Reiselogbuch - 2023 Nepal
2. April 2023
Noch keine zwölf Stunden ist meine Reisesaison 2023 alt und Asien hat mich schon wieder in seinen Bann gezogen. Es ist einfach unglaublich, wie dieser Kontinent einen überwältigt, mit Menschen, Landschaften, Natur, Farben, Gerüchen und Geräuschen. So verschieden und doch alles Variationen ähnlicher Themen. Das ist jetzt für mich das neunte asiatische Land (den Nahen Osten nicht mitgerechnet) und ich bin mal wieder hin und weg.
Ich bin in Nepal und starte dieses Jahr mit der Erfüllung eines lange gehegten Reisewunsches. Eigentlich sollte diese Tour schon 2020 stattfinden, aber wir wissen ja alle, was damals im März passiert ist. Drei Jahre später mache ich jetzt genau die Tour, die ich damals geplant hatte. Mit dem gleichen Reiseveranstalter, der allerdings unter neuem Management ist, denn die Vorgängerfirma hat Corona nicht überlebt.
Los ging es gestern nachmittag schon, von Düsseldorf aus. Von Deutschland gibt es keine Nonstopflüge nach Nepal, und so musste ich notgedrungen in Doha, Qatar, umsteigen. Das war noch das kleinste Übel. Über Indien oder Istanbul zu fliegen hätte noch viel ungünstigere Flugzeiten mit sich gebracht. Schön war es auch jetzt nicht. Nach knapp 6 Stunden Flug war ich abends um kurz nach zehn in Doha. Viereinhalb Stunden später startete dann der Flieger von Doha nach Kathmandu, rund vier weitere Flugstunden entfernt. Entsprechend gerädert war ich heute den Tag über. Und noch dazu sind es 4 Stunden 45 Minuten Zeitverschiebung von Deutschland nach Nepal. Zum Glück gab es nur gemäßigtes Programm.
Schon der Anflug auf Kathmandu, die nepalesische Hauptstadt, hat es in sich. Da Kathmandu in einem Talkessel liegt, gibt es hier keine Präzisionsanflugverfahren. Das heißt, dass man schon weit vor der Landebahn Fahrwerk und Landeklappen ausfährt und sich dann zwischen den Bergen durch zur Landebahn schlängelt. Der französische Pilot unseres Qatari-Airbus hat ganze Arbeit geleistet. Wir mussten zwar eine kurze Warteschleife drehen, bevor es in den Anflug ging, aber die abschließende Landung butterweich.
Im Terminal war einer meiner ersten Gedanken „Alles richtig gemacht“. Im Gegensatz zu der großen Mehrzahl der anderen Passagiere hatte ich mir schon vor ein paar Wochen ein Visum beim nepalesischen Honorarkonsulat in Köln besorgt. Während also der Rest der Leute anstand um Gebührenmarken zu kaufen, hatte ich schon zack den Stempel im Pass. Beim Gepäck ging es zwar schleppend, aber der Sammy und die Union Bay-Tasche sind wohlbehalten hier angekommen. Der Geldautomat hat brav nepalesische Rupien ausgespuckt. 1000 NPR sind rund 7 Euronen. Tja und dann erwartete mich vor der Tür des recht beschaulichen Flughafengebäudes mein Guide Shyam, komplett mit Schild meines Reiseveranstalters und „Mr. Kesternich“ drauf gedruckt.
Kathmandu hat zwar um die 3 Millionen Einwohner in der Metropolregion, aber es wirkt eher kleinstädtisch. Keine Hochhäuser aber dafür wilder chaotischer Verkehr. Unser Fahrer Surat war jedoch unbeeindruckt und gegen halb 12 standen wir vor der Tür meines Guest House in den nordöstlichen Bezirken von Kathmandu.
Eine Stunde Pause, um mal unter die Dusche zu springen hatte ich mit Shyam vereinbart. Um halb eins haben wir uns in der Lobby wieder getroffen und sind zu Fuß losgezogen. Der erste Programmpunkt des Tages liegt nämlich nur ein paar Minuten entfernt von meinem Quartier. Die große Stupa von Boudhanath ist eines der wichtigsten buddhistischen Heiligtümer überhaupt. Da auch viele aus China geflohene Tibeter hier leben, hat die Gegend auch den Namen Klein-Tibet.
Shyam und ich sind einmal rund um die Stupa spaziert und er hat viel erzählt. Shyam spricht ein niedliches, grob gebrochenes Deutsch, was es allerdings ziemlich anstrengend macht, ihm zuzuhören. Ich habe aber trotzdem viel gelernt, und es war ja auch schließlich nicht meine erste Stupa, mit der ich in Kontakt gekommen bin. Die Stupa von Boudanath ist schon sehr imposant, wie man auch im zweiten Bild des Tages sieht. Das Gebäude ist 36m hoch und eine wichtige Touristenattraktion hier in Kathmandu. Aber nicht nur touristisch ist hier viel los. Buddhisten aus ganz Nepal und darüber hinaus kommen als Pilger hierher, und auch viele westliche Buddhisten sieht man hier. Recht hoher Esoterik-Faktor also… *lach…
In der Mittagspause gab es typisch nepalesische Spezialitäten: Linsensuppe (Dal, also Linsen, sind neben Reis das Grundnahrungsmittel hier und Shyam hat erzählt, dass man in Nepal im Restaurant Linsen und Reis immer kostenlos nachbestellen kann, wenn man noch nicht satt ist), Ziegen-Stew, Gemüse, Reis und Papadams (Fladenbrot aus Bohnenmehl, das ich schon seit langem aus meinen Begegnungen mit der indischen Küche auf der jährlichen Studienfahrt nach England kenne).
Nach der Mittagspause ging es zum zweiten Besichtigungspunkt des heutigen Tages, dem Pashupatinath, einem der wichtigsten Hindutempel des Subkontinents und ebenso wie die Stupa des Boudanath UNESCO-Weltkulturerbe. Neben den nepalesischen Hindus - immerhin sind 80% der Bevölkerung hier Angehörige dieser Religion, inklusive meines Tourguides – kommen auch viele Pilger aus Indien und Übersee hierher, um den Tempel zu besuchen, der ein Heiligtum des Gottes Shiva ist.
Besonders spannend war allerdings, dass man im Pashupatinath, die hinduistische Totenverbrennungszeremonie beobachten konnte. Der Bagmati ist für Hindus einer der heiligsten Flüsse und entsprechend werden an seinem Ufer hier im Pashupatinath viele Verstorbene kremiert. Shyam hat mir alles genau erklärt, bis hin zu der hinduistischen Tradition, dass man während der Trauerzeit weiße Kleidung trägt. Dabei bin ich dann auch gewahr geworden, dass er seit heute wieder normale Kleidung trägt, Seine Mutter ist vor kurzem verstorben und bis gestern war er auch in weiß unterwegs.
Gegen vier Uhr heute nachmittag waren wir zurück am Quartier und ich hatte den Rest des Tages frei. Einen Abendimbiss gab es hier im Restaurant des Guest House. Für spannendere Abendgestaltung war ich einfach zu platt.
Aktuell regnet es in Kathmandu. Ich hoffe aber, dass sich das bis morgen früh wieder gibt, denn für morgen ist ein Himalaya-Rundflug geplant. Da muss ich früh raus, denn Shyam kommt mich um halb sechs abholen um zum Flughafen zu fahren. Frühstück gibt es erst danach und anschließen dann weitere Besichtigung hier in und um Kathmandu.
Morgen gibt es also Gebirge und es kann gut sein. Dass ich Euch dann ein ähnliches Foto wie das heutige erste Bild des Tages präsentiere.Aber der Himalaya ist echt eindrucksvoll und da wollte ich auch heute nicht drauf verzichten.
Außerdem habe ich Euch ne Karte angehängt, damit Ihr eine Vorstellung davon habt, wo ich mich die Osterferien über rumtreibe..
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3. April 2023
Mein erster ganzer Tag in Nepal startete direkt mit einem Mega-Kracher. Dafür musste ich zwar um 5:00 Uhr heute morgen aufstehen, aber da ich gestern Abend schon um acht im Bett war, war das kein Problem. Neun Stunden Schlaf sind ja keine schlechte Quote.
Wofür musste ich so früh raus? Für einen Himalaya-Rundflug. Um kurz nach halb sechs war Shyam am Quartier und um diese Zeit morgens dauert die Fahrt zum Flughafen nur 20 Minuten.
Der Inlandsbereich des Flughafens von Kathmandu ist ziemlich chaotisch. Es war noch früh, und ich entsprechend grumpy, deshalb habe ich in der Checkin-Halle auf’s Fotografieren verzichtet. Am Schalter von Buddha Air war aber nix los, und auch an der Security ging alles schnell. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Buddha Air. Bis vor ein paar Wochen, bevor ich die Reiseunterlagen von meinem Veranstalter Colibri Travel erhielt, hatte ich noch nie von denen gehört… und das will was heißen, für einen ambitionierten Plane Spotter. Shyam hatte mir allerdings gestern erzählt, „Buddha Air… beste!“ Da war ich also jetzt gespannt. Unser Flieger war eine ATR-72. Damit es keinen Zank gab, war jedem der 32 Passagiere ein Sitzplatz zugewiesen worden und darüber hinaus waren auch nur die Fensterplätze besetzt. Außerdem bekamen wir alle ein Faltblatt mit den Gipfeln, die man auf dem Flug sehen kann.
Ich bin ja grundsätzlich ein großer Freund der ATR-Flieger, allerdings war mein Sitzplatz hinter dem Flügel nicht wirklich optimal. Hat aber am Ende nichts ausgemacht, wie man am ersten Bild des Tages sehen kann. Um zwanzig nach sechs waren wir in der Luft und auf dem Weg nach Osten. Den ungefähren Flugverlauf könnt Ihr auf der Karte in blau, etwas krakelig mit der Maus aus der Hand gezeichnet, sehen. Ich saß auf der rechten Seite so dass ich auf dem Hinweg zwar schon Panorama, aber keine schneebedeckten Gipfel zu sehen bekam. Dann kam ne geschmeidige Linkskurve und ich hatte sofort den höchsten Berg der Erde vor der Linse.
Zum Mt. Everest, oder Sagarmatha wie er auf Nepali heißt, muss man nicht viel sagen. Wenn man genau hinkuckt, erkennt man auf dem Foto die Schneefahne, die der Jetstream vom Gipfel wegreißt. Direkt rechts neben dem Everest liegt der Lhotse, selbst ein 8000er, um genau zu sein mit 8516m der vierthöchste Berg der Welt, allerdings von seinem Nachbarn ein bisschen in den Schatten gestellt.
Eine knappe Stunde hat der Flug gedauert, aber es war echt ein fantastisches Erlebnis. Nach der Landung in Kathmandu gab es für jeden an Bord noch ne Urkunde. Vor dem Flughafen wartete Shyam auf mich und dann ging’s erst mal zurück zum Hotel zum Frühstück.
Um halb zehn kamen Shyam und Surat mich abholen, für das heutige Kulturprogramm. Erster Programmpunkt war der Swayambhu-Stupa, im Volksmund auch Affentempel genannt. Der Stupa liegt auf einem Hügel im Westen Kathmandus und man hat von dort oben einen schönen Blick auf die Stadt. Shyam hat alles schön erklärt, und ich habe auch eine Mandala-Ausstellung zu sehen bekommen (ohne was zu kaufen).
Hier in Nepal sind Hinduismus und Buddhismus nur unscharf von einander getrennt. Viele Heiligtümer, so auch der Swayambhu-Stupa werden von beiden Religionen genutzt. Die verschiedenen Formen der Frömmigkeit, die man hier überall sieht und die im Alltag gelebt werden, sind schon irgendwie beeindruckend, auch wenn ich persönlich mit Buddhismus und erst Recht mit den Vorstellungen des Hinduismus wenig anfangen kann.
Vom Swayambhu-Stupa sind wir ins Zentrum von Kathmandu gefahren. Am Durbar Square wimmelt es von Tempeln und Palästen. Leider sieht man an vielen Gebäuden noch immer die Schäden, die das große Erdbeben 2015 verursacht hat. Aber es wird fleißig gebaut und renoviert und vieles ist auch schon wieder hergerichtet, wie man im zweiten Bild des Tages sieht. Shyam und ich sind erst Kaffee trinken gegangen und dann haben wir einen Rundgang am Durbar Square gemacht.
Anschließend sind wir zum dritten Teil des Kulturprogramms aufgebrochen, nach Bhaktapur, eine gute halbe Stunde vom Zentrum Kathmandus entfernt.
Ursprünglich gab es im Kathmandu-Tal mehrere unabhängige Königreiche, bevor alles unter der Herrschaft des Königs in Kathmandu vereinigt wurde. Bhaktapur war die Hauptstadt eines dieser Reiche. Heute gehört es, wie auch alle anderen Dörfer und Städte im Kathmandu-Tal zum Großraum Kathmandu. Die Orte hier sind mittlerweile alle zusammen gewachsen und füllen praktisch das ganze Tal aus.
In Bhaktapur gab es Mittagspause in einem nepalesischen Restaurant. Man saß dort sehr schön in der ersten Etage mit Blick auf einen der Plätze in der Altstadt. Nach dem Essen haben wir dann auch hier einen Rundgang durch die Altstadt gemacht während Shyam mir alles gezeigt und erklärt hat. Ich habe mich ein bisschen an meine Indonesien-Tour 2018 erinnert gefühlt. Genau wie mein Guide damals kennt Shyam Gott und die Welt.
Über dem Stadtspaziergang in Bhaktapur wurde es später Nachmittag und somit Zeit, zurück zum Quartier zu fahren.
Wieder am Rokpa Guest House in Bouddha angekommen hieß es Abschied von Shyam zu nehmen. Er war ein guter Guide und Reisebegleiter und hatte sich sein Trinkgeld redlich verdient. Surat, unser Fahrer, wird mich dagegen auch auf meiner weiteren Tour durch Nepal chauffieren. Morgen fahren wir zum Chitwan Nationalpark. Das sind ungefähr fünf Stunden. Zum Glück kann er zumindest ein bisschen Englisch. Mal kucken, was da an Konversation geht. Immerhin ist er ein guter Fahrer..
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5. April 2023
Den Tag gestern fand ich zwar eigentlich schwer zu toppen, aber was soll ich sagen? Er wurde getoppt. Als ich eben hier in der „Lounge“ meinem Gastgeber die Fotoausbeute gezeigt habe, meinte er, dass er in 20 Jahren im Dschungel sowas noch nicht gesehen hätte. Es war jedenfalls ein echtes National Geographic-Erlebnis. Da werde ich gleich drauf zurückkommen.
Der Tag begann mit dem Klingeln meines Handyweckers um halb sechs heute morgen, denn es gab schon um sechs Frühstück. Heute stand eine ganztägige Jeepsafari im Chitwan-Nationalpark auf dem Programm. Ich würde Euch ja gerne zeigen, wo wir überall rumgefahren sind, aber ich würde die Strecke – selbst wenn es eine Straßenkarte des Parks gäbe – nicht zusammenbekommen. Das Wegenetz hat was labyrinthartiges. Ist auch nicht wirklich wichtig, denn selber fahren darf man hier sowieso nicht.
Nach dem Frühstück hat mich der Herbergsvater zum Fluss gefahren, wo mein Guide schon auf uns wartete. Khagendra. Ich habe eben extra nochmal nachgefragt, denn die nepalesischen Namen sind ein Alptraum. Kaum hör ich die, schon vergess ich die wieder. Vom Hotel gab es das Mittagessen in mehreren Plastiktüten mit auf den Weg und dann wurden Khagendra und ich im Kanu über den Rapti River gestakt.Von da ging es dann im Jeep weiter. Nur Khagendra und ich, und unser Fahrer (fragt mich bitte nicht nach dem Namen, aber er kannte nicht nur die Pirschwege durch den Dschungel in- und auswendig und fuhr souverän, sondern er hatte auch super Augen).
Alleine mit dem Guide sein hat für nen ernsthaften Birdwatcher wie mich große Vorteile. Die Mehrzahl der Touristen hat halt nur begrenzt Verständnis, wenn alle Nase lang für nen Vogel gebremst wird. (Meine eigenen Safaris stehen dagegen unter dem Motto „We also stop for birds.“ Wer schon mal mit mir auf Safari war, der kennt das… *lach…)
Khagendra hatte es echt drauf. Er wusste super über die Vogelwelt hierBescheid und konnte auch über die anderen Tiere viel erzählen.
Die Vogelwelt hier im Chitwan-Nationalpark ist der echte Hammer. Ich bin mal gespannt, was da alles noch zusammen kommt. Das erste Bild des Tages gibt nen kleinen Eindruck von den heutigen ornithologischen Erlebnissen. Ich hätte bestimmt 10 verschiedene Vogelfotos zu Auswahl gehabt. Entschieden habe ich mich aber ganz bewusst für den Pfau. Der Pfau ist für mich DER südasiatische Vogel schlechthin. Bei meinem Indien-Besuch 2004 habe ich Pfauen gesehen, aber digitale Fotos gibt es davon keine, und es waren auch nur ein paar. Hier in Chitwan wimmelt es von Pfauen. Man hört die Rufe überall – der typische Sound des südasiatischen Waldes – und natürlich sieht man sie auch. Auf den Wegen stehen die Pfauen und schlagen ihr Rad auf, und wenn der Jeep zu nahe kommt, dann fliegen sie auf den nächsten Baum. Ein fliegender Pfau ist ein echt krasser Anblick. Und ungelogen: die können trotz Schleppe ziemlich gut fliegen.
Wir sind also den ganzen Tag über gemütlich durch den Park gecruist und haben Tiere beobachtet. Mit durchschlagendem Erfolg. Alle vier im Park lebenden Hirscharten (Chital, Schweinshirsch, Sambar und Nordindischer Muntjak) und beide hier lebenden Affenarten (Rhesusaffe und Tarai-Hanuman-Langur) habe ich heute vor die Kamera gekriegt. Außerdem haben wir etliche Wildschweine gesehen, sowie eine Herde Gaure, die größte Art der Wildrinder.
Und Nashörner gab es. Die ersten drei sind uns schon nach ner Stunde Safari begegnet und ich hatte sogar schon ein schönes Portrait als Bild des Tages im Blick. Anderthalb Stunden später bog unser Fahrer um eine Biegung des Pirschweges und wir sahen sofort etwas großes graues in ein paar hundert Metern Entfernung. Ich dachte zuerst, es wäre ein Elefant. Es gibt hier nämlich auch vereinzelt wilde Elefanten. Als wir näher kamen stellte sich aber heraus, dass es zwei sich paarende Panzernashörner waren. Khagendras Kommentar „They are mating. Wow!“ sagte alles. Auch ein Safariguide kriegt nicht so oft Nashornpaarungen zu sehen und er erzählte mir, dass er bisher nur auf größere Entfernung und im hohen Gras sich paarende Nashörner beobachtet hatte.
Nashornpaarungen sind ne langwierige Angelegenheit und dauern zwei bis drei Stunden. Daher kommt auch der Aberglaube, dass einen zerriebenes Nashornhorn im Tee potenter machen würde. Die ganze Zeit über muss die Kuh das Gewicht des Bullen auf dem Rücken tragen. So richtig viel passiert da eigentlich nicht, zumindest nicht, dass es für menschliche Beobachter erkennbar wäre. Wir wollten gerade aufbrechen und die Safari fortsetzen als Khagendra zu zwei Nashörnern deutete, die schon die ganze Zeit in einiger Entfernung im Wald gestanden hatten. „He’s coming here.“ Einer der beiden Kolosse hatte sich auf den Weg zu dem Pärchen gemacht, mit hochgehobenem Kopf und nach vorne gestellten Ohren, der typischen Imponiergebärde der Panzernashörner. Jetzt wurde es spannend. Mit einer Schnelligkeit, die man einem Nashorn gar nicht zutraut, sprang der Bulle von der Kuh ab und ging auf den Nebenbuhler los. Und der gab auch direkt Fersengeld, wie man im zweiten Bild das Tages sieht. Panzernashörner sind erstaunlich flink und nutzen als Waffe vor allem ihre Zähne. Da war nun Stimmung in der Bude. Schlechte Stimmung. Nachdem der Bulle seine beiden Nebenbuhler auf Distanz geschickt hatte ohne das Blut floss, gab es auch noch einen Angriff auf das vor uns stehende Auto. Dank der schnellen Reaktion des Fahrers zwar ohne Blechschaden, aber Frust lag deutlich spürbar in der Luft. Wir haben dann auch diskret die Weiterfahrt angetreten.
Khagendra und ich waren den Rest des Tages ziemlich geflasht. Sowas sieht man halt sonst nur in Dokus. Da machte es auch nichts aus, dass wir keinen Tiger gesehen haben. Im Laufe der Safari haben wir dann auch noch etliche weitere Nashörner gesichtet. Ich habe bei zehn aufgehört zu zählen.
Morgen ist das Programm etwas gemütlicher. Frühstück ist um sieben Uhr und anschließend gibt es Safari vom Kanu aus auf dem Rapti River. Für morgen nachmittag ist Elefantensafari angesagt. Damit habe ich schon mal gute Erfahrungen gemacht… *lach… Ich werde berichten.
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4. April 2023
Wenn Ihr die Bilder des Tages gesehen habt, bevor Ihr den Logbucheintrag hier lest, dann wisst Ihr schon, dass ich heute einen perfekten Tag hatte. Den Hauptgrund für meine Nepalreise seht Ihr im ersten Bild des Tages. Ein Panzernashorn. Wer sich noch an meine Logbucheinträge aus Namibia im letzten Herbst erinnert (oder mich ganz gut kennt), der weiß ja dass ich eine Schwäche für Nashörner habe. (Wer sich an den entsprechenden Logbucheintrag aus Namibia nicht erinnert, kann gerne hier nachlesen… *lach…)
Der Chitwan-Nationalpark in Nepal ist eines der wichtigsten Schutzgebiete für Panzernashörner. Diese Nashornart gibt es nur noch in Nordostindien und in Nepal. Da die Safaris hier der Schwerpunkt meiner Nepalreise sein sollten, habe ich insgesamt 4 Nächte hier eingeplant, um auch wirklich auf Nummer Sicher zu gehen. Kann man ja nicht ahnen, dass man schon vor der ersten Nacht in der Gegend hier das gesamte Pflichtprogramm erledigt hat. Breites Grinsen…
Der Tag heute startete um 8 Uhr am Rokpa Guest House im Nordosten von Kathmandu. Pünktlich auf die Minute stand Surat auf der Matte. Ich hatte noch vor dem Frühstück ausgecheckt, im Wissen, dass ich nächste Woche noch mal eine Nacht dort sein werde.
Surat ist ein super Fahrer, und sein Englisch ist echt nicht schlecht. Ich glaube ich finde es beruflich bedingt sowieso leichter, gebrochenes Englisch zu verstehen als gebrochenes Deutsch. Wir hatten auf jeden Fall schon das ein oder andere zu erzählen, Surat und ich. Und wir haben ja auch noch ein paar Kilometer vor uns.
Um zum Chitwan-Nationalpark zu kommen mussten wir einmal quer durch Kathmandu durch und dann über die Berge, die das Kathmandu-Tal umgeben. So richtig viele Straßen gibt es in den Bergen nicht. Wir reden zwar auf dieser Strecke nicht über das höchste Hochgebirge, aber in Deutschland gibt es außerhalb der Alpen nichts vergleichbares. Ich habe mich landschaftlich ein bisschen an die Küstengebirge von British Columbia erinnert gefühlt. Da gibt’s aber keine Bananen und terrassierte Reisfelder.
Wenn Dante Alighieri für die Hölle in seiner „Göttlichen Komödie“ Verkehr hätte beschreiben sollen, dann hätte Nepal ihm problemlos Material geliefert. Auf den Straßen hier ist schlicht und ergreifend die Hölle los. In Kathmandu geht es drunter und drüber – da kann die Stadt sogar Jakarta das Wasser reichen – und auf den Landstraßen ist es nicht besser. LKW an LKW, Bus an Bus, Kleinbus an Kleinbus, und dazu noch private PKWs, alle möglichen Versionen von Ribbeln und (fast) alle Nepalesen fahren wie die Henker. Immerhin sieht man keine Pferde- oder Wasserbüffelgespanne im Verkehr. Die Straßen sind schlecht und steil und nie mehrspurig. Dabei führt über die Strecke, die wir heute gefahren sind, die Hauptverbindung von Kathmandu nach Indien. Das macht die Sache nur noch schlimmer, denn die Inder fahren hier noch wilder als die Nepalesen. Überhaupt sind Inder hier nicht so besonders gut angesehen, habe ich den Eindruck. Wie auch immer, Surat ist ein super Fahrer und nicht aus der Ruhe zu bringen.
Um halb zwei fuhren wir hier vor meinem neuen Quartier in Sauraha vor, vor den Toren des Chitwan-Nationalparks. Alles ziemlich rustikal, aber die Leute sind – wie für Nepal üblich – super freundlich. Der Chef ist gleichzeitig der Leiter der örtlichen Schule und spricht, dem Goethe-Institut und einigen Jahren Selbst-Studium sei Dank, ganz passables Deutsch. Es gab den üblichen Willkommensdrink, einen Mittagsimbiss, und dann ging es um kurz nach drei auf die erste Safari. Eingeplant im Programm war das für heute eigentlich nicht, aber ich sage natürlich nicht nein, wenn ich die Chance auf ne Safari bekomme. Es war, Ihr wisst es schon, ein voller Erfolg.
Die Tour ließ sich allerdings zuerst recht langsam an. Ein paar Rhesus-Affen (genau, die mit dem Faktor) und Vögel waren alles, was wir in der ersten halben Stunde zu Gesicht bekommen haben. Wobei ich nicht unbescheiden sein will. Der Rotlappenkiebitz im zweiten Bild des Tages gehört auch zur Ausbeute dieser ersten halben Stunde. Mein persönliches ornithologisches Highlight des Tages waren allerdings die Bankivahühner. Das Bankivahuhn ist die Stammform aller Haushuhnrassen. Und wenn der Hahn im Dschungel kräht, dann klingt das wie eine Tenorversion des sonoren Kikeriki von Henry, dem Sperberhahn, der dem Hühnervolk meines kleinen Bruders vorsteht. Leider waren die Bilder nur mäßig, sonst hättet Ihr heute einen Bankivahahn als zweites Bild des Tages bekommen. Aber ich hoffe da auf die nächsten Tage.
Das erste Nashorn war dann sehr antiklimaktisch, tief in nem Tümpel drin und hinter Gebüsch ragten nur die Schnauze, das Horn und die Ohren aus dem Wasser. Hätte zur Not für ein Bild des Tages, sozusagen als Beweis für den ersten Kontakt mit einem Panzernashorn, gereicht. Nötig war das dann aber nicht, denn wir haben zwanzig Minuten später die nächsten beiden Exemplare gesichtet und ungefähr ne Viertelstunde lang beim gemütlichen Fressen beobachtet. Dabei entstand dann auch, kurz bevor die beiden sich ins Gestrüpp trollten, das erste Bild des Tages.
Aber auch ohne die Panzernashörner wäre die Tour ein schöner Erfolg gewesen. Nach knapp drei Stunden hatten wir unzählige Chitals, auch Axishirsche genannt, Sumpfkrokodile, einen Gavial (eine Krokodilart), noch mehr Rhesus-Affen, zwei Sambars (eine andere Hirschart) und etliche Vögel gesehen. Der aktuelle Stand für diese Tour ist 41 Vogelarten, und ich würde mal schätzen, dass davon 30 heute auf der Safari dazugekommen sind.
Morgen gibt es eine ganztägige Jeepsafari. Ich freu mich schon. Nachdem die Pflicht – sprich, das Panzernashorn - heute schon erledigt wurde, ist alles, was ab morgen folgt Kür..
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6. April 2023
Heute war ein ziemlich gemütlicher Tag. Es gab erst um 7 Uhr Frühstück und um halb acht ging es mit dem Auto zur Anlegestelle, wo die Bootssafari startete. Ungefähr ne Stunde sind wir mit dem Kanu auf einem Nebenarm des Rapti River flussabwärts getrieben. Schön gemütlich mit der Strömung. Sechs Leute insgesamt, plus zwei Guides vom Hotel, und natürlich der Captain, der das Boot voran stakte.
Beim Einsteigen hatte Khagendra, mein Guide von gestern, mir schon zu verstehen gegeben, „You go last. Better for photos.“ So saß ich dann im Kanu also ganz vorne. Im Gegensatz zu der Hektik, die bei einer Jeepsafari aufkommen kann – es ist laut, der Motor brummt, es ruckelt und zuckelt – ist so ne Kanusafari total entspannend. Man treibt in Stille den Fluss runter und kann das Tierleben am Ufer beobachten. Neben den vielen Vögeln gab es noch drei weitere Highlights: mehrere Sumpfkrokodile, ein stattlicher Sambar, der sich aber so schnell trollte, dass keiner von uns zum Fotografieren kam, und ein Gavial. Der Gavial ist eine Krokodilart, aber gehört nicht zu den sogenannten Echten Krokodile. Der Gavial ist auf den Fischfang spezialisiert und deutlich stärker an das Leben im Wasser angepasst als andere Krokodilartige. Das erkennt man auch an den sehr kurzen Beinen, die für das Laufen an Land im Gegensatz zu den Beinen der anderen Krokodilartigen kaum geeignet sind. Gaviale sind vom Aussterben bedroht und werden hier in Chitwan besonders unterstützt, indem man die Eier aus der Natur entnimmt, und geschützt ausbrütet. Die jungen Gaviale werden dann mit rund drei Jahren in die Freiheit entlassen. Mit dieser Methode konnte man den Bestand der Nilkrokodile in mehreren Ländern des südlichen Afrika retten. Ich hoffe mal, dass das auch für die Gaviale hier in Nepal und Indien funktioniert. Der wildlebende Gavial heute hat jedenfalls das erste Bild des Tages bekommen. Gut gefallen tun mir Gaviale zwar nicht, aber das kann ja hier nicht den ersten Ausschlag geben, was ich als Bild des Tages auswähle… *lach…
Nach der Kanutour mussten wir noch ein kleines Stück bis zum Quartier laufen und haben auf dem Weg dann direkt die ersten Nashörner des Tages gesehen. Die heutige Gesamtzahl ist übrigens sechs.
Als weiteren Programmpunkt hatte ich nur noch die Nachmittagssafari per Jeep auf dem Programm stehen und so hatte ich nen ruhigen Tag. Ich habe im Dorf im dritten Anlauf einen Geldautomaten überzeugen können, mir Nepalesische Rupien auszuhändigen, da mein Bargeldvorrat zu Ende ging. Und ich habe sowohl vor als auch nach dem Mittagessen Nickerchen gemacht. Ich war echt platt. Kein Wunder eigentlich, wenn man das Pensum der letzten Tage betrachtet. Da kam der geruhsame Tag gerade richtig.
Um 15 Uhr war es dann Zeit für die Jeepsafari. Wir sind die gleiche Route wie vorgestern gefahren, Khagendra am Steuer und der andere Guide (dessen Namen ich nicht im Kopf habe) als naturkundlicher Führer. Auch diese Safari war wieder sehr erfolgreich. Es gab Nashörner, viele Vögel, einschließlich mehrere neuer Arten, Schweinshirsche, Sambars, die ausnahmsweise mal nicht sofort davon stoben, und Chitals. Einen von denen habe ich als zweites Bild des Tages ausgewählt. Mit Chitals ist es hier auf dem Subkontinent so ähnlich wie mit Impalas im Krüger- oder Springböcken im Etosha-Nationalpark. Man begegnet ihnen überall, gewöhnt sich ganz schnell an den scheinbar alltäglichen Anblick dieser schönen Tiere und stellt zu Hause fest, dass man von diesen häufigsten Tieren am wenigsten Bilder hat. Ich arbeite da mittlerweile sehr bewusst gegen an, und deshalb bekommt auch ein Chital das zweite Bild des Tages.
Morgen ist mein letzter Tag hier in Chitwan. Nach unserer Rückkehr von der Jeepsafari sollte es an die Planung des Programms für morgen gehen und Khagendra hat mich überzeugt, morgen auf die Elefantensafari zu verzichten und statt dessen mit ihm die ganztägige Fußsafari zu machen. Ist schon ne längere Strecke, die wir dabei zurücklegen müssen, aber immerhin ohne Steigungen. Ich habe mich außerdem bei anderen Gästen, die die ganztägige Fußsafari gemacht haben erkundigt, was da so auf mich zukommt und mich dann entschieden zum Abschluss des Aufenthalts hier morgen nochmal ein richtig intensives Dschungelerlebnis aufs Programm zu setzen. Ob ich morgen Abend glücklich bin oder fluche, das werdet Ihr natürlich hier erfahren… *lach…
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