29. Juni 2022

Ich bin in Andenes. Vor einem knapp Jahr fand meine Norwegen-Reise hier ein jähes Ende, als zu Hause die Flut kam. Deshalb wollte ich meine diesjährige Tour auch von hier fortsetzen. Wobei ich sagen muss, ein bisschen geschummelt ist das schon. Ich hatte letztes Jahr, während es zu Hause regnete, schon eine sehr erfolgreiche Whalewatching-Tour hier hinter mir. Aber andererseits: wenn man schon mal hier in Norwegen ist, warum dann nicht eine weitere Gelegenheit zur Safari nutzen? Mal abgesehen davon, dass mir die Gegend hier auch einfach sehr gut gefällt und allein schon die Fahrt über die Vesterålen bis Andenes ein Erlebnis ist, das man immer mal wieder wiederholen kann.
Der Tag heute hatte was typisch norwegisches, in mehrfacher Hinsicht. Das Wetter war wechselhaft und der Tagesablauf unvorhersehbar… *lach… Man kann hier noch so gut planen, aber das Wetter kann einem schnell nen Strich durch die Rechnung machen. Und dazu kommen noch so ein paar andere typisch norwegische Dinge, wie der Zustand von Straßen, die Verkehrssituation auf diesen Straßen und… ach ja, das Wetter hatte ich schon erwähnt.
Ich hatte eine Reservierung für die Fähre von Bognes nach Lødingen für 10:30 Uhr, und von meinem Quartier bis zum Fähranleger sind’s nur ein paar Kilometer. Kein Stress also. Ich habe gemütlich im Hotel gefrühstückt und bin dann zur Fähre gefahren, mit ner dreiviertel Stunde Luft. Man weiß ja nie. Während es gestern noch schön sommerlich war, hatte heute der Herbst, oder besser gesagt der norwegische Sommer, seine Rückkehr gefeiert. Am Fähranleger habe ich also die kurze Hose gegen die Jeans getauscht… *lach… Klamottenwechsel auf dem Fahrersitz… oh Mann, wie oft habe ich das schon gemacht oder machen müssen… der Mazda trug’s jedenfalls mit Fassung und überhaupt muss ich sagen, dass ich mit dem Auto bisher sehr zufrieden bin. Das Wetter war jedenfalls deutlich norwegischer als gestern. Ein strammer Wind pfiff und die Häupter der Berge hüllten sich in Wolken.
Um kurz nach halb elf kam die Fähre aus Lødingen am Anleger an, nur um direkt wieder abzudrehen. Der Wind war zu stark zum Anlegen. Erinnerungen an letztes Jahr kamen hoch. Damals hatte auch ein Sturm die Fähren zwischen den Inseln und dem Festland lahmgelegt, gerade als ich es am 15. Juli am dringendsten hätte brauchen können, schnell von Lødingen nach Bognes zu kommen. Damals hat mich das mehrere Stunden Umweg gekostet. Heute war ich deutlich entspannter. Selbst ein Umweg über Narvik - und auch da muss man von Bognes nach Skarberget mit der Fähre fahren – hätte mich heute nicht besonders viele Nerven gekostet.Letztendlich wurde das aber nicht nötig. Nach ner guten halben Stunde Wartezeit legte die Fähre aus Lødingen endlich in Bognes an. Ausladen, Beladen, und drauf warten, dass der Wind soweit abflaute, dass man sicher ablegen konnte… Um Viertel nach zwölf waren wir endlich unterwegs. Der Wind war zwar stramm, es fielen auch etliche Tropfen Regen aber das Meer war dann doch so ruhig, dass ich medikamentenfrei durch den Tag gekommen bin. Die Landschaft, die sich bei der Überfahrt bot, war schon dramatisch. Kahle (zumindest anscheinend) Hügel und Berge, Fjorde und Buchten, ein paar vereinzelte Möwen und Papageitaucher, und das alles unter einem Himmel voller zerzauster grauer Wolken. Das Bild des Tages kann nur einen kleinen Eindruck von der Stimmung geben. Man sieht hier die Einfahrt in den Ofotfjord, indem sich unter anderem die Stadt Narvik befindet. Im Laufe der Tour werde ich noch nach Narvik kommen und dann ein bisschen mehr erzählen.
Irgendwie war es schon ein bisschen komisch, in Lødingen an Land zu gehen. Dieses Mal stand meine Fahrt aber unter besseren Vorzeichen und verlief ja auch in die umgekehrte Richtung wie letztes Jahr.
Kurz vor Sortland, der mit rund 10.000 Einwohnern mit Abstand größten Stadt der Vesterålen, kam die Sonne raus. Den Rest des Tages habe ich unter einem strahlenden weiß-blauen Himmel verbracht. In Sortland habe ich ein bisschen eingekauft und bin dann in Richtung Andenes aufgebrochen. Genau wie letztes Jahr nicht auf geradem Weg, sondern auf ein paar Nebenstraßen, um die Landschaft zu genießen, den ein oder anderen Vogel zur Liste hinzuzufügen und vielleicht wieder nen Elch vor die Kamera zu kriegen.
Letztes Jahr hatte ich hier in Andenes ne Ferienwohnung. Dieses Jahr wohne ich sehr feudal in einem Rorbu-Hotel direkt am Hafen. Rorbu-Hotels sind zu Touristenquartieren umgebaute ehemalige Fischerhütten. Auch letztes Jahr habe ich auf den Lofoten in so einem Quartier gewohnt. Großer Vorteil: ich wohne fußläufig zu den Whalewatching-Veranstaltern, mit denen ich morgen und übermorgen auf Safari gehen werde. Weiterer Vorteil: ich habe einen schönen Blick auf den Hafen von Andenes. Einziger Nachteil: es gibt hier kein Frühstück… ist aber nicht so schlimm, denn ich habe ne Küchenzeile in meinem großzügigen Quartier. Morgen mach ich mir mein Rührei selber. Zeit habe ich nämlich genug, denn erst um 16:00 Uhr startet das Programm mit der ersten Whalewatching-Tour. Insgesamt bin ich drei Nächte hier. Ich denke, das wird eher gemütlich.

P.S. Falls sich jemand über den komischen Ausschnitt der Karte wundert: ich wollte Euch ein bisschen deutlicher zeigen, was hier alles wo liegt. Deshalb kann man die Strecke von gestern – Bodø über Fauske nach Tysfjord – ebenfalls auf der Karte sehen.

P.P.S. Aktuell steht die Liste bei 25 Vogelarten.


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