10. Oktober 2023

Heute habe ich einen Ausflug nach Nara gemacht. Das liegt ein bisschen östlich von Osaka und war die erste feste Hauptstadt Japans. Bis zum 8. Jahrhundert war der Hof nämlich immer umgezogen, wenn ein Herrscher starb. In Nara wurde der Hof zum ersten Mal richtig sesshaft. Zwar auch wieder nur für 75 Jahre, dann zog man nach Kyōto um, aber diese Zeit reichte aus, dass in Nara etliche buddhistische Tempel und Klöster entstanden, die auch dort blieben als die Hauptstadt nach Kyōto verlegt wurde.
Die Fahrt mit dem Zug von Osaka Hauptbahnhof nach Nara dauert ne dreiviertel Stunde. Ist halt keine Shinkansen-Strecke sondern entspricht eher nem Regionalexpress bei uns.
In Nara habe ich mich in den Bus gesetzt, um zum Nara-Park mit den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt zu fahren. Bei der Abfahrt stellte ich aber fest, dass der Bus in die falsche Richtung fuhr. Okay. An der nächsten Station raus und noch mal in die Gegenrichtung gestartet… *lach… kein großes Thema.
Vor allem wollte ich mir in Nara den Daibutsu ansehen. Das ist eine 15m hohe bronzene Buddha-Figur, die sich in der Haupthalle des Tōdai-ji befindet. Dieser buddhistische Tempel im Nara-Park ist die Hauptattraktion der Stadt und so war ich hier nicht allein. Das sieht man auch im Bild des Tages. Was man dort ebenfalls sieht, das sind die halbzahmen Sikahirsche, die seit über 1000 Jahren auf dem Gelände gehalten werden. Der Hirsch ist nämlich das heilige Tier der Shinto-Gottheit Takemikazuchi. Auf dem Gelände werden extra besondere Cracker als Hirschfutter verkauft und das ganze ist natürlich ein Riesen-Hit bei den Touris. Die Tiere sind kein bisschen scheu und teilweise auch echt frech. Ich habe mehrfach gesehen, dass sie Leute gestoßen haben. Da ich keine Nahrungsmittel bei mir trug, ist mir auch keiner der Hirsche zu nahe auf die Pelle gerückt. Sicherheitshalber sägt man den männlichen Hirschen allerdings die Hörner ab, nachdem sie den Bast abgefegt haben. Durch die vielen Hirsche liegt über dem gesamten Gelände ein Geruch wie in den Wildparks von Kommern oder Hellenthal. Ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig.
Tja… da stand ich also vor dem Daibutsu im Tōdai-ji, aber so richtiges Beeindrucktsein wollte sich nicht einstellen. Klar, der Buddha ist riesig, aber in der Halle fehlt einem so ein bisschen die Perspektive. Auf 15m hätte ich die Statue im Leben nicht geschätzt.  Aber dem ganzen Drumherum mangelte es doch etwas an Würde. Man musste nicht mal die Schuhe ausziehen. Vielleicht bin ich inzwischen auch etwas verwöhnt, was Tempel angeht. Jedenfalls hat mich Nara heute nicht so wirklich überzeugt.
Ich habe dann keine weiteren Besichtigungen dort unternommen, was sich auf dem Weg zur Bushaltestelle als ne kluge Entscheidung herausstellte, denn hier strömten mir Schulklassen und Reisegruppen entgegen. Ich habe den nächsten Bus zum Bahnhof genommen und mich in den nächsten Zug zurück in Richtung Osaka gesetzt.
Auf der Rückfahrt habe ich mir überlegt, was ich mit dem angebrochenen Nachmittag machen sollte. Für nen Moment war ich in Versuchung, zum Kansai Airport zu fahren und noch ein Stündchen oder zwei dort zu spotten, aber auf FlightRadar24 habe ich gesehen, dass die Anflüge dafür aus der falschen Richtung kamen. So habe ich mich dann entschieden, das Programm von morgen früh vorzuziehen und bin zur Burg von Osaka gefahren. Eine richtige Entscheidung… *lach…  
Von der Art her ist die Burg von Osaka ähnlich konstruiert, wie die Burg von Himeji, mit einem großen zentralen Turm. Im Unterschied zu Himeji ist sie aber nicht restauriert sondern wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in Stahlbeton rekonstruiert. Der Originalturm aus Holz war im 17. Jahrhundert nach einem Blitzeinschlag komplett abgebrannt und der Neubau wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Wirren nach dem Ende der Shogunen-Herrschaft zerstört. Auch im 2. Weltkrieg hatte die Burg Schaden genommen, aber Ende der 1990er Jahre war dann die Restaurierung der Rekonstruktion fertig. Die Besichtigung von innen habe ich mir gespart, gibt ja auch nix Altes mehr zu sehen, aber auf dem Gelände – die Burganlage befindet sich in einem weitläufigen Park mitten in Osaka – habe ich einiges an Zeit verbracht und den Blick auf die Burg in der Abendsonne genossen. Wirklich sehr schön, und wäre auch ein Bild des Tages wert gewesen, wenn ich nicht gestern schon einen Blick auf die Burg von Himeji präsentiert hätte. Ich will ja auch ein bisschen Abwechslung bieten.
So habe ich jetzt also morgen früh frei… auch nicht schlecht. Im Laufe des Tages geht’s dann mit dem Shinkansen zurück nach Tokio, zur letzten Station meiner Tour.

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