4. August 2024


Ich sitze im Flieger, 41.500 Fuß über dem Golf von Carpentaria, auf dem Weg zum fünften Kapitel meines diesjährigen Sommerabenteuers. Wie ein Brett liegt unser A350 in der Luft.
Heute war mein (vorerst… hoffe ich mal…) letzter Tag in Australien. Als ich heute morgen die Vorhänge zurück zog hingen tiefe graue Wolken über Cairns und es hatte in der Nacht kräftig geregnet. Na toll. Das passte alles zu Wettervorhersage für den heutigen Tag, kühl und regnerisch.
Aber das Programm war gebucht und im Bett bleiben keine Option. Ich habe also meine Siebensachen zusammen gepackt und dabei schon drauf geachtet, dass ich das alles auch heute Abend in ein Flugzeug verladen lassen musste. Dann bin ich nach Smithfield gefahren.
In Smithfield befindet sich die Talstation des Skyrail und hier wollte ich den Toyota bis zu meiner Rückkehr parken. Ich hatte vorgestern ein Kombi-Ticket für Zug und Seilbahn gebucht, und dazu gehörte auch ein Bustransfer von Smithfield zum Bahnhof der Kuranda Scenic Railway in Freshwater. (Der Zug fährt zwar in Cairns los, aber bei der Kombination mit der Seilbahn schlabbert man die ersten 20 Minuten Fahrt bis Freshwater.)
Es war, wie ich erwartet hatte, eine sehr touristische Verbindung. Der Bahnsteig in Freshwater war rappelvoll mit Ausflüglern. Zum Glück gab es feste Sitzplätze im Zug. Pünktlich um viertel vor zehn fuhr der Zug aus Cairns ein, um sich dann allerdings mit zehn Minuten Verspätung auf den Weg nach Kuranda zu machen. Die Bahn hat Verspätung… kennt man…
Die Bahnstrecke von Cairns nach Kuranda wurde am Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, um die Versorgung der Siedler in den Bergen sicher zu stellen. Vorher hatte man das mit Maultieren und Pferden versucht, was aber zu unzuverlässig war und mehrfach zu Hungersnöten geführt hatte. Eine Bahnstrecke galt als die beste Lösung des Versorgungsproblems und so ging man ans Werk. Kein leichtes Werk allerdings. Die Bahn erklimmt auf einer Distanz von 37km 328 Höhenmeter, mit 15 Tunneln sowie etlichen Brücken und Geländeeinschnitten. Und das mitten im nord-queensländer Dschungel. Keine schlechte Leistung. Die Bahnstrecke wurde, wie übrigens alle Bahnlinien in Queensland, in Kapspur gebaut, also mit einem Gleisabstand von 1067mm. Einzige Ausnahme ist die Strecke von Sydney nach Brisbane, die - wie fast alle anderen Strecken im Bundesstaat New South Wales - in Normalspur (1435mm) konstruiert ist. (Eisenbahn in Australien ist ein ziemlich spannendes aber auch nicht unkompliziertes Thema.) Die Kapspur hat den Vorteil, dass man deutlich engere Kurven bauen kann, was für unwegsames Gelände besser ist. Ihr erinnert Euch vielleicht an mein Reiselogbuch über Japan. Da fahren alle Züge außer dem Shinkansen auch auf Kapspur.
Nach der Abfahrt in Freshwater schnaufte die Kuranda Scenic Railway mit ihren beiden in Vorspann fahrenden Dieselloks die Steigungen hinauf. „Blumenpflücken während der Fahrt verboten“… Ich hatte Glück und einen Fensterplatz, so dass ich ohne Umstände nicht nur raus kucken, sondern auch raus fotografieren konnte. Mit jedem gewonnenen Höhenmeter wurde die Aussicht besser. Der Zug schlängelt sich durch den tropischen Regenwald, vorbei an Wasserfällen und über Schluchten und Bäche. Echt nicht schlecht. An den Barron Falls wurde eine 10-minütige Pause gemacht, damit wir uns alle das Panorama ansehen konnten. Dann ging's wieder in den Zug für die letzten 20 Minuten Fahrt bis Kuranda.
Zu diesem Zeitpunkt war ich schon weitgehend mit der Aktion „Kuranda Scenic Railway“ versöhnt. Die Leute, die mit mir Doppelsitzreihe teilten waren ruhig und friedlich. Die indische Großfamilie am anderen Ende des Waggons hatte inzwischen einen gewissen Unterhaltungswert, mit ihren gelangweilt-blasiert kuckenden Teenagern, dem ständigen Aufstehen und Plätze tauschen und der Fotografiererei, die sich fast ausschließlich auf die Familienmitglieder und kaum auf die Landschaft vor dem Fenster konzentrierte.
Um halb zwölf waren wir in Kuranda und jetzt hatte ich anderthalb Stunden Zeit, mir den Ort anzusehen. Ich bin ein bisschen spazieren gegangen und habe mir als Mittagssnack eine Pie gekauft und einen Becher frisch gepressten Zuckerrohrsaft. Das war echt ne interessante Erfahrung. Im ersten Moment schmeckt der Saft nur süß, aber dann auch irgendwie fruchtig.
Für 13 Uhr hatte ich meine Rückfahrt mit der Seilbahn gebucht, aber ich war schon etwas früher dort. Ich hab alle „Attraktionen“ von Kuranda, Zoo, Museum, Vogelpark, Markt usw. nämlich ausgelassen.
Auf die Fahrt mit der Seilbahn war ich echt neugierig. Die Skyrail verbindet in drei Etappen Kuranda und Smithfield. Grundsätzlich fahre ich schon mal gerne Seilbahn. Aber hier war es nochmal was besonderes, weil man über den tropischen Regenwald dahin schwebt. Im Gegensatz zum Zug, der rappelt und klappert und brummt und vor allem in den Tunneln nach Diesel stinkt, ist es in der Seilbahn wunderbar ruhig. Nur das Seil surrt vor sich hin und der Wind pfeift leise am offenen Fenster.
Da um die Mittagszeit nicht viel Betrieb war, hatte ich für jede Etappe der Seilbahnfahrt eine ganze Gondel für mich. In Stoßzeiten sitzen da bis zu sechs Leute drin. Am Ende jeder Etappe kann man die Tour unterbrechen, und das habe ich auch jedes Mal getan. Am ersten Stopp gibt es Aussichtspunkte auf die Barron Falls. Am zweiten Stopp gibt es einen kleinen Boardwalk durch den Dschungel. Hier muss man sowieso aus- und umsteigen. Es war jedenfalls richtig klasse und ein gelungener Abschluss an meinem letzten Australien-Tag.
Um viertel vor zwei war ich wieder am Auto, und da FlightRadar24 mich über ein paar Ankünfte in Cairns informierte bin ich zu meinem Spotter-Platz von letzter Woche gefahren und habe schnell ein paar Flieger fotografiert.
Zum Schluss habe ich noch einmal einen Stopp an der Esplanade von Cairns unternommen, wo meine Nord-Queensland-Rundreise ja vor zehn Tagen begonnen hat. Es war viel los hier am Sonntagnachmittag. Neue Vögel oder Vogelfotos gab es aber keine mehr. Dann hab ich mich auf den Weg zum Flughafen gemacht, den Toyota getankt, und der Rest war Routine.
Als Bilder des Tages habe ich heute zum einen die Kuranda Scenic Railway für Euch, die gerade ne enge Kurve fährt, so dass man die Lokomotiven vorne sehen kann. Das zweite Foto des Tages ist ein Australisches Buschhuhn, das einzige Tier, dass mir heute richtig vor die Linse gekommen ist. Diese Vögel sieht man hier im Norden von Queensland an allen Ecken. Es sind übrigens heute ein paar Karten mehr, damit Ihr ne bessere Vorstellung von meinem Tag und der Eisenbahn-Seilbahn-Aktion habt.
Inzwischen sind wir über der Insel Timor und haben noch rund drei Stunden bis Singapur. Es gab gutes Essen und der Rotwein macht mich gerade ein bisschen bettschwer… Ich mache jetzt mal ein bisschen die Augen zu.

Nachtrag: Ich bin gut in Singapur gelandet.


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