25. Juli 2010
Also, ich wage mal eine Zukunftsprognose... Wenn nichts wirklich außergewöhnliches dazwischen kommt, dann bin ich Mitte Juli 2012 in Farnborough. Ich bin ja mittlerweile was Luftfahrtangelegenheiten angeht nicht mehr so ganz so leicht zu beeindrucken, aber heute das hat mich dann doch etwas von den Socken gehauen. Aber von vorne...
Um viertel vor neun heute morgen bin ich in Salisbury aufgebrochen und stand knapp anderthalb Stunden später in Farnborough auf dem Parkplatz. Vielleicht sollte ich noch kurz was allgemeines zur Farnborough Air Show sagen. Das ist nach dem Aerosalon in Paris-Le Bourget eine der größten Luftfahrtmessen der Welt. Die Veranstaltung dauert eine Woche, wobei Montag bis Freitag für das Fachpublikum ist und die wichtigen Geschäfte getätigt werden und Samstag/Sonntag dann auch jedermann rein darf. (Okay – so ganz stimmt das nicht, denn freitags ist Enthusiast Day, wo das besonders interessierte Laienpublikum gegen nen kleinen Aufpreis schon zu den Fachbesuchern reingelassen wird. Das weiß ich aber erst seit heute.)
Parkplatz war ne große Wiese wie bei einer Großveranstaltung halt üblich, allerdings in diesem Fall nur ein paar Meter neben der Startbahn des Farnborough Airfield. Und es waren Himmel und Menschen hier. Das ganze hatte echt Volksfest-Charakter. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab Fressbuden, Karrussels für die Pänz und Spielsachen aus Aluminium und Kohlefaserverbundstoffen zum Ankucken für die Großen. Es war zwar sehr voll, aber so wirklich gestört hat mich das noch nicht mal, obwohl ich bei Massenveranstaltungen ja sonst sehr empfindlich und schnell eingeschnappt bin. Dafür gab's zuviel zu tun und zu kucken. Und die Zeit zwischen meiner Ankunft um viertel nach zehn und dem Beginn des Flugprogramms um halb eins war einfach viel zu kurz. Ich hab's nicht mal bis zum Stand von Boeing geschafft und auch etliche der ausgestellten Flugzeuge sind mir durch die Lappen gegangen (wobei mich da eigentlich nur ärgert, dass ich die Saab Gripen nicht gesehen habe). Dafür habe ich mich aber sehr nett im Pavillion von Airbus mit einem der Messemenschen unterhalten und habe bei Viking Air aus Kanada, die die Fertigung der DeHavilland Canada DHC-6 Twin Otter wieder aufgenommen haben, sogar nen Messeprospekt abgestaubt. Ich glaube der Typ war einfach froh, dass heute am letzten Tag noch jemand seinen Flieger knipsen wollte. Das Laienpublikum hat an solchen Maschinen in der Regel weniger Interesse. Da glaube ich war in der vergangenen Woche am Stand von Viking Air mehr los.
Um kurz nach zwölf habe ich mich aufgemacht zu Haupttribüne, für die ich ne Zusatzkarte hatte und irgendwo war es jetzt beim ersten Mal auch ganz gut, dass ich das gemacht habe, denn man kann schon echt besser sehen und hat nen Klappsitz. Um Punkt halb eins begann das Flugprogramm und direkt mit einem richtigen Kracher. Bis heute hatte ich noch nie eine Jet-Kunstflugstaffel gesehen. Und heute gab's direkt die Red Arrows – Vorführtruppe der Royal Air Force in ihren ferrariroten, mittlerweile 30 Jahre alten BAe Hawks, und eine der wenn nicht die beste Kunstflugstaffel der Welt. Ich muss sagen: sowas Schönes habe ich bisher nur sehr selten gesehen. Eine halbe Stunde haben die acht Jungs und das eine Mädchen (genau – mittlerweile haben die Red Arrows eine Frau am Steuer) exerziert und mir ist die Spucke weg geblieben. Die erste Hälfte der Show war Präzisionsformationsflug in einer Nine-Ship-Formation. Das war wie Ballett oder Spanische Hofreitschule am Himmel. Absolut unglaublich. Und dann, als ich schon dachte es geht nicht besser, legten die Red Arrows noch ne ordentliche Schüppe drauf und es gab dann Vorführungen von 4- und 5-Flieger-Formationen inklusive Solo- oder Duett-Einlagen und plötzlich schien der Himmel über Farnborough voll mit diesen roten Flugzeugen und man hatte nicht Augen genug. Klar natürlich, dass die Red Arrows auch das Foto des Tages bekommen haben. Aber auch die anderen Vorführungen waren nicht schlecht, wobei es da zwei verschiedene Arten gab. Einerseits die einfachen Show-Vorführungen, wie zum Beispiel die Red Arrows, aber auch historische Flugzeuge aus dem ersten und zweiten Weltkrieg, eine Propellerkunstflugstaffel aus ehemaligen RAF-Piloten oder eine Fallschirmspringervorführung. Andererseits gab es dann auch die Messevorführungen von Fliegern, die man hier hätte kaufen können. Vom A380 bis zum Typhoon war echt vieles zu sehen. Der A380 war auch ein echter Hammer. Dieses Flugzeug hat Manöver geflogen, die man so nem schweren Gerät gar nicht zugetraut hätte. Zum Glück ohne Passagiere, denn dann hätten die Spucktüten wahrscheinlich nicht ausgereicht.
Den Auftakt der Militärflieger machte Boeing mit der F/A-18F Super Hornet, die inzwischen die Rolle der F-14 Tomcat übernommen hat. Wenn ich das nächste Mal zu ner Airshow fahre dann nehm' ich Gehörschutz mit. So mussten es auch Taschentücher tun. In der Sekunde, wo die Super Hornet mit Vollgas von der Piste abhob, gingen auf dem Parkplatz die Alarmanlagen der Autos an. Noch Fragen? *lach... Den besten Sound hatte allerdings – was angesichts seiner zwei Rolls Royce-Triebwerke kein Wunder war – der Eurofighter Typhoon. Dieses Teil ist einfach nur schick (siehe hierzu auch mein Reiselogbuch Malta). Und um zu zeigen was die Maschine drauf hat war sie mit maximaler Zuladung unter den Flügeln – Bomben, Raketen und Zusatztanks – ausgestattet. Also wenn das dem Flieger etwas ausgemacht hat, dann ist es mir jedenfalls entgangen. Tja – einziger kleiner Wermutstropfen war, dass die Avro Vulcan, ein antiker britischer Jet-Bomber, wegen eines Defekts nicht fliegen konnte. Die hätte ich noch gerne gesehen. So bildete dann die Vorführung des Typhoon den Abschluss des Tages.
Jetzt sitze ich grade in der Lounge meines Hotels in Lyndhurst im Herzen des New Forest. Irgendein Router ist ausgefallen und so kann ich leider vom Zimmer aus nicht online gehen. Dumm. Aber nicht so schlimm. Heute abend gab's übrigens sehr leckeres indisches Essen im „Passage to India“ hier in Lyndhurst. Für morgen ist viel fahren angesagt, denn ich habe vor, auf dem Weg nach Exeter ein paar Umwege zu benutzen. Bin mal gespannt, was ich Euch morgen abend berichten kann. So – und jetzt Feierabend, bevor das hier ein Roman wird.
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