27. März 2016

Ostersonntag... und ich bin selber auch „auferstanden aus Ruinen“... die kurze aber heftige Auseinandersetzung mit der Turista in der Nacht von Karfreitag auf Karsamstag war glücklicherweise schnell gehalten, und sogar ohne Imodium. Trotzdem hatte ich gestern natürlich sehr gestutzte Flügel, und war froh, dass ich heute wieder fit war und mein gestern ausgefallenes Sightseeing-Programm nachholen konnte. Mein Zitat aus der ehemaligen DDR-Nationalhymne war übrigens nicht zufällig gewählt, doch dazu später mehr.
Nachdem Frühstück hat mich mein Guide Samlan am Hotel abgeholt und es ging zur Stadtbesichtigung. Erste Station war der Wat Sisaket, der einzige Tempel, der bei der Eroberung Vientianes durch die Siamesen im Jahr 1827 als einziger nicht zerstört worden war. Der Rest der Stadt wurde dem Erdboden gleich gemacht und für etliche Jahre, um genau zu sein bis zum Beginn der französischen Herrschaft im Jahr 1893, war Vientiane weitgehend unbewohnt. Der eigentliche Name der Stadt ist übrigens Vieng Chan, aber die Franzosen, nicht grade die größten Sprachgenies auf dem Planeten, haben daraus Vientiane gemacht.
Der Wat Sisaket war sehr eindrucksvoll, auch weil er im Gegensatz zu den Wats, die ich in Luang Prabang gesehen habe, einen Kreuzgang um den eigentlichen Tempel hat. In diesem Kreuzgang sitzen hunderte kleine und große Buddhastatuen, die meisten in Wandnischen. Die größeren sind zum Teil schon sehr alt, wie eine Statue im Khmer-Stil aus dem 13. Jahrhundert. Außerdem gehören Statuen aus den anderen, zerstörten Tempeln der Stadt zu der Sammlung, und manche von denen zeigen deutliche Spuren der Hitzeeinwirkung während der Brandschatzung durch die Siamesen. Da ist teilweise die Bronze weich geworden und der Buddha sitzt jetzt schief.
Nach dem Wat Sisaket sind wir zu Fuß - weil er direkt gegenüber liegt – zum Präsidentenpalast. Den kann man zwar nur von außen durch's Tor besichtigen, aber er gab einen ersten Eindruck von dem, was noch kommen sollte. Sozialistische Architektur. Hier in Vientiane sieht man noch mehr von den Hammer-und-Sichel-Flaggen als in Luang Prabang, teilweise in Übergröße. Das liegt natürlich auch an den Ministerien und Regierungsgebäuden im Regierungsviertel rund um das Sieges-Tor, auf Lao 'Patuxai', Vientianes Antwort auf den Pariser Arc de Triomphe. Das haben wir natürlich heute auch zu sehen bekommen, aber ich hatte dort – wie mir grade beim Betrachten der Bilder auffiel - nicht so die richtige Ruhe. Ich glaube ich muss mich davon freimachen, dass ich den Guide nicht warten lassen will... *lach...
Das war allerdings schon kurz vor Mittag. Vorher hatten wir eine sehr beeindruckende Besichtigung im Visitor Center von COPE (Cooperative Orthotic and Prothetic Enterprise). Das ist eine Organisation, die Menschen mit körperlicher Behinderung durch Prothesen und Training unterstützt. In Laos sind das hauptsächlich Opfer von Munition aus den Indochina-Kriegen wie Streubomben, Granaten, oder Minen. Obwohl hier ja seit vielen Jahren die Waffen schweigen fordert dieser Krieg immer noch Opfer. Während des amerikanischen Vietnam-Krieges war Laos das Ziel schwerer Luftangriffe, vor allem – aber nicht nur - auf den Ho Chi Minh-Pfad, der im Grenzgebiet zu Vietnam über laotisches Gebiet verlief. Während dieser Zeit wurde Laos zum am schwersten bombardierten Land der Welt. Zwischen 1964 und 1973 warfen die Amerikaner hier mehr ab, als während des gesamten Zweiten Weltkriegs von allen Beteiligten an Bomben geworfen wurde.
Vom COPE ging es weiter zum Zentrum des laotischen Buddhismus, zum Pha That Luang. Auf dem Weg dahin sind wir am Paradeplatz vor der laotischen Volksversammlung vorbeigekommen. Auch hier musste ich unweigerlich an Mai-Paraden und „Auferstanden aus Ruinen...“ denken.
Der Pha That Luang ist ein großer, golden angemalter Stupa und das wichtigste Nationalsymbol von Laos. Der Bau, den man sieht, wurde über einem kleineren Gebäude errichtet, in dem seit dem 3. Jahrhundert vor Christus eine originale Buddha-Reliquie aus Indien aufbewahrt wurde. Damit ist der Pha That Luang das bedeutendste buddhistische Heiligtum in Laos - und hat sich das Bild des Tages verdient. Leider war es heute in Vientiane ziemlich diesig und da hat das Gold nicht so wirklich geglänzt. Eindrucksvoll war's aber trotzdem.
Nach dem Sieges-Tor haben wir einen kurzen Stopp bei der Bank eingelegt, denn ich brauchte neue Kip und hatte gestern abend an mehreren Geldautomaten wieder Probleme, aus welchen Gründen auch immer. Dann gab's Mittagspause im Makphet, das zur Organisation „Friends International“ gehört. Die betreiben zum Beispiel auch in Phnom Penh ein Restaurant, und das Prinzip ist es, unterprivilegierte Kinder von der Straße zu kriegen, ihnen eine Ausbildung und auch Arbeit in der Gastronomie zu verschaffen. Und darüber hinaus gute lokale Küche zu bieten. Wenn einer von Euch bei mir schon mal Khmer gegessen hat, dann waren die Rezepte aus dem Friends-Kochbuch, das sich mir vor Jahren in Phnom Penh gekauft habe. Mittagessen in Vientiane also heute für einen guten Zweck.
Nachdem Mittagessen gab's dann noch das laotische Nationalmuseum, das nur ein paar Meter von meinem Hotel entfernt liegt. Von Dinosaurierknochen bis zu einer großen Abteilung über den heldenhaften Kampf des laotischen Volkes gegen die französischen und US-amerikanischen Imperialisten und ihre Marionetten gibt’s da alles zu sehen. Ich fand besonders die historische Abteilung wegen der vielen alten Fotos (und den herzerwärmenden Rechtschreibfehlern in der englischen Beschriftung) spannend, auch wenn das ganze natürlich mehr heroisch als historisch-wissenschaftlich gefärbt war. Gegen drei war ich wieder im Hotel und habe mir danach nen ruhigen Nachmittag gemacht und bin nur noch einmal kurz raus zum Bäcker. Klingt als wäre man in Europa, aber das kann man auch hier in Vientiane, zum Bäcker um die Ecke gehen.
So, und jetzt muss ich noch packen. Morgen geht die Reise nämlich weiter, in den Süden von Laos. Um kurz nach zehn starte ich mit Lao Airlines nach Pakse, und deshalb ist Abfahrt vom Hotel schon um acht.


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