28. März 2018

Als ich im Sommer 2006 mit dem Reiselogbuchschreiben begann, hatte ich eigentlich vorgehabt, als Bild des Tages immer was Außergewöhnliches oder Ungewohntes zu zeigen. Von diesem Vorsatz bin ich relativ schnell wieder abgekommen, denn oft kann man einfach nicht anders, als die Hauptattraktion zu zeigen... und (ich bin jetzt mal ein bisschen unbescheiden) es geht bei meinen Touren ja auch schon mal um Reiseziele, die nicht jeder kennt und da wäre es schade, wenn man die wichtigen Sachen zugunsten von Kuriosem oder Sehenswürdigkeiten aus der zweiten Reihe hinten anstellt. Heute ist es aber mal wieder was Spezielles, was ich Euch zeigen und erzählen möchte.
Die Geschichte beginnt in Europa, um genau zu sein auf der iberischen Halbinsel. Im Rahmen der Rückeroberung dieser Gegend aus der Hand der Muslime während des 15. Jahrhunderts, trieb in Spanien auch die Inquisition ihr (Un)wesen und eines ihrer Opfer waren die zahlreichen sephardischen Juden, die dort lebten. Etliche davon wanderten im 16. und 17. Jahrhundert in die Niederlande aus, wo man mit anderen Konfessionen und Religionen wesentlich großzügiger war als in Spanien. Im Rahmen der Errichtung niederländischer Kolonien gelangten so auch die ersten Juden nach Curaçao und gründeten hier eine florierende Gemeinde.
Zum jüdischen Gemeindeleben gehört natürlich vor allem eine Synagoge, und entsprechend ihrem Reichtum und ihrer Bedeutung für die Insel haben sich die Juden  Curaçaos im Jahr 1732 ein prächtiges Gotteshaus gebaut, das noch immer in Gebrauch  und damit die älteste noch aktive Synagoge der westlichen Hemisphäre ist. Die Mikwe Israel Emmanuel Synagoge war mein erster Besichtigungspunkt heute morgen. Vorher hatte ich allerdings schon nach dem Frühstück den Online-Checkin für morgen absolviert. Heute ist nämlich mein letzter Tag auf Curaçao und morgen geht es weiter zur nächsten Station meines karibischen Inselhoppings.
Die Mikwe Israel Emmanuel Synagoge ist echt eindrucksvoll. Was bei der ganzen Pracht mit Kronleuchtern und dunklem Holz und einer dicken Orgel auf der Empore auffällt, ist, dass der Boden aus Sand ist... zur Erinnerung an die Zeit der Israeliten in der Wüste, zur Erinnerung an die Zeit der Verfolgung durch die spanische Inquisition, als der Boden in den jüdischen Gebetsräumen mit Sand bedeckt wurde um Geräusche zu dämpfen, und zur Erinnerung an das Versprechen Gottes an Abraham, dessen Nachkommen so zahlreich wie den Sand am Meer zu machen.
Nach der Besichtigung der Synagoge bin ich noch ein bisschen durch Punda spaziert und habe dann auf dem Weg zurück Richtung Otrobanda gesehen, dass an der Königin-Emma-Brücke die blaue Fahne oben war, was bedeutet, dass eine vollständige Öffnung der Brücke bevorsteht und man dann mit der kostenlosen Personenfähre zwischen Punda und Otrobanda über die Sint-Annabaii fahren kann. Das hab ich mir natürlich nicht entgehen lassen und konnte nebenbei auch noch erleben, wie ein richtig dicker Frachter in den Hafen von Curaçao einfährt. Den eigentlichen Hafen der Insel bildet das Schottegatt, ein  durch die St.-Anna-Bucht mit dem Meer verbundener Naturhafen im Inneren von  Curaçao. Hier befindet sich auch seit den 1920er Jahren eine der größten Ölraffinerien der Welt. Die niederländische Shell verarbeitete hier anfänglich das von ihr in Venezuela geförderte Erdöl. Heutzutage wird die Raffinerie von der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft betrieben... was bedeutet, dass die aktuelle politische Situation in Venezuela direkte Auswirkungen auf Curaçao hat, das ja nur rund 60km vor der Küste von Venezuela liegt. Immerhin ist die Ölindustrie nach dem Tourismus der zweitwichtigste Wirtschaftsfaktor von Curaçao.
Ja... die Ölraffinerie... damit wären wir beim Bild des Tages, wo sich der Kreis zum Besuch der Synagoge schließt. Im Jahr 1659 weihte die jüdische Gemeinde von Curaçao den Friedhof Beth Haim Blenheim ein, nicht ahnend, wie sich die Aussicht mal verändern würde. Rund 5000 Menschen sind hier bestattet, in überirdischen Gräbern, wie das auf Curaçao üblich ist, denn der felsige Untergrund der Insel macht Gräber, die im Boden liegen, viel zu aufwendig. Tja, was soll man sagen? Der älteste erhaltene Grabstein hier ist von 1688 und ruht heutzutage im Schatten der Raffinerie.
Mein Tag wäre nicht komplett gewesen ohne einen Besuch am Flughafen, aber da gab es heute nichts wirklich neues.
Heute abend habe ich mir – nachdem ich die letzten Tage meine Verpflegung weitgehend aus dem Supermarkt bestritten habe - ein schönes Abendessen im Restaurant Gouverneur de Rouville gegönnt. Das war in meinem Reiseführer angepriesen und ich bin nicht enttäuscht worden. Es gab typisches Essen aus Curaçao, Fischsuppe und Rindfleischgulasch mit Reis. Sehr lecker – und vor der tollen Kulisse der erleuchteten Handelskade am anderen Ufer der Sint Annabaai.
So – das Gepäck ist fast fertig gepackt. Morgen geht’s nach St. Maarten. Ich bin schon sehr gespannt... das ist nämlich ein richtiges Plane Spotter-Sehnsuchtsziel.

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