6. August 2018

Es ist kurz nach neun abends, ich sitze an Deck der Plataran Felicia, über mir wölbt sich die Milchstraße, das Kreuz des Südens wandert langsam zum südlichen Horizont, ein laues Lüftchen weht über die Flores-See und das balinesische Bier ist schön kühl... perfekter Abend... Genau hier an dieser Stelle zu sein, das hatte ich schon lange vor und heute ist es Realität... und oft, wenn Realität auf lange Wünsche und Planungen trifft, dann kann es schon mal ein bisschen knirschen...
Heute morgen konnte ich ausschlafen, denn der Transfer zum Hafen war erst für halb zehn angesetzt. Sehr geschmeidig. So konnte ich das Hotelfrühstück in Ruhe genießen, in Ruhe meine Sachen packen, in Ruhe auschecken, und in Ruhe den Samsonite an der Rezeption deponieren. Für die beiden Tage auf dem Schiff brauche ich ja kein großes Gepäck, da reicht die Reisetasche.
Am Hafen wurde ich von einem Boot auf's Schiff gebracht. Ich war schon gespannt, wie es mit meinen Mitreisenden aussehen würde, denn ich hatte nur eine halbe Doppelkabine gebucht, was bedeuten konnte, dass ich die Kabine mit jemandem teilen müsste. Aber ich hab Glück gehabt. Es sind elf Leute an Bord (bei zwölf verfügbaren Betten), so dass ich meine Kabine für mich alleine habe.
Als ich gestern im Logbuch schrieb, dass ich zuletzt vor 31 Jahren so lange auf nem Schiff war, da war das nur begrenzt richtig. Natürlich war ich in der Zwischenzeit im Rahmen von Flusskreuzfahrten schon länger auf Schiffen, etwa auf dem Nil 2017 oder auf dem Amazonas 2008. Auf Flüssen braucht man aber nicht im Fall der Fälle Reisekaugummis. Da ich keine Ahnung hatte, was mich an Gefährt und an Seegang erwarten würde, hatte ich lieber mal ne Anstaltspackung Superpep im Gepäck und mich  darüber hinaus in der Apotheke über die Tageshöchstdosis beraten lassen. Gebraucht habe ich heute nix davon. Das Meer rund im die Inseln und Inselchen im Seegebiet zwischen Sumbawa und Flores war heute den ganzen Tag ruhig.
Nach dem alle Passagiere an Bord waren – einige kamen erst heute morgen mit dem Flieger aus Bali – ging's los. Meine Mitreisenden sind ein schweizer Päärchen, ein spanisches Päärchen, ein Päärchen aus Singapur (wobei er aus Norwegen stammt), und eine niederländische Familie mit zwei Kindern (Olivia und Oskar), die aber inzwischen in der Schweiz lebt. Das ist die Truppe für die nächsten drei Tage und nachdem alle an Bord waren, sind wir in See gestochen. Die Fahrtgeschwindigkeit ist gemütlich. Kein Vergleich zum "fast boat", mit dem ich in der Sunda-Straße unterwegs war. Nach ner guten Stunde Fahrt gab es ein Päuschen zum Schnorcheln, dass ich genutzt habe um einfach mal ein bisschen zu lesen. Da war ich bisher auf dieser Reise noch nicht wirklich zu gekommen.
Während des Mittagessens haben wir wieder Kurs auf Rinca genommen. Diese Insel gehört ebenfalls zum Komodo Nationalpark und beherbergt ungefähr 1500 Komodowarane. Die leben nämlich nicht nur auf Komodo selbst, sondern auch auf den umliegenden Inseln. In Rinca lagen mehrere Boote an der Anlegestelle aber so richtig voll war es nicht. Offensichtlich gibt es hier – im Gegensatz zu Komodo – keinen Kreuzfahrtbetrieb. Ebenfalls im Gegensatz zu Komodo ist Rinca fast unbewohnt. Es gibt nur einen Ort am anderen Ende der Insel, aber ansonsten gehört das alles hier den Echsen... und den Langschwanzmakaken.
Von Komodowaranen hatte ich schon als kleines Kind gehört. Auch im Zoo habe ich schon welche gesehen und ich bin in freier Natur schon in Afrika und Südostasien anderen Waranarten begegnet. Komodowarane sind trotzdem was Besonderes. Zum einen ist der Komodowaran die größte lebende Waranart (alte Männchen können über 3,50m lang werden) und Komodowarane gibt es eben nur hier, auf den Inseln zwischen Flores und Sumbawa. Ich wollte also schon länger mal hier hin. Die erste Begegnung mit einem Waran war da dann doch etwas antiklimaktisch. Wir waren zu Fuß auf dem Weg zum Informationszentrum und der Kasse des Nationalparks, als unser Guide, der die Aktivitäten auf dem Schiff organisiert, lakonisch meinte, "There is one". Ein Jungwaran, so gut anderthalb Meter lang, wanderte über die Steppe. Die Kameras klickten, aber der Waran war unbeeindruckt und auch etwas kamerascheu und hat sich verdrückt. Es war jedoch schnell klar, dass man die Warane hier nicht wirklich erpirschen muss. Die Fußsafari, die wir dann gut zwei Stunden lang durch den afrikanisch anmutenden Busch von Rinca unternahmen, war also eher ein Spaziergang. Warane haben wir allerdings auf der Wanderung keine gesehen. Die hielten sich im Bereich des Nationalparkzentrums auf, lagen zwischen den Gebäuden herum, turnten durch die Baustellen (hier wird gerade renoviert und ausgebaut), oder warteten vor dem Fenster der Küche darauf, dass was Essbares rausgeworfen wurde. Und wir haben gesehen, wie ein Jungwaran auf einen Baum geklettert ist, was man laut Aussage unseres Guides eher selten erlebt.
Komodowarane haben ein Reptiliengehirn... naheliegenderweise... *lach... das heißt, dass erst mal alles, was sich bewegt, geschnappt wird. Und dann überlegt man sich ob man es essen kann oder nicht. Entsprechend wird auch erst mal eine aus dem Küchenfenster fliegende Aubergine aufgefangen... und dann liegen gelassen. Ich muss sagen, dass ich die Tiere schon sehr eindrucksvoll fand. Ganz ungefährlich sind sie auch nicht, weshalb wir auf unserer Wanderung von zwei Mitarbeitern des Parks begleitet wurden, die lange, am Ende gegabelte Stöcke dabei hatten. Gebraucht haben wir den Geleitschutz aber außerhalb des Camps nicht, denn da sind wir zwar Büffeln, Makaken und Hirschen begegnet, aber keinen Waranen. Wobei ich nicht ausschließen möhte, dass wir einige übersehen haben, denn die Viecher sind zwischen den Wurzeln der Bäume und den Felsen echt gut getarnt. Ein weiterer Grund, weshalb die Warane nicht ungefährlich sind, dass sind die Bakterien, die in ihrem Maul leben und die bei  jedem Biss eine meist tödliche Infektion verursachen. Ein Biss in die Ferse eines Wasserbüffels reicht also aus und die nächste Mahlzeit der Waran steht bevor. Das dauert zwar drei bis vier Tage, bis das Opfer an der Infektion stirbt, aber wie die allermeisten Reptilien haben auch Komodowarane viel Geduld.
Nach der Wanderung haben wir noch ein bisschen dem Waranmännchen, das grade den Platz am Küchenfenster beansprucht hatte, zugekuckt. Dabei entstand das erste Bild des Tages. Die Tiere sind erstaunlich agil, wie man sieht. Der Kamerad auf dem Bild hatte bestimmt an die drei Meter Länge.
Was soll ich sagen? Es war auf Rinca genauso, wie ich es mir vorgestellt und darüber gelesen hatte. Dass die Tiere aber nicht so wirklich in der Wildnis leben, fand ich schon etwas schade. Okay – natürlich leben die auch in der Wildnis, aber dahin wollten wir ja jetzt heute nicht stundenlang trekken. Und man kann den Waranen auch nicht verübeln, dass sie die Nähe des Menschen, und die damit verbundenen Annehmlichkeiten nutzen. Und damit meine ich nicht nur Küchenabfälle, sondern auch, dass sich die Beutetiere der Echsen, Hirsche, Wildschweine und Wasserbüffel wegen des verfügbaren Wassers in der Nähe des Camps aufhalten.
Insgesamt bin ich nicht traurig, dass wir morgen nicht auch nochmal nach Komodo selbst fahren, denn da ist bestimmt noch deutlich mehr los, als heute in Rinca. Stattdessen gibt es morgen gemütliche Kreuzfahrt durch die Gegend hier, und unser Guide hat versprochen, mir nen guten Platz zum Birdwatching zu zeigen. Ich denke, dass ich da mehr von habe, als noch mal die Warane zu sehen. Ihc hab auf jeden Fall heute genug Bilder gemacht, um dem Komodowaran eine würdige Seite im Safaribereich auf Frantis World kreiieren zu können.
Zum Abschluss des Tages gab es dann noch das Schauspiel von zigtausenden Flughunden, die auf den Mangroveninseln zwischen Rinca und Flores ihr Tagquartier haben und abends nach Flores fliegen um die Obstbauern heimzusuchen. Ja, und Sternekucken gab es auch. Oh, fast hätte ich es vergessen: das zweite Bild des Tages ist eine Aufnahme von Rinca im Abendlicht. Sogar die Inseln hier sehen irgendwie aus wie schlafende Echsen...

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