Sonntag, 8. Oktober 2006
Sorry fuer die Verspaetung... das bloede Hotel in Algeciras hatte ein Internet-Problem... ich hoffe das hat sich heute abend erledigt. Im Moment sitze ich in Gibraltar im Internet-Cafe
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Eine Woche ist rum...
Hallo zusammen...
Der siebte Tag war heute und eigentlich einer, für den ich gar nix Spezielles geplant hatte. Gestern abend meinte mein "Reise Know How"-Reiseführer mir dann erzählen zu müssen, dass man auf jedenfall nach Ronda sollte. "Okay", hab ich mir gedacht - "dann fahren wir mal nach Ronda." Zuerst hab ich mich dann auf dem Weg aus Málaga raus ein paar Mal kräftig verfahren... war übrigens nicht das letzte Mal am heutigen Tag. Grundsätzlich ist Spanien zwar gut beschildert, aber diese Schilder fehlen eben manchmal. Das macht die Sache dann etwas schwieriger. Und Karten aus Deutschland kann man hier total in die Tonne kloppen. Sowohl die ADAC-Karte als auch die in meinem Reiseführer haben sich als ahnungslos erwiesen. Der ADAC wusste nicht mal, dass hier in Andalusien etliche Straßen neu numeriert worden sind. Wenn ich wieder zu Hause bin werde ich da mal vorbeigehen und denen ein paar Tipps geben.
So - da komme ich also in Ronda an und werde am heiligen Sonntag von ner Touristen-Lawine begrüßt :-( Nachdem ich mich mit dem Auto schon durch den halben Ort gequält hatte auf der Suche nach einem Parkplatz und nur Menschenmassen gesehen hab, war ich schon fast wieder soweit zu sagen, "Das war's, ich verdrück mich hier". Aber dann kam doch noch ein freies Parkhaus und so endete ich erst mal in Ronda. Zum Glück bin ich nicht weitergefahren :-) Ich hab mich dann erst mal in kurze Hose geschmissen (28 Grad und Sonne - da kommt das ganz gut) und bin in den ort gedackelt, um was für's Mittagessen zu finden und das gelang mir dann auch an einem malerischen platz vor einer der Kirchen der Stadt inmitten etlicher anderer Touris... größtenteils aus Deutschland. Danach bin ich ein bisschen spazieren gegangen und hab mir die Schluchten über denen die Stadt liegt angekuckt... und dann... ja dann, bin ich zur Plaza de Toros...
Ronda gilt als die Geburtsstadt des modernen Stierkampfes und besitzt darüber hinaus die weitläufigste, wenn auch nicht an Sitzplätzen größte Arena. Tja und da stand ich, im weiten Rund, auf dem mit Sand bestreuten Hartplatz und sah hinauf in die Ränge. Man kuckt sich alles an... geht rund, setzt sich mal hin um zu sehen, was man von den Rängen aus sieht und dann geht's hinter die Kulissen...
An dieser Stelle muss ich mal ein bisschen weiter ausholen: Stierkampf, das ist echt ein Kapitel für sich. Ich hab vor ein paar Tagen erwähnt, dass ich mich an nichts aus meiner ersten Reise nach Andalusien erinnere. Was die Orte und Sehenswürdigkeiten angeht stimmt das bisher auch immer noch. Auch an die Arena in Ronda, die ich schon damals vor 31 Jahren besucht habe, konnte ich mich heute kein bisschen erinnern. Aber das mich damals Stierkampf fasziniert hat, das weiß ich noch. Ich hatte dutzende Postkarten mit Stierkampfmotiven, ein kleines Buch mit Erklärungen in geradebrechtem Deutsch, das ich erst ein Jahr später dann auch lesen konnte, denn schließlich kam ich in dem Jahr, wo ich in Andalusien war erst in die Schule. Ich hatte sogar nen Stier aus Hartplastik mit Nylonfell... und jetzt, 31 Jahre später bin ich wieder in Spanien. Schon im Vorfeld dieser Tour hatte ich mich natürlich per Internet schlau gemacht, ob es während der Tour eine Möglichkeit gäbe, eine Corrida mal live zu sehen... Naja - der Zeitpunkt der Tour hat mich der Entscheidung, ob ich da wirklich hingehe, enthoben, denn die Saison für Stierkämpfe endet im September und nur in Madrid kann man Anfang Oktober noch welche sehen.
Was fasziniert mich am Stierkampf? Ich hab natürlich auch "The Sun Also Rises" von Ernest Hemingway gelesen, und "Death in the Afternoon" hab ich mir im Sommer in Key West, dem Ort, wo er das Buch geschrieben hat, gekauft, aber noch nicht gelesen. Ist Stierkampf barbarisch? Kann ich nicht sagen - ich hab noch keinen gesehen. Der Kampf Mensch gegen Bestie? Gut gegen Böse? Licht gegen Dunkelheit? So steht's in den Reiseführern und in den Pro-Stierkampf-Pamphleten. Ich denke da liegt schon ein großer Teil dessen, was die Faszination ausmacht. Im Stierkampf hat der Stier (fast) keine Chance, obwohl er schneller ist als die Menschen mit denen er zu tun hat, locker 10-12 mal so schwer, mit tödlichen Waffen ausgestattet und gezüchtet um angriffslustig, schmerzunempfindlich und schlau zu sein. Und der Stierkämpfer tritt nicht etwa mit einem Maschinengewehr gegen ihn an, sondern nur mit nem Tuch und nem Degen (oder ähnlichen mittelalterlichen Gerätschaften). Wenn ICH mit nem Degen irgendwo auf einer Weide unter spanischen Kampfstieren ausgesetzt würde, oder meinethalben auch in der Arena gegen einen Stier antreten müsste, dann hätte ich wenig Chancen gegen das Tier. Wie die meisten Menschen. Warum gewinnt der Stierkämpfer am Ende? Weil er dem Stier im Kopf überlegen ist... und der Stier hätte jede Chance, den Stierkampf für sich zu entscheiden, aber er kann es nicht, weil er eben nur ein Rind ist.
Noch eines tut der Stierkampf mit Sicherheit auch bei mir - und ich glaube da kann ich auch die faszination Hemingways nachvollziehen: er spricht die Macho-Ader an ;-) Wer sich mit mir schon mal über Literatur unterhalten hat weiß, wie ich zum Thema "Helden" stehe... und sowohl Stier als auch Stierkämpfer können in diese Kategorie fallen.
Sind das alles Gründe FÜR den Stierkampf? Darüber kann man sich streiten...
Okay - nach diesem kleinen Exkurs in den Bereich der "Stierkampf-Philosophie" zurück zur Stierkampfarena in Ronda und dem Blick hinter die Kulissen. Hier sieht man den Hochsicherheitstrakt für die Kampfstiere. Betonierte Gänge mit Schiebetüren, die von der Ausladerampe bis in die Katakomben führen, wo die Stiere in Einzelboxen auf den Kampf warten. Alle Türen haben Spuren von den Hörnern und alles ist so konstruiert, dass man nicht in direkten Kontakt mit den Tieren treten muss. Wenn der kampf beginnt, dann wird die Tür der Box, in der der Stier gewartet hat (und wo es für ihn übrigens auch Verpflegung gibt), mit einem Seil geöffnet und er kommt in den Gang der zur Arena führt. Eine letzte Tür noch und dann steht er auf dem Kampfplatz. Das ist auch heute das Bild des Tages - die Tür, die in die Arena führt aus der Sicht des Stieres. Wenn man da steht, dann weiß man, wie sich Gladiatoren gefühlt haben müssen. Da haben sich mir schon ein bisschen die Nackenhaare hochgestellt. Die Gefahr ist an dieser Stelle sehr groß, den Stier zu vermenschlichen. Hat er angst? Weiß er was auf ihn zu kommt? Darf man sowas wie Stierkampf? Aber alle diese Fragen muss man sich auch stellen, wenn man mittags das Steak auf dem Teller liegen hat - denn diese Kuh ist auch tot und das auch nicht aus heiterem Himmel sondern planmäßig für diesen Zweck gezüchtet und getötet.
Hat der Besuch in der Arena von Ronda meine Einstellung zum Stierkampf verändert? Hmmmm - der Zwiespalt zwischen Mitgefühl für den Stier und allem was ich oben gesagt habe ist höchstens größer geworden.
Am Nachmittag gab es dann nach all dem gefühlsmäßigen Hin und Her noch mal was für den Kopf - die Cueva de la Pileta, eine Tropfsteinhöhle mit Felsmalereien aus der Zeit vor zwischen 25.000 und 8.000 Jahren. Das war auch spannend, vor allem weil die einzige Beleuchtung in Gaslaternen bestand, die der Führer und einige aus der Gruppe trugen. Leider durfte man dort nicht fotografieren - dann hätte ich Euch vielleicht heute eine andere Geschichte erzählt. Ich hoffe ich habe Euch mit meinen Überlegungen zum Thema Stierkampf nicht zu sehr gelangweilt oder gar geschockt. Heute ist es mal ein etwas längeres Reiselogbuch geworden - aber irgendwie hat mir das auf der Seele gebrannt.
Morgen gibt's Gibraltar. Da bin ich schon seeeeehhhrrr gespannt drauf :-)
Peter
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