9. Juli 2015
Ich bin in Unst, der letzten Insel im Vereinigten Königreich vor der Arktis. Nur ein paar Meilen nördlich von hier ist das Ende von Großbritannien. Man kann sich hier in Skaw sogar das nördlichste bewohnte Haus von Großbritannien ankucken. Allerdings nur von außen. Am Tor des Bauernhofs steht auf nem handgemalten Schild „Privat. Kein Zutritt.“ Würde ich auch machen, wenn mein Haus als das nördlichste von Großbritannien im Reiseführer stehen würde.
Heute morgen hieß es erst mal meinen Kram zusammenpacken, denn ich war um viertel nach elf auf die Fähre zur Insel Yell gebucht. Im Gegensatz zu den Orkneys, wo sehr viel Fähre gefahren werden muss, bestehen die Shetlands hauptsächlich aus Shetland Mainland und abgesehen von einigen kleineren Inseln, zu denen man mit dem Boot fahren muss, sind vor allem Yell und Unst Fährziele. Der Fährhafen für die Fahrt nach Yell liegt in Toft, was von Lerwick aus ne dreiviertel Stunde gemütliche Fahrt auf guter Straße ist. Als ich dort ankam hatte ich noch viel Zeit bis mein Boot ging, aber die vorherige Fähre befand sich noch am Anleger, so dass ich mir ein bisschen Hoffnung gemacht hatte, ein früheres Boot zu kriegen. Daraus wurde aber leider nix und so habe ich mir die Zeit damit vertrieben, Seeschwalben zu fotografieren und einem Tordalk beim Fischen am Fähranleger zuzusehen.
Die Überfahrt von Toft nach Ulsta auf Yell dauert nur zwanzig Minuten und da der Yell Sound geschützt zwischen Inseln liegt war's eine ruhige Überfahrt. Das Wetter war heute sowieso sehr gnädig, mit teilweise Sonnenschein und fast ohne Regen. Nur der Wind... die gestern gekaufte Mütze hat heute schon sehr geholfen.
Auf Yell ist nicht viel los. Es gibt ein paar Weiler und vereinzelte Gehöfte. Ansonsten Heide, Moor und Schafe. Die Hauptstraße, die die Insel durchquert, ist allerdings shetland-mäßig gut ausgebaut. Lange habe ich mich auf Yell nicht aufgehalten. Ich bin zwar in zwei Seitenstraßen, die von der Hauptstraße abbogen, reingefahren und habe ein paar Meilen weit abseits die Insel erkundet, aber das spannendste, das mir auf Yell begegnet ist, das war die Prachttaucher-Familie, die Erinnerungen an meine letztjährige Moschusochsen-Safari in Norwegen weckte.
Von Yell nach Unst braucht man noch mal eine Fähre. Gut zehn Minuten dauert das Übersetzen von Gutcher nach Belmont, und mit dem Fährticket von der Fahrt von Mainland nach Yell kommt man sogar umsonst nach Unst rüber.
Auf Unst bin ich erst mal zum Hotel gefahren, das in Baltasound liegt, dem Hauptort der Insel. Wobei man sich jetzt nicht wirklich ein Dorf oder Städtchen vorstellen darf. Die Gebäude sind irgendwie recht wahllos in der Landschaft verstreut. Das Baltasound Hotel ist das erste und auch einzige Haus am Platze... *lach... echt gemütlich und gut ausgestattet, inklusive Restaurant und Pub.
Man merkt allerdings schon, dass man hier weit im Norden ist. Schon auf den Orkneys war's extrem spät dunkel und sehr früh hell, und hier ist das noch krasser. Es wird nachts gar nicht komplett dunkel, sondern der Himmel bleibt in einem sehr dunklen Grau. Dieses Zwielicht nennt man hier „simmer dim“. Wir sind hier fast auf dem gleichen Breitengrad wie Anchorage. Allerdings ist es in Anchorage wärmer. Die Temperaturen lagen heute wieder so um die 12 Grad. Da könnt Ihr bestimmt verstehen, dass ich ne Mütze brauchte.
Nachdem ich mein Gepäck in meinem Zimmer untergebracht hatte, bin ich zu einer ersten Erkundungstour aufgebrochen, noch weiter in den Norden der Insel. In Haroldswick am Strand entstand das Foto des Tages. Ich habe fast ne halbe Stunde dort gesessen und den Kegelrobben zugesehen. Mal abgesehen davon, dass ich vor dieser Reise noch keine persönliche Begegnung mit Kegelrobben hatte, bin ich ihnen auf dieser Tour bisher nirgends so nah gekommen.
Von Haroldswick bin ich dann nach Skaw gefahren, um das nördlichste Haus Großbritanniens zu sehen. Auch da gab's nen Strand, zwar ohne Kegelrobben, dafür aber mit Basstölpeln, Skuas und Sandregenpfeifern. Und ich hatte heute auch zum ersten Mal gute Fotomöglichkeiten für Shetland-Ponies. Aber die haben es leider nicht zum Bild des Tages geschafft. Da waren die Kegelrobben schon besser.
Vier Nächte habe ich jetzt hier in Baltasound, eigentlich ein bisschen viel, aber ich wollte auch mal schlechtes Wetter aussitzen können. Deswegen wird das morgige Programm auch komplett vom Wetter abhängen. Ich lasse mich überraschen.
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