stehen lassen. Vom Hotel gibt’s nen Shuttle-Bus zur nur wenige Minuten entfernten Metro von Washington und die will ich einfach mal ausprobieren. Wird auch praktischer sein, als mit dem Auto in die Stadt rein zu gurken und mich dort durch den Verkehr zu quälen. Wenn die Parkhaus-Preise dort nur in Ansätzen denen von Philadelphia entsprechen spare ich auf die Art und Weise auch noch ne Menge Geld. So, so langsam müsste meine Wäsche fertig sein. Ich geh jetzt mal danach kucken und dann geht’s zurück ins Hampton Inn und ich werde mal nen schlauen Plan machen, wie ich die drei Tage, die ich hier in DC habe, gestalte.


 

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