17. Juli 2020

Oh Mann… ich bin öm… Was für ein Tag… Ich hab‘s richtig krachen lassen mit typisch madeirischen Aktivitäten und bin jetzt etwas ausgeknockt…
Heute morgen ging der Wecker schon um acht, denn ich hatte viel vor. Es sollte eine Levada-Wanderung geben.In jedem Reiseführer steht sowas drin und es gibt Leute, die kommen nur dafür nach Madeira.
Levadas sind die überirdischen, offenen Bewässerungsleitungen, die das Inselinnere durchziehen. Da der natürliche Regen für die wasserintensiven Feldfrüchte Madeiras wie Bananen und Zuckerrohr oft nicht ausreichte, hat man Kanäle aus den regnerischen Gebieten im Norden und im Zentrum der Insel angelegt, um Felder an anderer Stelle zu bewässern. Die ersten Levadas entstanden schon im 15. Jahrhundert und sie sind heute immer noch in Betrieb. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber bei Wikipedia steht, dass irgendwo zwischen 800 und 5000km Levadas auf Madeira verlegt worden sind. Selbst wenn es nur 800 sein sollten, finde ich das sehr eindrucksvoll bei ner Insel von 736km².
Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt eine Levada-Wanderung machen soll, denn das ist – vor allem wenn man alleine und mit einem Mietwagen und noch dazu mit begrenzter Zeit unterwegs ist – mit einigem Aufwand verbunden. Dazu gleich mehr. Noch dazu bin ich ja jetzt nicht soooo der große Wandervogel. Andererseits kann ich schlecht elf Tage auf der Insel verbringen und dann auf die Frage „Und? Hast natürlich ne Levada-Wanderung gemacht.“ mit „Öhm… nö.“ antworten. Letztendlich habe ich mich für die Levada-Wanderung entschieden, die als einzige in allen drei Reiseführern, die ich dabei habe (Lonely Planet Pocket Madeira, Reise Know-How Insel-Trip Madeira und DuMont Madeira), beschrieben ist. Die Levada do Furado führt von Ribeiro Frio (siehe dazu auch das Reiselogbuch vom 11. Juli) nach Portela. Um die Levadas zu warten und zu unterhalten hat man schon früh entsprechende Pfade neben den Kanälen angelegt, und irgendjemand ist irgendwann auf die Idee gekommen, dass man da ja auch schön wandern kann.
Der Wanderweg PR-10 an der Levada do Furado ist 11km lang und hat ein Gefälle von 250m, davon 200m auf den letzten 2,7km beim Abstieg von der Levada zum Rasthaus und Parkplatz am Portela-Pass. Den Weg zum Startpunkt in Ribeiro Frio kannte ich ja schon. Spannend war eher die Frage, wie ich vom Endpunkt in Portela wieder zurück zu meinem Peugeot kommen würde. Im DuMont stand, dass man mit dem Taxi fahren kann… aber weiß man‘s?
Um 10:25h ging‘s los… Der große Vorteil einer Levada-Wanderung ist, dass man ja neben der Wasserleitung hergeht und deshalb (meistens) ein sehr gemächliches Gefälle zu bewältigen hat. Der Startpunkt in Riberio Frio liegt auf 900m, womit die Levada do Furado eine der höhergelegenen Levadas ist. In normalen Zeiten ist auf den beliebten Strecken schon einiges an Betrieb, aber es sind ja keine normalen Zeiten. Mir sind im Verlauf meiner Wanderung insgesamt sechs Leute entgegengekommen und ich wurde von niemandem überholt und habe selbst niemanden überholt.
Das Bild des Tages gibt nen guten Eindruck, wie so ein Levada-Wanderweg aussieht. Rechts im Bild sieht man den wasserführenden Kanal. Oft ist der Weg ein ganz normaler Waldweg, aber dann ist es auch manchmal nur ein gemauerter Pfad direkt entlang des Kanals. Die schwierigen Stellen sind bei der Levada do Furado mit Drahtseilen gesichert, damit man nicht runterfällt. An einigen Stellen geht es mehr als hundert Meter abwärts, was oft noch nicht mal so richtig auffällt durch die dichte Vegetation. Darüber hinaus verlaufen Levadas manchmal in Tunneln, um ne Abkürzung zu kreieren. Ich hatte gestern ja schon erwähnt, dass Madeira die Insel der Tunnel ist. Die Levada-Wanderwege machen da keine Ausnahme. Die Taschenlampe, deren Mitnahme überall empfohlen wird,  habe ich aber nicht gebraucht.
Vögel gab es auch zu sehen, Gebirgsstelzen, Amseln, Madeira-Goldhähnchen… aber fast alle waren scheu… bis auf die Buchfinken. Die setzen sich einem schon fast auf die Fußspitzen in der Hoffnung auf ein paar Krümel vom (in meinem Fall nicht vorhandenen) Picknick-Sandwich. Ja… und Silberhalstauben gab es auch… gar nicht mal wenige… Aber meint Ihr, eine davon hätte sich dazu herabgelassen, auch  nur fünf Sekunden für mich Modell zu sitzen? Fehlanzeige. So wird Frantis World wohl ohne die dritte endemische Taubenart Makaronesiens auskommen müssen. Tja… hilft nix.
Dreieinhalb Stunden habe ich für die Wanderung gebraucht, und dabei etliche Pausen gemacht, um Landschaft und Vogelwelt zu bewundern. Lediglich die letzten zwei Kilometer waren wenig spaßig, nämlich der Teil des Wegs, der steil nach unten zum Ende der Route führte. Und was soll ich sagen? Am Portela-Pass warteten schon mehrere Taxis auf müde Wanderer. Wie überaus praktisch. Ich wollte mich nach dem Preis erkundigen, aber die beiden Taxifahrer meinten nur „We use taxameter“. Sehr beruhigend. Dann brauchte jetzt auch nicht gehandelt zu werden. Von Portela nach Ribeiro Frio ist es ne längere Fahrt. Ich würde schätzen, dass wir gute zwanzig Minuten gebraucht haben. Inklusive Trinkgeld habe ich 32 Euronen bezahlt… Da kann man nicht meckern.
Der Tag war aber jetzt noch jung und deshalb habe ich beschlossen, einen weiteren Anlauf auf die Fortaleza do Pico zu starten, um ein Panorama von Funchal zu kriegen… nur um dann dort vor geschlossener Tür zu stehen. Mist. Aber immerhin hat Googlechen mich heute richtig geleitet (da ich ihr ja heute auch die richtige Frage gestellt habe, wie ich ehrlicherweise zugeben muss). Auf das Panorama wollte ich aber nicht verzichten, und habe es mir vom Pico dos Barcelos gegönnt. Hier hat man mehr eine Gesamtansicht von Funchal, wie es sich an den Hang schmiegt, aber auf Grund der Höhe und Entfernung sieht man weniger Details.
Der Tag war nun immer noch jung, und so habe ich mein Auto auf den Hotelparkplatz gestellt, bin kurz auf‘s Zimmer um mich in neue Klamotten zu werfen und dann ging‘s nochmal zu Fuß in die Stadt. Ich wollte mein Glück noch einmal in der Madeira-Weinkellerei versuchen, die ich am vergangene Freitag geschlossen vorgefunden hatte. Leider hatte sich an diesem Zustand nichts geändert, aber es gibt ja noch andere Madeira-Weinkellereien in Funchal. Ich bin bei Blandy‘s gelandet, direkt an Funchals Flaniermeile Avenida Ariaga gelegen, und wirklich, ich habe noch ein Ticket für die letzte Führung des Tages um halb sechs bekommen. Eine gute dreiviertel Stunde wurden wir, d.h. außer mir noch ein französisches Ehepaar und eine weitere deutsche Touristin, durch die Lagerräume geführt und haben viel über den berühmten Madeira-Wein erfahren. Eines kann ich Euch schon mal sagen: der Stoff hat es verdient, zu mehr verwendet zu werden, als Sauce für Rinderzunge damit zu kochen. Am Ende der Führung gab‘s natürlich ne Verkostung und jeder von uns bekam zwei Gläschen.
Nach der Weinprobe war es höchste Zeit für‘s Abendessen, für das mich der Lonely Planet absolut topp beraten hat, und noch dazu nur ein paar Schritte von Blandy‘s entfernt. Kaum hatte ich bestellt, gab‘s dort erstmal nen Madeira als Aperitif auf‘s Haus. Ich habe allerdings dann mit Coral, dem hier gebrauten Bier, weitergemacht, und darüber hinaus auch sehr lecker gegessen. Auf dem Rückweg zum Hotel habe ich noch einen kleinen Stopp beim Continente Supermarkt hier in der Altstadt eingelegt, um ein bisschen Verpflegung für morgen zu kaufen. Morgen früh ist nämlich Spotten angesagt.
Wie Ihr seht – heute war ein rappelvoller, und für Füße und Leber gleichermaßen anstrengender Tag. Aber ich bin froh, dass ich was geschafft habe, denn beide Hauptprogrammpunkte, sowohl die Levada-Wanderung als auch der Besuch einer Madeira-Weinkellerei, sind Pflicht hier auf der Insel.


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