28. Juli 2019

Ich hatte heute eine Begegnung der dritten Art. Nein, kleiner Bruder. Kein Sasquatch. Ich war so schön gemütlich auf dem Trans-Canada-Highway unterwegs. Am Ortsausgang von Lytton stand ein Schild „Wapitis auf den nächsten 5km“. Ein, zwei Minuten später sehe ich aus dem linken Augenwinkel raus einen dunklen Schatten und denke nur so „Oh, ein Hirsch“. Ich kucke in den Rückspiegel und, galoppel-galoppel, rennt hinter dem Yaris ein Schwarzbär über den Highway und schwingt sich auf der anderen Straßenseite über die Betonbarriere. Wow. Mit einem Bären hatte ich auf dieser Tour nicht mehr gerechnet. Die ganze Begegnung dauerte maximal fünf Sekunden und entsprechend gibt es natürlich leider keinerlei Bildmaterial. Ich war total perplex.
Heute morgen habe ich leider ein bisschen rumgetrödelt und dabei einiges an Zeit verloren, was sich heute nachmittag rächen sollte. Nach dem Auschecken im Hotel musste der Yaris noch getankt werden, wofür ich gestern abend nach der anstrengenden Fahrerei zu faul war. Bei Starbucks wurde ein Frühstück eingekauft und dann ging es wieder auf den Highway 1, den Trans-Canada-Highway. Früher war das mal die Hauptverbindungsstraße zwischen der Küste und dem Inland, aber seit vor rund 20 Jahren der Highway 5 Kamloops mit dem Highway 1 bei Hope verbindet, ist der Trans-Canada-Highway durch das Tal des Thompson River und den Fraser Canyon zu einer Nebenstrecke geworden. Schön für Touristen (und Schwarzbären), denn dadurch ist hier deutlich weniger Verkehr. So war denn heute auch das Fahren sehr angenehm, bis ich nach Hope kam und sich dann der Verkehr von zwei Fernstraßen wieder vereinigte und in Richtung Vancouver wälzte. Ich denke, Ihr konntet mir auf der Karte folgen.
Die Landschaft im Tal des Thompson River erinnert an Idaho oder Wyoming. Hier ist wenig Wald zu finden und es gibt mehr prärieartige Landschaft. So sieht es übrigens auch rund um Kamloops aus. Im weiteren Verlauf wird der Thompson aber dann noch etwas wilder, als man es im ersten Bild des Tages sieht, und man kann hier auch Whitewater Rafting machen. Der Fluss schneidet das Tal beständig tiefer ein, bevor er kurz vor Lytton in den Fraser River mündet. Der Fraser fließt dann durch den Fraser Canyon hinaus in die Ebene östlich von Vancouver und bei Vancouver ins Meer. Ihre Namen haben die beiden Flüsse jeweils von David Thompson und Simon Fraser, zwei britischen Forschern und Pelzhändler, die die Gegend hier kartographierten und für England erschlossen.
Safari gab es heute auch eine kleine, denn kurz vor Spences Bridge und nur wenige Minuten nachdem ich das erste Bild des Tages gemacht hatte, stand eine Herde Dickhornschafe rechts im Feld. Ich habe mir gedacht, es ist nur fair, wenn ich die heute zum Bild des Tages mache, nachdem die Dickhornschafe vorgestern schon dem Maultierhirsch in Banff weichen mussten.
Nach der Episode mit dem Schwarzbären war wieder schönes Fahren angesagt. Überhaupt ging es heute mit dem Fahren wesentlich besser als gestern, wenn man von dem Stück Trans-Canada-Highway zwischen Hope und Fort Langley absieht, das mich wieder ein paar Nerven gekostet hat, und einiges an Zeit im Stau.
Im Fraser Canyon gab es noch einen Besichtigungspunkt, den ich schon vor 32 Jahren aufgesucht hatte. Am sogenannten Hell‘s Gate, der schmalsten Stelle der Schlucht, kann man mit der Seilbahn von der Höhe des Trans-Canada-Highway fast 150m runter zum gegenüberliegenden Ufer des Fraser fahren. Der Fluss ist hier gerade mal 33 Meter breit. Es führt eine Hängebrücke unten über die Stelle, von der aus sich schöne Fotos machen lassen. Leider befinden sich im Fluss an dieser Stelle hässliche Betonbauwerke. Fischtreppen. Im Jahr 1914, beim Bau der Canadian National Railroad am linken Ufer des Fraser (die Strecke der Canadian Pacific Railroad am rechten gab es schon früher), hatte es einen großen Erdrutsch gegeben, der die Schlucht verengte und durch die nun sehr starke Strömung für Lachse unpassierbar machte. Daher hat man die Fischtreppen gebaut, um den Lachsen zu helfen, ihre Laichgründe im Oberlauf des Fraser-Systems wieder aufzusuchen. Der Fraser entspringt im Mt. Robson Provincial Park in den Rocky Mountains.
Ich bin also mit der Seilbahn nach unten gefahren und habe mir ein bisschen Fluss und Gegend angesehen und auch, wie auf beiden Seiten Güterzüge die Ufer rauf und runter brummten. Eigentlich ist es schon ziemlich touristisch am Hell‘s Gate, aber ich fand es doch irgendwie schön.
Vom Hell‘s Gate entspannt sich der Canyon des Fraser langsam wieder zu einem Tal und fließt dann hinter Hope aus dem Küstengebirge raus.
Eigentlich wollte ich mir auch noch Fort Langley, den Gründungsort von British Columbia angesehen haben, aber durch die heute morgen vertrödelte Zeit und den vielen Verkehr stand ich erst um 17 Uhr dort auf der Matte und die machen da leider schon um fünf zu. Also bin ich ins Hotel gefahren. Ich wohne wieder im Holiday Inn in Richmond wo vor zwei Wochen meine Kanada-Tour begann. Ich habe schön im Restaurant zu Abend gegessen und habe Wäsche gewaschen.
Morgen werde ich hier in Vancouver noch ein bisschen in die Stadt und wahrscheinlich auch zum Flughafen fahren. Mal kucken. Übermorgen beginnt der zweite Teil der Tour.

Inhaltsverzeichnis nächster Tag

 


 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag