15. Juli 2022
Es ist passiert. Ich bin in Kirkenes gestrandet. Um 9:16 Uhr heute morgen, noch vor dem Frühstück, trudelte die Nachricht ein, dass die SAS den morgigen Flug von Kirkenes nach Oslo abgesagt hat. Der (wie ich finde, berechtigte) Streik der Piloten dauert jetzt schon zwölf Tage, und obwohl seit Donnerstag wieder verhandelt wird, gibt es keine Fortschritte. Tja… keine Ahnung wie das ab morgen laufen wird. Ich hänge jetzt schon seit anderthalb Stunden in der Chatwarteschlange. Bin gespannt, was die nachher sagen. Ich muss auf jeden Fall morgen früh zum Flughafen fahren, denn ich muss um zehn Uhr dort den Mietwagen zurückgeben. Und dann hoffe ich mal, dass vor Ort auch jemand von der SAS ist, der mir was sagen kann. Vom Chat ist nämlich seit ein paar Minuten auch nichts mehr zu erwarten. Die Mitarbeiter dort haben Feierabend gemacht. Supi. Leider hat mich die Flugsituation den Rest des Tages ein bisschen die Ruhe gekostet, aber das war ja nicht mehr zu ändern nach der SMS heute morgen.
Dennoch gab’s schon direkt zu Beginn des Tages auch nen lustigen Moment. Beim Auschecken verabschiedete mich der Mitarbeiter des Hotels in Vardø mit den Worten: „Und fahr vorsichtig. Es sind viele Rentiere unterwegs.“ Ich meinte zu ihm: „Ich weiß. Ich habe gestern auf der Fahrt nach Hamningberg schon sehr viele gesehen“, worauf er entgegnete: „Die gefährlichen sind die, die man nicht sieht.“ Wo er recht hat, hat er recht.
Heute hatte ich echt Kaiserwetter. Durchgehend strahlend blauer Himmel und 20 bis 24 Grad, kaum Wind. (Erst kurz vor Kirkenes wurde der Himmel weiß-blau.) So ein Wetter hätte ich vorgestern brauchen können auf der Fahrt nach Vardø. Immerhin habe ich jetzt mal die Landschaft gesehen, die vorgestern im Nebel lag.
Vor der Abfahrt aus Vardø gab es aber noch einen Besichtigungspunkt: die Festung Vardøhus. Das ist der Name einer kleinen Festungsanlage auf der Insel Vardøya aus dem frühen 18. Jahrhundert. Eine militärische Befestigungsanlage gab es auf der Insel schon seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Anfang des 18. Jahrhunderts ließ König Christian VI. von Dänemark und Norwegen die aktuelle Festung errichten, sternförmig konstruiert, wie es damals in Mitteleuropa üblich war, zum Schutz des nördlichen Norwegens gegen die Russen (sieh mal einer an). Vardøhus ist die nördlichste Festungsanlage der Erde und steht immer noch im Dienst der norwegischen Streitkräfte, allerdings nur zu zeremoniellen Zwecken. Trotzdem wird hier täglich die Flagge gehisst, und als ich heute dort ankam, waren gerade zwei Soldaten mit Aufsitzrasenmähern dabei, die Wiese zu mähen. Ich bin ein bisschen durch die Anlage und über die Bollwerke spaziert. Es gab auch ein schön gemachtes Museum, dass aber – echt ungewöhnlich – nur auf Norwegisch beschriftet war. Da das heute der einzige Programmpunkt war, hat Vardøhus das Bild des Tages bekommen. Die Statue ist König Haakon VII. der während des Zweiten Weltkriegs norwegischer König war und vom Exil in England aus seinem Volk Mut gemacht und den Widerstand gegen Deutschland unterstützt hat. Er wird in Norwegen immer noch sehr in Ehren gehalten und es gibt echt viele Statuen von ihm.
Die ersten Etappe der Rückfahrt ging dann bis Vadsø. Praktischerweise kam ich dort so an, dass ich im strahlenden Sonnenschein eine der heutigen Flugbewegungen am Flugplatz dort fotografieren konnte. Ich bin dann noch mal zur Insel gefahren, wo ich vorgestern auf Vogelpirsch war. Einen Rundgang habe ich mir aber heute gespart, bin aber noch zu einigen anderen potenziell erfolgversprechenden Stellen gefahren. Leider hat sich aber die Scheckente auch heute nicht blicken lassen und bleibt deswegen weiterhin von mir unbeobachtet. Was ich aber entgegen der Warnung des Hotelmitarbeiters aus Vardø erst kurz vor Kirkenes wieder zu sehen bekommen habe, das waren Rentiere.
Ich wohne hier wieder im gleichen Hotel wie vorgestern. Sehr schön. Ich hoffe es wird nicht noch länger mein Quartier bleiben. Morgen früh werde ich sehen, dass ich um 9:00 am Flughafen bin, in der Hoffnung, dass mir ein Mitarbeiter von SAS dann irgendwas sagen kann. Ich werde morgen abend berichten, wie mein Tag war, und wie sich die Saga meiner Rückreise vom Ende Europas gestaltet.
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