25. Juli 2019

Heute war ein weiterer Hammertag, und dabei hatte ich das bei der Planung der Reise gar nicht so auf dem Schirm. Okay, die Strecke von Jasper über den Icefields Parkway ist grundsätzlich sensationell, aber das besondere Etwas habe ich mehr oder weniger zufällig vor ein paar Tagen beim Stöbern in meinem Lonely Planet unter „Activities“ für die Gegend hier gefunden. Eine geführte Wanderung über den Athabasca-Gletscher. Ein bisschen überlegt, online gebucht und heute war‘s dann soweit.
Damit ich rechtzeitg am Startpunkt sein konnte, musste ich heute morgen früh los. Wecken war um halb sieben. Das Auschecken in meinem wirklich sehr schönen Hotel in Jasper ging flott. Ebenso flott war der Yaris beladen. Dann habe ich mir noch schnell bei Tim Horton nebenan das Frühstück besorgt und gegen halb acht war ich unterwegs.
Um diese Uhrzeit hat man den Icefields Parkway – offiziell Highway 93 – der Jasper mit Banff verbindet, für sich. Das Panorama hätte dramatischer kaum sein können, mit den Rocky Mountains im ersten Morgenlicht unter einem Himmel in dem sich blau mit weißen und dunkelgrauen Wolken abwechselte. Ich habe zwar an einigen Stellen angehalten und fotografiert, aber so richtig Zeit und Ruhe hatte ich nicht. Bis zum Athabasca-Gletscher (auf der angehängten Karte steht Glacier Road) sind es von Jasper aus rund 100km. Da kann man nicht zu viele Fotostopps machen, selbst wenn man zwei Stunden für die Fahrt eingeplant hat.
Interessanterweise waren nicht nur keine anderen Touris außer mir unterwegs, auch die wilden Tiere schliefen noch. Einzig die Raben leisteten mir Gesellschaft, und ich hätte zu gerne mal angehalten und sie gefragt, weshalb sie am frühen morgen so zahlreich entlang des Highways spazieren gehen.
Damit Ihr Euch den Ablauf der Exkursion besser vorstellen könnt, habe ich das zweite Bild des Tages (dass ich nach der Wanderung von der Terrasse des Glacier Information Centre gemacht habe) ein bisschen beschriftet. Los ging‘s am Parkplatz unterhalb des Gletschers, wo Mitarbeiter der Tour-Firma, „Icewalks on the Columbia Icefield“ Ausrüstung verteilten, die für die Wanderung auf dem Gletscher notwendig ist. Dazu gehören auf jeden Fall anschnallbare Spikes für unter die Schuhe. Ich habe mir aber auch ein paar wasserfeste Wanderstiefel verpassen lassen und eine Regenjacke. Es sollte zwar schön bleiben, aber man weiß ja nie. Letztendlich hat es dann doch nicht geregnet, aber ich war echt dankbar für die zusätzliche Lage Kleidung, denn über die Höhen des Athabasca-Gletschers pfeift der Wind so kalt. So war ich dann also mit langer Ungerbotz, Trekkinghose, Merino-Unterhemd, T-Shirt, Jööpchen, meiner Northface-Jacke (allerdings ohne Flies) und der Regenjacke der Tour-Firma ausgestattet und ich muss sagen, es waren nicht zu viele Klamotten.
Insgesamt waren wir 15 Leute in der Gruppe, alles Familien mit Kindern… und ich als Alleinreisender. Graham, unser Guide, war so in meinem Alter oder vielleicht ein bisschen jünger… okay… sagen wir mal zwischen 40 und 50… und stammt aus Banff. Ein Local Boy… Außer Führungen auf dem Gletscher arbeitet er auch als Bergführer und im Winter als Guide für Heli-Skiing. Graham war jedenfalls super drauf und wusste nicht nur  viel über Gletscher im Allgemeinen und den Athabasca-Gletscher im Besonderen zu erzählen, sondern er hatte auch die Gruppe gut im Griff und wusste offensichtlich was er tat.
Drei Stunden sind wir über den Gletscher geturnt, was dank der Spikes einfacher war, als ich gedacht hatte. Allerdings musste man auch den einen oder anderen Bach überqueren, denn der Rücken des Gletschers ist von Wasserläufen, kleinen Rinnsalen bis hin zu richtigen Schmelzwasserbächen überzogen. Da musste man ab und zu schon mal nen großen Schritt machen, oder nen kleinen Sprung…
Am weitesten Punkt der Tour haben wir ne kleine Pause gemacht und Graham hat uns fotografiert. So ist denn heute ausnahmsweise der Autor dieser Zeilen in einem Bild des Tages zu sehen… Kommt ja ziemlich selten vor in meinen Reiselogbüchern. Den Eispickel hat mir Graham zum Posen für‘s Foto geliehen, und ja, ich hätte Handschuhe von der Tour-Firma dabei gehabt, aber an den Händen war mir die ganze Wanderung über nicht kalt. Man erkennt übrigens auch die über die Schuhe geschnallten Spikes.
Im Hintergrund sieht man den Eisfall des Athabasca-Gletschers, der vom Columbia Icefield runter fließt. Das Columbia Icefield ist eine 325km² große und bis über 350m dicke Gletscherfläche, von der aus mehrere Gletscher ausfließen. Im Bild kann man das Eisfeld selbst leider nicht sehen, denn dazu stehe ich bei den Fotos zu tief unten. Der Athabasca-Gletscher kommt halt von da oben runter.
Übrigens beginnt am Athabasca-Gletscher nicht der Athabasca River, sondern der Sunwapta River, der später in den Athabasca mündet. Das Columbia Icefield ist eine hydrogeographische Besonderheit. Es liegt nämlich an einer dreifachen Wasserscheide.  Das Eis, das über den Athabasca Gletscher und den benachbarten Dome Glacier vom Columbia Icefield runter kommt, fließt als Wasser den Athabasca River runter und dann weiter über den Rivière des Rochers, den Peace River, den Slave River und den Mackenzie River (bitte merkt Euch diesen Namen) bis in den Arktischen Ozean. Das Schmelzwasser vom Saskatchewan Gletscher fließt durch den Saskatchewan River und den Nelson River in die Hudson Bay, die meeresgeographisch zum Atlantik gehört. Eis, das nach Westen fließt, endet im Columbia River, der schließlich hinter Portland, Oregon, in den Pazifik mündet.
Ich muss sagen, die Gletscherwanderung war ein fantastisches Erlebnis. Ich bin echt froh, dass ich auf diese Idee gekommen bin. Die Landschaft rund rum mit den Bergen bis auf dreieinhalbtausend Meter Höhe, der pfeifende Wind, das Eis, das unter den Spikes knirscht, die gurgelnden Schmelzwasserbäche, die in eisblauen Höhlen verschwinden… echt fantastisch.
Vom Columbia Icefield ging nach der Gletscherwanderung die Fahrt durch grandiose Berglandschaft nach Süden. Man kann es auf einem Foto, ich glaube ich hab‘s schon mal erwähnt, nicht wirklich festhalten, wie das hier aussieht. Auf vielen der höheren Gipfel lag nach dem Regen der letzten Tage hier Neuschnee.
Rund 50km vor Banff habe ich noch einen Abstecher zum Lake Louise gemacht, einem der Postkartenseen in den kanadischen Rockies. Da hätte ich auch ein Bild des Tages gehabt voll unfreiwilliger Komik. Schwarz vor Menschen war das Ufer, Dutzende Paddelboote drängten sich auf dem Gletschersee… Ich habe ein paar Beweisfotos gemacht und dann ging‘s weiter.
In Lake Louise trifft der Highway 93 auf den Trans-Canada-Highway, der westlich nach Vancouver und östlich nach Calgary führt. Ich habe aber auf die Autobahn verzichtet und bin den Bow Valley Parkway gefahren, in der Hoffnung, vielleicht noch ein paar Tiere zu sehen. Da wurde aber nichts draus. Okay, es gab nen kleinen Elch, der aber so im Gebüsch stand, dass ich nicht angehalten habe. Ich bin bei Elchen seit gestern etwas verwöhnt. Ich habe also heute neben diesem Elch, vielen Raben, einer Wanderdrossel und ein paar unbestimmbaren Kleinvögeln, nichts Berichtenswertes im Bereich Safari.
Morgen bin ich den ganzen Tag hier in Banff und Umgebung. Da wird sich hoffentlich noch die Gelegenheit zur Tierbeobachtung ergeben.
Ich habe übrigens gerade mal nachgerechnet: mein Sommerabenteuer 2019 hat heute Halbzeit.

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