12. Oktober 2021

Wir sind heute nach Osten in die Wüste gefahren. Ich habe ja mittlerweile einiges an Wüstenerfahrung, und die Wüste östlich von Amman ist das, was ich eine traurige Wüste nenne. Nur leicht welliges Land, der Boden mit schwarzen Basaltsteinen bedeckt, zwischendurch mal ein Wadi, also ein trockener Bachlauf, mit ein bisschen Gestrüpp, Strommasten und eine eher schlechte Straße (zumindest auf dem ersten Teil der Strecke).
Unser Ziel waren die sogenannten Wüstenschlösser Jordaniens. Erster Stopp war das Qasr al-Harrana. Die Anlage sieht zwar von außen sehr wie eine Burg aus, aber war eine Raststätte auf dem Karawanenweg von Osten nach Amman. Gebaut wurde sie während der Omajjadenzeit am Ende des achten Jahrhunderts nach Christus, also ungefähr zur gleichen Zeit wie in Aachen die Pfalz Karls des Großen entstand. Wir haben uns unter Adnans sachkundiger Führung die Anlage angesehen und dann ging’s zum zweiten Stopp des Tages.
Das Qasr Amra stammt ebenfalls aus der Zeit der Omajjadendynastie, aber ist im Unterschied zum Qasr al-Harrana ein wirkliches Schloss. Nicht unbedingt das, was man sich bei uns unter Schloss vorstellt, wie man auch auf dem Bild des Tages sieht. Aber es wurde für den späteren Kalifen Al-Walid II. gebaut und ist seit 1985 Weltkulturerbe. Die eigentliche Residenz der Omajjaden war Damaskus, das drei bis vier Tage per Kamel entfernt liegt. Hier in der jordanischen Wüste wurde für den Prinzen Al-Walid ein Jagdschloss gebaut, wo er Urlaub machte und sich mit Jagen sowie Kamel- und Pferderennen die Zeit vertrieb. Klein aber fein ist das Motto der Anlage, mit einer großen unterirdischen Zisterne und einem nach römischem Vorbild gestalteten Bad samt Hypocaustum. Der Saal und die Wohnräume sind von einem byzantinischen Künstler mit Fresken versehen, die - für den Islam völlig untypisch – figürliche Szenen zeigen: Jagdszenen, Sportszenen und sehr leicht bekleidete Frauen beim Bad. Ein kurzer Spaziergang durch die Wüste, eine ausführliche Besichtigung der Anlage, und dann gab es noch ne Tasse Tee bei den Beduinen, die vor dem Visitor Center ein Zelt aufgebaut haben und dort Postkarten, Souvenirs und Heißgetränke verkaufen.
Das Wetter war uns heute gnädig. In der Nacht hatte es in Amman ein bisschen geregnet und auch in der Wüste zog mal die ein oder andere Schleierwolke vor die Sonne, so dass es nicht brutal heiß wurde. Zusätzlich gab es ein bisschen Wind der unseren Wüstentrip sehr erträglich machte. Vom Qasr Amra sind wir weiter nach Osten in Richtung der Oase Azraq gefahren. Auf dem Weg dahin kommt man auch an einem Stützpunkt der glorreichen könglich-jordanischen Luftwaffe vorbei, die insgesamt vier F-16 in den Himmel schickte. Leider keinerlei Fotogelegenheit… *seufz… Da kriegt man hier auch dicken Ärger, wenn man Militäreinrichtungen fotografiert.
Der Highway auf dem wir unterwegs waren, teilt sich in Azraq. Nach Südosten führt die Straße nach Saudi Arabien. Man erkennt die Grenze in der unteren rechten Ecke der angehängten Karte. Nach Nordosten geht es in Richtung Irak. Bis Bagdad sind es acht bis neun Stunden Fahrt und, wie Adnan sagte, kann man dort wohl auch wieder problemlos hinfahren. Es gibt regelmäßige LKW-Touren von Jordanien in den Irak und zurück. Vor nicht all zu langer Zeit sah das noch anders aus. Da weigerten sich jordanische LKW-Fahrer kategorisch, in den Irak zu fahren.
In Azraq haben wir die mamelukische Burg besichtigt, die auf den Grundmauern eines römischen Kastells errichtet wurde. Während der großen arabischen Revolte gegen das Osmanische Reich von 1916 diente die Burg von Azraq dem Engländer Thomas Edward Lawrence – Lawrence von Arabien – als Hauptquartier. Auch hier in Azraq haben wir uns ausführlich die Anlage angesehen und sowohl die schweren Steintüren, als auch die aus langen behauenen Basaltsteinbalken konstruierten Decken bewundert.
Von Azraq ging es über Zarqa zurück nach Amman. Auf dieser Strecke, einer gut in Schuss gehaltenen Autobahn, sind wir auch am Azraq-Flüchtlingslager vorbeigekommen, wo rund 40.000 syrische Flüchtlinge in einer Barackenstadt leben.
Wieder in Amman gab es gegen 15 Uhr ein spätes Mittagessen in einem schicken jordanischen Restaurant, mit allem was das Herz an arabischem Essen begehrte. Sehr lecker… und sehr satt waren wir nachher… Programm hatten wir danach keines mehr. Wir sind zum Hotel gefahren und haben den lieben Gott nen guten Mann sein lassen.
Heute ist Bergfest, und morgen werden wir Amman verlassen. Es geht runter zum Roten Meer.


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