31. Juli 2018
Eine Woche bin ich jetzt im Land, und ich muss sagen: Bisher alles richtig gemacht. Und auch heute ging mein Sommerabenteuer weiter. Schwerpunkt war heute "Menschen-Safari"... *lach...
Nach dem sehr reichhaltigen lokalen Frühstück haben mich Nanang und mein Fahrer vom Hotel abgeholt und wir sind die 16km ins Zentrum von Jogja (wie Jogjakarta oder Yogyakarta meist genannt wird – die Indonesier lieben Abkürzungen) zum Sultanspalast gefahren. Die Region Yogyakarta genießt innerhalb von Indonesien einen gewissen politischen Sonderstatus, und dazu gehört auch, dass es immer noch einen Sultan gibt, der das weltliche (und für die Muslime auch geistliche) Oberhaupt der in der Region lebenden Menschen ist. Religion ist ein interessantes Thema hier in Indonesien. Da komme ich vielleicht im Laufe der Logbücher noch mal drauf zurück, oder Ihr müsst mich fragen, wenn ich wieder zu Hause bin. Das ist nämlich umfangreich.
Auch am Sultanspalast machte Nanang die Führung nicht selber sondern gab mich in die Obhut einer der für den Palast arbeitenden Führerinnen, eine ältere Dame, die schön Englisch und auch ein paar Brocken Deutsch sprach. Der Palast geht auf die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, aber in Folge der Zerstörung nach der Eroberung durch britische Truppen unter Stamford Raffles (genau der... der Gründer von Singapur), und auf Grund der Schäden durch die Erdbeben von 1876 und 2006 wurde immer wieder an dem Palast rungebaut und renoviert und restauriert. Trotzdem sind die Gebäude typisch für javanische Architektur. Nichts ist wirklich hoch gebaut, und viele Gebäude sind nach mehreren Seiten oder auch rundherum offen.
Die Leute, die im Palast arbeiten sind – inklusive meiner Führerin – Freiwillige und oft schon ältere Leute und Rentner (wenn es sowas in Indonesien gibt... da muss ich Nanang morgen mal nach fragen). Ist grundsätzlich ja keine schlechte Idee. Statt zu Hause zu sitzen und sich zu langweilen, geht man halt im Palast arbeiten... als Touristenführer, als Musiker, als Aufpasser in den verschiedenen Ausstellungsräumen (wo die Staatsgeschenke aus aller Herren Länder gezeigt werden, inklusive einer Schweizer Uhr, Porzellan aus Limoges, oder Glas aus Burano), als Gärtner... oder eben, wie die Männ auf dem ersten Bild des Tages, als Teil der Palastwache. Die durfte ich übrigens problemlos fotografieren. Was man allerdings nicht darf, das ist ein Bild mit der Palastwache als Hintergrund aufnehmen. Stand da auch auf nem Schild. Auf meinen fragenden Blick hin erklärte meine Führerin mir, dass damit gemeint ist, dass man keine Selfies mit der Palastwache machen darf, denn in der javanischen Kultur gilt das Zudrehen des Rückens als Zeichen von mangelndem Respekt.
Nach der Palastbesichtigung sind Nanang und ich ein kurzes Stück mit der Fahrradrikscha gefahren, und haben uns dann einen Teil der ehemaligen, zum Palast gehörenden Parkanlagen angesehen. Mit dem Auto ging es dann weiter in das Stadtviertel Kotagede, wo ich eine geführte Radtour gemacht habe. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Eine Radtour. Kotagede ist ein Altstadtviertel und viele der Sträßchen und Gassen sind zu eng für Autos, was das Radfahren recht entspannt macht. Auch während der Radrundfahrt hat nicht Nanang die Führung gemacht, sondern ein Guide der Firma, die die Touren anbietet. Nanang hat in der Zwischenzeit ein bisschen Pause gemacht und Tee getrunken...
Wie schon bei der Kutschfahrt durch das Dorf vorgestern, hatte ich auch bei der Radtour Tourifallen erwartet, aber wieder lag ich vollkommen falsch. Wawa, mein Guide, hat mir eine kleine Bäckerei gezeigt, wo ein altes Ehepaar javanisches Hochzeitsgebäck – in Sternförmchen gegossener Rührteig – bäckt. Die Javaner müssen irgendwie was zu tun haben, habe ich den Eindruck. Ruhestand im Alter kennt man hier nicht, auch wenn man es eigentlich nicht mehr nötig hätte. Als nächstes haben wir einen Markt besichtigt, wo allerdings um diese Tageszeit - es war kurz nach 12 – nicht mehr so wirklich viel Betrieb war. Ich muss sagen, ich habe schon nettere und spannendere Märkte gesehen, aber der Besuch war trotzdem interessant – und brachte ein paar schöne Fotomotive, wie man im zweiten Bild sieht. Die alte Dame raspelte das Braune vom Kokosfleisch ab.
Die Radtour ging allerdings nicht nur durch die Gassen des Kampungs (Kampung ist die Bezeichnung für ein Stadtviertel, also einen Teil einer größeren Stadt... die "'hood", wie Rapper sagen würden), sondern auch auf den normalen Straßen. Um die Mittagszeit war zwar nicht so viel Verkehr, aber mit den ganzen Vespas und auch dem einen oder anderen Auto, und das kombiniert mit dem Linksverkehr, denn in Indonesien fährt man auf der anderen Seite, da musste man als mitteleuropäischer Radfahrer schon seine Sinne beisammen haben. Der letzte Programmpunkt der Radtour war ein Besuch auf einem alten Friedhof, der auch ein Ziel für Pilger ist. Viel los war da allerdings nicht, und auch wenn ich die kulturelle Bedeutung nicht in Abrede stellen möchte, so war es doch alles in allem eher unspektakulär. Am Ausgangspunkt der Radtour wartete Nanang schon auf uns und wir haben dann noch ein bisschen Kaffee getrunken, Erdnüsse gegessen und uns mit dem Besitzer der Radtourorganisation unterhalten.
Dann ging es zum Mittagessen, das mal wieder sehr lecker war, und sehr reichhaltig. Indonesien ist das Land der Berge... Berge, die Feuer spucken, und Berge von Essen... Mit dem Mittagessen war das Programm für heute beendet und wir sind zum Hotel zurückgefahren. Verkehrsbedingt haben uns die 25km dann aber gute zwei Stunden gekostet. Es kam mir jedoch nicht so lang vor, denn Nanang – mit dem ich beim Mittagessen über Karl May und Karl Marx diskutiert hatte (ja... beides keine Tippfehler) – hat mich auf der Fahrt über deutsche Geschichte gelöchert... Den Rest des Tages habe ich gemütlich auf der Veranda vor meinem Hotelbunglaow verbracht. So richtig viel Tag war ja nicht mehr übrig, nachdem wir erst um kurz vor halb 5 hier waren.
Morgen geht es weiter nach Solo/Surakarta... bin gespannt...
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