16. Juli 2022

Wie die Saga meiner Rückreise vom Ende Europas weitergeht? Hmmmm… letztendlich doch recht gut geregelt. Ich habe heute morgen als allererstes, noch vor dem Frühstück, die Webseiten der in Frage kommenden Alternativfluggesellschaften aufgerufen, und was soll ich sagen? Ich konnte doch für morgen wirklich und wahrhaftig einen Flug mit Norwegian über Tromsø nach Oslo ergattern. Ich bin zwar erst morgen Abend um viertel vor elf in Oslo, aber unterm Strich verliere ich nur einen Tag in Oslo. Von der SAS hat sich keiner bei mir gemeldet. Ich habe noch mal deren Webseite konsultiert und die Rückerstattung meines stornierten Tickets beantragt. Morgen habe ich in Tromsø mehrere Stunden Zeit, und da werde ich den Antrag auf Entschädigung sowie auf Erstattung meiner Kosten (Mehrpreis des neuen Flugtickets, Übernachtung in Kirkenes, Mahlzeiten, Verlängerung des Mietwagens) auf der Webseite der SAS einreichen. Hab heute schon mal gekuckt, wie das geht.
Nachdem meine Weiterreise also gesichert war, bin ich zum Frühstück und anschließend habe ich Kontakt mit der Firma Hertz hier in Kirkenes aufgenommen, um zu fragen ob ich meinen Mietwagen nen Tag länger behalten könnte. War kein Problem. Überhaupt ist es hier in Kirkenes leer geworden. Im Hotel ein Zimmer für ne weitere Nacht, und dieses Mal mit Meerblick, zu bekommen, war einfach. Die Mitarbeiter haben mir erzählt, dass durch den Streik bei der SAS total viele Leute gar nicht erst hier her kommen und viele Aufenthalte storniert worden sind. Im Hotelrestaurant, wo ich heute exzellent zu Abend gegessen habe, saßen außer mir noch vier andere Leute… irgendwo schon traurig.
Nachdem also alle offenen Fragen im Laufe des Vormittags geklärt waren, habe ich heute auch noch ein bisschen Programm gemacht, obwohl das Wetter nicht berauschend war. Gestern 24 Grad, heute 12. Das ist schon hart.
Ich habe einen Programmpunkt nachgeholt, den ich eigentlich mangels Zeit hier in Kirkenes ausfallen lassen wollte. Ich bin nach Grense Jakobselv gefahren. Von Kirkenes aus sind das 60km. Die Fahrt könnt Ihr auf der Karte nachvollziehen. Die dünnen schwarzen Linien stellen die Grenze zwischen Norwegen und Russland dar.
Das letzte Stück der Straße führt auf norwegischer Seite mehr oder weniger direkt an der Grenze entlang, die letzten 10km davon als gute Schotterpiste. Überall stehen Hinweisschilder zum Grenzverlauf. Auf norwegischer Seite findet man gelb-schwarze Grenzmarkierungen während die auf russischer Seite rot und grün sind. Aber ansonsten ist die Grenze unspektakulär. Es ist einfach nur ein Bach… Keine Zäune, keine Patrouillen, keine bewaffneten Posten. Ich habe heute nicht mal Russen gesehen. Auf norwegischer Seite ist alles gut bewacht, aber mit Technik und nicht mit Manpower. Ein einziges Fahrzeug mit norwegischen Soldaten ist mir begegnet, die auch noch freundlich gewunken haben.
Das Bild des Tages zeigt ein bisschen wie surrealistisch das ist. Ein Bach, nicht mehr als die Erft, und auf der einen Seite NATO und auf der anderen Seite das, was Ronald Reagan „Evil Empire“ nannte. Ein paar hundert Meter weiter von der Stelle, wo ich das Bild gemacht habe, stehen norwegische Ferienhäuser, die Norweger parken hier ihre Wohnwagen und Camper und angeln in dem Bach. Auf der russischen Seite sieht man allerdings nur Botanik und Landschaft. In der Ferne auf den Hügel und Bergen gibt es vereinzelt Beobachtungstürme und -stationen. Auch die Norweger haben auf den Bergen gut sichtbar Posten und Radargeräte platziert. Aber hier unten am Bach ein Bild des Friedens. Täuschen lassen sollte man sich allerdings nicht. Die Norweger passen gut auf, und es ist verboten, auf die andere Seite zu waten. Nicht mal kurz für ein Foto. Auf der anderen Seite des Bachs hat man nämlich den Schengen-Raum verlassen und muss erst wieder ordnungsgemäß einreisen. Außerdem finden die Russen das nicht so dolle, denn die kassieren rund 100€ Visa-Gebühren für ne reguläre Einreise, 40km die Straße zurück, am Grenzübergang Storskog, wo die E105 nach Murmansk führt. Außerdem ist es verboten, Kontakt mit Menschen auf der anderen Seite aufzunehmen, oder sie gar zu provozieren oder zu beleidigen. Naheliegende Vorschrift. Aber es ist halt auch niemand da. Und man darf keine Gegenstände rüberwerfen. Steine werde da ausdrücklich genannt. Lust hätte ich dazu ja schon gehabt, aber das gelbe Schild mit der Videokamera war doch sehr deutlich.
Ich bin natürlich die Straße bis zum Ende gefahren, wo ein kleiner Parkplatz direkt an der Barentssee (die gehört übrigens schon zum Arktischen Ozean) schöne Blicke auf die Landschaft der nordnorwegischen und nordrussischen Küste bietet. Leider war das Wetter, wie erwähnt, suboptimal. Ich habe mich dann auch nicht lange aufgehalten und bin wieder gemütlich zurück gefahren. Dabei fing es dann auch noch an zu regnen. Wieder im Hotel bin ich in mein neues Zimmer gezogen und habe für den Rest des Nachmittags den lieben Gott nen guten Mann sein lassen. Nebel und Regen hänge jetzt schon seit Stunden über dem Fjord an dem Kirkenes liegt. Einen letzten Blick auf die Mitternachtssonne wird es heute also nicht geben. Ab morgen geht die Sonne nämlich wieder für mich unter, nachdem ich jetzt seit 18 Tagen keinen Sonnenuntergang hatte.


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