15. August 2018

Die letzte Episode meines Indonesien-Abenteuers begann heute morgen mit Getöse, als eine Staffel Sukhoi-Kampfjets der indonesischen Luftwaffe über den Merdeka Square und dann genau über mein in der Nähe liegendes Hotel hinweg donnerte und dabei nen Satz Infrarot-Täuschkörper ausstieß. Nettes Feuerwerk... Ganz offensichtlich muss sogar die indonesische Luftwaffe vor dem Unabhängigkeitstag üben.
Eigentlich wollte ich heute mal ganz normales Sightseeing machen und ganz normale 08/15-Bilder von Sehenswürdigkeiten hier in Jakarta fotografieren. Eigentlich... Ist natürlich nix draus geworden, denn die Hauptstadt dieses an Überraschungen und Kontrasten so überreichen Landes hat sich natürlich nicht lumpen lassen und einen ganzen Strauß von Anekdoten und Bildern beschert, der alles andere als 08/15 war...
Warum bin ich überhaupt in Jakarta? Die meisten Indonesien-Reisenden machen sich nicht die Mühe, die Hauptstadt zu besuchen. Auf meinem Streifzug heute habe ich nicht mehr als zwei Händevoll europäischer Gesichter gesehen. Aber irgendwie hat mich Jakarta schon immer gereizt, spätestens seit ich in Kuala Lumpur und Singapur, Shanghai und Beijing war. Ich wollte einfach sagen können, dass ich da schon war, und darüber hinaus liebe ich es ja auch, mir eine Stadt zu "erobern".
Die Eroberung von Jakarta begann heute morgen zu Fuß. Mein Hotel liegt nur ein paar Schritte vom südwestlichen Eingang des Merdeka Square. Der Unabhängigkeitsplatz von Jakarta, mit dem Monument Nasional, kurz Monas, hat seine Pendants in Kula Lumpur und Singapur. Da sind es einfach schöne Plätze mitten in der Stadt, aber hier in Jakarta hat man keine halben Sachen gemacht und fast einen ganzen Quadratkilometer mitten im Herzen der Stadt für die Erinnerung an die Unabhängigkeit reserviert. Das ist hier nicht nur ein Platz, sondern auch ein Park, mit Bäumen, Teichen, Bougainvillea-Hecken und dem 132m hohen Monas in der Mitte.
Zwei Dinge lernt man als Tourist in Jakarta innerhalb von fünf Minuten: 1. es läuft sich viel besser im Schatten, 2. es gibt Straßen, die unüberquerbar sind. Der Verkehr war jetzt heute noch nicht mal besonders dicht, weil ich nicht während der Rushhour-Zeit unterwegs war. Man muss aber trotzdem seine Sinne beisammen haben, wenn man zu Fuß in Jakarta unterwegs ist. Es gibt in den Bürgersteigen (und manchmal auch an den Rändern der Straßen) Löcher, in die man stürzen kann. Motorrollerfahrer interessieren sich für keine Regeln, fahren bei jeder Farbe über Kreuzungen, zwängen sich zwischen den Autos durch und nutzen problemlos auch die Bürgersteige wenn sich der Verkehr auf der Straße staut. Alles in allem also schon kein ganz leichtes Unterfangen, die Stadt (oder auch nur Teile von ihr) zu Fuß anzukucken. Noch dazu bei der Hitze. Es ist mir trotzdem gelungen. Einmal im umzäunten, dem Stadtverkehr entrückten Areal des Merdeka Square angkommen, war alles schön entspannt. Ich bin rumspaziert, habe mich etwas über die Militär-LKWs und die Militärpolizei gewundert, bis mir wieder einfiel, dass ja übermorgen Unabhängigkeitstag ist und hier die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen. Nicht schlecht überrascht war ich dann aber als ich laute Kommandos und Marsch-Musik hörte... "Joh, wenn dat Trömmelche jeht", dachte ich, und da kamen sie auch schon. Generalpobe für eine der Paraden zum Unabhängkeitstag, auf den Paradestraßen am Merdeka-Square. Marching Bands, Vertreter der einzelnen Provinzen – die Papuas waren besonders eindrucksvoll – Kavallerie in Gardeuniform, eine mit sechs Pferden bespannte Kutsche, mit der irgendwas Wichtiges (keine Ahnung was) zum Monas transportiert wurde, Fernsehkameras auf Schwenkarmen... es war richtig was los... ich bin kaum nachgekommen mit fotografieren und filmen, so dass meine Aufnahmen von der ganzen Aktion auch etwas erratisch sind. Und so schnell wie es begonnen hatte war das Schauspiel auch schon wieder vorbei. Ein Kommando aus den Lautsprechern und die Teilnehmer entspannten sich, zückten die Handys um zu fotografieren (und,wie in Indonesien wohl üblich, sofort alles auf Instagram zu posten),und dann zerstreuten sich die Teilnehmer. Das ist auch der Moment, den Ihr im ersten Bild des Tages seht. Die Reiterei schlufft gemütlich nach Hause, während im Hintergrund das Monas über allem wacht. Auf dem Bild erkennt man auch, dass Jakarta (noch) keine richtige, geschlossene Skyline hat. Die Hochhäuser sind noch nicht so richtig hoch und stehen ziemlich weit verstreut in der Stadt rum.
Vom Merdeka Square bin ich zum Bahnhof Gambir spaziert und habe bei Starbucks nen Mittagsimbiss genommen. Manchmal muss man sich auch ein bisschen was westliches gönnen... *lach... Die Stasiun Gambir ist der Bahnhof von Jakarta, wo die Mehrzahl der Intercity-Züge durch ganz Java startet und endet.
Bis zu diesem Zeitpunkt war ich grob einem der Stadtspaziergänge in meinem Pocket-Lonely Planet gefolgt. Aber nach der Mittagspause wollte ich ein bisschen Nervenkitzel... und bin Bus gefahren. Ich finde bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln erfährt man ja sehr viel über Land und Leute. So auch in Jakarta. Das städtische Busnetz fährt auf speziellen Busspuren und die Haltestellen sind erhöht. Der Fahrgastraum der Busse liegt deutlich höher als bei uns. Der Zugang zu den Bussteigen ist mit Drehkreuzen geregelt, für die man eine der vielen verschiedenen Geldkarten verwendet. Ich hab mir also ne Karte gekauft und wollte zwei Stationen von Gambir 1 bis Juanda fahren. Hat problemlos geklappt... Ich war allerdings der Exot im Bus. Kein europäisches Gesicht weit und breit. Und mir ist wieder mal deutlich geworden, dass Indonesien nichts für Leute wie mich ist, die 184cm groß sind. Die Festhaltegriffe im Bus hingen nämlich bis auf meine Kinnhöhe runter, und ich bin schon beim Einsteigen mit dem ersten von denen kollidiert. Es gibt auch nen Schaffner im Bus, der das Ein- und Aussteigen regelt, und je nachdem, wie der Busfahrer an den Bussteig rangefahren ist, muss man schon nen großen Schritt bis in den Bus rein machen, sonst liegt man gut anderthalb Meter tiefer auf der Fahrbahn.
Also, ich bin Bus gefahren, und habe danach Verkehrsfotografie betrieben. Mach ich ja echt gerne... Das Ergebnis seht Ihr im zweiten Bild des Tages, das an der Juanda-Bushaltestelle entstand. Die Frauen, die auf den nächsten Bus warten, die Autos und die Mopeds... Der Rollerfahrer ganz rechts arbeitet für eine der Motorrollertaxi-Firmen, Grab oder Go-Jek. Man sieht, wie er den grünen Helm, den der Passagier auf bekommt, zwischen den Knien hat.
Das Gebäude mit den senkrechten Betonstreben rechts im Hintergrund ist die Masjid Istiqlal, die Unabhängkeitsmoschee. Dort gibt es Platz für bis zu 200.000 Gläubige (wenn man alle Höfe, Gänge und Galerien mitnutzt). Damit ist die Unabhängigkeitsmoschee die größte Moschee in Südostasien. Natürlich hab ich mir die Moschee angesehen, auch wenn man als Nicht-Muslim den eigentlichen Gebetsraum nicht betreten darf.
Direkt gegenüber von der Moschee liegt die neugotische katholische Kathedrale von Jakarta, Mariä Himmelfahrt. Die habe ich mir dann als nächstes angekuckt. Okay, ist halt ne neugotische Kirche. Recht groß, mit zwei 60m hohen Türmen und einem ungewöhnlichen Deckengewölbe aus Teakholz. Orgeln gibt es auch zwei. Die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale ist die Bischofskirche des Erzbischofs von Jakarta.
Von der Kathedrale aus bin ich noch ein bisschen weiter spaziert und habe ein paar der Regierunggebäude der ehemaligen niederländischen Kolonialverwaltung gesehen. Aber dann war ich auch platt und hab mir ein Taxi ins Hotel genommen und den Rest des Tages ruhig angehen lassen. Ich bin allerdings noch die Straße vor meinem Hotel runter gewandert auf der Suche nach Supermärkten, wo man Bier bekommt. Fehlanzeige... Das hier ist halt nicht mehr der "Sündenpfuhl" Bali...

P.S. Das Logbuch von gestern hab ich nicht richtig verschickt und habe das heute Mittag versucht, von meinem Handy aus nachzuholen. Ich hoffe, es ist bei jedem angekommen. Wenn nicht, dann bitte melden.

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