11. Juli 2024

4:45h... Mein Handy reißt mich aus dem Schlaf. Es dauert ein paar Minuten bis ich mich gesammelt habe und vom Bett hoch komme. Um viertel nach fünf bin ich auf dem Weg nach Cooinda, wo ich die 6:45h-Bootstour auf dem Yellow Water Billabong gebucht habe.
Die Strecke von Jabiru nach Cooinda beträgt 57km, aber da ich viel davon gehört und gelesen hatte, dass nachts so viele Tiere auf Australiens Straßen unterwegs sind, hatte ich mal was mehr Zeit eingeplant und bin mit 70 statt den erlaubten 110km/h in Richtung Süden durch die Nacht gefahren. Von vielen Tieren konnte allerdings nicht die Rede sein. Ein einzelner Dingo kreuzte meinen Weg und ein mardergroßes Etwas, das ich aber nicht identifizieren konnte.
An der Cooinda Lodge war schon viel Betrieb und Shuttlebusse brachten die Leute von dort zum Bootsanleger. Alles im tiefen Dunkel. Der Kakadu-Nationalpark schlief noch. Insgesamt vier Tourboote wurden am Anleger mit den Touris besetzt und dann ging es pünktlich um viertel vor sieben los, während sich der östliche Himmel rot färbte. Da hatte sich das Aufstehen schon fast gelohnt und natürlich bekommt der glühende Himmel über Yellow Water das erste Bild des Tages.
Unsere Skipperin war Aborigine und ihre Familie lebt schon seit Generationen in der Gegend, die sie uns heute morgen präsentierte. Mit der zunehmenden Helligkeit erwachte auch der Billabong – so nennt man in Australien vor allem Altwasserarme von Flüssen, aber manchmal auch einfach nur Wasserlöcher – zum Leben. Das Yellow Water-Gebiet gehört zum South Alligator River, der… Moment… „Alligator“?… Richtig, hier in Australien gibt es keine Alligatoren sondern nur Krokodile. Das war dem britischen Entdecker Philipp Parker King aber nicht klar, als er 1820 die Gegend hier erkundete, die Leistenkrokodile für Alligatoren hielt und dem Flusssystem aus East, South und West Alligator River seinen Namen gab. Der South Alligator River ist der zweitgrößte der drei Flüsse und sein Überschwemmungsgebiet im Kakadu-Nationalpark ist ein wahres Naturparadies. Das kuckt man sich am besten vom Boot aus an.
Ich weiß, dass ich 2001 von der Bootsfahrt in Yellow Water sehr beeindruckt war und deshalb auf jeden Fall hier wieder hin wollte. Aber meine Erwartungen wurden heute noch bei weitem übertroffen. Es wimmelte nur so von Geflügel und auch die Krokodile haben sich nicht lumpen lassen. Ich habe nicht gezählt, aber ich denke mal so 15 bis 20 waren es, in unterschiedlichsten Größen. Wir haben sie auch nicht nur rumliegen gesehen sondern konnten beobachten, wie einige von ihnen zwischen den Seerosen und dem Lotos auf Fischfang waren. Fisch macht den Hauptnahrungsbestandteil aller Krokodilarten aus. In Australien gibt es zwei Krokodilarten, das kleinere, harmlose Australien-Krokodil, von den Australiern „Freshie“ genannt, weil es nur im Süßwasser zu finden ist, und das Leistenkrokodil, auch Salzwasserkrokodil oder „Saltie“ genannt. Das Leistenkrokodil ist der größte Vertreter der Krokodile und von Sri Lanka bis Süd-Queensland zu finden, sowohl im Süß- als auch im Salzwasser. Leistenkrokodile legen hunderte von Kilometern im Meer zurück, und sie sind echt ziemlich gefährlich. An jedem Tümpel hier findet man Warnhinweise… „DANGER – Crocodiles inhabit this area. Attacks cause injury or death.“ Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, sind die Leistenkrokodile die Stars einer Bootstour in Yellow Water und ich – als ausgesprochener Fan von Panzerechsen – bin natürlich voll auf meine Kosten gekommen. Dass das zweite Bild des Tages an ein Leistenkrokodil geht, ist da naheliegend.
Nach gut zwei Stunden Bootssafari waren wir am Anleger und einige hundert Bilder sind auf meiner Speicherkarte gelandet. Einziger Wermutstropfen: während der ersten Stunde unserer Ausfahrt war es noch so dunkel, dass sinnvolles Fotografieren kaum möglich war. Die Morgenstimmung war zwar sehr schön, aber so 100%ig zufrieden war ich nicht. Was habe ich also in der Mittagspause getan? Ich habe für übermorgen eine weitere Tour gebucht, aber mit Abfahrt um 9:00 Uhr. Man kommt ja nicht so oft in die Gegend hier… *lach… und außerdem muss ich bei meiner Weiterreise übermorgen sowieso  an Cooinda vorbeifahren.
Nach der Bootsfahrt und dem Frühstück in der Cooinda Lodge habe ich den Rückweg nach Jabiru angetreten, aber schön gemütlich. An jedem Rast- und Campingplatz bin ich vom Highway runter gefahren um zu kucken, ob es nicht ein bisschen Getier im Gestrüpp gab. Safari halt. Erfolg hatte ich dabei allerdings nicht, außer ein bisschen schönen Busch und schöne Billabongs zu sehen.
Dann gab’s Siesta. Das ist hier immer ne gute Idee, denn über die Mittagsstunden wird es echt heiß. Zum Glück kühlt es dann aber abends und nachts sehr angenehm ab. Bestes Sommerwetter.
Um kurz nach drei habe ich das Nachmittagsprogramm gestartet. Ich bin zuerst nach Cahill’s Crossing gefahren. Hier führt eine betonierte Furt über den East Alligator River. Rüberfahren darf man nur mit Genehmigung, denn hier endet der Nationalpark und auf der anderen Seite befindet sich Arnhem Land, ein autonomes Gebiet der Aborigines. Auf dem Westufer des East Alligator befinden sich Aussichtspunkte, von denen aus man die Furt überblicken und dem dort stattfindenden Treiben zusehen kann. Dass Autos durch ne Furt fahren ist jetzt nicht soooo spektakulär. Aber dass da die Krokodile im Wasser abhängen und ab und zu auch auf die betonierte, überspülte Fahrbahn klettern um sich an der flussabwärts gelegenen Seite von der Strömung wegspülen zu lassen, das sieht man nicht alle Tage. Ich garantiere Euch, das dicke Leistenkrokodil, dass ich da beobachtet habe, wie es auf der anderen Seite runterrutscht, hatte Spaß. Mit ziemlicher Sicherheit bin ich hier 2001 nicht gewesen, denn daran hätte ich mich erinnert.
Woran ich mich von meiner letzten Reise allerdings noch gut erinnern konnte, das war der Besuch in Ubirr. Diese Felsformationen befinden sich nur ein paar Kilometer von Cahill’s Crossing und sind eine der Haupttouristenattraktionen im Kakadu-Nationalpark. Zum einen findet man hier bis zu 40.000 Jahre alte Felsmalereien der Aborigines. Zum anderen ist der Ubirr Rock der beliebteste Ort in Kakadu, um den Sonnenuntergang zu sehen. Irgendwie also schon Pflichtprogramm, aber ähnlich wie 2001 hat mich das alles nicht so wirklich überzeugt. Okay, die Aussicht vom Ubirr Rock auf die tiefer gelegene Überschwemmungsebene ist schon der Hammer. Aber gegen Abend wird es hier echt voll. Ich bin aber natürlich trotzdem in, habe mir die Felsenmalerei angekuckt – und konnte auch 23 Jahre nach meinem ersten Besuch immer noch keine Beziehung dazu aufbauen. Dann ging’s rauf auf den Felsen. Ich habe ein bisschen die Aussicht genossen, aber als es langsam immer voller wurde, stand für mich fest, dass ich nicht bis zum Sonnenuntergang bleibe. Es war die richtige Entscheidung. Als ich wieder unten ankam, war der durchaus großzügige Parkplatz bis auf den letzten Flecken belegt. Interessanterweise gab es außer meinem Swift nur noch zwei andere Kleinwagen. Der Rest alles SUVs und Jeeps und Wohnmobile.
Ich bin also gemütlich die 45km nach Jabiru zurückgefahren, habe noch ein paar Nacktaugenkakadus fotografiert, und im Dämmerlicht den zweiten Dingo des Tages gesehen.
Morgen steht der Wecker auf acht. Die Tour soll ja nicht in Stress ausarten.


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