13. Juli 2022
Ich habe das Ende von Norwegen erreicht. Vardø liegt auf dem gleichen Längengrad wie Kairo (31 Grad Ost) und damit weiter östlich als St. Petersburg oder Istanbul. In meiner Tourplanung vom letzten Jahr war ein Besuch hier nicht vorgesehen gewesen. Da ich aber letztes Jahr schon elf Tage meiner geplanten Norwegen-Reise absolviert hatte und diese natürlich nicht mehr wiederholen wollte, hatte ich jetzt etwas mehr Zeit und habe statt der zwei Tage Kirkenes, die letztes Jahr geplant waren, zusätzlich drei Tage bzw. zwei Nächte auf der Varangerhalbinsel eingeplant. Drüber geflogen bin ich über die Gegend hier ja gestern schon ausführlich (und hatte am Flugplatz hier in Vardø ja auch nen Zwischenstopp).
Nach dem Frühstück und dem Auschecken bin ich in Kirkenes erst zum Beginn der E6 gefahren. Diese Straße, auf der ich letztes und dieses Jahr so manchen Kilometer zurückgelegt habe, führt von Kirkenes über Narvik, Trondheim und Oslo bis zur norwegisch-schwedischen Grenze in der Nähe von Sponvika, insgesamt fast 2600km.
Gemütliches Fahren war das heute, wenn nicht die ganzen Rentiere, und dann später auf der Varangerhalbinsel die ganzen Schafe auf der Straße gestanden hätten.
Die Landschaft ist hier oben doch schon deutlich anders als am Nordkap oder auf den Vesterålen. Weite Täler mit Moor-, Sumpf- und Seenlandschaften, krüppeliger Baumbestand und keine dramatisch hohen Berge. Trotzdem sehr schön. Ich habe mich über einige Strecken an Kanada erinnert gefühlt. Am Südufer der Varangerhalbinsel zwischen Varangerbotn und Vadsø ist die Landschaft gradezu lieblich. Wie weit im Norden man ist, sieht man aber am Bewuchs. In den Dörfern entlang der Straße gibt es Bäume, aber die hören schon ein paar Dutzend Meter die Hänge rauf auf, und dann haben wir wieder Fels und Tundra.
Einen längeren Stopp habe ich in Vadsø eingelegt. Das ist nämlich ein super Ort für Vogelbeobachtung. Mit Glück kann man sogar Scheckenten dort sehen. Auf Vadsøya, einer Insel vor dem Ort auf die man über eine Brücke hinfährt, gibt es eine Art Schutzgebiet. Dort bin ich ein bisschen spazieren gegangen. Mit der dicken Kamera und dem Fernglas. Vorher musste ich mich aber noch wetterfest machen, denn es pfiff ein kräftiger, frischer Wind und der Himmel hatte sich zugezogen. Nicht das beste Wetter für Vogelbeobachtung, und für die kurze Hose gänzlich ungeeignet. Ich habe entsprechend auch das Futter in die North Face-Jacke montiert. Für die nächsten drei Tage halte ich mich schließlich in der Tundraklimazone auf.
Die Vogelpirsch war echt erfolgreich, auch wenn ich keine Scheckenten zu sehen bekommen habe geschweige denn auf die Speicherkarte bannen konnte. Immerhin sind drei neue Arten auf meiner Lebensliste gelandet: Berghänfling, Rotkehlpieper und Odinshühnchen. Und auch sonst gab es reiches Vogelleben wie verschiedene Möwen- und Entenarten.
Was es auf Vadsøya auch gibt, das ist ein ehemaliger Luftschiff-Ankermast. Hier machte nämlich im Mai 1926 Roald Amundsen vor seinem Nordpol-Überflug mit dem Luftschiff Norge Station. Das war das erste Mal, dass Menschen zweifelsfrei den Nordpol erreicht haben. Der Luftschiff-Ankermast von Vadsø war auch eine Etappe auf der Nordpolexpedition des italienischen Luftfahrtpioniers Umberto Nobile. Leider verunglückten die Italiener auf dem Rückweg vor Spitzbergen und bei der folgenden Rettungsaktion blieb Roald Amundsen verschollen. Auch wenn viel Geschichte dran hängt, so ein Luftschiff-Ankermast ist eher unspektakulär. Ist halt nur ein Gerüst. Deshalb hat er auch nicht das Bild des Tages bekommen.
Von Vadsø bis Vardø sind es nochmal rund 75km, und es wird einsam entlang der Straße. Schafe, Schafe, Rentiere, Schafe… und keine Bäume mehr… ab und zu ein Auto und eine kleine Siedlung. Sehen konnte ich leider von der Landschaft nicht sehr viel, denn Seenebel legte sich kurz hinter Vadsø auf Meer und Land. Nichtsdestotrotz konnte ich die eine oder andere interessante Vogelbeobachtung machen. Ein riesiger Seeadler. Eine Schmarotzerraubmöwe, die einen anderen Seeadler angreift. Große Trupps von Gänsesägern, die gemütlich auf dem Meer treiben. Der Kracher war aber der Wanderfalke, der zuerst auf einem kleinen Hügel links der Straße saß, und sich dann rechts der Straße auf einen Zaunmast schwang. Da fiel die Wahl für das Bild des Tages nicht mehr schwer.
Vardø ist ein kleiner Ort. Rund 2000 Leute leben hier. Ich wohne in nem anständigen Hotel, in dessen Restaurant ich heute auch ein leckeres Abendessen und ein Glas Mack Arctic bekommen habe. Während ich diese Zeilen schreibe, regnet und gewittert es vor dem Fenster. Es ist so finster, dass die Stadtverwaltung die Straßenlaternen eingeschaltet hat. Mitternachtssonne hin oder her. (Wobei… ich glaube die schalten sich heutzutage automatisch ein… *lach...) Vor ner Stunde hat es noch genebelt, dass man die Hand kaum vor Augen sehen konnte. Bin gespannt, wie morgen das Wetter ist.
P.S. Aktueller Stand: 58 Vogelarten..
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