14. Juli 2015

Böötchenstouren sind ja so ne Sache. Da kann viel schief gehen. Ich werde seekrank, es ist zu touristisch, es sind doofe Leute an Bord, es gibt nicht das zu sehen, weshalb man  losgefahren ist... okayyyy - der letzte der aufgezählten Punkte ist eigentlich nur beim Whalewatching ein Problem, und das stand ja heute nicht auf dem Programm.
Ich hatte mir von Unst aus per Internet für heute um 10:00Uhr eine Tour rund um die Inseln Bressay und Noss gebucht. Die liegen beide östlich von Lerwick, wobei Bressay genau der Stadt gegenüber ist und so für die geschützte Lage des Lerwicker Hafens sorgt. Mir kamen 45 Pfund zwar etwas heftig vor, aber drauf verzichten wollte ich auch nicht und was soll ich sagen? Es war extrem gut investiertes Geld.
Das Boot mit dem wir unterwegs waren war relativ klein. Ich denke mal, wir waren so zehn Touris plus der Skipper Jonathan und die Bootsmännin Kaylee. Zuerst ging's nach Norden aus dem Hafen raus, und dann im Uhrzeigersinn um die beiden Inseln rum.
Es begann eher gemütlich, ein paar Tölpel, ein paar Lummen und Krähenscharben, ein paar Kegelrobben, ein paar Skuas, aber es endete mit einem der beeindruckendsten Naturerlebnisse, die ich je gehabt habe. Und das will – in aller (Un)Bescheidenheit – schon was heißen.
Immer höher wurden die Klippen je näher wir dem östlichen Ende von Noss kamen. Unser Tourboot konnte direkt bis unter die Felsen und auch in enge Einschnitte manövrieren, weil es nicht mit herkömmlichen Schiffsschrauben sondern mit einem Wasserstrahlantrieb ausgestattet war und dadurch unempfindlicher gegen Tang und alles was sich so in ner Schraube verheddern kann.
Die ersten größeren Kolonien, die wir besucht haben, waren Trottellummen. Ziemlich doofer Name, aber so heißen sie halt mal auf Deutsch. Damit sind wir übrigens auch beim ersten Bild des Tages. Trottellummen gehören zu den Alken, genauso wie Papageientaucher, Tordalk und Gryllteiste (die anderen Alkenarten hier auf den Shetlands). Der weiße Augenring, den man bei einer der beiden Lummen im Bild sieht, ist übrigens nur eine Farbvariante. Trottellummen können dreißig Jahre alt werden. Sie haben pro Jahr nur ein Junges, das das Nest verlässt, bevor es fliegen kann. Wie? fragt sich jetzt vielleicht der ein oder andere. Die brüten doch auf Klippen. Richtig. Die Jungen stürzen sich da einfach runter, etwas gebremst durch die Stummelflügelchen. Unten wartet der Vater, der das Junge ruft – Trottellummen erkennen sich nämlich an der Stimme. Noch bis zu zwei Monate versorgt der Vater den Nachwuchs auf dem Meer. Danach sind die Kleinen selbstständig.
Und dann kamen die Basstölpel. Man kann es nicht wirklich beschreiben, man muss es erlebt haben. 12.000 Basstölpelpaare brüten auf den Klippen von Noss. Das ist ein ständiges Kommen und Gehen. Der Himmel ist schwarz vor Vögeln, und unser Boot dümpelt am Fuß der 180m hohen Klippen vorbei, manchmal nur wenige Meter von den Vögeln entfernt. Absolut beeindruckend. Das zweite Bild des Tages gibt einen kleinen Eindruck davon, aber wie gesagt – man muss es selbst gesehen haben.
Die dreistündige Tour ging wie im Flug vorbei. Ich hätte da auch noch länger ausgehalten... *lach...
Nach dem Mittagessen bin ich zur Westside von Shetland Mainland gefahren. Auch hier hätte es reichlich Bilder des Tages gegeben, wenn ich morgens nicht schon die Vogelklippen von Noss vor der Linse gehabt hätte. Große Sehenswürdigkeiten gibt es in diesem Teil von Shetland zwar nicht, aber sehr viel Gegend... also so richtig schöne Gegend. Karges Moor, liebliche Buchten, Schafe, kleine Weiler, schmale Sträßchen, schöne Lochs...  Vögel und andere Tiere. Ich habe heute unter anderem nen Fischotter gesehen, den insgesamt dritten der Tour (nach einem auf Shapinsay und einem gestern am Flughafen in Sumburgh). Bis ich mich auf die diesjährige Reise vorbereitet habe wusste ich nicht, dass Fischotter auch im Meer unterwegs sind. Ich dachte bis dahin immer, dass die Süßwasser brauchen.
Morgen ist schon mein letzter kompletter Tag auf Shetland. Ich will's noch mal mit dem Boot nach Mousa probieren. Alternativ fahre ich noch mal nach Sumburgh. Da sind die Vögel von Land aus sehr zugänglich. Und morgen abend werde ich dann wohl Kofferpacken müssen, denn am Donnerstag geht es zurück in die Zivilisation.

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