9. Oktober 2015
Heute war nicht mein Tag. Keine Ahnung wieso. Am Wetter kann's nicht gelegen haben, denn heute hat den ganzen Tag die Sonne geschienen. Das Programm war zwar nicht umfangreich, aber dafür hochkarätig, und seit heute morgen habe ich sogar Musik im Auto. (Ich hatte nämlich mein AUX-Kabel zu Hause vergessen und konnte deshalb bisher den Walkman nicht an die Musikanlage des Ibiza anschließen. Aber heute morgen habe ich nen kurzen Stopp bei MediaMarkt in Salamanca gemacht und habe mir ein AUX-Kabel gegönnt.) Trotzdem war heute nicht mein Tag...
Das einzige was heute nicht nach Plan lief war, dass ich verschlafen hab. War jetzt nicht dramatisch, nur ne halbe Stunde, aber es hat mich schon geärgert, dass ich es gestern abend nicht gebacken bekommen habe, den Handy-Wecker richtig zu stellen. Nach dem Frühstück war dann schnell der Koffer gepackt und ich bin zum Parkhaus gegangen. Wie schon erwähnt – ein kurzer Stopp am Elektro-Supermarkt und dann ab auf die Autobahn. Ich wollte heute ein bisschen Zeit rausholen, denn sowohl das Programm als auch das Fahren für heute nachmittag waren zeitlich schlecht einzuschätzen. Als ich die westlichsten Ausläufer der Sierra de Gredos erreicht hatte ging's aber wieder zurück auf die Landstraße, denn das macht einfach mehr Spaß und man bekommt mehr zu sehen.
Am Anfang war die Fahrt durch die Berge noch vergleichbar mit meinen Erlebnissen vorgestern auf dem Weg von Ávila nach Salamanca. Dann kam ich auf der Passhöhe von Puerto de Tornavacas an. Dort verkündete ein Schild „Bienvenidos en Extremadura“, und es war als wäre ich in ein anderes Spanien hinein gefahren. Ganz seltsam, aber mit dem Verlassen von Castilla y León und dem Erreichen der Region Extremadura hatte ich auch den Süden erreicht. Statt Pinien-, Pappel- und Steineichenwäldern gab's urplötzlich Esskastanien, Oliven und Korkeichen. Die Gegend durch die ich kam, das Valle del Jerte, beschäftigt sich hauptsächlich mit Kirschanbau. Kirschbäume so weit das Auge reicht, bis hoch auf die Berge. Und es gab noch mehr Vegetationsanzeichen von Süden und Mittelmeer: Bougainvillea... Agaven... Feigen... Oleander... Feigenkakteen... Alles Pflanzen, die ich bisher vermisst hatte. Naja, vermisst ist vielleicht ein bisschen zu viel, aber ich hab sie halt in Zentralspanien nicht gesehen und so kam auch kein mediterranes Feeling auf.
Mein einziger echter Programmpunkt heute war das Kloster San Jeronimo de Yuste. Hier hat Karl V. nach seiner Abdankung im Herbst 1555 seinen Lebensabend verbracht. Das Kloster gab's schon vorher und wie Karl genau auf diesen Ort gekommen ist habe ich nicht rausfinden können. Aber wenn man der Welt entsagen möchte, dann ist San Jeronimo de Yuste genau der richtige Ort. Ein Wahnsinnskontrast zu San Lorenzo de El Escorial. Das kleine Kloster mit der einfachen, einschiffigen Kirche und dem gotischen Kreuzgang, dass 1555 schon existierte, wurde auf Karls Geheiß leicht erweitert. Er ließ einen weiteren Kreuzgang im Renaissance-Stil bauen sowie eine Villa mit insgesamt acht Räumen, in der er wohnte. Seine Uhrensammlung war mit umgezogen aber insgesamt waren grade mal 50 Personen damit beauftragt, für den ehemaligen Herrscher, in dessen Reich die Sonne niemals unterging, zu sorgen. Karl nahm teilweise am Klosterleben der Hieronymiten-Mönche teil und hatte von seinem Schlafzimmer aus einen direkten Zugang zur Kirche und vom Bett den Blick zum Altar (sowie Philipp II. es sich in El Escorial auch einrichten ließ). Die Räume sind zum Teil noch mit Karls Original-Möbeln und anderem Besitz eingerichtet und man sieht auch das Zimmer und das Bett, wo er am 21. September 1558 an Malaria starb. Ich muss sagen, ich war echt sehr beeindruckt von der ganzen Anlage. Sehr bescheiden und geschmackvoll und kein bisschen pompös. Und darüber hinaus ziemlich in der Einsamkeit gelegen. Die nächsten Orte, Cuacos de Yuste und Garganta de Olla, sind beide ein paar Kilometer entfernt. Ein wirklich passender Alterssitz für den Kaiser, dem die Dinge über den Kopf wuchsen und der zurücktrat. Heutzutage würde man wahrscheinlich sagen, dass Karl nen Burnout hatte. Das liest man zwischen den Zeilen auch in seiner Abdankungserklärung (wer will kann hier mal klicken). In seinem Testament hatte Karl verfügt, dass er in der Krypta von San Jeronimo de Yuste begraben werden wollte, aber sein Sohn hat ihn trotzdem in die Grablege der
spanischen Könige in El Escorial bringen lassen, wo Karl heute immer noch ruht.
Natürlich hat San Jeronimo de Yuste das Bild des Tages bekommen. Man blickt in den Renaissance-Kreuzgang. Irgendwie konnte ich mir gut vorstellen, wie Karl mit seinen gichtigen Knochen hier durchgehumpelt ist.
Von San Jeronimo de Yuste war es dann nicht mehr weit bis nach Plasencia, meinem heutigen Tagesziel. Tja, man verpasst nicht wirklich viel, würde ich sagen. Ich bin ein bisschen durch die Stadt spaziert, und habe mir unter anderem die Kathedrale angkuckt. Die besteht auch aus einem alten und einem neuen Teil wie in Salamanca, aber die Kirche hier in Plasencia ist komplett verbaut. Ansonsten hat der Ort nicht viel zu bieten. Nur das übliche Altstadtgassengewirr, eine Stadtmauer mit Toren... aber vom Hocker gerissen hat es mich nicht. Und wie eingangs erwähnt war ich auch heute nicht gut drauf. Ich habe dann auch auf Bier und Tapas auf der Plaza Mayor verzichtet und es bei nem Snack im Hotel bewenden lassen.
Morgen ist übrigens schon wieder ein Fahrtag. Es geht weiter nach Toledo, meiner vorletzten Station für diese Reise. Aber natürlich auch dieses Mal nicht auf direktem Weg.
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