18. Juli 2022
Ich bin wieder in der Zivilisation angekommen… mit allem was dazu gehört… zum Beispiel den Geräuschen, die so ne Stadt macht. In den letzten Nächten hat man nachts NICHTS gehört. Hier in Oslo rumpelt die Straßenbahn eine Straße weiter von meinem Hotel vorbei. Nicht dass es laut wäre, aber es ist ungewohnt.
Frühstück gibt es hier im Hotel nur bis 9:30 Uhr, deshalb bin ich ziemlich früh aufgestanden, obwohl die letzte Nacht durch meine späte Ankunft ja etwas kurz war. Dafür habe ich mir aber nach dem Frühstück ziemlich viel Zeit gelassen, bis ich zur Stadterkundung aufgebrochen bin.
Mein Hotel liegt super zentral. Nur einmal die Straße runter und man ist am Hafen, genauer gesagt im Ortsteil Akerbrygge. Oslo liegt am gleichnamigen Fjord, auf mehreren Halbinseln und Inseln und auf dem Festland zieht es sich über die umgebenden Hügel. Schon ne schöne Lage. Wenn man hier aber sagt „am Hafen“, dann kann das viele Gegenden meinen. Es gibt nen Anleger für die DFDS-Fähren nach Dänemark, einen für die Color Line nach Kiel, es gibt die Anlegestelle für die Kreuzfahrtschiffe und eben Akerbrygge direkt am Rathausplatz, wo die kleinen Fähren auf die Inseln in der Umgebung von Oslo abfahren.
Nachdem das Wikingerschiffmuseum ja flach gefallen war, wie ich gestern berichtet habe, war für heute vor allem der Besuch der Fram vorgesehen. Mit dem Schiff Fram wollte der norwegische Forscher Fritjof Nansen am Ende des 19. Jahrhunderts den Nordpol erreichen. Seine Theorie war, dass ein Schiff, das absichtlich im Eis festgesetzt würde, durch die Bewegung des Eises zum Nordpol getragen würde. Die Leute haben ihn für verrückt erklärt, weil man bis dahin nur wusste, dass Schiffe vom Eis zerquetscht werden. Aber mit Hilfe eines britischen Schiffbauingenieurs hat er die Fram bauen lassen, deren Rumpf so geformt ist, dass das Eis den Rumpf nach oben hebt und nicht zerdrückt. Außerdem wurde der Bug mit Eisen verstärkt, und Schiffsschraube so wie Ruder waren einziehbar, damit das Eis sie nicht beschädigen konnte.
Von Fritjof Nansen und seinem Forscherkollegen und Zeitgenossen Roald Amundsen habe ich schon als Schüler gelesen. Die mehrjährige Fahrt der Fram (die leider aber nicht bis zum Nordpol gelangte), Amundsen als erster Mensch am Südpol (und, wie man inzwischen weiß, auch am Nordpol) und die letztendliche Entdeckung der Nordwestpassage, das war für mich jetzt nicht wirklich neu. Aber so schön aufbereitet und detailliert präsentiert wie im Fram-Museum, mit original Anschauungsmaterial und natürlich dem Original-Schiff, hatte ich es bisher natürlich noch nicht erlebt.
Dabei war ich eigentlich schon genervt, als ich am Fram-Museum aus der Personenfähre stieg und die Reisebusse und Schlangen von Menschen sah. Ich bin also erstmal ins direkt neben anliegende Norwegische Seefahrtsmuseum gegangen. Ich hatte nämlich gelesen, dass man für die drei Museen dort, das Fram-Museum, das Norwegische Seefahrtsmuseum und das Kon Tiki-Museum, auch ein Kombiticket kaufen kann. Da ich die alle drei sowieso sehen wollte, musste ich so nicht bei der Fram in der Schlange stehen, sondern bekam am Seefahrtsmuseum meine Karte sofort, und war dort fast alleine. Ich habe schon einige Seefahrtsmuseen gesehen, und das hier in Oslo kann in der allerobersten Liga mitspielen, mit London und Amsterdam. Echt super gemacht. Gemälde, Schiffsmodelle, toll aufbereitete Infos. Ich hatte Spaß, und was eigentlich als Verlegenheitslösung und kurze Stippvisite geplant war, wurde ein eigenes Highlight.
Das Top-Erlebnis des Tages war aber heute die Fram, und sie hat natürlich auch das Bild des Tages bekommen. Ein schönes Schiff ist sie nicht. Ziemlich pummelig… aber das liegt halt an dem Ziel ihrer Konstruktion. Das Bild habe ich übrigens mit meinem neuen Handy und der Ultra-Weitwinkel-Funktion gemacht. Da können meine anderen Kameras nicht mithalten. Neben der Fram wird in dem Museum auch die Gjöa gezeigt, das Schiff mit dem Amundsen die Nordwestpassage (den Seeweg vom Atlantik zum Pazifik, nördlich an Amerika vorbei) fand. Also alles in allem sehr viel Geschichte.
Alleine war ich hier zwar nicht, aber da ich so um die Mittagszeit bei der Fram war, hatten sich die Reihen etwas gelichtet, und ich konnte ohne Anstehen den Rundgang durch das Schiff machen und mir alles in Ruhe ankucken.
Aller guten Dinge sind drei, und da ich ja schon mal hier war, habe ich mir auch noch das Kon Tiki-Museum angesehen, das direkt nebenan liegt. Die Kon Tiki ist ein Floß, mit dem der norwegische Abenteurer Thor Heyerdahl (ich würde die Begriffe „Forscher“ oder „Wissenschaftler“ gerne vermeiden) von Peru nach Tahiti gesegelt ist. Auch die Ra, ein Papyrus-Schiff nach ägyptischer Bauart ist in dem Museum zu sehen. Damit hat Heyerdahl den Atlantik überquert, und gezeigt, dass die Ägypter Amerika mit Papyrus-Schiffen hätten erreichen können. Allerdings finde ich, dass Heyerdahls ‚experimentelle Archäologie‘ nicht so wirklich wissenschaftlich ist. Beweise dafür, dass die Ägypter in Amerika waren, fehlen bisher. Mal ganz abgesehen davon, dass den Ägyptern auch hochseetüchtige Holzschiffe zur Verfügung gestanden haben, mit denen sie das Mittelmeer bereist sind. Heyerdahls Theorie, dass die Besiedelung Polynesiens von Südamerika aus erfolgte, ist ebenfalls widerlegt, auch wenn man inzwischen durch genetische Forschung herausgefunden hat, dass es durchaus Kontakte zwischen Südamerika und Polynesien gegeben hat.
Nach soviel Input brauchte ich erst mal ne Pause und habe mich hier am Fram-Museum auf’s Mäuerchen gesetzt und den Blick auf den Fjord und auf Oslo genossen. Nach der Rückfahrt mit dem Schiff zum Rathausplatz bin ich noch ein bisschen in Akerbryggen rumspaziert und habe mir bei Starbucks einen kleinen Pick-me-up gegönnt. Nach all den Tagen in der nordnorwegischen Einsamkeit war das schon ein ziemlicher Kontrast, hier an der Uferpromenade zu sitzen und den vorbeispazierenden Leuten zuzukucken.
Gegen halb sechs bin ich aber zurück zum Hotel und habe den Abend gemütlich gestaltet, mit Abendessen nur ein paar Schritte vom Hotel.
Morgen werde ich meine Zelte hier in Oslo schon wieder abbrechen. Vorher gönne ich mir aber noch ein paar Stunden Sightseeing hier, denn das ist gestern ja ausgefallen.
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