9. Oktober 2012

In Lecce regnet's. Da war ich eben doch etwas überrascht, als ich aus dem Supermarkt, fünf Minuten zu Fuß vom Hotel hier, kam und es fielen die ersten Tropfen. Ich bin zwar noch halbwegs trocken nach Hause gekommen, aber dann gab's nen richtigen Guss. Irgendwie schon klassisch. Kaum hat man das Auto gewaschen, schon regnet's. Aber der Reihe nach.
Der Tag heute begann recht früh. Ich hatte den Wecker auf viertel vor acht gestellt, denn ich hatte mir für heute viel vorgenommen. Nach dem Frühstück ging's mit dem Auto erst an die Adria-Küste und dann auf der Küstenstraße nach Süden in Richtung Ótranto. Mein erster Eindruck von der Adria – genau, es ist das erste Mal, dass ich am Adriatischen Meer bin – war nicht der beste. Die Küste war flach und von ein paar Klippen abgesehen eher unspektakulär. Überhaupt ist der Salento nicht unbedingt landschaftlich umwerfend. Man hat den Eindruck, dass sich die Landzunge eher zwischen die beiden Meere, das Adriatische und das Ionische, hin duckt. Was allerdings schon beeindruckend war auf dem Weg nach Ótranto das waren die Berge Albaniens, die am anderen Ufer der Adria aus dem Dunst ragten, erst kaum sichtbar, aber dann im Laufe des Vormittags etwas deutlicher. Grade mal 71km ist die Straße von Ótranto breit, die die Adria mit dem Ionischen Meer verbindet. Das war sogar schon in der Antike ein Katzensprung.
Ótranto selbst ist richtig schnuckelig. Eine kleine, verwinkelte Altstadt mit ein bisschen zu vielen Touri-Krimskrams-Läden, einem Castello Aragonese und einer schönen Kathedrale. Diese zeichnet sich durch einen spektakulären Mosaik-Fußboden aus und wenn ich ein Stativ oder zumindest einen Stuhl als Ersatz gehabt hätte, dann hätte ich nach dem Bild des Tages nicht lange suchen müssen.
Nach dem Besuch der Kathedrale bin ich ein bisschen durch Ótranto spaziert, habe mir das Castello Aragonese und die vielen kleinen Gässchen und Winkel angekuckt und mir ein Ristorante für das Mittagessen ausgesucht. Sehr schön alles, inklusive Tagesmenü mit Antipasto del' Mare und Linguine con vongole. Da konnte man echt nicht meckern.
Nach der Mittagspause ging's dann wieder raus auf die Landstraße. Ich hatte nämlich, nach den Siesta-Erfahrungen von gestern, den heutigen Tag so geplant, dass ich während der Mittagsschlafzeit unterwegs sein und das ein oder andere steinzeitliche Baudenkmal ankucken würde, um dann rechtzeitig mit dem Wiedererwachen der Ortschaften in Gallípoli zu sein, genau gegenüber von Ótranto an der Küste des Ionischen Meers. So war zumindest der Plan. Die steinzeitlichen Baudenkmäler entpuppten sich dann als ein eher bescheidener Dolmen, aber das was spannend wurde war das klackernde Geräusch, das mein linker Hinterreifen machte. Zuerst denkt man sich ja bei sowas noch nix Böses, sondern versucht nur, beim nächsten Stopp das Steinchen aus dem Reifenprofil zu entfernen. Als ich aber bei einem kurzen Navigationsstopp nach der Arbeit mit der Karte mal kurz ausstieg fand ich aber statt des Steins eine Kreuzschlitzschraube in dem Reifen.  Hmmmmm... Mist... Sowas kann auch die feinste Planung durcheinander bringen. Und das auch noch in der Mitte von nirgendwo, statt in einem Vorort von Lecce. Da offensichtlich aber keine Luft entwich habe ich die Schraube erst mal in Frieden gelassen und bin weiter in Richtung Gallípoli gefahren, was auch die kürzeste oder vielmehr die einfachste Strecke zurück nach Lecce war. Ich sah mich allerdings schon mit Wagenheber und Warnweste an meinem Auto rumdoktern und dann kam ich in meinen neuen Lieblingsort in Apulien, Taurisano.
Nur ein paar hundert Meter hinter dem Ortseingang sah ich das Schild mit der Aufschrift „Gommista Preite – Centro Assistenza Pneumatici“. Warum also bis Lecce warten? Ich also zur Reifenwerkstatt und da war natürlich noch Siesta um kurz nach drei. Hmmmm – in einer halben Stunde wird hier aufgemacht, der Reifen hält immer noch die Luft, was kann man also mit der Zeit anfangen? Richtig! Auto waschen lassen. Die Total-Tankstelle an der Straße von Taurisano nach Gallípoli hatte denn auch eine moderne Selfservice-Waschanlage und der zwar etwas grummelige, aber trotzdem sehr hilfsbereite Tankstellen-Mitarbeiter konnte mir a) meinen 50-Euronen-Schein klein machen und hat mir b) auch noch direkt die Waschanlage eingeschaltet. Als ich dann mit dem sauberen Micra wieder vor der Reifenwerkstatt hielt, war dort die Siesta zu Ende und nach zwanzig Minuten war ich mit geflicktem Reifen auf dem Weg nach Gallípoli. Für ganze 10 Euro... *lach... Mein Italienisch ist zwar über den beiden Aktionen nicht wirklich besser geworden, aber Hände und Füße haben's auch getan. Die Leute hier sind echt hilfsbereit.
In Gallípoli bin ich dann noch ne gute Stunde durch die auf einer kleinen Insel wenige Meter vor der Küste liegende Altstadt geschlendert, hab mir nen Espresso am Piazza Duomo gegönnt und habe danach den Ausblick auf das Ionische Meer genossen. Die Wolken sorgten für eine tolle Abendstimmung.
Tja, und obwohl heute erst der dritte Tag meiner Tour ist, kann ich mich schon heute nicht für ein Bild des Tages entscheiden. Deshalb gibt’s mal wieder zwei. Zum einen das Stilleben mit Vespa und Katze aus Ótranto, stellvertretend für all die Bilder, die in den Gassengewirren von Ótranto und Gallípoli entstanden sind. Zum anderen ein bisschen Meeresstimmung: ein Fischerboot auf dem Heimweg nach Gallípoli vor dem dämmernden, wolkenverhangenen Himmel.
Morgen ist Schluss mit Lecce. Es geht nach Táranto – allerdings nicht auf gradem Wege, aber das erzähle ich Euch morgen abend.

 

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