17. Oktober 2020
Heute stand die zypriotische Hauptstadt auf dem Programm, und da gibt es schon den ersten Klärungsbedarf, bevor der Erlebnisbericht überhaupt angefangen hat… In der Schule lernt man, dass die Hauptstadt der Republik Zypern Nikosia ist, aber auf fast allen Hinweisschildern an den Straßen steht „Lefkosia“. Auf dem Weg dorthin kommt man an einem Schild vorbei, dass einen im Distrikt Nicosia, einem der zypriotischen Verwaltungsbezirke, begrüßt. Ein Ortseingangsschild habe ich leider nicht gesehen. Wikipedia und auch meine Reiseführer hatten keine wirklich hilfreichen Infos in dieser Angelegenheit. Ganz schön seltsam alles, wie so manches, was mit zypriotischer Geschichte und Politik zu tun hat. Der Einfachheit halber nenne ich die Stadt hier Nikosia, so wie wir es in Deutschland gewöhnt sind.
Die Fahrt von Larnaka nach Nikosia dauert ne gute dreiviertel Stunde über eine anständige Autobahn, die im letzten Drittel der Strecke, ab da, wo die A2 aus Larnaka in die A1 aus Lemesos mündet, sogar sechsspurig ist. Der Übergang in die Stadt ist allerdings etwas plötzlich. Gerade noch schöne Autobahn und dann steht man mitten im Stadtverkehr von Nikosia. Googlechen hat mich aber ganz gut geleitet (sie schlägt sich recht wacker hier in Zypern und liegt nur selten falsch), und ich bin ohne große Umstände zum Parkplatz außerhalb der Stadtmauer gelangt.
Die Stadt Nikosia wurde schon im 7. Jahrhundert vor Christus in assyrischen Dokumenten erwähnt. Besiedelt war sie aber schon lange vorher. Das Stadtbild ist heute vor allem durch die venezianische Herrschaft im 15. und 15. Jahrhundert geprägt. Aus dieser Zeit stammt nämlich die gewaltige Befestigungsanlage mit Mauern und Bastionen.
Ich hatte mich ein bisschen mit Hilfe des Lonely Planet schlau gemacht, was man sich denn alles so ansehen sollte, in Nikosia. Da ich aber, sowohl wetter- als auch coronabedingt keine Lust auf Museen hatte, habe ich mich einfach in das Altstadtstraßengewirr im Herzen der Stadt gestürzt und bin spazieren gegangen.
Das Zentrum von Nikosia ist echt hübsch. So ne richtig typische Mittelmeer-Altstadt. Könnte auch irgendwo in Süditalien sein, wenn… ja WENN man nicht plötzlich vor einer Barrikade aus betongefüllten, von NATO-Draht gekrönten Ölfässern stehen würde.
Seit dem Waffenstillstand am Ende der türkischen Invasion von Nordzypern im Jahr 1974 ist Nikosia eine geteilte Stadt. Ich habe zwar nie Berlin vor dem Mauerfall erlebt, aber genau wie dort die Mauer führt in Nikosia die „Grüne Linie“ genannte Waffenstillstandslinie mitten durch die Stadt und kappt ganz einfach Straßen. Einen Eindruck davon kriegt man im Bild des Tages. Zwischen dem Posten und der türkisch besetzten Seite liegen ein paar Meter Niemandsland und dahinter ragen die Minarette auf. Nicht jede Straße ist allerdings mit einem Posten gesperrt. Manchmal sind es auch nur Betonbarrikaden und Stacheldrahtverhaue.
Ich bin eine ganze Weile in diesem Bereich der Altstadt spazieren gegangen, und ich muss sagen, es ist streckenweise echt surreal. Da sitzen die Nikosier im Café, trinken, rauchen und spielen Backgammon, und nur zwei Meter trennt eine Betonmauer die Café-Szene vom Niemandsland. Eigentlich ist das Fotografieren der Sperranlagen verboten, aber ich habe trotzdem Bilder gemacht. Ich finde, das muss man dokumentieren, und auch hier zeigen.
Trotz dieser bedrückenden Eindrücke habe ich mich aber nicht von der weiteren Stadterkundung abhalten lassen. Nikosia hat, wenn man von der venezianischen Stadtmauer mal absieht, keine richtig dicken Hauptsehenswürdigkeiten, und so bin ich einfach durch die Altstadtstraßen und die umfangreiche Fußgängerzone geschlendert und habe die Atmosphäre genossen bis meine Füße platt waren. Ein Stopp bei Starbucks war ne willkommene Unterbrechung und so in der Fußgängerzone sitzend konnte man schön die Leute beobachten. Die Frage, die sich mir vor allem aufdrängte, war: „Die ganzen jungen Inder, die hier unterwegs sind, sind das UNFICYP-Blauhelme auf Wochenendausgang?“
Gegen drei habe ich mich zurück auf den Weg nach Larnaka gemacht, denn ich wollte noch ein bisschen am Mackenzie-Beach Flieger schießen. In Larnaka habe ich außerdem getankt, denn morgen soll es früh losgehen.
Am Mackenzie-Beach war zwar trotz Samstag nur unwesentlich mehr Badebetrieb als am Mittwoch, aber mir waren ja die Fkugzeuge wichtig. Es gab ein paar interessante Flieger zu sehen und ich hatte auch Gesellschaft in Form meines britischen Bekannten von Mittwoch. Für die Ankunft des Air Baltic A220-300 in der „Estonian Flag“-Lackierung stellte sich dann auch noch Paris Nikolaou ein und wir hatten wieder einiges zu fachsimpeln.
Morgen gibt es, wie erwähnt, nen frühen Start. Der Tag soll nämlich wieder im Zeichen der Ornithologie stehen. Ich will in den Marschgebieten südwestlich von Lemesos auf Vogelsafari gehen.
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