12. August 2011


Mein letzter Tag im Nordosten und heute stand eine Stadt auf dem Programm, die sich schon vor elf Jahren in mein Herz geschlichen hatte und von der ich heute überprüfen wollte, ob das was ich in Erinnerung hatte mit der Realität noch übereinstimmt. Es ging also nach Baltimore und was soll ich sagen? Es war sogar noch besser als ich es in Erinnerung hatte.
Die Fahrt von Largo nach Baltimore dauert nur ne gute halbe Stunde. Hier in der Gegend liegt alles sehr nah bei einander. Baltimore ist jetzt auch nicht so riesig groß und einschüchternd. Was die Größe angeht schon ganz gut mit Pittsburgh vergleichbar. Wobei Größe bei ner amerikanischen Stadt immer so ne Sache ist. Ich nehme da als Berechnungsgrundlage die sogenannte „metropolitan area“, also den Großraum. Denn die Größe der eigentlichen Stadt im Sinne einer Verwaltungseinheit ist oft eher gering. Das liegt daran, dass das System hier ähnlich funktioniert, wie in England. Schließlich ist die „City (!) of London“ mit knapp 10.000 Einwohnern auch eine der kleinsten Cities des Vereinigten Königreichs.
Im Herzen von Baltimore habe ich mich dann erst mal in eines der hochpreisigen Parkhäuser gestürzt, aber was will man machen. Dann begann mein Erkundungsrundgang entlang des Inner Harbor und innerhalb von Minuten hatte ich ein Ticket für ne Hafenrundfahrt erstanden. Ihr wisst ja wie das ist: wenn der Eifeler was zweimal gemacht hat, dann ist es ne Tradition. Ich habe heute also die traditionelle Hafenrundfahrt in Baltimore begründet. Genau so fing nämlich auch meine erste Begegnung mit der Stadt im Oktober 2000 an.
Wenn jemand heute nach Baltimore käme, der die Stadt vor 50 Jahren zuletzt gesehen hat, der würde sie wahrscheinlich nicht wieder erkennen. Damals war die Hafengegend ein heruntergekommenes Sammelsurium von Fabriken, aufgegebenen Werften und gammeligen Kais. Heutzutage erstrahlt das alles in wunderbarem Glanz. Schicke Neubauten, liebevoll wieder hergestellte ehemalige Industriearchitektur, Malls und Einkaufspassagen, der Ballpark der Baltimore Orioles, in Apartments verwandelte Lagerhäuser, sozusagen „Wohnen in der ehemaligen Tuchfabrik“ Baltimore-style. Vom Wasser aus hat man natürlich noch mal einen besonders reizvollen Blick darauf. Alles in allem sehr schön. Hier kann man es echt aushalten.
Die Böötchenstour führte uns dann etwas hinaus in den Hafen und auch hier gab es einiges zu sehen, während oben drüber die Fischadler kreisten. Zum Beispiel gibt es da das Fort McHenry, dass die Briten im Krieg von 1812 von See aus belagerten. Während dieser Belagerung befand sich der junge Anwalt Francis Scott Key aus Baltimore an Bord eines der britischen Kriegsschiffe, weil er von dem britischen Kommandeur die Freilassung eines Freundes, den die Engländer als Geisel genommen hatten, erwirken wollten. Die ganze Nacht erlebte er mit, wie die Engländer Granate um Granate in das Fort schossen, dass die Hafeneinfahrt bewachte, aber als am nächsten Morgen die Dämmerung aufzog wehte das Sternenbanner noch immer über der Festung. Von diesem Anblick ergriffen setzte er sich wenig später hin und schrieb über das Erlebnis ein Gedicht mit dem Titel „The Defence of Fort McHenry“. Gesungen zu einer schon damals populären Melodie wurde das Gedicht sofort ein Hit und ist seit 1931 die offizielle Nationalhymne der USA.
Aber noch andere Sachen habe ich gelernt während der Hafenrundfahrt: der Tidenhub beträgt grade mal 45cm im Hafen von Baltimore und man ist hier über 150 Meilen vom offenen Meer entfernt. Der Hafen ist einer der Ausläufer der Chesapeake Bay und enthält durch die Flüsse, die hier in die Bucht münden Brackwasser mit nur 30% Meerwasseranteil. Außerdem ist Baltimore nach New York der Hafen durch den die meisten Einwanderer ins Land gekommen sind. Soll einer sagen, dass Reisen nicht bildet... *lach...
Nach ner dreiviertel Stunde waren wir wieder an Land und ich habe mich noch ein bisschen im Bereich des Inner Harbor getummelt, bin schön essen gewesen und habe in dem Flaggenshop in einer der Malls hier Unterrichtsmaterial für das kommende Schuljahr gekauft. Aber dann war's auch an der Zeit, aufzubrechen, denn ich wollte auf jeden Fall noch hier zum Flughafen zum Spotten. Das Gepäck habe ich vorher ins Hotel gebracht und hatte dann noch nen sehr schönen und spannenden Spätnachmittag und Abend am Zaun, zusammen mit einigen Locals. Da wurde viel erzählt und gefachsimpelt.
Jaaaaa... und dann kam ein unspektakulärer Abschied von meinem Hyundai und morgen geht’s ab nach Tennessee. Aber Ihr müsst auch morgen nicht auf ein Reiselogbuch verzichten, vorausgesetzt Delta Air Lines baut keinen Mist. Die nächste Ausgabe kommt dann aus Memphis.
Als Bild des gibt es natürlich nen Blick auf Baltimore vom Wasser aus. Man beachte die Farbe des Himmel und des Meers. Ich hab mir sagen lassen, dass das diesen Sommer in Deutschland eher selten so zu sehen ist.


 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag


Inhaltsverzeichnis nächster Tag