19. April 2017

Es ist Mittwochabend, kurz vor zehn Uhr... ich hab ordentlich einen sitzen... aus den Lautsprechern in der Hotelbar tönen Reggae-Cover-Versionen von Beatles-Liedern... zum Glück in erträglicher Lautstärke... auf meinem Tisch schmelzen die Eisklümpchen in meinem „Nica libre“... Noltan, der nicaraguanische Barkeeper mit Niedlichkeitsfaktor 10, macht seine Buchhaltung... und ich versuche ein sinnvolles Logbuch zu schreiben... was nicht so einfach ist... wie kam's zu dieser Situation?
Ich war eigentlich zur Happy Hour hier in der Bar aufgeschlagen, wollte nen Drink oder zwei nehmen, was essen, mein Logbuch schreiben und ab ins Bett... soweit der Plan...
Dann saß ich hier auf dem Sofa und irgendwie bin ich mit den beiden amerikanischen Ehepaaren, Ed und Carol, sowie Alvin und Lori, ins Gespräch gekommen... naja, und dann haben wir zusammen getrunken, und dann haben wir zusammen zu Abend gegessen... und erzählt... und... es war sehr lustig und unterhaltsam... und jetzt sitze ich hier und es ist spät...
Ich weiß auch nicht. Irgendetwas ist dran an diesem Land hier, das man so leicht mit Leuten in Kontakt kommt... ich habe hier in Nicaragua mehr Leute kennengelernt (und mehr Facebook-Bekanntschaften geknüpft) als auf meinen letzten fünf Reisen zusammen...
Der Tag begann heute mal wieder früh. Der Wecker ging um 6:30h, denn ich hatte ja für sieben schon das Frühstück bestellt und um halb acht sollte Eric mich für die Dschungelwanderung abholen. Es lief auch alles wie am Schnürchen. Eric hatte den Toyota Prado super im Griff und nach ner halben Stunde Fahrt waren wir in San Ramon. Wie sich herausstellte, hatte man den Weg bis zum Beginn des Trails frisch „renoviert“, so dass wir mit dem Allradfahrzeug noch mal die Hälfte der Strecke bis zum Wasserfall zurücklegen konnten. Wie sagt doch das alte Eifeler Sprichwort? „Besser schlääch jefaare als joot jejange“. Die letzten knapp zwei Kilometer bis zum San Ramon-Wasserfall mussten wir dann aber doch laufen. Eigentlich war's keine Dschungelwanderung sondern eher ein Dschungelspaziergang. Einzig die Steigungen machten es ein bisschen anspruchsvoller... Eric entpuppte sich als guter Ornithologe und Guide, der über alles Bescheid wusste, was uns so im Dschungel über den Weg kreuchte und fleuchte. Aber er war auch, für nicaraguanische Verhältnisse - zumindest für das, was ich hier bisher erlebt hatte - ziemlich zurückhaltend. Der Wasserfall selber war jetzt nicht wirklich der Rede Wert, vor allem, weil es auf das Ende der Trockenzeit hingeht. Aber ich war ja auch nicht wegen des Wasserfalls gekommen.
Eines muss ich an dieser Stelle allerdings auch anmerken. Vorsichtigen Hochrechnungen zu Folge wird die Marke von hundert Vogelarten auf dieser Tour nicht geknackt werden. Nicht, weil Nicaragua ein vogelfeindliches Land wäre. Im Gegenteil. Man sieht echt viele Vögel. Allerdings ist die Artenvielfalt im Vergleich zu Panama doch geringer, und ich glaube ich bin auch nicht mehr zur Hauptvogelzugzeit hier, da Ostern dieses Jahr doch ziemlich spät ist.
Gegen halb zwölf waren Eric und ich wieder an der Stelle, wo der Toyota auf uns wartete, und zu diesem Zeitpunkt hatte Eric dann auch beschlossen, dass ich ein umgänglicher Tourist bin. Natürlich hat er mir „die Frage“ gestellt... natürlich habe ich ihn gefragt, wie alt er ist (34... also ungefähr sieben bis acht Jahre älter, als ich ihn geschätzt hätte), ob er verheiratet ist (ja) und ob er Kinder hat (ja klaaaar... ein Sohn von 10 und eine Tochter von 5 Jahren)... und so weiter und so fort... die Nicaraguaner erzählen einem echt alles! Ich habe ja nun schon einiges erlebt und einige Länder bereist – Nicaragua ist das 41ste Land auf meiner Liste – aber ich muss lange überlegen, um an ein Land zu denken, wo mir die Leute so freundlich und aufgeschlossen und nahbar begegnet sind, wie hier, wenn man nur ein bisschen offen für Kontakte ist (und das ist, weiß Gott, nicht wirklich meine Stärke).
Auf der Fahrt zurück zum Hotel haben Eric und ich über Gott und die Welt erzählt (ja... sein Englisch ist echt gut) und dann hieß es Abschied nehmen. Morgen wird mich nämlich ein Kollege von Eric zur Fähre bringen, denn er führt morgen früh um sechs eine Touristen-Gruppe auf den Concepción.
Den Rest des Tages habe ich einen auf gemütlich gemacht. Mittagsimbiss im Hotel... Siesta auf dem Zimmer... ein bisschen Birdwatching im Hotelgarten... ein weiterer Strandspaziergang an der Playa Santo Domingo, wie das hier heißt... und dann kam der Abend... siehe oben...
Tja... meine Zeit in Nicaragua neigt sich rapide dem Ende zu. Morgen geht’s zurück nach Managua, der letzten Station meiner Tour. Dort schließt sich der Kreis der Rundreise.
Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zu den Bildern des Tages. Das erste Bild entstand während des Dschungelspaziergangs und gibt nen kleinen Eindruck von der Gegend an den Hängen des Vulkans Maderas. Eric geht vorne weg. Das zweite Bild zeigt einen White-throated Magpie-Jay. Diese Verwandten von Elster und Eichelhäher findet man zwar überall in der trockenen Pazifikregion von Nicaragua, aber auf der Isla Ometepe sind sie mit die häufigsten Vögel.

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