16. Juli 2020

Normalität ist wieder eingekehrt nach den Aufregungen der letzten beiden Tage. Darüber hinaus ist mir klar geworden, dass sich meine Zeit auf Madeira schon bedenklich dem Ende zu neigt. Ich werde voraussichtlich nicht mehr alles an Programm schaffen, was ich so grundsätzlich mal anvisiert hatte. Und daran ist auch nicht der gestern verlorene Tag schuld. Selbst wenn ich den gehabt hätte, wäre nicht mehr alles drin gewesen (geschweige denn so ein Luxus wie ne zweite Whale Watching Ausfahrt).
Heute habe ich eine Inselrundfahrt gemacht. Im wahrsten Sinne des Wortes… einmal im Uhrzeigersinn um Madeira drum herum. Das hört sich unkomplizierter an, als es letztendlich ist. Zum einen ist Madeira ein Teil von Portugal, und die Portugiesen bevorzugen eine, nun sagen wir mal sportliche Fahrweise. Nicht ganz so wie in Süditalien oder gar Griechenland, aber eben doch sportlich. Besser ist es, sich da ein bisschen anzupassen, womit ich allerdings zum Glück keine Probleme habe… *lach… nur der Peugeot bräuchte ein paar Ponys mehr unter der Haube. Das würde einiges erleichtern. Darüber hinaus ist Madeira - ich glaube ich hatte es schon mal erwähnt – bergig. Flache Gebiete sind rar. Das bedeutet, dass man viel bergauf und bergab fährt, in Serpentinen und Kurven und über Brücken. Und durch Tunnel. Madeirer lieben Tunnel. Die ganze Insel hat was von nem Schweizer Käse, so viele Löcher wurden hier gebohrt und sind auch immer noch im Bau. Der längste, durch den ich heute gefahren bin, hatte rund 3km.  Ich kam mir schon fast wie ne Wühlmaus vor. Noch dazu enden die Tunnel, sobald man die Schnellstraße hinter sich gelassen hat fast unweigerlich an nem Kreisverkehr. Da ist schnelles Denken bei der Orientierung gefragt. Nichtsdestotrotz hat das Autofahren heute richtigen Spaß gemacht. Die Landschaft und die Straßen sind sehr abwechslungsreich hier auf Madeira. Ständig bieten sich neue Ausblicke. Und die Vegetation erst. Der Name Garteninsel ist sehr verdient. Über einige Strecken kam mir die Fahrt heute wie eine leichtere Orientierungsrallye in einem riesigen botanischen Garten vor…
Nach dem Frühstück im Hotel ging‘s los, und irgendwie war ich noch gar nicht weit gekommen, da sah ich aus dem Augenwinkel ein Schild Cabo Girão. Da hatte ich gestern irgendwas in einem meiner drei Reiseführer zu gelesen. Also Blinker rechts und runter von der Schnellstraße. Wie üblich hier auf Madeira schwang sich die Straße in Spitzkehren und Steigungen höher und höher und dann stand ich auf dem Parkplatz am Miradouro Cabo Girão. Hier entstand auch das Bild des Tages. 580m über dem Atlantik befindet sich dieser Aussichtspunkt, und um das alles noch eindrucksvoller zu machen hat man den Balkon etwas vorgebaut und mit gläsernem Boden versehen, so dass man direkt runter auf den Atlantikstrand kucken kann. 580m… Selbst das One World Trade Center würde nicht bis hoch reichen, und auch wenn man da unten den Kölner Dom dreimal aufeinander stapelte und die Euskirchener Martinskirche oben draufsetzte, würde noch einiges fehlen… Was man aber sogar aus dieser Höhe erkennt ist, wie klar das Wasser hier rund um Madeira ist. Der Atlantik war mal wieder gnädig, wie man ebenfalls auf diesem Bild sieht. Allerdings ist diese Ruhe trügerisch, wie ich im Laufe des Tages noch feststellen sollte.
Nächster Stopp auf meiner Inselumrundung war der Ponta do Pargo, die westlichste Spitze Madeiras. Hier gibt es einen Aussichtspunkt, wo ich mir im Café einen café gegönnt habe. Ein bisschen weiter markiert ein Leuchtturm das wirkliche Ende der Welt von Madeira. Ab da gibt‘s nur Atlantik bis nach Amerika. Wenn man hier losschwimmt, dann erreicht man nach ca. 5700km Charleston, South Carolina, das ungefähr auf dem gleichen Breitengrad liegt wie Madeira (allerdings nur halb so groß ist wie die Insel).
In Ponta do Pargo endet auch die ausgebaute Straße. Mit der mehrspurigen Schnellstraße ist schon in Ribeira Brava Schluss, aber bis Ponta do Pargo hat die Strecke immerhin den Charakter einer Bundesstraße.
Die Nordküste von Madeira ist deutlich uriger als die Südküste. Hier sind die Klippen noch steiler, die Ortschaften spärlicher, die Straßen noch schmaler und kurviger und vor allem hat der Atlantik hier richtig Brandung. Der Süden scheint öfter im Windschatten der Insel zu liegen.
In Seixal habe ich einen Abstecher ins Inselinnere gemacht. Auch hier gibt es Lorbeerwald und ich wollte mein Glück noch einmal mit den Silberhalstauben probieren. Gesehen habe ich auch wieder welche, aber fotografieren lassen wollten sie sich nicht. Ab Santana wird die Straße wieder besser, und so habe ich es sogar noch pünktlich zum Flughafen geschafft, um die Ankunft der beiden Condor-Airbusse aus D‘dorf und Frankfurt zu fotografieren. Da sich der Luftverkehr ja noch in Grenzen hält, muss man mitnehmen was man kriegen kann.
Den Abschluss des Tages sollte eigentlich ein Besuch auf der Fortaleza do Pico hier in Funchal machen, aber irgendwie hat die Navigation nicht richtig geklappt. Ich bin zwar ein bisschen durch die engen Gassen von West-Funchal gekurvt, aber den Eingang habe ich nicht rechtzeitig vor der Schließenszeit von 18:00h gefunden. Da werde ich noch mal hinmüssen.
Im Supermarkt habe ich noch die Zutaten für meinen Abendimbiss gekauft und dann den Tag auf meinem Balkon mit Blick auf die Dächer von Funchal, den hier im Süden wieder vorbildlich ruhigen Ozean und auf den Parkplatz unter meinem Balkon ausklingen lassen.


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