21. Juli 2025

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Gnus, um genauer zu sein der Weißbartgnus. Ein Exemplar seht Ihr im ersten Bild des Tages. Um sechs Uhr ging es heute morgen auf die Piste, denn wir hatten einen weiten Weg zurückzulegen bis in den Norden der Serengeti. Hier, in der Nähe der kenianischen Grenze, halten sich die riesigen Gnuherden, für die die Serengeti so bekannt ist, um diese Jahreszeit auf. Die große Wanderung der Millionen von Gnus ist ein weltbekanntes Naturschauspiel, und sie hängt mit dem Nahrungsangebot zusammen. In der Regenzeit sprießt auf den riesigen Kurzgrasflächen im Süden, durch die wir gestern gefahren sind, junges Grün. Ideal, um dort die Jungen zu bekommen. Wenn diese Nahrungsquelle zur Neige geht, dann wandern die Gnus nach Norden, wo durch die zu einer anderen Zeit stattfindenden Regenfälle jetzt im Juli und August alles grün ist.
Ein besonderes Ereignis ist es, wenn die Gnus hier im Norden den Mara-River überqueren. Natürlich hatte ich davon schon gehört, gelesen und Berichte gesehen. Aber ich habe heute trotzdem noch einiges gelernt. Die Flussüberquerung des Mara (und des Grumeti River) ist nämlich kein singuläres Ereignis im Rahmen der großen Wanderung, sondern die Gnus wechseln hin und her, manchmal am gleichen Tag. Die Gnus erinnern mich außerdem an ne große Schülergruppe auf Klassenfahrt. Läuft einer vor, laufen alle hinterher, und rote Ampeln werden ignoriert. Schwierig ist es allerdings, das Ereignis zu beobachten. Auch das hatte ich mir nicht so vorgestellt. Ich war davon ausgegangen, dass es eine Handvoll feste Überquerungsstellen gibt und da ziehen sie halt rüber (oder eben auch nicht). Dem ist aber nicht so. Man weiß nie vorher, wo eine Gnuherde durchs Wasser zieht, und damit bekommt die ganze Veranstaltung etwas sehr Chaotisches.
Unsere Fahrt führte heute zuerst durch den Nationalpark und dann aber hinaus und außerhalb über zum großen Teil für tansanische Verhältnisse sogar recht gute Straßen. (Zum Zustand der Straßen hatte ich ja schon mal was gesagt.) Am Tabora B-Gate sind wir wieder in den Park hineingefahren und dann mit ein paar kurzen Umwegen rechts und links zum Pirschen direkt bis zum Mara-River.
Schon seit Längerem taucht entweder „Great Migration“ oder „Serengeti Nationalpark“ auf fast jeder Instagram-Liste dessen, was man angeblich gemacht haben muss, auf, und so waren wir hier nicht alleine. Im Gegenteil. Davis hatte uns erklärt, dass man quasi die Gnuherde im Auge behalten muss, bis sie sich in Bewegung setzt und dann fährt man los, um am Flussufer einen guten Platz zu ergattern, um das Schauspiel zu sehen. Das klingt noch sehr ordentlich, aber Davis hatte direkt nachgelegt, dass es echt wild würde, „Like Fast and the Furious“, und dass wir uns gut festhalten sollten. Da wir drei ja mittlerweile buckelpistenerprobt sind, war das unsere leichtere Übung. Davis hatte nicht zu viel versprochen. Rund 120 Autos versuchten, einen aussichtgewährenden Punkt entlang des Mara-Rivers zu finden, als es zum ersten Mal los ging. Schon echt verrückt und weder wildnisromantisch noch in irgendeiner Weise würdevoll. Aber man ist ja deswegen hier und entsprechend haben wir natürlich auch mitgemacht. 
Die erste Überquerung haben wir nur durch die Scheiben der anderen Autos gesehen. Von wegen „beeindruckendes Naturschauspiel“. Dann ging’s ans Warten. Mittlerweile haben Susanne, Folker und ich den Landcruiser zu sowas wie unserem fahrenden Wohnzimmer gemacht. Hier wird gegessen und geschlafen und natürlich auch erzählt und aus dem Fenster nach Tieren gekuckt. Ungemütlich war das Warten also nicht, es wurde allerdings so alle dreiviertel bis ganze Stunde unterbrochen von Davis’ Bemühungen uns umzuparken und einen guten Platz für die nächste den Mara querende Gnuherde zu finden. Ab 14 Uhr, die Zahl der Autos hatte sich inzwischen auch deutlich verringert, wurde es dann besser. Die Fotoausbeute war zwar noch weit weg von beeindruckend, aber immerhin kriegt Ihr im zweiten Bild des Tages mal einen Eindruck.
Die Flussüberquerungen dauern immer nur ein paar Minuten und dann kehrt wieder Ruhe ein, während die Gnus überlegen, was sie wollen und ihrem normalen Tagesgeschäft, nämlich Fressen und Wiederkäuen, nachgehen. Da können auch schon mal Stunden vergehen und so haben wir den größeren Teil des Nachmittags weiter mit Warten verbracht. Zur Unterhaltung hat dabei auch beigetragen, dass Davis mit unserem Toyota einen anderen Landcruiser von Tanzania Specialist, der sich festgefahren hatte, aus einem Schlammloch gezogen hat. Nach dem er uns im Anschluss an die Rettungsaktion wieder im Schatten geparkt hatte, stellte er fest, dass ihm sein Radmutterschlüssel abhanden gekommen war. Das Werkzeug musste noch irgendwo in der Nähe des Schlammlochs liegen, wo der Kollege mit seinem Jeep versackt war…. In ungefähr 50m Entfernung… im hohen Gras der Serengeti. Wir haben nicht schlecht gestaunt, als er eine große Panga (bei uns besser bekannt als Machete) unter dem Fahrersitz hervorzog und so bewaffnet durchs Gras marschierte und zwei Minuten später mit seinem Schraubenschlüssel zurückkam.
Gegen halb vier, als die Gnus die wir im Visier hatten, immer noch keine Anstalten machten, den Mara zu überqueren, haben wir uns dann aber auf den Weg zur Lodge gemacht. Wir wohnen hier sehr fein und komfortabel in der Malaika Mara Tented Lodge. Wirklich sehr schön gelegen, mitten im Buschland der Nordserengeti und mit fast allem nötigen Komfort ausgestattet, außer - draußen brüllen gerade Löwen – mit einem Zaun. Wenn man im Dunkeln unterwegs sein will, muss man mit dem Funkgerät die Rezeption anrufen und die schicken dann jemanden, der einen abholt.
Morgen geht es schon wieder um 6 los. Davis will einen weiteren Versuch unternehmen, die Flussüberquerung vor unsere Augen, Linsen und Handys zu bekommen. Morgen wird es einfacher, da wir viel früher vor Ort sein können, denn wir müssen nicht so weit fahren. Es gibt also auch morgen wieder Frühstück und Lunch aus der Box… *lach… 


Die Tagesliste: Gnus, Gnus, Gnus, Zebras, Elefanten, Giraffen, Impalas, Anubispaviane, Topis, Kuhantilopen, Warzenschweine, Hippos, Krokodile und zwei Hyänen.


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