Reiselogbuch - 2020 Madeira


8. Juli 2020

Teil 2 meines Sommerurlaubs und das erste Logbuch für mein atlantisches Sommerabenteuer 2020. Eigentlich hätte ich jetzt im Moment im Flieger nach Singapur gesessen, für meine knapp vier Wochen Australien samt drei Tagen Hongkong auf dem Rückweg. War alles fein ausgeklügelt und präzise geplant, und dann hat irgendjemand in Wuhan seine Fledermaus nicht durchgekocht. Es musste also eine Alternative her, die sich innerhalb der zwar wieder etwas gelockerten Einschränkungen, aber eben doch in der aktuellen Situation realistisch umsetzen ließ. So bin ich halt auf Madeira gekommen.
Diese Insel stand schon lange weit oben auf meiner Wunschzielliste, denn ich wollte meine Erkundung von Makaronesien fortsetzen. (Unter Makaronesien versteht man vier Inselgruppen im östlichen Atlantik: die Azoren, Madeira, die Kanaren und die Kapverden.) Ich hatte aber eigentlich eher an ne Tour in Oster- oder Herbstferien gedacht. Jetzt ist es halt der Sommer 2020 geworden.
Die Corona-Situation hat die Anreise ein bisschen komplizierter gemacht, als sie es ohnehin gewesen wäre. Letztendlich bin ich aber ganz froh über den Zwischenstopp in Lissabon, denn alles in einem Rutsch durch zu fliegen ist mit Maske kein besonderer Spaß. Angesichts der ganzen Unwägbarkeiten, die die Corona-Situation mit sich bringt, habe ich dieses Mal einen großen Teil der Planung in die Hände von Profis gegeben. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Kristina Keller und das Team vom TUI ReiseCenter Bonn Wesselstraße. Dieses Jahr arbeite ich seit 30 Jahren mit diesem Reisebüro zusammen.
Um halb sechs heute morgen ging mein Wecker und ich hatte genau gar keine Lust aufzustehen und aufzubrechen… So geht es mir ja eigentlich immer, wenn ich morgens früh zu einer Reise starte. Ich bin mit dem Auto nach Köln zum Flughafen und da wartet der BMW jetzt darauf, dass ich wieder zurückkomme. Kleines Detail am Rande, das die Besonderheit von Reisen in Corona-Zeiten verdeutlicht: Das Parkhaus P3 in Köln hatte über 5000 freie Plätze. In normalen Sommerferien sind es maximal ne Handvoll.
Mein erster Flug heute ging von Köln nach München. Der CRJ-900 der Lufthansa CityLine war bis auf den letzten Platz besetzt. In Köln war‘s beim Start schwer am regnen, aber bis zur bayrischen Hauptstadt war das Wetter dann schon wieder besser. Der Flug von München nach Lissabon war Routine, auch wenn der sonst gute Lufthansa-Service aus Hygienegründen deutlich abgespeckt worden war.
Nach knapp drei Stunden waren wir in der Hauptstadt Portugals, die ich vor zehn Jahren in den Herbstferien ausführlich erkundet habe. Ich habe mir für den einen Tag einen Mietwagen genommen, obwohl mein Hotel fußläufig direkt gegenüber vom Flughafen liegt. Der Grund ist, dass ich hier zum Spotten wollte und auch morgen (je nach Wetterlage) will. Ich bin kurz zum Hotel gefahren um einzuchecken und dann ging es mit Unterstützung von Google Maps und den einschlägigen Spotter-Webseiten zum Fliegerkucken. Leider ist der Verkehr corona-bedingt auch in Lissabon stark ausgedünnt, und ein Großteil der Flotte von TAP Air Portugal parkt wartend in der Sonne. Trotzdem war es schön, ein bisschen am Zaun zu stehen, ein paar Flieger zu fotografieren und die Sonne zu genießen. Ich hatte mir schon vorher einen Snack und was zu trinken gekauft, und natürlich auch einen Café, ohne den in Portugal bekanntlich nix läuft. Was soll ich sagen? 55 Cent für nen Espresso, da kann man nicht meckern. Morgen früh werde ich die zweite Runde Spotten hier in Angriff nehmen. Mal kucken, was es zu sehen geben wird. Am späten Nachmittag starte ich dann mit TAP Air Portugal nach Madeira. Meine erste Begegnung mit dieser Fluggesellschaft.
Als Bild des Tages gibt es heute einen Blick auf die Ponte Vasco da Gama, die über die Tejo-Mündung führt… kurz vor der Landung in Lissabon. Mit einem ähnlichen Bild habe ich mein Reiselogbuch Portugal 2010 damals beendet.

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9. Juli 2020

Ich bin in Funchal, der Hauptstadt von Madeira. Für die nächsten elf Tage wird das hier mein Standort sein. Das Hotel ist sehr schön, was ich bisher sagen kann. Das Zimmer ist groß, und vor allem mit einem breiten Bett ausgestattet.
Der Tag begann aber heute in Lissabon, mit einem ausgiebigen Frühstück in meinem Flughafenhotel. Nein… eigentlich begann der Tag mit einem stirnrunzelnden Blick auf den bedeckten Morgenhimmel über der portugiesischen Hauptstadt. Das sah erstmal nicht nach Spotterwetter aus. Ich habe also das Frühstück gemütlich angehen lassen und mir überlegt, dann eben statt zum Flughafenzaun in die Stadt zu fahren. Google Maps hatte schon vor dem Start bei der Parkhaussuche geholfen und so war ich nach einem entspannten Auschecken und einer entspannten zwanzigminütigen Autofahrt um kurz vor zwölf am Praça do Comércio. Ihr habt richtig gelesen. Die Fahrt war entspannt… Dabei fahren die Portugiesen eher sportlich-forsch. Aber es war halt wenig Verkehr und ich vermute, das hatte nicht zuletzt mit Corona und der jüngst wieder verschärften Shutdown-Situation hier in Lissabon zu tun. Die Praça do Comércio befindet sich an der Stelle, wo bis zum großen Erdbeben von Lissabon der königliche Uferpalast stand. Bei der Neugestaltung durch den Marquis de Pombal wurden in den Gebäuden an den Seiten des Platzes die Zoll- und Hafenverwaltung untergebracht. In der Mitte steht die Monumentalstatue von Pombals Arbeitgeber, König José I. Der Platz öffnet sich zum Meer, oder besser gesagt zur Tejo-Mündung, hin. Obwohl die Praça do Comércio sehr weitläufig ist, war sie bei meinem letzten Besuch vor zehn Jahren schon sehr belebt. Heute war es dagegen fast gespenstisch ruhig. Das sieht man auch auf dem Bild des Tages. Eine Handvoll Touris war unterwegs, inklusive meiner einer… und ein paar Sonnenbrillenverkäufer versuchten ein Geschäft zu machen. Mich haben sie in Ruhe gelassen. Ich hatte ja schon ne Brille.
Größere Besichtigungen im Zentrum von Lissabon hatte ich mir nicht vorgenommen. Es ging mir nur um das Flair und darum, einfach nach zehn Jahren nochmal dort zu stehen. Und es hat mir wieder gut gefallen… Lissabon ist einfach ne tolle Stadt, selbst in diesem kleinen Ausschnitt. Nach einem kleinen Spaziergang bin ich wieder zurück zum Auto und – Ihr habt ja den blauen Himmel auf dem Bild gesehen – bin zum Flughafen zurück. Viel Zeit hatte ich allerdings nicht mehr, denn um 14:30Uhr musste ich den Mietwagen zurückgeben. Ein Mietwagentag hat immer 24 Stunden, und für zwei Stunden länger unterwegs zu sein hätte ich nen vollen zusätzlichen Tag bezahlen müssen. Insgesamt war das aber auch nicht so schlimm, denn viel Verkehr war während des frühen Nachmittags sowieso nicht.
Nachdem ich den Mietwagen zurückgegeben hatte, habe ich noch ein bisschen Flieger vom Flughafenterminal aus gekuckt. Der Flughafen von Lissabon ist jetzt nicht riesig, aber die Male, wo ich bisher hier war (2010 und 2012) war er doch sehr belebt. Davon war heute keine Spur. Es gingen zwar schon einige Flieger, aber geschäftig war‘s nicht.
Ich habe mir dann gegen fünf noch was zu essen gekauft, weil ich auch nicht wusste, wie lange die Einreise nach Madeira heute dauern würde.
Der Flug war ruhig und auch die Landung in Madeira war eher unspektakulär. Dazu muss man sagen, dass der Flughafen hier zu den schwierigsten in Europa gehörte. Seit dem Umbau im Jahr 2000 mit Verlängerung und Neuausrichtung der Landebahn hat er aber einiges von seiner Gefährlichkeit verloren. Trotzdem kann er bei bestimmten Windlagen immer noch sehr anspruchsvoll sein. Es gibt keinen Instrumentenanflug und nur Flugkapitäne mit einer bestimmten Anzahl von Stunden dürfen hier landen.
Während ich auf den Samsonite gewartet habe, habe ich mich auf der eigens eingerichteten COVID-19-Webseite der Region Madeira registriert. Das ist Pflicht, wenn man auf die Insel kommt… genauso wie ein Corona-Test. Entweder man bringt einen mit (der nicht älter als 72 Stunden ist) oder man wird hier kostenlos getestet.
Eine Gruppe junger Freiwilliger nimmt einen dafür nach der Gepäckausgabe direkt in Empfang. Mich haben sie aber direkt weiter zur Mietwagenstation geschickt, damit ich das alles schon mal erledigen konnte. Als ich diese Prozedur hinter mir hatte ging‘s zum Corona-Test. Die Personalien wurden aufgenommen und überprüft, genauso wie Handynummer und E-Mail-Adresse. Als ich zum Testcenter kam, das in Containern vor dem Ausgang der Ankunftsebene des Flughafens aufgebaut ist, waren alle anderen Passagiere schon durch, ich war der letzte. Im Container wurde ich von Roberto begrüßt.  Ich weiß nicht, ob er Arzt oder Krankenpfleger oder Sanitäter war, und gesehen habe ich von ihm auch nur die Augen hinter der Schutzbrille. Aber immerhin hatte er eine super Art, mit mir als Patienten umzugehen. Ein bisschen beruhigender, entspannender Smalltalk, dann musste ich mich auf den Stuhl setzen, Kopf hinten gegen die Wand, durch den Mund atmen und dann kam Roberto mit dem Teststäbchen und dem Hinweis „If you don‘t move, I won‘t hurt you.“  Hmmmmm… hat er dann auch nicht, aber vergnügungssteuerpflichtig ist ein Corona-Test auf keinen Fall. Ich hatte das Gefühl, dass das Teststäbchen bis gegen meine hintere Schädelwand geschoben worden war. Und das auch noch in beiden Nasenlöchern. Wie gesagt: kein Spaß. Der Rachenabstrich war dagegen easy. Das Ergebnis wird mir innerhalb von 12 Stunden mitgeteilt. Bis dahin soll ich im Hotel bleiben.
Auf dem Parkplatz der Mietwagenfirmen musste ich noch ein bisschen nach meinem Peugeot 208 suchen, und dann ging‘s in der Dämmerung über die Autobahn nach Funchal und zum Hotel.
Morgen habe ich erst für 10 das Frühstück bestellt. Ich denke mal, dass ich bis dahin das Testergebnis habe. Und dann geht‘s hier in Funchal in die Stadt.

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11. Juli 2020

Heute war Inselerkundung angesagt… und der Peugeot hatte seine ersten Bewährungsproben vor sich.
Nach dem Hotelfrühstück habe ich alles, was man so für den Tag braucht – Kameras, Fernglas, Vogelbestimmungsbuch, Handy, MP3-Player, Sonnenschutz und Sonnenbrille, ne Flasche Wasser, Reiseführer samt Landkarte, Regenjacke, Jööpchen, feste Schuhe und Socken, die abgetrennten Beine der Trekkinghose – eingepackt. Zuerst habe ich versucht mich mit dem eingebauten Navi des Peugeots vertraut zu machen, aber das hat mich schon nach einigen hundert Metern im Stich gelassen. Ich hasse das ja, wenn ich mich noch ewig lange mit etwas beschäftigen muss, bis es funktioniert. Also, Navi aus und fortan Navigation mit Karte und Kopf.
Das erste Ziel heute war der Pico do Arieiro, mit 1818m der dritthöchste Berg der Insel. Der hat den Vorteil, dass eine Straße bis ganz oben hoch führt und man nicht laufen muss. Für den Einstieg wollte ich was leichtes haben… *lach… Das Panorama oben auf dem Pico do Arieiro ist mehr als eindrucksvoll. Das sieht man auch im Bild des Tages, das aber natürlich nur einen kleinen Ausschnitt des 360-Grad-Erlebnisses darstellt. Man sieht den Pico Ruivo, mit 1862m der höchsten Berg Madeiras und der dritthöchste Berg Portugals.
Schon bei der Anfahrt zum Pico do Arieiro wurde sehr schnell offenbar: flache Plätze haben auf Madeira Seltenheitswert. Alles liegt am Hang und wenn man mal ne ebene Fläche braucht, dann muss planiert werden. Die Straße zum 1412m hohen Poiso-Pass  schwingt sich von Funchal aus in Kurven und Serpentinen in die Höhe, davon ungefähr das erste Drittel noch durch die Außenbezirke von Funchal und den Edel-Vorort Monte. Am Poiso-Pass fährt man links in Richtung Pico do Arieiro, gradeaus kommt man zur Nordküste der Insel bei Faial. Ich habe mir schön Zeit am Gipfel des Pico de Arieiro gelassen, bin spazieren gegangen, und hab fotografiert (unter anderem Einfarbsegler und Kanarenpieper, die beide nur auf Madeira und den Kanaren brüten).
Vom Pico do Arieiro bin ich nach Ribeiro Frio gefahren. In einem der Restaurants dort habe ich eine etwas späte Mittagspause gemacht. Wieder eine Empfehlung meines Lonely Planet und dieses Mal eine richtig gute. Ich habe mir Espetada bestellt, eine madeirische Spezialität. Steak-Stücke werden auf einen Spieß gesteckt, mit Salz, Pfeffer und Lorbeer gewürzt und dann gegrillt. Sehr lecker. Lorbeer ist besonders typisch für Madeira, denn hier auf der Insel gibt es noch große Lorbeerwälder.
Womit wir beim nächsten Thema wären. Während der Mittagspause habe ich ein bisschen gelesen um die Zeit des Wartens zu vertreiben und dabei festgestellt, dass Ribeiro Frio mitten im Zentrum eines der Lorbeerwaldgebiete von Madeira liegt… und dass man hier auch Silberhalstauben sehen kann. Diese Vögel gibt es nur hier auf Madeira. Die Silberhalstaube ähnelt von Größe, Statur und auch der Gefiederfarbe der Ringeltaube, aber sie ist, wie gesagt, auf Madeira endemisch. Silberhalstauben finden stand ganz weit oben auf meiner To-do-Liste für diese Reise. Von Ribeiro Frio kann man knapp anderthalb Kilometer auf einem Levada-Pfad (dazu ein anderes Mal mehr) zu einem Aussichtspunkt wandern, wo man einen schönen Blick über die lorbeerwaldbedeckten Schluchten und Berghänge der Gegend hat. Ich musste zwar ein bisschen Geduld mitbringen, aber ich habe Silberhalstauben gesehen. Leider jedoch alle zu weit weg für anständige Fotos. Die stehen also noch aus. Aber ich habe ja noch etwas Zeit hier auf der Insel.
Auf dem Rückweg in Richtung Poiso-Pass habe ich nochmal am Straßenrand angehalten und mein Safariglück mit der Kamera versucht. Silberhalstauben sind aber keine vorbeigekommen. Dafür habe ich einen anderen, auf Madeira endemischen Vogel vor die Linse gekriegt, das Madeira-Goldhähnchen. Also, Tag zwei der Tour war unter ornithologischem Aspekt schon sehr erfolgreich.
Um kurz vor sechs war ich wieder im Hotel, leicht erstaunt, wieviel „Pflichtprogramm“ ich heute geschafft hatte… *lach… Morgen werde ich mal in den Osten der Insel fahren, und vielleicht auch ein bisschen Spotten – je nachdem, was Wetter und Verkehr am Flughafen hergeben.
Der Peugeot ist übrigens gut geeignet für die Tour. Er müsste zwar etwas mehr unter der Haube haben, aber viel wichtiger ist bei den Straßenverhältnissen hier, dass er sich gut lenken lässt, wendig ist und gut auf der Straße liegt.
P.S. Warme Klamotten oder gar Regenschutz habe ich nicht gebraucht. Das Wetter war traumhaft.

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10. Juli 2020

Als ich heute morgen um kurz nach acht wach wurde, war das Corona-Testergebnis schon da… Negativ. Ich konnte also problemlos zum Frühstück gehen und mich danach zur  Stadterkundung aufmachen.
Das erste was mir auffiel, war, dass es hier in Funchal deutlich lebhafter zugeht als in Lissabon. Das ist natürlich der „Situation“ geschuldet. Die hat allerdings auch einen – zumindest für mich – ganz angenehmen Nebeneffekt. Keine Kreuzfahrtschiffe. Madeira ist sonst ein gerne angelaufenes Ziel und dann wird es hier schnell rappelvoll.
Ich bin also zum Stadtspaziergang aufgebrochen und Funchal wird dem Beinamen Madeiras als Garteninsel oder Blumeninsel schon wirklich gerecht. Alles ist grün. Schöne Alleen, vieles ist bepflanzt. Jetzt im Juli natürlich nicht mehr so spektakulär, aber ich kann mir vorstellen, dass hier im Mai echt die Post abgeht. Ich habe mich einfach ein bisschen durch die Straßen und an der Avenida do Mar, der Hafenpromenade entlang treiben lassen.
Ein Besuch in der Sé, wie die Bischofskathedrale von Funchal meist genannt wird, machte den Auftakt meines Besichtigungsprogramms für diese Reise. Von außen eher schlicht, ist die Kirche innen voll mit iberischem Barock, der von großem Reichtum zeugt. Kein Wunder, denn schließlich war die Kathedrale von Funchal im 16. Jahrhundert die Bischofskirche für die portugiesischen Überseegebiete und die Diözese reichte bis nach Südamerika und Goa. Leider hatte ich nicht so richtig Muße, die Kirche anzukucken, denn sie wurde mir quasi unter den Füßen geschlossen, für die Siesta. Tja… ich bin hier zwar mitten im Atlantik, aber iberische Gepflogenheiten werden auch hier befolgt.
Ich bin also weiter durch die Straßen spaziert, vorbei am Denkmal von João Gonçalves Zarco, dem ersten Gouverneur von Madeira. Der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer, vierter Sohn des Königs João I., gab im frühen 15. Jahrhundert den Auftrag, Madeira zu besiedeln. Damit wurde Madeira die erste Insel Europas, die in der Neuzeit dauerhaft von Europäern besiedelt wurde. Eine Urbevölkerung gab es hier nicht, aber die Insel war schon in der Antike bekannt, bei den Phöniziern, den Griechen und den Römern.
Der Spaziergang führte mich weiter zum CR7 Museu, das der berühmteste Sohn der Insel hier hat bauen lassen. Cristiano Ronaldo wurde hier in Funchal geboren. Ich wäre sogar reingegangen, aber wegen COVID-19 ist das Museum bis auf weiteres geschlossen. Auf dem Rückweg bin ich bei „Rota dos Cetaceos“ vorbeigegangen um mich nach ner Whale-watching-Tour zu erkundigen. Es gibt welche und ich habe mir für Montag nachmittag eine zweieinhalbstündige Tour im Zodiac gebucht.
Zum Mittagessen bin ich in einem vom Lonely Planet empfohlenen Restaurant eingekehrt. Naja… bin schon besser beraten worden, aber es war okay. Danach wollte ich zu einer Madeira-Weinkellerei, aber die, die ich mir ausgesucht hatte, war leider geschlossen. Auf dem Weg dorthin habe ich aber noch etwas Stadterkundung gemacht, und bin unter anderem am Rathausplatz vorbeigekommen. Der hat dann auch das heutige Bild des Tages verdient. Geradeaus sieht man das Rathaus mit dem Turm, links befindet sich das Jesuitenkolleg inklusive der dazugehörigen Kirche São João Evangelista. Auch hier überbordender iberischer Barock. Ich muss ja gestehen, dass ich auf meine alten Tage mit Barock beginne warmzuwerden. Früher habe ich diese Art der Dekoration ja komplett abgelehnt, aber inzwischen finde ich es mindestens interessant und oft auch schön… Auch Kunstgeschmack entwickelt und verändert sich offenbar. Von außen erinnert mich die Architektur übrigens an die Azoren… Weiße Wandflächen, die dunkel abgesetzt sind. So baut man auch auf Horta und São Miguel.
Da die Weinkellerei zu war, habe ich mich auf den Rückweg zum Hotel gemacht, mit einem kleinen Abstecher in einen Supermarkt. Der Peugeot hatte heute schon frei, und deshalb habe ich die Einkäufe etwas beschränkt.
Hmmmmmm... und dann habe ich die Siesta nachgeholt. Den Abend wollte ich eigentlich in der Bar auf der Dachterrasse vom Hotel, mit tollem Blick auf Funchal, ausklingen lassen und dort das Logbuch schreiben. Aber leider machen die schon um sieben zu. Deshalb blieb es bei einem Bier und der Bildbearbeitung.
Morgen muss der Peugeot aber arbeiten. Ich werde ein bisschen die Insel erkunden.

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12. Juli 2020

Ich sitze auf meinem Balkon, lasse meinen Blick über das Zentrum von Funchal rüber zu einem sehr friedlichen Atlantik schweifen… und hab schon einen kleinen sitzen… Der portugiesische Rotwein, den ich zur Verschönerung des Abends trinke, hat‘s in sich… Leider kommt er nicht aus Madeira… Ich habe zwar heute im Supermarkt versucht, madeirischen Wein zu bekommen (im Unterschied zum typischen Madeira-Wein), aber es ist mir nicht gelungen. Also trinke ich welchen vom Festland, genauer gesagt aus dem Alentejo.
Heute war ein eher gemütlicher Tag. Nach einem entspannten Frühstück habe ich erst mal ein Geburtstagsvideo an meine Jött geschickt. Ida wird heute acht und ich weiß noch gut, wie ich 2012 im verregneten Südengland auf einem Parkplatz im Auto saß und die Whatsapp bekam, dass das Kind auf der Welt ist… Als wär‘ es gestern gewesen. Und jetzt kommt sie schon ins dritte Schuljahr… Tempus fugit.
Gegen Mittag bin ich dann aufgebrochen und wie geplant zur Ostküste der Insel gefahren. Erster Stopp war in Machico. Das ist eine der größeren Städte auf Madeira… Größer heißt in diesem Zusammenhang rund 12.000 Einwohner. Richtig groß ist nur Funchal, das rund 111.000 Einwohner hat. Ich habe grade mal nachgelesen: die Region Madeira hat insgesamt rund 250.000 Einwohner. Das sind ungefähr genauso viele Menschen wie auf den Azoren leben. Aber die Einwohnerdichte ist hier in Madeira dreimal so hoch wie auf den Azoren. Das erklärt auch, warum es mir hier so dicht bevölkert vorkommt. Ich habe heute mehrfach gedacht, dass es auf den Azoren doch deutlich leerer war als hier.
Machico ist, wie erwähnt, eher klein, aber es hat eine kleine Altstadt und einen Strand (was auf Madeira eher selten ist). Darüber hinaus ist Machico der Ort, wo Anfang des 15. Jahrhunderts die ersten Europäer madeirischen Boden betreten haben. Von João Gonçalves Zarco hatte ich ja schon erzählt. Der bekam den südwestlichen Teil der Insel zur Verwaltung übertragen und legte seinen Hauptsitz nach Funchal. Sein Kollege Tristão Vaz bekam den Osten, mit dem Hauptort Machico, und der dritte im Bunde, Bartolomeu Perestrelo, erhielt die Insel Porto Santo, wo ich übermorgen einen Tagesausflug hin machen werde.
In Machico bin ich auch zum Mittagessen eingekehrt, und habe direkt die nächste madeirische Spezialität, nein, DIE madeirische Spezialität schlechthin, probiert. Schwarzer Degenfisch. Das ist ein Tiefseefisch, der hier in den Gewässern mit Langleinen gefischt wird, und den man in Madeira traditionell mit Bananen und Passionsfrucht serviert. Alles lokal halt, denn sowohl die Bananen als auch die Maracujas werden hier auf Madeira angebaut. Der Tipp des Lonely Planet war heute wieder sehr gut gewesen und das Essen war sehr lecker.
Nach der Mittagspause bin ich weiter nach Caniçal gefahren, wo sich nicht nur der Haupthafen für den Frachttransport von und nach Madeira befindet, sondern auch das Museu da Baleia da Madeira. Hier wird zum einen der Walfang auf Madeira dokumentiert, der von 1941 bis 1981 ein wichtiger Wirtschaftszweig in dieser armen Gegend war. Neben der Geschichte des Walfangs aus Madeira gibt es aber auch umfangreiche Informationen über die Wale, die man in den Gewässern hier findet, einschließlich lebensgroßer Modelle.
Ich habe mir in Ruhe das Museum angesehen und bin dann wieder zurück nach Machica gefahren und habe im dortigen Continente-Supermarkt richtig eingekauft. Vor allem Wasser und, wie eingangs erwähnt, Rotwein. Den Abschluss des Tages hat ein Ründchen Fliegerkucken am Flughafen hier gemacht. Viel Verkehr war zwar – corona-bedingt – nicht, aber immerhin habe ich die guten Plätze ausgelotet, so dass ich in den nächsten Tagen nicht suchen muss, wenn sich was im Anflug befindet und ich nen kurzen Abstecher zum Flughafenzaun mache. Heute nachmittag gab es aber genau vier Flugbewegungen, nämlich Ankunft und Abflug einer TUIFly Boeing 737-800, die aus Düsseldorf kam, und Abflug und Ankunft einer alten Bekannten. Die ATR-72 der Binter Canarias mit der Registrierung EC-KYI hat mich in den Osterferien 2014 von Lanzarote nach Teneriffa (Norte) befördert.
Morgen ist Whalewatching angesagt. Ich bin schon sehr gespannt. Ich hoffe, es gibt ein, zwei neue Arten für meine Liste, ein paar gute Bilder für Frantis World, und natürlich ein gutes Bild des Tages.
Apropos… Das Bild des Tages heute ist ein Blick vom Aussichtspunkt Pico de Facho auf die Bucht von Machico. Hier bin ich auf der Fahrt nach Caniçal vorbeigekommen, denn ich hatte dafür nicht die Schnellstraße sondern die Landstraße gewählt. Im Hintergrund sieht man den Flughafen. Leider erkennt man aber nicht die Stelzen, auf denen die Hälfte der Landebahn steht.

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