17. Oktober 2010

Es war ein Spotting-Tag, und ein ganz fantastischer dazu. Um kurz nach zehn hat mich Sandro am Hotel abgeholt und wir sind zum Flughafen gefahren, zuerst zum östlichen Teil, weil in Lissabon die Hauptpiste in nordnordöstlich-südsüdwestlicher Richtung läuft und man daher morgens auf der östlichen Seite des Flughafens die Sonne im Rücken hat. Nach ner dreiviertel Stunde bekamen wir dann noch Verstärkung durch Paul und waren danach den Rest des Tages zusammen unterwegs. Die Jungs haben mich zu allen einschlägigen Plätzen rund um den Flughafen der portugiesischen Hauptstadt gebracht und es gab auch einige Besonderheiten zu sehen, so zum Beispiel eine Antonov An-124, das zweitgrößte Flugzeug der Welt. Das war heute meine erste Begegnung mit diesem Riesenflieger überhaupt.
Über Mittag haben wir dann ne kurz Pause bei nem nahegelegenen Pizza Hut gemacht und ich habe die zwei zum Essen eingeladen. Das war das mindeste was ich tun konnte, wo die beiden schon ihre Zeit und ihre Autos zur Verfügung gestellt haben. Sandro war eher der schweigsamere Typ, aber ich habe über ihn doch erfahren, dass er aus Lissabon stammt, eher auf Militärflieger spezialisiert ist, und für ein portugiesisches Luftfahrtmagazin arbeitet - ob hauptberuflich oder nur nebenbei weiß ich nicht, aber das werde ich noch rausfinden. Er ist übrigens der erste Spotter, den ich getroffen habe, der weder mit Kamera nach mit Notizblock am Zaun steht und deshalb sagt er auch von sich, dass er gar kein Spotter ist. Paul ist 20, stammt von den Azoren und lebt seit 4 Wochen in Lissabon, wo er eine private Flugschule besucht um Pilot zu werden, mit dem Ziel irgendwo in den Busch zu gehen, am liebsten in Afrika. Airbusse und Boeings sind ihm zu langweilig. Ich habe ihn gefragt, ob er den Film „Air America“ kennt... *lach... kannte er nicht, und ich hab ihm auch nicht erzählt, dass er mich ein bisschen an die Figur, die Robert Downey Jr. da spielt, erinnert.
Die Spotter-Szene von Lissabon scheint mir übrigens recht groß, familiär und gut organisiert. Man kennt sich. Wievielen Leuten wir heute begegnet sind, die die beiden lebhaft begrüßten, weiß ich nicht... zehn bis zwölf mindestens. Jedenfalls war es ein super Tag und der einzige Wermutstropfen war, dass ich die Boeing 777 von TAAG verpasst habe. Ja, TAAG, nicht TKKG... hihi... das ist die nationale Fluggesellschaft von Angola. Jedenfalls meinte Sandro, dass die ja jeden Tag hier wären und ob ich morgen wieder mit ihm zum Flughafen fahre. Wir haben uns dann auf Dienstag geeinigt – morgen ist für mich erst mal Sightseeing angesagt – und da Paul erst nachmittags Schule hat machen wir am Dienstag noch mal nen Morgen am Flughafen, bis TAAG auf dem Weg zurück nach Luanda ist und dann will Sandro noch mit uns nach Sintra zum Museu do Ar, dem Museum der portugiesischen Luftwaffe fahren. Meine Connections zur Lissabonner Spotter-Szene waren also durchaus erfolgreich. Dienstag nachmittag habe ich dann noch vor, Belem zu besichtigen und Mittwoch geht’s ja schon wieder nach Hause.
Aber es gab nicht nur Plane-Spotting heute. Um fünf ungefähr war ich wieder am Hotel und dann bin ich noch ein bisschen durch die sonntäglich-ruhige Stadt spaziert, einmal vom Hotel aus die Avenida Fontes Pereira de Melo runter zum Praca do Marques de Pombal und dann weiter über die Avenida da Liberdade zum Praca dos Restauradores (joh – mit Straßennamen haben sie's hier. Die kann sich kein Mensch merken, jedenfalls ich nicht, und das schlimme ist, dass die überall in Portugal oft nicht mal dran stehen). Auf der Praca dos Restauradores steht das Denkmal für die Helden des Restaurationskrieges mit dem im 17. Jahrhundert nach 88-jähriger spanischer Fremdherrschaft Portugal seine Unabhängigkeit zurückerstritt. Das sieht man auch im Bild des Tages. Pompöse Denkmäler gibt’s hier aber glaub' ich auf jedem Platz. Was soll ich sagen? Lissabon gefällt mir jetzt schon. Ich war zwar heute nur ne gute Stunde zu Fuß hier unterwegs und habe noch keine wirklichen Besichtigungen gemacht, aber trotzdem. Wobei sich mir bei meinem Spaziergang ein sehr interessanter Vergleich aufdrängte. Wien. Hmmmm – ich hatte das selber nicht erwartet, und diejenigen von Euch, die meine Meinung zu Wien kennen werden sich jetzt vielleicht wundern, deshalb werde ich es ein bisschen erklären. Wien und Lissabon sind beide voll von den Spuren vergangener Größe und Bedeutung. Aber hier in Lissabon habe ich nicht so sehr das Gefühl, dass man dieser Größe nachtrauert oder sie zumindest an die Touristen verkaufen will. Das wirkt hier – selbst an einem Sonntag – weniger wie ein Freilichtmuseum (so wie in Wien) sondern eher lebendig. Und in Lissabon ist es echt sauberer. Okay – ist kein großes Kunststück, ne sauberere Stadt als Wien zu sein, aber Lissabon ist wirklich nicht besonders dreckig. Nicht mal in der U-Bahn, die ich dann ausprobiert habe, als ich vom Praca dos Restauradores wieder zum Hotel wollte. Ihr merkt schon, Lissabon kommt bei mir um Längen besser weg als Wien.
Morgen ist, wie gesagt, Besichtigen angesagt. Es ist zwar Montag und deshalb haben – wie man mich in der Tourismus-Information am Praca dos Restauradores aufklärte, alle Museen und fast alle Baudenkmäler in Lissabon geschlossen, aber ich denke ich werde mich nicht langweilen. Das Castelo de Sao Jorge hat auf, ich werde ein bisschen durch die Stadt spazieren und mit der historischen Straßenbahn fahren und mir noch das Ozeanarium zu Gemüte führen und dann ist der Tag voll. Es wird auf jeden Fall reichlich zu berichten geben.

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