23. Juli 2014

Ich bin in El Paso - meine einzige Übernachtung in Texas auf dieser Reise, und eine Stadt, an die ich von meinem ersten Besuch 1994 keine guten Erinnerungen hatte.
Heute gäbe es wieder genug für drei Seiten zu erzählen, aber ich verspreche, soviel wird’s nicht. Es ist schon kurz nach Mitternacht, als ich anfange, das Logbuch zu schreiben und morgen kann ich auch wieder nicht ausschlafen.
Mein Handywecker ging heute morgen um 7, denn ich wollte früh los. Der Tag war nämlich ziemlich vollgeplant, und ich muss zu meiner Schande auch gestehen, absolut suboptimal arrangiert. Nicht nur, dass ich heute die längste Tagesetappe der gesamten Tour vorhatte. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn ich mich nur auf's Von-Tucson-nach-El-Paso-Kommen beschränkt hätte. So war's eigentlich auch gedacht. Aber im Laufe der Reise und der Lonely Planet-Lektüre sind dann zwei Programmpunkte dazugekommen, die locker mal 100 Meilen zusätzlich auf den Meilenzähler gepackt haben. Und ich muss sagen, ich bin froh über beide.
Die erste Station war in Tombstone, Arizona. Wären die Straßen nicht mittlerweile asphaltiert, dann könnte man meinen die Zeit wäre 1881 stehen geblieben, jenem Jahr in dem die Brüder Earp - Wyatt, Morgan und Virgil (der zu dieser Zeit Marshall von Tombstone war) - sowie ihr Freund Doc Holiday siegreich aus der Schießerei im O.K.Corral hervorgingen. (Ich empfehle dazu den Film Tombstone mit Kurt Russell als Wyatt Earp und Val Kilmer als Doc Holiday.)
Tombstone ist eigentlich nur ein Nest, aber es gibt sich als Wildwest-Freilichtmuseum. Leute laufen in Cowboy-Klamotten durch die Straßen, die Schießerei im O.K.Corral wird mehrmals täglich für die Touristen nachgestellt, und man kann sich von der Postkutsche durch die Straßen fahren lassen. Ich war vom Lonely Planet gewarnt worden, dass Tombstone ein Touri-Falle ist. Das stimmt auch, aber irgendwie ist es auch niedlich. Die Postkutschen werden statt von sechs bis acht feurigen Rossen von zwei eher müden Kaltblütern gezogen (siehe Bild des Tages), und in den Häusern entlang der Main Street sind jetzt meist Souvenir-Läden. Was aber echt schön ist, das ist das Court House, das heutzutage ein Museum beherbergt wo man viele Original-Gegenstände aus der damaligen Zeit sehen kann.
Eine Neuinszenierung der Schießerei im O.K.Corral habe ich mir aus Zeitgründen heute gespart, und die anderen Gunfights, die angeboten wurden, interessierten mich nicht wirklich. Ich habe mir allerdings noch den Friedhof, Boot Hill Cemetery, angekuckt, wo unter anderem die von den Earps erschossenen Bösewichter liegen, und man darüber hinaus auf den hölzernen Grabtafeln sehen kann, woran die Leute gestorben sind. Da findet sich dann zum Beispiel „Red River Tom – shot by Ormsby“ und ein paar Gräber weiter „Ormsby – shot“. Da weiß  man nicht ob man lachen oder betroffen sein soll.
Von Tombstone ging es durch das landschaftlich sehr schöne, weil  gar nicht so wüstenhafte Südost-Arizona zum Chiricahua National Monument. Auch dies eine Programmänderung sozusagen in letzter Minute, aber die hatte es in sich. Solche Felsformationen wie dort habe ich selten irgendwo gesehen. Echt umwerfend, und mit Sicherheit auch eines Fotos des Tages würdig. Aber da es in diesem Reiselogbuch schon so viele Steine zu sehen gab, habe ich mich für das Bild aus Tombstone entschieden.
Leider hatte ich nur zwei Stunden Zeit im Chiricahua National Monument. Das reichte nur für ein bisschen spazieren fahren, die Landschaft genießen und einen Kurz-Hike von einer knappen Meile. Aber wenn ich noch mal hier in der Gegend bin, dann werde ich nen Tag oder zwei für den Park einplanen. Vögel und andere Tiere gibt’s hier übrigens auch. Das Geflügel hat sich allerdings ziemlich rar gemacht, da es recht windig war, und das ist zum Vögel beobachten immer ungünstig. Trotzdem gab's eine neue Vogelart (der Mexiko-Häher) zu meiner persönlichen Liste. Damit bin ich für diese Tour bei bisher 61 beobachteten Vogelarten, von denen 14 neu auf meiner Nordamerika-Liste sind.
Um 15 Uhr bin ich vom Chiricahua National Monument aufgebrochen. „Gut vier Stunden Fahrt bis El Paso“ hatte man mir dort im Visitor Center gesagt. „Naja“, hab ich gedacht, „dann bin ich um kurz nach sieben da. Geht ja noch.“ Und dann fiel mir die Stunde Zeitverschiebung ein. Ich bin nämlich heute wieder ne Stunde näher an Mitteleuropa rangerutscht.
Im letzten Dämmerlicht habe ich mein Hotel hier direkt am Flughafen von El Paso erreicht. Eigentlich hatte ich bei der ursprünglichen Reiseplanung noch ein bisschen Spotten im Hinterkopf, aber davon konnte keine Rede mehr sein. El Paso ist übrigens keine schöne Stadt. Und wenn man erst mal den meterhohen Zaun gesehen hat, der El Paso von Ciudad Juarez, dem Gegenüber auf der mexikanischen Seite, trennt, dann denkt man an die innerdeutsche Grenze... oder ans Westjordanland. Und die Leute fahren hier Auto, dass man sich an Neapel erinnert fühlt. Sehr unamerikanisch.
Das Hotel in Flughafennähe hat allerdings noch einen anderen Vorteil. Ich habe El Paso schon im Rücken und kann mich morgen früh zügig auf den Weg machen. Auf dem Programm steht für morgen unter anderem der Carlsbad Caverns Nationalpark.
Oh -  ein Geburtstagsdinner gab's auch noch, in nem Steakhouse in Fußnähe zu meinem Hotel hier. Und das Prime Rib, das ich mir gegönnt habe, war Spitzenklasse. Das einzige Positive, was mir bisher zu El Paso einfällt. Okay – mein Hotel hier ist auch absolut in Ordnung – was die Absteige, wo ich 1994 genächtigt habe, kein bisschen war. Aber trotz dieser beiden Pluspunkte werde ich mich, glaube ich, mit El Paso nicht mehr anfreunden.
 

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27. März 2010

Hallo zusammen und herzlich willkommen zur Reisesaison 2010. Ich bin in Singapur – und ganz schön platt. Immerhin habe ich heute den weitesten Flug meiner Passagierkarriere getätigt. Von Paris nach Singapur sind es 10.736km, „as the crow flies“, wie der Engländer sagt. Nicht, dass sich Krähen jemals diese Mühe machen würden. Außerdem war's der schnellste Flug meiner Passagierkarriere, mit durchschnittlich 896km/h. Wir hatten teilweise echt guten Rückenwind. Entsprechend hat der Rückflug in zwei Wochen auch das Potential, neuer Spitzenreiter in der Kategorie 'Längster Flug' zu werden.
Naja – was soll ich sagen? Lange Flüge gehen mir inzwischen ziemlich auf die Nerven. Ich wünsche mir echt immer so schnell wie möglich da zu sein. Noch dazu kam, dass es heute der Tag der Verspätungen zu werden schien. Sowohl der Flug von Düsseldorf nach Paris, als auch der von Paris nach Singapur starteten mit 25 Minuten Verspätung. In Paris hat mich das dann doch ein kleines bisschen ins Schwitzen gebracht, denn ich musste dort von einem Terminal zum anderen. Und nach meinen Erfahrungen aus dem Jahr 2007, wo ich zum ersten mal in meiner Reisetätigkeit nen Flieger verpasst habe, wollte ich mich da nicht auf Shuttlebusse und ähnliches verlassen sondern nur auch mich selbst. Also wurde zu Fuß umgestiegen und jeder, der schon einmal in Paris Charles de Gaulle im Terminal-Komplex 2 war, weiß wie groß das da ist.
Der Flug war dann allerdings überraschend gut. Meine Befürchtungen an die Enge in der 777-300ER der Air France (übrigens mein erster Flug überhaupt mit diesem Fliegertyp) haben sich nicht wirklich bewahrheitet und ich habe sogar ziemlich gut geschlafen. Wobei ich nicht genau weiß, was daran den größten Anteil hat – das Heineken und der Dewars Whisky (eine Marke, die ich garantiert NICHT noch mal probieren werde, aber Air France hatte nix anderes und Ihr wisst ja: „In der Not frisst der Teufel fliegen“), oder dass ich am Freitag morgen um 6 aufgestanden war und noch einen vollen Schultag hatte. Das Essen im Flieger war dann ne echte Überraschung. Bei einer französischen Fluggesellschaft ist man ja fast geneigt, sowas voraus zu setzen, aber es war richtig lecker, so wie ich es seit Ewigkeiten nicht erlebt habe. Und reichlich.
Trotzdem war ich froh, als unser Fahrwerk endlich mit einem heftigen Rumpeln den Asphalt des Flughafens Changi in Singapur küsste. Einreise und Gepäck – das ging alles unproblematisch und am Ausgang erwartete mich bereits der Fahrer vom Hotel. Ich wohne hier im The Quincy Hotel, das mir mein Vetter Schorsch empfohlen hat. All-Inclusive. Die Minibar und 3 Mahlzeiten am Tag sind mit im Preis drin... UND eben der Transfer vom Flughafen zum Hotel – in ner Benz-Limousine. Nicht schlecht, sag ich mal. Trotzdem – das Wichtigste ist mir jetzt erst mal, dass es das Bett tut. Morgen steht Spotten auf dem Programm. Wie es dazu kam ist ne längere Geschichte und die erzähle ich Euch morgen.
Das Foto des Tages entstand, weil ich echt alles richtig gemacht und den mir vom Reisebüro gebuchten Platz auf der rechten Seite des Fliegers beim Online-Checkin gegen einen auf der linken Seite eingetauscht habe. Es zeigt Singapur im Sonnenuntergang und die ganzen vor der Insel auf Reede liegenden Schiffe.
Zum Abschluss des ersten Tagesberichts habe ich noch die Standardbitte: schickt mir eine kurze Email, damit ich weiß, dass das Reiselogbuch in lesbarem Zustand bei Euch angekommen ist. Danke im Voraus – und bis morgen.