Reiselogbuch - 2010 Südengland
21. Juli 2010
Hello everybody and welcome to... ja, zum Reiselogbuch Südengland 2010. Tag eins und es gibt schon sooooo viel zu erzählen und während ich hier tippe überlege ich welches der vielen möglichen Motive ich zum Bild des Tages machen soll... Das wird keine leichte Wahl werden...
Los ging es heute morgen zur extrem unchristlichen Zeit von 4:30 Uhr, als mein Vater vor der Tür stand um mich nach Düsseldorf zu fahren. Air Berlin hatte nämlich kurzfristig meinen bequemen 10:30h-Flug auf 6:30Uhr vorverlegt. Hurra. Hatte im Nachhinein aber doch was Gutes – ich konnte nämlich das gesamte für heute geplante Programm durchziehen.
Einchecken ging problemlos, ebenso Sicherheitscheck und das Verladen in den Bus. Ja – und dann kam der Hammer. Statt dem gestern noch beim Online-Checkin angekündigten A319 erwartete mich ein Bombardier Dash 8-Q400. Zusammen mit der McDonnell-Douglas MD-11 ist das mein absoluter White-Knuckle-Flieger, den zu besteigen ich eigentlich, wenn es geht vermeiden möchte. Aber ich will hier nicht ins Detail gehen - das könnt Ihr alles nach meiner Rückkehr in der Flieger-Rubrik meiner Webseite nachlesen. Der Flug war dann bis auf die Rummmmssss-Landung aber doch ganz okay und ich bin heil in London-Stansted aus dem Flieger gestiegen. Dank der Zeitverschiebung war ich schon ne Viertelstunde nach dem Start dort.
Dann habe ich mich erstmal mit meinem dunkelblauen Vauxhall Corsa bekanntgemacht, mit dem ich in den nächsten 19 Tagen hier die Gegend unsicher machen werde. Ging schnell. Heute sind schon fast 200 Meilen zusammengekommen und das Fahren hat super geklappt. Ich war sogar schon im Parkhaus.
Um kurz vor acht war ich auf der Autobahn und unterwegs zur ersten Station des heutigen Tages – St Albans. Eigentlich wollte ich da hin, weil dort die erste Schlacht des sogenannten „War of the Roses“ (und später noch eine zweite) ausgetragen wurde. Ich also von der Autobahn runter und mich in die Stadt gestürzt... Die hat mir auf Anhieb gefallen. St Albans hat einen schnuckeligen mittelalterlichen Stadtkern, ne fesche Kathedrale, seit 2002 sogar mit einer Reliquie des heiligen Alban (Albanus/Albinus), der der erste christliche Märtyrer auf britischem Boden war und der – man höre und staune - in St. Pantaleon in Köln begraben ist. Vor acht Jahren haben die Kölner der Kathedrale von St Albans dann ein Schulterblatt spendiert. In römischer Zeit hieß St Albans noch Verulamium und war ne ziemlich große Siedlung. Man kann hier noch einige römische Ausgrabungen und ein Museum sehen, aber bis auf das – leider dann doch eher dürftige - Theater habe ich mir das alles gespart. Grundsätzlich kann man in St Albans aber locker nen Tag verbringen. Vom Schlachtfeld oder den dazugehörigen Lokalitäten habe ich im Endeffekt dann allerdings nichts gesehen weil ich die einschlägige Literatur nur im Koffer hatte und man in der Tourist-Information entgegen dem was ich gehört hatte keinerlei Ahnung von der Schlacht hatte.
Mit etwas schwerem Herzen bin ich dann mittags von St Albans aufgebrochen und zum zweiten Höhepunkt des Tages gefahren -Windsor Castle. Um es vorweg zu nehmen – die Queen war nicht zu Hause. Man merkt schon ziemlich deutlich, dass Windsor Castle eine der absoluten Top-Attraktionen in England ist. Es wimmelt nur so von Touris. Zum Glück verlaufen die sich aber ziemlich in den riesigen Sälen des Schlosses und haben mich insofern auch nicht ernsthaft gestört. Aber ich bin kein Freund von diesen Audio-Guide-Touren und habe mir deshalb die State Appartements im Schnelldurchlauf angekuckt. Da hat man in Windsor Castle echt keine halben Sachen gemacht. Die Wände hängen voller Kostbarkeiten – Rubens, Rembrandt, was das Herz begehrt und man kriegt auch etliche der Portraits englischer Könige, die man aus Büchern kennt im Original zu sehen. Leider nur mit Fotografierverbot. Ein bisschen surrealistisch wird das Schloss und alles drum herum dadurch, dass alle 2 Minuten ein Jumbo, der grade vom nur wenige Kilometer entfernten Heathrow gestartet ist, drüber hinweg donnert. Grundsätzlich hatte ich aber trotzdem eine Außenansicht von Windsor Castle als Foto des Tages vorgesehen und bin deshalb extra noch ein bisschen an der Themse entlang spaziert um nen guten Punkt zu finden. Aber dann kam der dritte Höhepunkt des Tages und hier bin ich auf die schönsten Motive gestoßen.
Der Steinkreis von Avebury ist sogar noch ein bisschen älter als der von Stonehenge und mit einem Durchmesser von 348m sogar der größte der Welt. Die erste Anlage wurde um 2600 v. Chr. begonnen. Wie bei allen diesen Bauwerken weiß man nicht wozu es wirklich gut war, aber heutzutage ist es ein guter Touristenanziehungspunkt. Avebury hat gegenüber Stonehenge allerdings den großen Vorteil, dass auf Grund seiner weniger spektakulären Architektur die Touristen nicht in Busladungen ankommen und deshalb ist das alles sehr beschaulich. Man kann zwischen den Steinen herum wandern und muss nur ein bisschen auf die Schafkötel achten. Alles in allem echt sehr schön und stimmungsvoll - und hat sich deshalb auch das Bild des Tages verdient. (Werden wohl nicht die letzten alten Steine sein, die ich Euch zeige und ich denke in Anbetracht der noch kommenden Kirchenbesuche werdet Ihr es wohl auch verschmerzen, dass die Kathedrale von St Albans es ebenfalls nicht zum Foto des Tages gebracht hat.)
Danach ging's nach Bristol, wo ich Quartier bezogen habe und morgen die Stadt auf die Hörner nehmen will. Kurz vor Bristol gab's dann auch noch ein Schäuerchen, nachdem ich den ganzen Tag Kaiserwetter hatte. Wenn das Wetter den Rest der Tour so ist wie heute gibt’s jedenfalls keinen Grund zum Motzen. Eines kann ich allerdings jetzt schon sagen, bevor ich die erste Nacht der Tour hinter mir habe: England ist soooooooooo schön.
Okay – das war's für heute. Schickt mir bitte noch ne kurze Bestätigung, dass Ihr die Mail bekommen habt. Bis morgen.
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22. Juli 2010
Heute stand Bristol auf dem Programm. Ich bin also nach einem sehr schönen englischen Frühstück mit dem Linienbus in die Stadt gefahren, mit allem Nötigen inklusive Schirm bewaffnet. Irgendwie wusste das Wetter heute den ganzen Tag nicht so richtig was es wollte. Ein paar kleinere Schauern hat's gegeben, aber ich bin zum Glück immer trocken geblieben.
Zuerst ging's in die Kathedrale. Nicht schlecht – aber vom Hocker gehauen hat sie mich dann auch wieder nicht. Der größte Teil des Hauptschiffs und die beiden Türme im Westwerk sind im 19. Jahrhundert gebaut worden zwar nach Original-Plänen, aber eben dann doch nicht richtig alt. Okay – als Rheinländer mit nem Dom, dem es ganz genau so ergangen ist, sollte ich mich vielleicht nicht beschweren. Tue ich indem Sinne auch nicht, und es war ja jetzt keine schlechte Kirche, aber sie hat mir nicht so gut gefallen wie gestern die Kathedrale von St Albans.
Als nächstes ging es auf's Wasser. Ich habe mir eine kleine Böötchenstour im Hafen gegönnt, nicht zuletzt, weil das der praktischste Weg war zur SS Great Britain zu kommen. Dieses Schiff hat die Seefahrt revolutioniert, denn sie war bei ihrem Stapellauf 1843 das erste Schiff der Welt, das einen Schrauben- statt eines Schaufelradantriebs hatte. Der Schraubenantrieb ist nämlich viel effizienter als es Schaufelräder sein können. Fast 90 Jahre war die Great Britain als Transatlantik-Dampfer, Auswandererschiff und Kohlenfrachter im Dienst und wurde dann auf den Falkland-Inseln auf Grund gesetzt um zu verrosten. Erst 1970 kam man ernsthaft auf die Idee, dieses historische Schiff für die Nachwelt zu erhalten. Sie wurde vom Südatlantik zurück nach Bristol gebracht und liegt jetzt genau in dem Trockendock, in dem sie vor über 150 Jahren gebaut wurde. Wieder richtig zu Hause also. Und wenn ich sage Trockendock, dann meine ich das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Rumpf der Great Britain ist nämlich unterhalb der Wasserlinie so rostig und marode, dass das Schiff nicht mehr schwimmfähig ist. Damit sie nicht weiter rostet hat man die Great Britain in ein Glasdach gesetzt und belüftet den unteren Teil ständig mit extrem trockener Luft – trockener als die Wüste von Arizona. Damit's aber trotzdem aussieht als würde das Schiff schwimmen sind oben auf den Glasscheiben ein paar Zentimeter Wasser. Super Effekt, vor allem wenn man von unten nach oben durch die falsche Wasseroberfläche kuckt. Als ich das gesehen habe wusste ich, was das Bild des Tages würde. Auch oberhalb der Wasserlinie ist das Schiff sehr interessant. Ein Museum, in dem gezeigt wird, wie vor 150 Jahren Atlantiküberquerungen aussahen. Wie die in den Betten schlafen konnten kann ich mir kaum vorstellen. Sehr spannend alles in allem und auf jeden Fall nen Besuch wert.
Nach dem Schiffsbesuch habe ich mich dann noch ein bisschen über den Hafen schippern lassen, bin ein bisschen durch Bristol spaziert und hab mir nen Kaffee in meiner Lieblingskaffeebud gegönnt.
Bristol ist ne nette Stadt. Jetzt nicht überwältigend mit Sehenswürdigkeiten gesegnet oder von Touris überrannt, aber ich glaube man kann hier gut leben. Das war zumindest mein Eindruck bei meinem Streifzug. Auch das Busfahren ist sehr bequem und einfach.
Am späten Nachmittag wollte ich dann noch auf den Cabot Tower, der oben auf dem Brandon Hill steht. Da soll man nen sehr schönen Blick auf die Stadt haben. Leider wird der Turm aber renoviert – war also nix mit Aussicht.
Morgen geht’s erst nach Bath und dann über Stonehenge nach Salisbury. Was man so liest denke ich, dass Stonehenge allerdings schlechte Karten auf das Foto des Tages für morgen hat. Aber mal sehen – vielleicht werde ich ja angenehm überrascht. Morgen Abend wisst Ihr mehr :-)
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24. Juli 2010
Heute war Kathedralentag. Los ging's allerdings erst mal mit einem Abenteuerfrühstück. Ich habe mir Kippers bestellt. Das sind geräucherte Heringe, zu denen es pochierte Eier und Brot gibt. Hmmm – mal was anderes. So schlecht war's auch nicht, aber dann doch nicht so wirklich das richtige zum Frühstück.
Nach dem Frühstück bin ich zu Fuß hier in Salisbury zur Kathedrale spaziert. Ein nettes Städtchen und ne absolut schicke Kirche. Die Kathedrale liegt mitten auf der grünen Wiese im sogenannten Cathedral Close, zu dem auch noch die anderen Gebäude des Kathedralenkomplexes, wie der bischöfliche Palast, gehören. Mit 123m hat die Kirche den höchsten Kirchturm Großbritanniens und ist ein recht frühes Beispiel für englische Gotik. Eigentlich wollte ich auch auf den Turm, aber die Vormittagsführungen waren schon ausgebucht und so bin ich dann am Boden geblieben. Aber auch so hat mir die Kathedrale von Salisbury super gefallen. Bemerkenswert an der Architektur ist übrigens, dass es keinen Chorraum mit einer runden Apsis gibt, sondern dass die Kirche mit einer graden Wand im Osten endet. Das hab ich auf dem europäischen Festland bei einer gotischen Kirche noch nicht gesehen. Hier in England gibt’s das aber außer in Salisbury unter anderem auch in der Bath Abbey und der zweiten Kathedrale des heutigen Tages. Gegen Mittag bin ich nämlich von Salisbury nach Winchester gefahren. Das sind zwar nur 25 Meilen, aber bei den Straßenverhältnissen hier – schmal, kurvig und wenn man nen Trecker vor sich hat mit kaum einer Chance zum überholen – dauert es ne gute dreiviertel Stunde bis man da ist.
Winchester als Stadt ist ähnlich wie Salisbury – klein und knuffig im Stadtzentrum, mit Fußgängerzonen und Fachwerkhäusern und Markt. Die Kathedrale in Winchester wirkt auf den ersten Blick bei weitem nicht so imposant, wie die von Salisbury. Vor allem hat sie nur nen Stummelturm. Was allerdings daran liegt, dass die Kirche auf nicht so festem Untergrund steht und der ursprüngliche Turm schon im Mittelalter eingestürzt ist. Dafür hat sie mit über 160m eines der längsten Kirchenschiffe in Europa. Auch in schönster Gotik.
Tja – was soll ich sagen? Ich bin irgendwie hin und her gerissen, welche der beiden Kirchen mir besser gefällt. Salisbury wirkt irgendwie erhabener aber auch unnahbarer. Und am Eingang zum Cathedral Close, der richtig von der Stadt abgetrennt ist, steht auf nem Schild, dass Ballspielen verboten ist. In Winchester sieht das anders aus. Hier liegt zwar die Kirche auch auf der Wiese aber mit mehr Kontakt zur Stadt und da heute Samstag war war auf den Wiesen rund um die Kirche richtig was los. Familienpicknicks, Ball spielende Kinder, Gruppen von jugendlichen Touristen. Das volle Leben. Am Ende habe ich mich dann auch für diese Szene als Bild des Tages entschieden. Auch wenn Salisbury heute abend noch mal richtig aufgetrumpft hat. Ich bin nämlich um kurz vor 5 heute nachmittag noch mal hier zur Kathedrale gegangen um die Fassade im Abendlicht zu fotografieren. Absolut Klasse. Und am Evensong habe ich auch teilgenommen. Da durfte man sogar im Chorgestühl sitzen. Das hab ich bisher im Rahmen von nem Gottesdienst nur im Kloster Steinfeld getan, als wir da mit dem Chor zum Probenwochenende waren. War auf jeden Fall sehr schön und mal was anderes hier in Salisbury. Und danach die Kirche noch mal in den Strahlen der langsam untergehenden Sonne. Okay – so langsam komm ich ins schwärmen.
Naja – das Bild des Tages hat trotzdem Winchester bekommen. Die lebendige Atmosphäre rund um die Kirche und die Gelassenheit, die die fast tausendjährige Kathedrale dabei ausstrahlt, haben dafür den Ausschlag gegeben.
Morgen ist der große Tag. Farnborough Air Show. Ich bin schon soooooo gespannt. Es wird also mit ziemlicher Sicherheit morgen abend ein Fliegerfoto geben.
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23. Juli 2010
N'abend zusammen. Ich bin ein bisschen öm, denn ich war zur Feier des Tages (siehe oben) hier in Salisbury im Pub. So richtig schön mit Pub Food (okay – ein Steak ist jetzt nicht das klassische Pub Food) und Bier und Cider und Walker's Salt and Vinegar Crisps. Ich liebe England... *lach...
Begonnen hatte der Tag in einem wolkenverhangenen, diesigen Bristol. Ich bin noch ein bisschen sightseen gefahren – zur Avon River Gorge und zur Clifton Suspension Bridge. Die Brücke ist ein weiteres Baby von Isambard Kingdom Brunel (hört auf zu lachen, ich kann ja auch nix dafür, dass der so hieß), einem der, wenn nicht der größte Ingenieur Großbritanniens. Brücken, Schiffe (erinnert Euch an gestern), Eisenbahnen, Tunnel – der hatte echt alles drauf. Die Clifton Suspension Bridge geht in 76m Höhe über den Avon und war Brunels erster großer Auftrag.
Danach ging's nach Bath. Hier gibt es die einzigen heißen Quellen Großbritanniens und darüber haben sich schon die Römer so gefreut, dass sie in dem Ort, der damals noch Aquae Sulis hieß eine Therme angelegt und eine Stadt gegründet haben. Die Roman Baths von Bath gehören zu den am besten erhaltenen Anlagen dieser Art überhaupt und sind damit natürlich schon seit 2000 Jahren eine super Touristenattraktion. Bei weitem nicht so groß wie die Kaiserthermen in Trier, haben die Badeanlagen von Bath allerdings den Vorteil, dass es hier noch echtes, und dazu durch Erdwärme erhitztes Wasser gibt. Die vielen Touristen, die hier rein drängen, verlaufen sich in der Anlage ziemlich und so kann man in ziemlicher Ruhe rumlaufen und sich alles ankucken. Ist als Museum auch sehr schön gemacht, da gab's echt nix zu meckern.
Nach den Thermen ging's zuerst in die Bath Abbey. Zwar keine Kathedrale aber doch eine sehr schicke gotische Kirche. Allerdings störten die Monitore und Leinwände etwas, die im Mittelschiff aufgestellt waren, weil da heute Nachmittag irgendeine Veranstaltung stattfinden sollte. Ich habe mich daher mehr auf Detailaufnahmen der im Perpendicular Style der Gotik gehaltenen Gewölbe konzentriert. Auf dem Kontinent kennt man sowas nicht. Zumindest ist es mir noch nirgends begegnet.
Anschließend ging es auf Stadtspaziergang durch Bath mit den bekannten Reihen von Häusern im georgianischen und viktorianischen Stil. Bisher hatte ich das eigentlich eher auf Luftaufnahmen gesehen und ich gebe zu, dass es von oben echt eindrucksvoller aussieht, weil man da die Formen besser erkennen kann. Aber auch am Boden ist es schön anzusehen. Insgesamt hat mir Bath echt gut gefallen, trotz der vielen Touristen. Wohnen möchte ich da allerdings nicht. Da wäre mir Bristol echt lieber.
Und dann ging's als nächstes zu einer der großen Unbekannten dieser Reise. Stonehenge. So vieles hatte ich schon gehört und gelesen, und wenn ich mich auch an nicht mehr so viel von meiner England-Reise mit der Oma im Jahr 1977 erinnern kann, so weiß ich zum Beispiel noch, wie wir in Stonehenge zwischen den Steinen rum gelaufen sind. Tjaaaaa... was soll ich sagen? Es war rappelvoll... Hundert Autos mindestens und ein Dutzend Reisebusse. Man musste erst mal ne gute Weile anstehen bevor man überhaupt Eintrittskarten bekam und dann schob sich der Zug von Touris in Richtung Weltkulturerbe. Und was soll ich sagen? Es hat doch irgendwas. Ich glaube in Anbetracht der Horden von Menschen, die hier täglich hinkommen ist es gut, dass man nicht mehr zwischen den Steinen rum laufen darf. Man kann auf diese Weise sogar Fotos fast ohne Leute machen. Und es sind immerhin alle außen vor. Jeden Tag werden jeweils morgens und abends vor bzw. nach den regulären Öffnungszeiten 26 Leute in den Steinkreis gelassen, aber diese Stone Circle Access Tours sind oft auf Wochen im Voraus ausgebucht und ich habe für meinen Aufenthalt hier keine Karten mehr gekriegt. War aber auch nicht so schlimm. Jedenfalls tummelten sich Heerscharen von Menschen außen um die Steine, die Fotomöglichkeiten waren gar nicht so schlecht und am meisten Spaß hatten, glaube ich, die Stare, Krähen und Dohlen, die sich nach Herzenslust auf und um die Steine tummeln konnten ohne dass einer der Aufpasser was gesagt hätte. Von Atmosphäre kann allerdings trotzdem nur sehr begrenzt die Rede sein und ich bin froh, dass ich Euch schon die Steine von Avebury als Foto des Tages präsentiert habe. Ich glaube mit Stonehenge ist das so ähnlich wie mit den Niagara-Fällen. Einmal sehen reicht. Und so hat der Steinkreis es – Weltkulturerbe hin oder her – auch nicht zum Foto des Tages geschafft.
Stattdessen gibt es heute im Bild des Tages gleich zwei Höhepunkt des 23. Juli – die Thermen von Bath mit der Bath Abbey im Hintergrund. Sehr klassische Ansicht. Übrigens – wenn es so scheint als wäre die Kirche riesig groß, dann täuscht das. Das heutige Straßenniveau von Bath ist vier Meter höher als zur römischen Zeit.
Morgen gibt es zuerst nen ausführlichen Rundgang hier in Salisbury, unter anderem und vor allem mit der Kathedrale. Am Nachmittag werde ich dann nach Winchester fahren und auch da die Kathedrale ankucken. Rechnet also mit mehr alten Steinen.
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25. Juli 2010
Also, ich wage mal eine Zukunftsprognose... Wenn nichts wirklich außergewöhnliches dazwischen kommt, dann bin ich Mitte Juli 2012 in Farnborough. Ich bin ja mittlerweile was Luftfahrtangelegenheiten angeht nicht mehr so ganz so leicht zu beeindrucken, aber heute das hat mich dann doch etwas von den Socken gehauen. Aber von vorne...
Um viertel vor neun heute morgen bin ich in Salisbury aufgebrochen und stand knapp anderthalb Stunden später in Farnborough auf dem Parkplatz. Vielleicht sollte ich noch kurz was allgemeines zur Farnborough Air Show sagen. Das ist nach dem Aerosalon in Paris-Le Bourget eine der größten Luftfahrtmessen der Welt. Die Veranstaltung dauert eine Woche, wobei Montag bis Freitag für das Fachpublikum ist und die wichtigen Geschäfte getätigt werden und Samstag/Sonntag dann auch jedermann rein darf. (Okay – so ganz stimmt das nicht, denn freitags ist Enthusiast Day, wo das besonders interessierte Laienpublikum gegen nen kleinen Aufpreis schon zu den Fachbesuchern reingelassen wird. Das weiß ich aber erst seit heute.)
Parkplatz war ne große Wiese wie bei einer Großveranstaltung halt üblich, allerdings in diesem Fall nur ein paar Meter neben der Startbahn des Farnborough Airfield. Und es waren Himmel und Menschen hier. Das ganze hatte echt Volksfest-Charakter. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab Fressbuden, Karrussels für die Pänz und Spielsachen aus Aluminium und Kohlefaserverbundstoffen zum Ankucken für die Großen. Es war zwar sehr voll, aber so wirklich gestört hat mich das noch nicht mal, obwohl ich bei Massenveranstaltungen ja sonst sehr empfindlich und schnell eingeschnappt bin. Dafür gab's zuviel zu tun und zu kucken. Und die Zeit zwischen meiner Ankunft um viertel nach zehn und dem Beginn des Flugprogramms um halb eins war einfach viel zu kurz. Ich hab's nicht mal bis zum Stand von Boeing geschafft und auch etliche der ausgestellten Flugzeuge sind mir durch die Lappen gegangen (wobei mich da eigentlich nur ärgert, dass ich die Saab Gripen nicht gesehen habe). Dafür habe ich mich aber sehr nett im Pavillion von Airbus mit einem der Messemenschen unterhalten und habe bei Viking Air aus Kanada, die die Fertigung der DeHavilland Canada DHC-6 Twin Otter wieder aufgenommen haben, sogar nen Messeprospekt abgestaubt. Ich glaube der Typ war einfach froh, dass heute am letzten Tag noch jemand seinen Flieger knipsen wollte. Das Laienpublikum hat an solchen Maschinen in der Regel weniger Interesse. Da glaube ich war in der vergangenen Woche am Stand von Viking Air mehr los.
Um kurz nach zwölf habe ich mich aufgemacht zu Haupttribüne, für die ich ne Zusatzkarte hatte und irgendwo war es jetzt beim ersten Mal auch ganz gut, dass ich das gemacht habe, denn man kann schon echt besser sehen und hat nen Klappsitz. Um Punkt halb eins begann das Flugprogramm und direkt mit einem richtigen Kracher. Bis heute hatte ich noch nie eine Jet-Kunstflugstaffel gesehen. Und heute gab's direkt die Red Arrows – Vorführtruppe der Royal Air Force in ihren ferrariroten, mittlerweile 30 Jahre alten BAe Hawks, und eine der wenn nicht die beste Kunstflugstaffel der Welt. Ich muss sagen: sowas Schönes habe ich bisher nur sehr selten gesehen. Eine halbe Stunde haben die acht Jungs und das eine Mädchen (genau – mittlerweile haben die Red Arrows eine Frau am Steuer) exerziert und mir ist die Spucke weg geblieben. Die erste Hälfte der Show war Präzisionsformationsflug in einer Nine-Ship-Formation. Das war wie Ballett oder Spanische Hofreitschule am Himmel. Absolut unglaublich. Und dann, als ich schon dachte es geht nicht besser, legten die Red Arrows noch ne ordentliche Schüppe drauf und es gab dann Vorführungen von 4- und 5-Flieger-Formationen inklusive Solo- oder Duett-Einlagen und plötzlich schien der Himmel über Farnborough voll mit diesen roten Flugzeugen und man hatte nicht Augen genug. Klar natürlich, dass die Red Arrows auch das Foto des Tages bekommen haben. Aber auch die anderen Vorführungen waren nicht schlecht, wobei es da zwei verschiedene Arten gab. Einerseits die einfachen Show-Vorführungen, wie zum Beispiel die Red Arrows, aber auch historische Flugzeuge aus dem ersten und zweiten Weltkrieg, eine Propellerkunstflugstaffel aus ehemaligen RAF-Piloten oder eine Fallschirmspringervorführung. Andererseits gab es dann auch die Messevorführungen von Fliegern, die man hier hätte kaufen können. Vom A380 bis zum Typhoon war echt vieles zu sehen. Der A380 war auch ein echter Hammer. Dieses Flugzeug hat Manöver geflogen, die man so nem schweren Gerät gar nicht zugetraut hätte. Zum Glück ohne Passagiere, denn dann hätten die Spucktüten wahrscheinlich nicht ausgereicht.
Den Auftakt der Militärflieger machte Boeing mit der F/A-18F Super Hornet, die inzwischen die Rolle der F-14 Tomcat übernommen hat. Wenn ich das nächste Mal zu ner Airshow fahre dann nehm' ich Gehörschutz mit. So mussten es auch Taschentücher tun. In der Sekunde, wo die Super Hornet mit Vollgas von der Piste abhob, gingen auf dem Parkplatz die Alarmanlagen der Autos an. Noch Fragen? *lach... Den besten Sound hatte allerdings – was angesichts seiner zwei Rolls Royce-Triebwerke kein Wunder war – der Eurofighter Typhoon. Dieses Teil ist einfach nur schick (siehe hierzu auch mein Reiselogbuch Malta). Und um zu zeigen was die Maschine drauf hat war sie mit maximaler Zuladung unter den Flügeln – Bomben, Raketen und Zusatztanks – ausgestattet. Also wenn das dem Flieger etwas ausgemacht hat, dann ist es mir jedenfalls entgangen. Tja – einziger kleiner Wermutstropfen war, dass die Avro Vulcan, ein antiker britischer Jet-Bomber, wegen eines Defekts nicht fliegen konnte. Die hätte ich noch gerne gesehen. So bildete dann die Vorführung des Typhoon den Abschluss des Tages.
Jetzt sitze ich grade in der Lounge meines Hotels in Lyndhurst im Herzen des New Forest. Irgendein Router ist ausgefallen und so kann ich leider vom Zimmer aus nicht online gehen. Dumm. Aber nicht so schlimm. Heute abend gab's übrigens sehr leckeres indisches Essen im „Passage to India“ hier in Lyndhurst. Für morgen ist viel fahren angesagt, denn ich habe vor, auf dem Weg nach Exeter ein paar Umwege zu benutzen. Bin mal gespannt, was ich Euch morgen abend berichten kann. So – und jetzt Feierabend, bevor das hier ein Roman wird.
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