2. April 2012
Um 5:15 Uhr ging heute morgen mein Wecker, denn der erste von zwei (eventuell sogar drei) Tagesausflügen unter dem Stichwort "Insel-Hopping" stand an. Als mein Handy losrappelte wäre ich am liebsten liegen geblieben. Das sind immer die Momente, wo ich mich für meine Unternehmungslust verfluche und überlege, ob ich nicht besser doch nen 08/15-Urlaub mit Strand und Ausschlafen hätte buchen sollen. Aber bisher sind diese Anflüge immer wieder vorbei gegangen... *lach...
Mein Ziel war Graciosa, eine Insel der Mittelgruppe. Die Azoren bestehen aus neun Inseln, die auf drei Gruppen verteilt sind. Die östliche Gruppe mit São Miguel und Santa Maria, die Mittelgruppe mit Terceira, Graciosa, São Jorge, Pico und Faial, und die westliche Gruppe mit Flores und Corvo. Auf São Miguel wohne ich ja grade, außerdem habe ich noch Quartier auf Pico und Terceira gebucht, und Graciosa und Faial sind das Tagestour-Programm. Heute war also Graciosa dran.
Wenn mich jemand fragt, warum grade Graciosa und nicht eine andere Insel, dann lautet die Antwort: "Weil der Flug dahin mit einer Dash 8-200 durchgeführt wird." Jaja, ich weiß, das wäre für die meisten kein Entscheidungsgrund, aber für mich halt schon. Um viertel nach sieben sollte es losgehen, mit besagtem Propeller-Flugzeug der SATA und einer Zwischenlandung in Terceira. Auf Grund einiger kleinerer technischer Probleme sind wir aber erst mit gut einer dreiviertel Stunde Verspätung hier in Ponta Delgada gestartet. Die Flugstrecken sind kurz und so dauert das alles in allem nicht sehr lange. Von São Miguel nach Terceira sind's 30 Minuten und von Terceira nach Graciosa noch mal knapp 20 Minuten mit dem Flieger. Die Alternative wäre eine stundenlange Schiffsfahrt, und um diese Jahreszeit gibt es sowieso nur innerhalb der drei Inselgruppen im Archipel Fährverbindungen, aber nicht auf den längeren Strecken.
Kurz nach neun heute morgen war ich also in Graciosa und habe mir einen Mietwagen genommen. Tagesrate: 28 Euro. Das fand ich voll okay. Dann ging's erst mal in die Stadt. oder das Dorf. Wie auch immer – Santa Cruz da Graciosa ist mit seinen rund 1.800 Einwohnern der Hauptort der Insel. Sehr knuffig - besonders im Sonnenschein, den ich am Nachmittag bei meiner Rückkehr von der Inselrundfahrt nach Santa Cruz dort vorfand. Alles sehr typisch azoreanisch. Adrette Häuser in weiß mit entweder farbig abgesetzten Fenstern und Türen oder mit Fenster- und Türummauerung in schwarzem Vulkangestein. Vor allem letzteres sieht man hier über all und an jeder Ecke. Besonders öffentliche Gebäude sind in diesem Stil gehalten und natürlich auch die zahlreichen Kirchen und Kapellen. Aus diesem Grund hat die Hauptkirche von Santa Cruz da Graciosa es auch zum Bild des Tages geschafft. Die Igreja Matriz de Santa Cruz ist gut 500 Jahre alt und innen im manuelinischen Stil gebaut und ausgeschmückt und dann barock ergänzt. Trotzdem gar nicht so schlecht, wie ich finde - obwohl ich dem mediterran-iberischen Barock gegenüber ja sehr kritisch bin. Und darüber hinaus wie gesagt absolut typisch für den Kirchenbaustil hier auf den Azoren.
Aber ich habe natürlich den Tag nicht nur in Santa Cruz da Graciosa verbracht. Da hätte ich mich schnell gelangweilt, denn zu tun gibt's da nicht viel und man kann noch nicht mal schön am Markt sitzen, denn der ist zur Zeit ne große Baustelle. Ich habe also natürlich noch eine Inselrundfahrt gemacht und mir unter anderem den Ort São Mateus, wo der Haupthafen von Graciosa ist, angekuckt und natürlich hauptsächlich die Landschaft.
Graciosa ist klein und auch bei weitem nicht so dramatisch bergig wie São Miguel. Die höchste Erhebung der Insel ist mit 405m ein Stück des Kraterrandes der im Süden von Graciosa gelegenen Caldeira. Hier gibt's auch die Haupttouristenattraktion der Insel, die Furna do Enxofre – eine Lavahöhle, die... montags leider geschlossen ist. Mist. Ich bin also stattdessen weiter über die Insel gefahren und habe an verschiedenen schönen Stellen Päuschen gemacht und dem Atlantik zugekuckt. Auch sehr schön. Die Farben kann man sich kaum vorstellen, vor allem unter dem blauen Himmel mit ein paar weißen Wolken, den mir die Wetterküche hier heute spendiert hat. Wenn man solche Farben irgendwo anders sehen würde denkt man schnell "Kitsch", oder "wie künstlich". Ich fand zum Beispiel die knalligen Blautöne, die einen Großteil der Bemalung der SATA-Flieger ausmachen, bis heute etwas übertrieben, aber jetzt weiß ich, dass die Farben hier echt so vorkommen.
Jaaa – und wo ich beim Thema SATA bin, um kurz vor vier heute nachmittag war ich wieder in Graciosa am Flughafen und es ging mit einem kurzen Stopp in Terceira zurück nach Ponta Delgada. Ein sehr schöner Tag, und Graciosa ist auf jeden Fall einen Ausflug wert.
So, morgen gibt's Whalewatching. Da muss ich zwar nicht ganz so früh raus, aber doch immerhin um kurz nach sieben aufstehen. Ich hoffe es lohnt sich und ich kann morgen abend erzählen und zeigen, was mir so an Meeressäugern begegnet ist.
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Reiselogbuch Azoren 2012 – 1. April
Mein erster ganzer Tag auf den Inseln – und heute war das Wetter mir eindeutig wohlgesonnener als gestern. Ich habe mir zuerst ein bisschen länger schlafen und ein Frühstück im Hotel gegönnt. Dann ging's los zur Inselrundfahrt. Den ersten Stopp gab es allerdings – wie konnte es anders sein - am Flughafen, wo nämlich mein A310 von gestern immer noch parkte und im schönsten Morgensonnenlicht badete. Sehr fotogen und wichtig für meine Webseite... *lach...
Danach ging's in die Berge im Westen von São Miguel. Naja – das heißt nicht wirklich was, denn die ganze Insel ist bergig. Ich bin zur Caldeira das Sete Cidades gefahren. Hier muss ich ein bisschen ausholen. Die Azoren sind komplett vulkanischen Ursprungs. Der letzte Ausbruch fand 1957 auf der Insel Faial statt und auch sonst hat der Vulkanismus auf dem ganzen Archipel großen Einfluss, bis hin zur Energiegewinnung. Ungefähr 20% des Stroms für São Miguel werden mit Erdwärme gewonnen.
Die Caldeira das Sete Cidades ist eine der Hauptpostkartenansichten von São Miguel. Wie der Name schon sagt – eine Caldera, also ein eingestürzter Vulkankegel. Wenn nach einem Vulkanausbruch die Magmakammer leer ist und der Berg dadurch instabil wird und in sich zusammenstürzt, dann entsteht eine Caldera. (Die andere Entstehungsform einer Caldera ist der Explosionskrater, wie man ihn beispielsweise am Laacher Sees sehen kann.) In der Caldeira das Sete Cidades befinden sich mehrere Seen und die beiden größten sind jeweils blau und grün. Sehr schön, so im Sonnenschein und mit weiß-blauem Himmel darüber. In dem Krater liegt auch das Dorf Sete Cidades (nein, sieben Städte sind's nun wirklich nicht), dass der Caldera ihren Namen gab.
Die Weiterfahrt führte mich dann komplett um das westliche Ende von São Miguel herum. Die Insel ist ziemlich langestreckt aber dafür nicht sehr breit. Die Berge gehen bis auf knapp 1000m hoch und wenn das so direkt am Meeresspiegel anfängt, dann ist das schon recht eindrucksvoll.
São Miguel ist vor allem eins: grün. Dabei haben die Laubbäume teilweise noch nicht mal ihre Blätter. Aber Wiesen, Büsche und Hecken sind schon recht weit. Hier gibt's Hortensien so weit das Auge reicht. Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht grade ein Fan dieser Pflanze bin, aber es würde mich schon interesieren das hier alles mal zu sehen, wenn die Hortensien blühen.
Mit dem Lagoa do Fogo stand noch eine weitere Caldera auf dem Programm. Hier hat im 16. Jahrhundert der letzte Ausbruch stattgefunden und heutzutage fährt man durch dichte Wälder und auf ziemlich steilen Straßen bis auf rund 900 m, um dann in das weite Rund des Kraters und auf den See zu kucken. Insgesamt hatte ich eine schöne Tour über die Insel, auch wenn ich heute nur die westliche Hälfte von São Miguel geschafft habe. Ich werde mich aber am Mittwoch noch mal aufmachen und den östlichen Teil erkunden. Mal kucken, ob ich es bis ganz an die Ostspitze schaffe.
Als Bild des Tages gab es heute mehrere Postkartenmotive zur Auswahl. Ich habe ein bisschen hin und her überlegt und mich dann gegen alle Vulkanseen entschieden. Statt dessen zeige ich Euch heute den Blick vom Miradouro do Escalvado auf die Nordwestspitze von São Miguel. Hier habe ich ne halbe Stunde gestanden, auf das Meer gekuckt und Möwen beobachtet und fotografiert. Bei dem Blick kann ich sofort verstehen, weshalb der Slogan von SATA, der azoreanischen Fluggesellschaft, "The Atlantic and you" lautet.
Apropos SATA. Morgen gibt's nen Tagesausflug per Flieger. Es geht nach Graciosa, einer Insel der Mittelgruppe. Bin gespannt. Insgesamt haben die Azoren neun Inseln, und wenn alles so klappt wie ich es mir vorgstellt habe, dann werde ich fünf von ihnen besuchen. Jedenfalls ist morgen frühes Aufstehen angesagt, denn der Flieger geht schon um 7:15 Uhr. Es soll sich ja lohnen.
Für übermorgen habe ich dann die erste Runde Whalewatching ins Auge gefasst. Morgen aber erst mal Graciosa. Da werde ich bestimmt auch einiges erzählen können.
Ohh – und obwohl heute der 1. April ist hab' ich in diesem Reiselogbuch nicht geflunkert :-)