24. März 2016
Ich bin in der Kamu Lodge und es ist... hmmmm... rustikal... *lach... zum Glück wusste ich ja, was mich hier erwartet, ansonsten wäre der Kontrast zu Luang Prabang schon echt heftig. Aber soviel kann ich schon mal sagen: das Essen schmeckt auch hier super und bis auf Steckdosen und Internet gibt’s auch hier alles, was man zum bequemen Leben braucht. Und es ist alles schön laotisch entschleunigt.
Heute morgen gingen um sieben Uhr der Handywecker und das Telefon, denn nach den Erfahrungen von gestern wollte ich nichts dem Zufall überlassen und hatte die Rezeption vom Maison Dalabua um einen Weckruf gebeten. Pünktlich um halb neun stand Saeng wie angekündigt auf der Matte und wir sind zur Anlegestelle der Tourboote gefahren, die interessanter- und praktischerweise direkt am örtlichen Büro von Exo-Travel liegt. Praktisch deshalb, weil ich nicht mein ganzes Gepäck für eine Nacht den Mekong raufkarren lassen wollte und so nur mit einer Tasche Übernachtungskram heute unterwegs bin. Der Koffer parkt bei Exo-Travel und wird morgen vor der Fahrt zum Flughafen dort wieder eingesammelt.
Dann ging's runter zum Fluss und auf's Boot und ich bekam mal wieder eine Lektion in „Wie der Schein trügen kann“. Das Gepäck wurde von einem freundlichen jungen barfüßigen Lao das Ufer runter zum Boot getragen – fast hätte ich 'Jüngelchen' gesagt – und ich ging davon aus, dass er einer der üblichen Handlanger/Hilfsarbeiter ist, denen man in der sogenannten Dritten und Zweiten Welt überall begegnet, und die das Leben für die Touris aus dem Westen einerseits sehr praktisch, angenehm und einfach machen, die mir aber auch immer ein kleines bisschen ein schlechtes Gewissen machen. Ich fühle mich halt besser, wenn ich meine Koffer selber trage. Aber was soll ich sagen? Als wir alle an Bord waren schwang sich das 'Jüngelchen' hinter's Steuerrad (hinter dem auf einer Konsole ein iPhone und ein etwas älteres Handy lagen), drehte den Zündschlüssel und los ging's. Das war nämlich der Käpt'n. Und der wusste was er tat auf unserer gut dreieinhalbstündigen Fahrt den Mekong aufwärts.
Der Mekong... für mich ist das so ein bisschen ein Sehnsuchtsfluss, seit ich, damals noch in der Schule, das Buch „Vier Drachen am Mekong“ von Winfried Scharlau gelesen habe. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an den weißhäuptigen Moderator des Weltspiegels im Ersten. Das Buch beschrieb die Situation Vietnams, Laos', Kambodschas und Thailands in den 1980er Jahren, als die ganze Region hier noch komplett krisengeschüttelt war. Meine erste eigene Begegnung mit dem Mekong hatte ich dann 2008 in Phnom Penh bei meinem ersten Besuch bei den Eichhorns (und meiner ersten Begegnung mit Südostasien überhaupt). Dieses Mal ist der Mekong sozusagen der rote Faden, der sich durch meine gesamte Laos-Tour zieht und auf diesem Fluss war ich jetzt unterwegs.
In Laos geht’s ja grundsätzlich nicht hektisch zu, aber als wir vom Ufer abgelegt und das Boot Fahrt aufgenommen hatte, fiel noch einmal der letzte auch noch verbleibende Rest Unruhe ab. Es ist hier einfach nur entspannend und schön. Man begegnet anderen Booten, man beobachtet das Treiben der Leute auf dem Fluss und am Flussufer, und je weiter nördlich man kommt, um so mehr wachsen die Berge links und rechts des Mekong in die Höhe. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass die Gegend flacher würde je weiter man sich von Luang Prabang nach Norden bewegt, aber da lag ich falsch.
Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich mich hier in der ornithologischen Diaspora befinde. Vögel sieht man kaum. Wunderschöner Fluss voller Fische, mit grünen Ufern und schönen Sandbänken und von Reihern, Enten oder Kormoranen keine Spur. Mir war glücklicherweise schon vor der Reise klar, dass es hier mit ornithologischen Abenteuern eher mau aussehen würde, und so war ich jetzt nicht besonders enttäuscht.
Außer mir waren bei der Tour noch ein spanisches, ein französisches und ein norwegisches Ehepaar mit an Bord, sowie Olivier (der französische Manager der Kamu Lodge) und Lee, unser lao Guide (der genau wie Saeng ein Hmong ist). Was mittlerweile nicht mehr so oft vorkommt: nach dem Käpt'n und Lee war ich die jüngste Person an Bord.
Nach zwei Stunden Fahrt haben wir einen Stopp an den Pak Ou Caves gemacht, wo hunderte von Buddha-Statuen unterschiedlichster Größe von den Gläubigen in zwei Kalkstein-Höhlen deponiert wurden und werden. Pak Ou ist ein beliebtes Tagesausflugsziel von Luang Prabang aus, und meiner Meinung nach vollkommen überbewertet. Aber mir ging's ja auch nicht um die Höhlen, sondern um den Fluss. Von Pak Ou zur Lodge sind es noch mal knapp anderthalb Stunden mekongaufwärts. Um diese Jahreszeit hat der Fluss wenig Wasser, und an einigen Stellen bilden sich zwischen den Felsen regelrechte Stromschnellen, durch die das Boot nur langsam voran kommt.
Und dann waren wir an der Lodge, grade rechtzeitig zum Mittagessen. Die Unterkünfte hier sind große Zelte, allerdings mit festem Boden unten drunter und festem Rieddach oben drüber und einem direkt angebauten festen Nassbereich – Dusche, WC, Waschbecken. Mehr braucht man ja auch nicht. Und es wird in festen Betten geschlafen. Gerade im Moment sitze ich auf der Terrasse vor meinem Zelt, man hört die Zikaden und die Geckos und das Bimmeln der Halsglocken der Wasserbüffel und zwischen den Bäumen sieht man den Mekong träge dahinziehen. Alles super.
Nach dem Mittagessen gab's erst ne Siesta und danach noch knapp zwei Stunden Aktivitäten. Zur Kamu Lodge gehören ein paar Demo-Reisfelder, wo einem die Mitarbeiter, die alle aus dem direkt nebenan liegenden Kamu Village kommen, zeigen, wie mit dem Wasserbüffel gepflügt und wie Reis gesetzt wird. Wer will darf auch mal selber, aber ich habe da dankend drauf verzichtet. Ich finde mein Mut bei der Nahrungsaufnahme hier in Laos reicht vollkommen. Ich muss nicht hinter einem Pflug durch den Matsch stapfen, in den kurz zuvor (vor unseren Augen und unter dem Grinsen der Laos) eine größere Menge Wasserbüffelpippi geplätschert ist. Die Norweger waren da schmerzfreier. Wir haben dann auch noch gezeigt bekommen, wie man mit dem Wurfnetz fischt und im Mekong Gold wäscht (was die Einheimischen aber auf Grund der sehr geringen Mengen nur noch hobby- und nicht mehr gewerbsmäßig tun). Abgerundet wurde das Programm durch einen Spaziergang durch Kamu Village. Obwohl die Leute sehr freundlich waren, Touristen kennen, und sowohl jobmäßig als auch durch regelmäßige Zuwendungen in den Village Fund von der Lodge profitieren habe ich mich doch beim Fotografieren sehr zurück gehalten. Ich knipse lieber aus der Entfernung, so mit Tele vom Mekong-Boot aus.
Als Bild des Tages gibt es heute natürlich ein Flusspanorama. Morgen früh hat die Wildnisepisode auch schon wieder ein Ende, denn es geht schon um 8:30h zurück nach Luang Prabang. Um 13:05h geht nämlich mein Flieger nach Vientiane.
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